Die Läufer. Stelzvögel. Steinwälzer. Austernfischer.
aber rennend ungemein rasch große Strecken zu durchmessen, obgleich er die Gewohnheit hat, ein Stück schußweise fortzulaufen, dann auf irgend einer kleinen Erhöhung eine Zeitlang still zu halten und von neuem wegzuschießen. Jm Fluge bekundet er die Meisterschaft seiner Verwandten; er versteht es, pfeilschnell dahinzufliegen, gewandt sich zu schwenken und zu wenden und bewegt sich dicht über der Erde fort ebenso sicher wie in höheren Luftschichten. Seine Stimme mag als ein gellendes, schneidendes Pfeifen bezeichnet werden; denn sie besteht nur aus einem Laute, welchen man durch die Silbe "Kie" etwa wiedergeben kann. Dieser eine Laut wird aber bald länger gedehnt, bald schnell nach einander hervorgestoßen, sodaß er sehr verschieden ins Ohr des Beobachters fällt.
Am Meeresstrande gehört der Steinwälzer überall zu den vorsichtigsten, hier und da selbst zu den scheuen Vögeln. Er läßt gern andere, größere Strandvögel für seine Sicherheit wachen, über- nimmt aber, wenn er sich unter den kleineren Strandläufern umhertreibt, auch seinerseits das Amt des Warners oder Wächters und weiß sich sehr bald Beachtung, ja einen gewissen Gehorsam zu verschaffen. Verfolgung macht ihn überaus vorsichtig. Es ist also keineswegs leicht, ihn längere Zeit zu beobachten; denn er sieht auch in dem Nichtschützen gewöhnlich einen gefährlichen Feind.
Solange unser Vogel in Thätigkeit ist, solange geht er auch seiner Nahrung nach. Diese besteht aus allerlei kleinem Meergethier, vorzugsweise also aus Würmern und kleinen, zarten Muschelthieren, welche er aus dem Sande bohrt, oder durch Umdrehen der Steine erbeutet: -- daher sein Name. Kerbthiere, welche sich über der Flutgrenze aufhalten, werden von ihm selbstverständlich auch mit- genommen; sein eigentliches Weidegebiet aber ist der Küstenstreifen, welcher von der Ebbe trocken gelegt wird und also nur ausnahmsweise Kerfe beherbergt.
Zur Niststelle wählt er sich am liebsten kleine, flache Sandinseln oder kiesige Stellen am Gestade. Aus den Beobachtungen Schilling's scheint hervorzugehen, daß er solche Jnseln, welche mit kurzem Haidekraut und einzelnen verkrüppelten Wachholderbüschen bestanden sind, andern vorzieht; Holland beobachtete, daß er Plätze erwählt, auf denen höhere Gras- oder Binsenbüschel stehen, unter denen dann das Nest angelegt wird. Während der Brutzeit scheint er sich hier und da tiefer ins Jnnere des Landes zu begeben, so z. B. auf Jsland. Das Nest ist eine mit wenigen Hälmchen dürftig ausgelegte Vertiefung. Die drei bis vier Eier ähneln entfernt denen des Kiebitzes, sind aber kleiner, glattschalig und auf graubraunem, gelblicholiven- oder seegrünen Grunde mit dunkel- braunen, ölgrauen und schwärzlicholivenfarbigen Flecken und Punkten, auch wohl mit Schnörkeln gezeichnet, am dicken Ende dichter als an der Spitze. Beide Eltern legen ihre große Liebe für die Brut durch Schreien, ängstliches Umherfliegen und lebhafte Geberden an den Tag. Die Jungen betragen sich nach Art der Regenpfeifer.
Ueber das Gefangenleben des Steinwälzers sind mir keine Mittheilungen bekannt; doch darf man annehmen, daß er sich leicht zähmen und dann an ein passendes Ersatzfutter gewöhnen läßt, auch wohl in der Gefangenschaft ausdauert.
Wer irgend eine Küste der Nord- und Ostsee besucht, wird gewiß die Bekanntschaft eines Strandvogels machen, welcher hier fast allerorten häufig vorkommt und sich durch sein Betragen so auszeichnet, daß man ihn nicht übersehen kann. Die Küstenbewohner sind mit ihm ebenso vertraut worden, wie wir mit einem unserer Raben oder mit dem Sperling: darauf hin deuten schon die vielen Namen, welche man ihm gegeben hat. Der Austernfischer (Haematopus ostralegus), den ich im Sinne habe, heißt nämlich auch noch Austernsammler, Austernfresser, Austernegel und Austerndieb, Meer-, See-, Strand- oder Wasserelster, Heister- oder Elstern- schnepfe, Seeschnepfe u. s. w. und besitzt einen ähnlichen Reichthum an Titeln unter allen Völkern, welche ihn kennen. Er fällt auf durch seine Gestalt und hat, streng genommen, außer seinen
Die Läufer. Stelzvögel. Steinwälzer. Auſternfiſcher.
aber rennend ungemein raſch große Strecken zu durchmeſſen, obgleich er die Gewohnheit hat, ein Stück ſchußweiſe fortzulaufen, dann auf irgend einer kleinen Erhöhung eine Zeitlang ſtill zu halten und von neuem wegzuſchießen. Jm Fluge bekundet er die Meiſterſchaft ſeiner Verwandten; er verſteht es, pfeilſchnell dahinzufliegen, gewandt ſich zu ſchwenken und zu wenden und bewegt ſich dicht über der Erde fort ebenſo ſicher wie in höheren Luftſchichten. Seine Stimme mag als ein gellendes, ſchneidendes Pfeifen bezeichnet werden; denn ſie beſteht nur aus einem Laute, welchen man durch die Silbe „Kie“ etwa wiedergeben kann. Dieſer eine Laut wird aber bald länger gedehnt, bald ſchnell nach einander hervorgeſtoßen, ſodaß er ſehr verſchieden ins Ohr des Beobachters fällt.
Am Meeresſtrande gehört der Steinwälzer überall zu den vorſichtigſten, hier und da ſelbſt zu den ſcheuen Vögeln. Er läßt gern andere, größere Strandvögel für ſeine Sicherheit wachen, über- nimmt aber, wenn er ſich unter den kleineren Strandläufern umhertreibt, auch ſeinerſeits das Amt des Warners oder Wächters und weiß ſich ſehr bald Beachtung, ja einen gewiſſen Gehorſam zu verſchaffen. Verfolgung macht ihn überaus vorſichtig. Es iſt alſo keineswegs leicht, ihn längere Zeit zu beobachten; denn er ſieht auch in dem Nichtſchützen gewöhnlich einen gefährlichen Feind.
Solange unſer Vogel in Thätigkeit iſt, ſolange geht er auch ſeiner Nahrung nach. Dieſe beſteht aus allerlei kleinem Meergethier, vorzugsweiſe alſo aus Würmern und kleinen, zarten Muſchelthieren, welche er aus dem Sande bohrt, oder durch Umdrehen der Steine erbeutet: — daher ſein Name. Kerbthiere, welche ſich über der Flutgrenze aufhalten, werden von ihm ſelbſtverſtändlich auch mit- genommen; ſein eigentliches Weidegebiet aber iſt der Küſtenſtreifen, welcher von der Ebbe trocken gelegt wird und alſo nur ausnahmsweiſe Kerfe beherbergt.
Zur Niſtſtelle wählt er ſich am liebſten kleine, flache Sandinſeln oder kieſige Stellen am Geſtade. Aus den Beobachtungen Schilling’s ſcheint hervorzugehen, daß er ſolche Jnſeln, welche mit kurzem Haidekraut und einzelnen verkrüppelten Wachholderbüſchen beſtanden ſind, andern vorzieht; Holland beobachtete, daß er Plätze erwählt, auf denen höhere Gras- oder Binſenbüſchel ſtehen, unter denen dann das Neſt angelegt wird. Während der Brutzeit ſcheint er ſich hier und da tiefer ins Jnnere des Landes zu begeben, ſo z. B. auf Jsland. Das Neſt iſt eine mit wenigen Hälmchen dürftig ausgelegte Vertiefung. Die drei bis vier Eier ähneln entfernt denen des Kiebitzes, ſind aber kleiner, glattſchalig und auf graubraunem, gelblicholiven- oder ſeegrünen Grunde mit dunkel- braunen, ölgrauen und ſchwärzlicholivenfarbigen Flecken und Punkten, auch wohl mit Schnörkeln gezeichnet, am dicken Ende dichter als an der Spitze. Beide Eltern legen ihre große Liebe für die Brut durch Schreien, ängſtliches Umherfliegen und lebhafte Geberden an den Tag. Die Jungen betragen ſich nach Art der Regenpfeifer.
Ueber das Gefangenleben des Steinwälzers ſind mir keine Mittheilungen bekannt; doch darf man annehmen, daß er ſich leicht zähmen und dann an ein paſſendes Erſatzfutter gewöhnen läßt, auch wohl in der Gefangenſchaft ausdauert.
Wer irgend eine Küſte der Nord- und Oſtſee beſucht, wird gewiß die Bekanntſchaft eines Strandvogels machen, welcher hier faſt allerorten häufig vorkommt und ſich durch ſein Betragen ſo auszeichnet, daß man ihn nicht überſehen kann. Die Küſtenbewohner ſind mit ihm ebenſo vertraut worden, wie wir mit einem unſerer Raben oder mit dem Sperling: darauf hin deuten ſchon die vielen Namen, welche man ihm gegeben hat. Der Auſternfiſcher (Haematopus ostralegus), den ich im Sinne habe, heißt nämlich auch noch Auſternſammler, Auſternfreſſer, Auſternegel und Auſterndieb, Meer-, See-, Strand- oder Waſſerelſter, Heiſter- oder Elſtern- ſchnepfe, Seeſchnepfe u. ſ. w. und beſitzt einen ähnlichen Reichthum an Titeln unter allen Völkern, welche ihn kennen. Er fällt auf durch ſeine Geſtalt und hat, ſtreng genommen, außer ſeinen
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Die Läufer. Stelzvögel. Steinwälzer. Auſternfiſcher.
aber rennend ungemein raſch große Strecken zu durchmeſſen, obgleich er die Gewohnheit hat, ein
Stück ſchußweiſe fortzulaufen, dann auf irgend einer kleinen Erhöhung eine Zeitlang ſtill zu halten
und von neuem wegzuſchießen. Jm Fluge bekundet er die Meiſterſchaft ſeiner Verwandten; er
verſteht es, pfeilſchnell dahinzufliegen, gewandt ſich zu ſchwenken und zu wenden und bewegt ſich dicht
über der Erde fort ebenſo ſicher wie in höheren Luftſchichten. Seine Stimme mag als ein gellendes,
ſchneidendes Pfeifen bezeichnet werden; denn ſie beſteht nur aus einem Laute, welchen man durch die
Silbe „Kie“ etwa wiedergeben kann. Dieſer eine Laut wird aber bald länger gedehnt, bald ſchnell
nach einander hervorgeſtoßen, ſodaß er ſehr verſchieden ins Ohr des Beobachters fällt.
Am Meeresſtrande gehört der Steinwälzer überall zu den vorſichtigſten, hier und da ſelbſt zu
den ſcheuen Vögeln. Er läßt gern andere, größere Strandvögel für ſeine Sicherheit wachen, über-
nimmt aber, wenn er ſich unter den kleineren Strandläufern umhertreibt, auch ſeinerſeits das Amt des
Warners oder Wächters und weiß ſich ſehr bald Beachtung, ja einen gewiſſen Gehorſam zu verſchaffen.
Verfolgung macht ihn überaus vorſichtig. Es iſt alſo keineswegs leicht, ihn längere Zeit zu
beobachten; denn er ſieht auch in dem Nichtſchützen gewöhnlich einen gefährlichen Feind.
Solange unſer Vogel in Thätigkeit iſt, ſolange geht er auch ſeiner Nahrung nach. Dieſe beſteht
aus allerlei kleinem Meergethier, vorzugsweiſe alſo aus Würmern und kleinen, zarten Muſchelthieren,
welche er aus dem Sande bohrt, oder durch Umdrehen der Steine erbeutet: — daher ſein Name.
Kerbthiere, welche ſich über der Flutgrenze aufhalten, werden von ihm ſelbſtverſtändlich auch mit-
genommen; ſein eigentliches Weidegebiet aber iſt der Küſtenſtreifen, welcher von der Ebbe trocken
gelegt wird und alſo nur ausnahmsweiſe Kerfe beherbergt.
Zur Niſtſtelle wählt er ſich am liebſten kleine, flache Sandinſeln oder kieſige Stellen am Geſtade.
Aus den Beobachtungen Schilling’s ſcheint hervorzugehen, daß er ſolche Jnſeln, welche mit kurzem
Haidekraut und einzelnen verkrüppelten Wachholderbüſchen beſtanden ſind, andern vorzieht; Holland
beobachtete, daß er Plätze erwählt, auf denen höhere Gras- oder Binſenbüſchel ſtehen, unter denen
dann das Neſt angelegt wird. Während der Brutzeit ſcheint er ſich hier und da tiefer ins
Jnnere des Landes zu begeben, ſo z. B. auf Jsland. Das Neſt iſt eine mit wenigen Hälmchen
dürftig ausgelegte Vertiefung. Die drei bis vier Eier ähneln entfernt denen des Kiebitzes, ſind aber
kleiner, glattſchalig und auf graubraunem, gelblicholiven- oder ſeegrünen Grunde mit dunkel-
braunen, ölgrauen und ſchwärzlicholivenfarbigen Flecken und Punkten, auch wohl mit Schnörkeln
gezeichnet, am dicken Ende dichter als an der Spitze. Beide Eltern legen ihre große Liebe für die
Brut durch Schreien, ängſtliches Umherfliegen und lebhafte Geberden an den Tag. Die Jungen
betragen ſich nach Art der Regenpfeifer.
Ueber das Gefangenleben des Steinwälzers ſind mir keine Mittheilungen bekannt; doch darf
man annehmen, daß er ſich leicht zähmen und dann an ein paſſendes Erſatzfutter gewöhnen läßt, auch
wohl in der Gefangenſchaft ausdauert.
Wer irgend eine Küſte der Nord- und Oſtſee beſucht, wird gewiß die Bekanntſchaft eines
Strandvogels machen, welcher hier faſt allerorten häufig vorkommt und ſich durch ſein Betragen ſo
auszeichnet, daß man ihn nicht überſehen kann. Die Küſtenbewohner ſind mit ihm ebenſo vertraut
worden, wie wir mit einem unſerer Raben oder mit dem Sperling: darauf hin deuten ſchon die
vielen Namen, welche man ihm gegeben hat. Der Auſternfiſcher (Haematopus ostralegus), den
ich im Sinne habe, heißt nämlich auch noch Auſternſammler, Auſternfreſſer, Auſternegel
und Auſterndieb, Meer-, See-, Strand- oder Waſſerelſter, Heiſter- oder Elſtern-
ſchnepfe, Seeſchnepfe u. ſ. w. und beſitzt einen ähnlichen Reichthum an Titeln unter allen
Völkern, welche ihn kennen. Er fällt auf durch ſeine Geſtalt und hat, ſtreng genommen, außer ſeinen
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/642>, abgerufen am 22.11.2024.
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