pflegt sich übrigens der ziehende Goldregenpfeifer vorsichtig zu zeigen, und jedenfalls unterscheidet er ihn von dem Landmann und Hirten sehr gut. Wer den Lockton nachzuahmen versteht, kann übrigens die ziehenden Goldregenpfeifer zu sich heranrufen, und ebenso lassen sie sich in einen eigens für sie gestellten Herd locken. Das Wildpret wird hochgeschätzt, obgleich es im Herbste zuweilen etwas thranig schmeckt.
Die neuere Vogelkunde verlangt, daß man den Mornellregenpfeifer und die ihm ähnlich gefärbten Verwandten in einer besondern Sippe, als Alpenregenpfeifer(Eudromias) aufführt. Zu deren Kennzeichen gibt man an, daß der Schnabel dünn, gerade, hochrückig, oben in der Mitte seiner Länge eingedrückt, kürzer als der große Kopf ist, die Läufe vorn getäfelt, nicht massig genetzt sind, und der sogenannte Afterflügel sich bedeutend verlängert. Auch auf die Färbung wird Gewicht gelegt, da sie bei den verwandten Arten sich sehr ähnelt.
Der Mornell- oder Morinell-, auch lappländischer, tartarischer, sibirischer, dummer Regenpfeifer, Possenreißer, Citronen- und Pommeranzenvogel genannt (Eudromias Morinellus), trägt ein Kleid, welches der Bodenfärbung einer Gebirgshalde vortrefflich entspricht. Das Gefieder des Oberkörpers ist schwärzlich, wegen der rostrothen Federränder lichter gezeichnet, der graue Kopf durch einen schmalen schwarzen und einen weißen Gürtel von der Brust getrennt, diese rostroth, die Unterbrust in der Mitte schwarz, der Bauch weiß; über das Auge verläuft ein breiter lichter, im Nacken zusammenlaufender Streifen. Das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel schwarz, der Fuß grünlichgelb. Jm Herbstkleide ist der Oberkörper tief aschgrau, der Oberkopf tief schwärzlich und rostgelb gemischt, der Streifen über dem Auge blaßrostgelb, die Ober- brust grau, der übrige Unterkörper weiß. Das Weibchen ist minder schön, dem Männchen aber ähnlich. Die Länge beträgt 83/4 bis 9, die Breite 18, die Fittiglänge 53/4, die Schwanz- länge 23/4 Zoll.
Gelegentlich einer Renthierjagd auf den Hochrücken der Fjelds des Dovregebirges und unmittelbar unter der Grenze des schmelzenden Schnees lernte ich den Mornell zuerst als Standvogel kennen und später fand ich, daß er überall im Norden, aber nur an ähnlichen Orten gefunden wird, gegen das Nordkap hin allerdings auf niedrigeren Bergrücken, immer aber im Alpengebiete, also nicht in der eigentlichen Tundra. Dies stimmt mit den an anderen Orten gesammelten Beobachtungen überein. So bewohnt der Vogel in Deutschland regelmäßig die höchsten Höhen des Riesengebirges, in Großbritannien das schottische Hochland, und im südlichen Sibirien, laut Radde, die alpinen Bergflächen über der Tundra in einer Höhe von 7500 bis 8000 Fuß über dem Meere, einzeln sogar noch Höhen von 10,000 Fuß unbedingter Höhe. Gelegentlich seiner Winterreisen besucht er Deutschland, Frankreich, Ungarn und Norditalien sehr regelmäßig, zieht aber nicht weiter als bis in die Mittel- meerländer oder die diesen entsprechenden Mittelasiens und überwintert also schon in Spanien, Griechenland und der Türkei oder in der Tartarei und Persien. Wahrscheinlich nimmt er auch in der Winterherberge auf Gebirgen seinen Stand; Dies mag die Ursache sein, daß er von den dort beobachtenden Forschern immer als seltene Erscheinung betrachtet wird. Er verläßt bereits im August seine Heimat und kommt selten früher als im April dahin zurück, beginnt aber freilich sofort nach seiner Ankunft das Brutgeschäft. Seine Wanderung tritt er in kleineren oder größeren Gesell- schaften an, und während der Reise bewegt er sich ebensowohl bei Tage als bei Nacht.
Jch zähle den Mornell zu den anziehendsten Mitgliedern seiner Familie; es mag aber sein, daß diejenigen, welche ich beobachten konnte, mich besonders fesselten, weil sie gerade brüteten. Man hat diesen Vogel als dumm und albern verschrien: -- ich kann diese Ansicht nicht zu der meinigen machen. Allerdings zeigt er auf seinem Brutplatze wenig Schen vor dem Menschen, gewiß aber nur, weil er diesen in seiner sicheren Höhe so selten zu sehen bekommt. Erfährt er wirklich Verfolgung, so
Goldregenpfeifer. Mornell.
pflegt ſich übrigens der ziehende Goldregenpfeifer vorſichtig zu zeigen, und jedenfalls unterſcheidet er ihn von dem Landmann und Hirten ſehr gut. Wer den Lockton nachzuahmen verſteht, kann übrigens die ziehenden Goldregenpfeifer zu ſich heranrufen, und ebenſo laſſen ſie ſich in einen eigens für ſie geſtellten Herd locken. Das Wildpret wird hochgeſchätzt, obgleich es im Herbſte zuweilen etwas thranig ſchmeckt.
Die neuere Vogelkunde verlangt, daß man den Mornellregenpfeifer und die ihm ähnlich gefärbten Verwandten in einer beſondern Sippe, als Alpenregenpfeifer(Eudromias) aufführt. Zu deren Kennzeichen gibt man an, daß der Schnabel dünn, gerade, hochrückig, oben in der Mitte ſeiner Länge eingedrückt, kürzer als der große Kopf iſt, die Läufe vorn getäfelt, nicht maſſig genetzt ſind, und der ſogenannte Afterflügel ſich bedeutend verlängert. Auch auf die Färbung wird Gewicht gelegt, da ſie bei den verwandten Arten ſich ſehr ähnelt.
Der Mornell- oder Morinell-, auch lappländiſcher, tartariſcher, ſibiriſcher, dummer Regenpfeifer, Poſſenreißer, Citronen- und Pommeranzenvogel genannt (Eudromias Morinellus), trägt ein Kleid, welches der Bodenfärbung einer Gebirgshalde vortrefflich entſpricht. Das Gefieder des Oberkörpers iſt ſchwärzlich, wegen der roſtrothen Federränder lichter gezeichnet, der graue Kopf durch einen ſchmalen ſchwarzen und einen weißen Gürtel von der Bruſt getrennt, dieſe roſtroth, die Unterbruſt in der Mitte ſchwarz, der Bauch weiß; über das Auge verläuft ein breiter lichter, im Nacken zuſammenlaufender Streifen. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel ſchwarz, der Fuß grünlichgelb. Jm Herbſtkleide iſt der Oberkörper tief aſchgrau, der Oberkopf tief ſchwärzlich und roſtgelb gemiſcht, der Streifen über dem Auge blaßroſtgelb, die Ober- bruſt grau, der übrige Unterkörper weiß. Das Weibchen iſt minder ſchön, dem Männchen aber ähnlich. Die Länge beträgt 8¾ bis 9, die Breite 18, die Fittiglänge 5¾, die Schwanz- länge 2¾ Zoll.
Gelegentlich einer Renthierjagd auf den Hochrücken der Fjelds des Dovregebirges und unmittelbar unter der Grenze des ſchmelzenden Schnees lernte ich den Mornell zuerſt als Standvogel kennen und ſpäter fand ich, daß er überall im Norden, aber nur an ähnlichen Orten gefunden wird, gegen das Nordkap hin allerdings auf niedrigeren Bergrücken, immer aber im Alpengebiete, alſo nicht in der eigentlichen Tundra. Dies ſtimmt mit den an anderen Orten geſammelten Beobachtungen überein. So bewohnt der Vogel in Deutſchland regelmäßig die höchſten Höhen des Rieſengebirges, in Großbritannien das ſchottiſche Hochland, und im ſüdlichen Sibirien, laut Radde, die alpinen Bergflächen über der Tundra in einer Höhe von 7500 bis 8000 Fuß über dem Meere, einzeln ſogar noch Höhen von 10,000 Fuß unbedingter Höhe. Gelegentlich ſeiner Winterreiſen beſucht er Deutſchland, Frankreich, Ungarn und Norditalien ſehr regelmäßig, zieht aber nicht weiter als bis in die Mittel- meerländer oder die dieſen entſprechenden Mittelaſiens und überwintert alſo ſchon in Spanien, Griechenland und der Türkei oder in der Tartarei und Perſien. Wahrſcheinlich nimmt er auch in der Winterherberge auf Gebirgen ſeinen Stand; Dies mag die Urſache ſein, daß er von den dort beobachtenden Forſchern immer als ſeltene Erſcheinung betrachtet wird. Er verläßt bereits im Auguſt ſeine Heimat und kommt ſelten früher als im April dahin zurück, beginnt aber freilich ſofort nach ſeiner Ankunft das Brutgeſchäft. Seine Wanderung tritt er in kleineren oder größeren Geſell- ſchaften an, und während der Reiſe bewegt er ſich ebenſowohl bei Tage als bei Nacht.
Jch zähle den Mornell zu den anziehendſten Mitgliedern ſeiner Familie; es mag aber ſein, daß diejenigen, welche ich beobachten konnte, mich beſonders feſſelten, weil ſie gerade brüteten. Man hat dieſen Vogel als dumm und albern verſchrien: — ich kann dieſe Anſicht nicht zu der meinigen machen. Allerdings zeigt er auf ſeinem Brutplatze wenig Schen vor dem Menſchen, gewiß aber nur, weil er dieſen in ſeiner ſicheren Höhe ſo ſelten zu ſehen bekommt. Erfährt er wirklich Verfolgung, ſo
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[589/0627]
Goldregenpfeifer. Mornell.
pflegt ſich übrigens der ziehende Goldregenpfeifer vorſichtig zu zeigen, und jedenfalls unterſcheidet er
ihn von dem Landmann und Hirten ſehr gut. Wer den Lockton nachzuahmen verſteht, kann übrigens
die ziehenden Goldregenpfeifer zu ſich heranrufen, und ebenſo laſſen ſie ſich in einen eigens für ſie
geſtellten Herd locken. Das Wildpret wird hochgeſchätzt, obgleich es im Herbſte zuweilen etwas
thranig ſchmeckt.
Die neuere Vogelkunde verlangt, daß man den Mornellregenpfeifer und die ihm ähnlich
gefärbten Verwandten in einer beſondern Sippe, als Alpenregenpfeifer (Eudromias) aufführt.
Zu deren Kennzeichen gibt man an, daß der Schnabel dünn, gerade, hochrückig, oben in der Mitte
ſeiner Länge eingedrückt, kürzer als der große Kopf iſt, die Läufe vorn getäfelt, nicht maſſig genetzt
ſind, und der ſogenannte Afterflügel ſich bedeutend verlängert. Auch auf die Färbung wird Gewicht
gelegt, da ſie bei den verwandten Arten ſich ſehr ähnelt.
Der Mornell- oder Morinell-, auch lappländiſcher, tartariſcher, ſibiriſcher,
dummer Regenpfeifer, Poſſenreißer, Citronen- und Pommeranzenvogel genannt
(Eudromias Morinellus), trägt ein Kleid, welches der Bodenfärbung einer Gebirgshalde vortrefflich
entſpricht. Das Gefieder des Oberkörpers iſt ſchwärzlich, wegen der roſtrothen Federränder lichter
gezeichnet, der graue Kopf durch einen ſchmalen ſchwarzen und einen weißen Gürtel von der Bruſt
getrennt, dieſe roſtroth, die Unterbruſt in der Mitte ſchwarz, der Bauch weiß; über das Auge
verläuft ein breiter lichter, im Nacken zuſammenlaufender Streifen. Das Auge iſt dunkelbraun, der
Schnabel ſchwarz, der Fuß grünlichgelb. Jm Herbſtkleide iſt der Oberkörper tief aſchgrau, der
Oberkopf tief ſchwärzlich und roſtgelb gemiſcht, der Streifen über dem Auge blaßroſtgelb, die Ober-
bruſt grau, der übrige Unterkörper weiß. Das Weibchen iſt minder ſchön, dem Männchen aber
ähnlich. Die Länge beträgt 8¾ bis 9, die Breite 18, die Fittiglänge 5¾, die Schwanz-
länge 2¾ Zoll.
Gelegentlich einer Renthierjagd auf den Hochrücken der Fjelds des Dovregebirges und
unmittelbar unter der Grenze des ſchmelzenden Schnees lernte ich den Mornell zuerſt als Standvogel
kennen und ſpäter fand ich, daß er überall im Norden, aber nur an ähnlichen Orten gefunden wird,
gegen das Nordkap hin allerdings auf niedrigeren Bergrücken, immer aber im Alpengebiete, alſo nicht
in der eigentlichen Tundra. Dies ſtimmt mit den an anderen Orten geſammelten Beobachtungen
überein. So bewohnt der Vogel in Deutſchland regelmäßig die höchſten Höhen des Rieſengebirges,
in Großbritannien das ſchottiſche Hochland, und im ſüdlichen Sibirien, laut Radde, die alpinen
Bergflächen über der Tundra in einer Höhe von 7500 bis 8000 Fuß über dem Meere, einzeln ſogar noch
Höhen von 10,000 Fuß unbedingter Höhe. Gelegentlich ſeiner Winterreiſen beſucht er Deutſchland,
Frankreich, Ungarn und Norditalien ſehr regelmäßig, zieht aber nicht weiter als bis in die Mittel-
meerländer oder die dieſen entſprechenden Mittelaſiens und überwintert alſo ſchon in Spanien,
Griechenland und der Türkei oder in der Tartarei und Perſien. Wahrſcheinlich nimmt er auch in
der Winterherberge auf Gebirgen ſeinen Stand; Dies mag die Urſache ſein, daß er von den dort
beobachtenden Forſchern immer als ſeltene Erſcheinung betrachtet wird. Er verläßt bereits im
Auguſt ſeine Heimat und kommt ſelten früher als im April dahin zurück, beginnt aber freilich ſofort
nach ſeiner Ankunft das Brutgeſchäft. Seine Wanderung tritt er in kleineren oder größeren Geſell-
ſchaften an, und während der Reiſe bewegt er ſich ebenſowohl bei Tage als bei Nacht.
Jch zähle den Mornell zu den anziehendſten Mitgliedern ſeiner Familie; es mag aber ſein, daß
diejenigen, welche ich beobachten konnte, mich beſonders feſſelten, weil ſie gerade brüteten. Man hat
dieſen Vogel als dumm und albern verſchrien: — ich kann dieſe Anſicht nicht zu der meinigen
machen. Allerdings zeigt er auf ſeinem Brutplatze wenig Schen vor dem Menſchen, gewiß aber nur,
weil er dieſen in ſeiner ſicheren Höhe ſo ſelten zu ſehen bekommt. Erfährt er wirklich Verfolgung, ſo
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 589. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/627>, abgerufen am 22.11.2024.
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