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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Streitlaufhuhn.
wohl nie aber im Walde oder im Gebüsche vor. Jn andern Gegenden bewohnt es grasige Stellen in
den Wäldern und Dschungeln, ebenso auch solche Strecken, wo die Büsche nur dünn stehen, und endlich
gewisse Felder, niemals aber diejenigen, welche vom Wasser überschwemmt werden; denn es bevorzugt
unter allen Umständen dürres Land. Hier lebt es so verborgen, daß man es nur selten wahrnimmt,
auch wenn Paarungslust und Eifersucht es erregen und seine herausfordernde Stimme oft laut wird.
"Drohenden Gefahren", sagt Bernstein, "sucht es womöglich dadurch zu entgehen, daß es in gerader
Richtung schnell davon läuft, und nur wenn ihm ein Feind ganz unerwartet auf den Hals kommt,
entfliegt es in niedrigem, wachtelähnlichen, schnurrenden Fluge, läßt sich jedoch bald wieder nieder
und setzt seine Flucht nun laufend weiter fort." Gewöhnlich treibt der Jäger blos ein einziges oder
zwei dieser Hühnchen auf; doch kann es während und nach der Paarungszeit vorkommen, daß sich
ihrer fünf bis sechs zusammengesellen. Die Nahrung besteht in mancherlei Sämereien und ebenso in
verschiedenen Kerbthieren. Man darf annehmen, daß es letztere bevorzugt, weiß aber aus Erfahrung,
daß Gefangene, denen erstere allein gereicht werden, sehr lange aushalten, die Kerbthiernahrung also
wenigstens zeitweilig entbehren können.

Besonders anziehend wird das Streitlaufhuhn, wie alle seine Verwandten, während der Brutzeit.
Beide Geschlechter scheinen von gleichen Gefühlen beseelt, das Weibchen aber noch erregter als das
Männchen zu sein. Wenn die Brutzeit herannaht, vernimmt man an geeigneten Orten fortwährend
den schnurrenden Ruf der Henne; denn diese ist es, welche gleichgefinnte Schwestern zum Kampfe
fordert. Alle Weibchen, so erzählt Jerdon, von einer verwandten Art, sind im höchsten Grade kampf-
lustig, und diese Eigenthümlichkeit wird im Süden Jndiens zu ihrem Verderben wohl benutzt. Man
steckt eine zahme Henne in einen kleinen Fangbauer, setzt diesen an einer geeigneten Stelle auf den
Boden nieder; die Gefangene beginnt zu locken, und jedes Weibchen, welches Dies vernimmt, rennt
eilig herbei, in der Absicht, mit der aufdringlichen Nebenbuhlerin eine Lanze zu brechen, betritt den
gefährlichen Theil des Bauers, schnellt in der Hitze des Gefechtes das Stellholz weg und sieht sich
plötzlich allseitig von Gitterwerk umschlossen. Ein Glöckchen, welches durch das Zuschlagen der Fall-
thür geläutet wird, setzt den Fänger in Kenntniß; dieser eilt herbei, nimmt die Gefangene aus dem
Käfige und stellt den Bauer von neuem auf; eine zweite, dritte Henne kommt herzu, und der Fänger
kann, wenn er glücklich ist, im Laufe des Tages bis zwanzig Stück der eifersüchtigen Thiere fangen.
Alle Laufhühnchen, welche in dieser Weise erbeutet werden, sind, laut Jerdon, Weibchen und in
den meisten Fällen solche, welche ein legreifes Ei bei sich tragen. "Mehr als einmal habe ich erfahren,
daß von acht oder zehn auf diese Weise gefangenen Hennen Eier gelegt worden, noch ehe sie der Fänger
bis nach Hause gebracht."

Man hat früher angenommen, daß die Laufhühnchen in Vielehigkeit leben; alle neueren Beobachter
erwähnen hiervon aber Nichts, und so scheint es, daß man über das Eheverhältniß der Vögel noch
nicht recht ins Klare gekommen ist. Nest und Eier hingegen sind wohlbekannt. Zur Anlage des
ersteren benutzt das Weibchen gern eine kleine Vertiefung des Bodens oder sonst eine verdeckte Stelle
hinter einem Steine, einer Erdscholle u. s. w.; das Nest selbst besteht aus einer einfachen Lage von
trocknen Halmen und Grasblättern; die vier Eier, welche in der Färbung nicht unbedeutend abweichen,
sind auf schmuzigweißem Grunde mit braungelben, braunen und schwärzlichen, mehr oder weniger ins
Grauliche spielenden Punkten, Schmitzen und kleinen Flecken dicht gesprenkelt. Ob beide Geschlechter
brüten oder ob dem Weibchen allein diese Last zufällt, weiß man nicht; wohl aber steht soviel fest, daß
sich das Männchen an der Führung der Jungen betheiligt. "Am 14. Mai", so erzählt Swinhoe,
"störte ich ein Laufhühnchen auf, welches durch sein eigenthümliches Betragen kund gab, daß ich es
entweder von den Eiern, oder von seinen Jungen vertrieben haben mußte. Jch sah nach und bemerkte
bald ein Küchlein, später auch die drei übrigen, welche sich unter dürrem Laube verborgen hatten.
Eins von den Jungen steckte ich in den Fangbauer und befahl einem chinesischen Knaben, darauf zu
achten. Der alte Vogel entdeckte das Küchlein bald, wollte jedoch nicht in den Käfig laufen. Als
das Junge schrie, antwortete ein ärgerlich knurrender Laut von dem benachbarten Gebüsche her, und

Streitlaufhuhn.
wohl nie aber im Walde oder im Gebüſche vor. Jn andern Gegenden bewohnt es graſige Stellen in
den Wäldern und Dſchungeln, ebenſo auch ſolche Strecken, wo die Büſche nur dünn ſtehen, und endlich
gewiſſe Felder, niemals aber diejenigen, welche vom Waſſer überſchwemmt werden; denn es bevorzugt
unter allen Umſtänden dürres Land. Hier lebt es ſo verborgen, daß man es nur ſelten wahrnimmt,
auch wenn Paarungsluſt und Eiferſucht es erregen und ſeine herausfordernde Stimme oft laut wird.
„Drohenden Gefahren“, ſagt Bernſtein, „ſucht es womöglich dadurch zu entgehen, daß es in gerader
Richtung ſchnell davon läuft, und nur wenn ihm ein Feind ganz unerwartet auf den Hals kommt,
entfliegt es in niedrigem, wachtelähnlichen, ſchnurrenden Fluge, läßt ſich jedoch bald wieder nieder
und ſetzt ſeine Flucht nun laufend weiter fort.“ Gewöhnlich treibt der Jäger blos ein einziges oder
zwei dieſer Hühnchen auf; doch kann es während und nach der Paarungszeit vorkommen, daß ſich
ihrer fünf bis ſechs zuſammengeſellen. Die Nahrung beſteht in mancherlei Sämereien und ebenſo in
verſchiedenen Kerbthieren. Man darf annehmen, daß es letztere bevorzugt, weiß aber aus Erfahrung,
daß Gefangene, denen erſtere allein gereicht werden, ſehr lange aushalten, die Kerbthiernahrung alſo
wenigſtens zeitweilig entbehren können.

Beſonders anziehend wird das Streitlaufhuhn, wie alle ſeine Verwandten, während der Brutzeit.
Beide Geſchlechter ſcheinen von gleichen Gefühlen beſeelt, das Weibchen aber noch erregter als das
Männchen zu ſein. Wenn die Brutzeit herannaht, vernimmt man an geeigneten Orten fortwährend
den ſchnurrenden Ruf der Henne; denn dieſe iſt es, welche gleichgefinnte Schweſtern zum Kampfe
fordert. Alle Weibchen, ſo erzählt Jerdon, von einer verwandten Art, ſind im höchſten Grade kampf-
luſtig, und dieſe Eigenthümlichkeit wird im Süden Jndiens zu ihrem Verderben wohl benutzt. Man
ſteckt eine zahme Henne in einen kleinen Fangbauer, ſetzt dieſen an einer geeigneten Stelle auf den
Boden nieder; die Gefangene beginnt zu locken, und jedes Weibchen, welches Dies vernimmt, rennt
eilig herbei, in der Abſicht, mit der aufdringlichen Nebenbuhlerin eine Lanze zu brechen, betritt den
gefährlichen Theil des Bauers, ſchnellt in der Hitze des Gefechtes das Stellholz weg und ſieht ſich
plötzlich allſeitig von Gitterwerk umſchloſſen. Ein Glöckchen, welches durch das Zuſchlagen der Fall-
thür geläutet wird, ſetzt den Fänger in Kenntniß; dieſer eilt herbei, nimmt die Gefangene aus dem
Käfige und ſtellt den Bauer von neuem auf; eine zweite, dritte Henne kommt herzu, und der Fänger
kann, wenn er glücklich iſt, im Laufe des Tages bis zwanzig Stück der eiferſüchtigen Thiere fangen.
Alle Laufhühnchen, welche in dieſer Weiſe erbeutet werden, ſind, laut Jerdon, Weibchen und in
den meiſten Fällen ſolche, welche ein legreifes Ei bei ſich tragen. „Mehr als einmal habe ich erfahren,
daß von acht oder zehn auf dieſe Weiſe gefangenen Hennen Eier gelegt worden, noch ehe ſie der Fänger
bis nach Hauſe gebracht.“

Man hat früher angenommen, daß die Laufhühnchen in Vielehigkeit leben; alle neueren Beobachter
erwähnen hiervon aber Nichts, und ſo ſcheint es, daß man über das Eheverhältniß der Vögel noch
nicht recht ins Klare gekommen iſt. Neſt und Eier hingegen ſind wohlbekannt. Zur Anlage des
erſteren benutzt das Weibchen gern eine kleine Vertiefung des Bodens oder ſonſt eine verdeckte Stelle
hinter einem Steine, einer Erdſcholle u. ſ. w.; das Neſt ſelbſt beſteht aus einer einfachen Lage von
trocknen Halmen und Grasblättern; die vier Eier, welche in der Färbung nicht unbedeutend abweichen,
ſind auf ſchmuzigweißem Grunde mit braungelben, braunen und ſchwärzlichen, mehr oder weniger ins
Grauliche ſpielenden Punkten, Schmitzen und kleinen Flecken dicht geſprenkelt. Ob beide Geſchlechter
brüten oder ob dem Weibchen allein dieſe Laſt zufällt, weiß man nicht; wohl aber ſteht ſoviel feſt, daß
ſich das Männchen an der Führung der Jungen betheiligt. „Am 14. Mai“, ſo erzählt Swinhoe,
„ſtörte ich ein Laufhühnchen auf, welches durch ſein eigenthümliches Betragen kund gab, daß ich es
entweder von den Eiern, oder von ſeinen Jungen vertrieben haben mußte. Jch ſah nach und bemerkte
bald ein Küchlein, ſpäter auch die drei übrigen, welche ſich unter dürrem Laube verborgen hatten.
Eins von den Jungen ſteckte ich in den Fangbauer und befahl einem chineſiſchen Knaben, darauf zu
achten. Der alte Vogel entdeckte das Küchlein bald, wollte jedoch nicht in den Käfig laufen. Als
das Junge ſchrie, antwortete ein ärgerlich knurrender Laut von dem benachbarten Gebüſche her, und

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[431/0459] Streitlaufhuhn. wohl nie aber im Walde oder im Gebüſche vor. Jn andern Gegenden bewohnt es graſige Stellen in den Wäldern und Dſchungeln, ebenſo auch ſolche Strecken, wo die Büſche nur dünn ſtehen, und endlich gewiſſe Felder, niemals aber diejenigen, welche vom Waſſer überſchwemmt werden; denn es bevorzugt unter allen Umſtänden dürres Land. Hier lebt es ſo verborgen, daß man es nur ſelten wahrnimmt, auch wenn Paarungsluſt und Eiferſucht es erregen und ſeine herausfordernde Stimme oft laut wird. „Drohenden Gefahren“, ſagt Bernſtein, „ſucht es womöglich dadurch zu entgehen, daß es in gerader Richtung ſchnell davon läuft, und nur wenn ihm ein Feind ganz unerwartet auf den Hals kommt, entfliegt es in niedrigem, wachtelähnlichen, ſchnurrenden Fluge, läßt ſich jedoch bald wieder nieder und ſetzt ſeine Flucht nun laufend weiter fort.“ Gewöhnlich treibt der Jäger blos ein einziges oder zwei dieſer Hühnchen auf; doch kann es während und nach der Paarungszeit vorkommen, daß ſich ihrer fünf bis ſechs zuſammengeſellen. Die Nahrung beſteht in mancherlei Sämereien und ebenſo in verſchiedenen Kerbthieren. Man darf annehmen, daß es letztere bevorzugt, weiß aber aus Erfahrung, daß Gefangene, denen erſtere allein gereicht werden, ſehr lange aushalten, die Kerbthiernahrung alſo wenigſtens zeitweilig entbehren können. Beſonders anziehend wird das Streitlaufhuhn, wie alle ſeine Verwandten, während der Brutzeit. Beide Geſchlechter ſcheinen von gleichen Gefühlen beſeelt, das Weibchen aber noch erregter als das Männchen zu ſein. Wenn die Brutzeit herannaht, vernimmt man an geeigneten Orten fortwährend den ſchnurrenden Ruf der Henne; denn dieſe iſt es, welche gleichgefinnte Schweſtern zum Kampfe fordert. Alle Weibchen, ſo erzählt Jerdon, von einer verwandten Art, ſind im höchſten Grade kampf- luſtig, und dieſe Eigenthümlichkeit wird im Süden Jndiens zu ihrem Verderben wohl benutzt. Man ſteckt eine zahme Henne in einen kleinen Fangbauer, ſetzt dieſen an einer geeigneten Stelle auf den Boden nieder; die Gefangene beginnt zu locken, und jedes Weibchen, welches Dies vernimmt, rennt eilig herbei, in der Abſicht, mit der aufdringlichen Nebenbuhlerin eine Lanze zu brechen, betritt den gefährlichen Theil des Bauers, ſchnellt in der Hitze des Gefechtes das Stellholz weg und ſieht ſich plötzlich allſeitig von Gitterwerk umſchloſſen. Ein Glöckchen, welches durch das Zuſchlagen der Fall- thür geläutet wird, ſetzt den Fänger in Kenntniß; dieſer eilt herbei, nimmt die Gefangene aus dem Käfige und ſtellt den Bauer von neuem auf; eine zweite, dritte Henne kommt herzu, und der Fänger kann, wenn er glücklich iſt, im Laufe des Tages bis zwanzig Stück der eiferſüchtigen Thiere fangen. Alle Laufhühnchen, welche in dieſer Weiſe erbeutet werden, ſind, laut Jerdon, Weibchen und in den meiſten Fällen ſolche, welche ein legreifes Ei bei ſich tragen. „Mehr als einmal habe ich erfahren, daß von acht oder zehn auf dieſe Weiſe gefangenen Hennen Eier gelegt worden, noch ehe ſie der Fänger bis nach Hauſe gebracht.“ Man hat früher angenommen, daß die Laufhühnchen in Vielehigkeit leben; alle neueren Beobachter erwähnen hiervon aber Nichts, und ſo ſcheint es, daß man über das Eheverhältniß der Vögel noch nicht recht ins Klare gekommen iſt. Neſt und Eier hingegen ſind wohlbekannt. Zur Anlage des erſteren benutzt das Weibchen gern eine kleine Vertiefung des Bodens oder ſonſt eine verdeckte Stelle hinter einem Steine, einer Erdſcholle u. ſ. w.; das Neſt ſelbſt beſteht aus einer einfachen Lage von trocknen Halmen und Grasblättern; die vier Eier, welche in der Färbung nicht unbedeutend abweichen, ſind auf ſchmuzigweißem Grunde mit braungelben, braunen und ſchwärzlichen, mehr oder weniger ins Grauliche ſpielenden Punkten, Schmitzen und kleinen Flecken dicht geſprenkelt. Ob beide Geſchlechter brüten oder ob dem Weibchen allein dieſe Laſt zufällt, weiß man nicht; wohl aber ſteht ſoviel feſt, daß ſich das Männchen an der Führung der Jungen betheiligt. „Am 14. Mai“, ſo erzählt Swinhoe, „ſtörte ich ein Laufhühnchen auf, welches durch ſein eigenthümliches Betragen kund gab, daß ich es entweder von den Eiern, oder von ſeinen Jungen vertrieben haben mußte. Jch ſah nach und bemerkte bald ein Küchlein, ſpäter auch die drei übrigen, welche ſich unter dürrem Laube verborgen hatten. Eins von den Jungen ſteckte ich in den Fangbauer und befahl einem chineſiſchen Knaben, darauf zu achten. Der alte Vogel entdeckte das Küchlein bald, wollte jedoch nicht in den Käfig laufen. Als das Junge ſchrie, antwortete ein ärgerlich knurrender Laut von dem benachbarten Gebüſche her, und

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/459>, abgerufen am 22.11.2024.