meerländer, Syrien, Persien, Arabien, Jndien u. s. w. beherbergen ihn in Menge. Bei uns zu Lande fehlt er aber auch nicht, und hier und da muß er sogar als regelmäßige Erscheinung gelten, da er alle Jahre auf ein und derselben Stelle gefunden wird. Die nördlichen Theile seines Verbreitungs- gebietes verläßt er im Spätherbste, fliegt bis zum Süden Europas oder in eine ähnliche Breite hinab und kehrt im Frühjahre zurück; schon um das Mittelmeer herum aber wandert er nicht mehr, sondern treibt sich als Stand- oder doch als Strichvogel jahraus jahrein in demselben Gebiete umher. Letzteres kann sehr verschiedenartig, muß aber immer wüstenhaft sein. Jm Campo Spaniens, jener schauerlichen Einöde, welche mir entsetzlicher dünkt als die Wüste selbst, auf den unbebauten Flächen oder den dürren Feldern der Mittelmeerinseln, in der eigentlichen Wüste oder an der Grenze derselben, und ebenso da, wo die Wüste in die Steppe übergeht, tritt er als Charaktervogel des
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Der Triel(Oedienemus crepitans).
Landes auf, und wenn er sich bei uns in Deutschland ansiedeln soll, so muß die Gegend etwas Wüstenhaftes haben. Aber er bekundet auch hinsichtlich des Aufenthaltes sein Absonderliches. Jn Deutschland bevorzugt er sandige Stellen, große Brachfelder z. B. jeder anderen Oertlichkeit und zeigt eine gewisse Liebhaberei für den Charakterbaum solcher Stellen, die Kiefer, siedelt sich wenigstens da am liebsten an, wo ein Kieferndickicht oder Kiefernwald ihm unter Umständen entsprechende Deckung gewährt; im Süden Europas hingegen meidet er, nach meinen Beobachtungen wenigstens, den Wald gänzlich, und in Egypten kommt er nun gar bis in die Städte herein, und nimmt, wie wir sahen, auf den Wohnungen der Menschen, welche er sonst ängstlich meidet, seinen Stand. Die Araber haben mich versichert, daß der ihnen wohlbekannte Vogel "Karawan" auf den Moscheen, Fabriken und andern Gebäuden, deren platte Dächer selten oder nie von Menschen besucht werden, nicht blos während des Tages sich aufhalte, sondern sogar da oben niste, und ich habe, nach Dem, was
Die Läufer. Stelzvögel. Dickfüße.
meerländer, Syrien, Perſien, Arabien, Jndien u. ſ. w. beherbergen ihn in Menge. Bei uns zu Lande fehlt er aber auch nicht, und hier und da muß er ſogar als regelmäßige Erſcheinung gelten, da er alle Jahre auf ein und derſelben Stelle gefunden wird. Die nördlichen Theile ſeines Verbreitungs- gebietes verläßt er im Spätherbſte, fliegt bis zum Süden Europas oder in eine ähnliche Breite hinab und kehrt im Frühjahre zurück; ſchon um das Mittelmeer herum aber wandert er nicht mehr, ſondern treibt ſich als Stand- oder doch als Strichvogel jahraus jahrein in demſelben Gebiete umher. Letzteres kann ſehr verſchiedenartig, muß aber immer wüſtenhaft ſein. Jm Campo Spaniens, jener ſchauerlichen Einöde, welche mir entſetzlicher dünkt als die Wüſte ſelbſt, auf den unbebauten Flächen oder den dürren Feldern der Mittelmeerinſeln, in der eigentlichen Wüſte oder an der Grenze derſelben, und ebenſo da, wo die Wüſte in die Steppe übergeht, tritt er als Charaktervogel des
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Der Triel(Oedienemus crepitans).
Landes auf, und wenn er ſich bei uns in Deutſchland anſiedeln ſoll, ſo muß die Gegend etwas Wüſtenhaftes haben. Aber er bekundet auch hinſichtlich des Aufenthaltes ſein Abſonderliches. Jn Deutſchland bevorzugt er ſandige Stellen, große Brachfelder z. B. jeder anderen Oertlichkeit und zeigt eine gewiſſe Liebhaberei für den Charakterbaum ſolcher Stellen, die Kiefer, ſiedelt ſich wenigſtens da am liebſten an, wo ein Kieferndickicht oder Kiefernwald ihm unter Umſtänden entſprechende Deckung gewährt; im Süden Europas hingegen meidet er, nach meinen Beobachtungen wenigſtens, den Wald gänzlich, und in Egypten kommt er nun gar bis in die Städte herein, und nimmt, wie wir ſahen, auf den Wohnungen der Menſchen, welche er ſonſt ängſtlich meidet, ſeinen Stand. Die Araber haben mich verſichert, daß der ihnen wohlbekannte Vogel „Karawan“ auf den Moſcheen, Fabriken und andern Gebäuden, deren platte Dächer ſelten oder nie von Menſchen beſucht werden, nicht blos während des Tages ſich aufhalte, ſondern ſogar da oben niſte, und ich habe, nach Dem, was
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Die Läufer. Stelzvögel. Dickfüße.
meerländer, Syrien, Perſien, Arabien, Jndien u. ſ. w. beherbergen ihn in Menge. Bei uns zu Lande
fehlt er aber auch nicht, und hier und da muß er ſogar als regelmäßige Erſcheinung gelten, da er alle
Jahre auf ein und derſelben Stelle gefunden wird. Die nördlichen Theile ſeines Verbreitungs-
gebietes verläßt er im Spätherbſte, fliegt bis zum Süden Europas oder in eine ähnliche Breite hinab
und kehrt im Frühjahre zurück; ſchon um das Mittelmeer herum aber wandert er nicht mehr, ſondern
treibt ſich als Stand- oder doch als Strichvogel jahraus jahrein in demſelben Gebiete umher.
Letzteres kann ſehr verſchiedenartig, muß aber immer wüſtenhaft ſein. Jm Campo Spaniens, jener
ſchauerlichen Einöde, welche mir entſetzlicher dünkt als die Wüſte ſelbſt, auf den unbebauten Flächen
oder den dürren Feldern der Mittelmeerinſeln, in der eigentlichen Wüſte oder an der Grenze
derſelben, und ebenſo da, wo die Wüſte in die Steppe übergeht, tritt er als Charaktervogel des
[Abbildung Der Triel (Oedienemus crepitans).]
Landes auf, und wenn er ſich bei uns in Deutſchland anſiedeln ſoll, ſo muß die Gegend etwas
Wüſtenhaftes haben. Aber er bekundet auch hinſichtlich des Aufenthaltes ſein Abſonderliches. Jn
Deutſchland bevorzugt er ſandige Stellen, große Brachfelder z. B. jeder anderen Oertlichkeit und
zeigt eine gewiſſe Liebhaberei für den Charakterbaum ſolcher Stellen, die Kiefer, ſiedelt ſich wenigſtens
da am liebſten an, wo ein Kieferndickicht oder Kiefernwald ihm unter Umſtänden entſprechende
Deckung gewährt; im Süden Europas hingegen meidet er, nach meinen Beobachtungen wenigſtens,
den Wald gänzlich, und in Egypten kommt er nun gar bis in die Städte herein, und nimmt, wie
wir ſahen, auf den Wohnungen der Menſchen, welche er ſonſt ängſtlich meidet, ſeinen Stand.
Die Araber haben mich verſichert, daß der ihnen wohlbekannte Vogel „Karawan“ auf den Moſcheen,
Fabriken und andern Gebäuden, deren platte Dächer ſelten oder nie von Menſchen beſucht werden,
nicht blos während des Tages ſich aufhalte, ſondern ſogar da oben niſte, und ich habe, nach Dem, was
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 582. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/620>, abgerufen am 22.11.2024.
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