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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Läufer. Stelzvögel. Strandläufer.
Ufer des Mansfeldischen Salzsees fünf Sanderlinge an, sah ihnen erst lange aus einer Entfernung
von fünf bis sechs Schritten mit großem Vergnügen zu, bis endlich doch das Verlangen, sie zu besitzen,
in ihm rege ward. "Jch durchsuchte meine Jagdtasche und fand einige Pferdehaarschlingen vor, die
ich, sogut es ohne Holz oder Pflock gehen wollte, in dem kiesigen Boden befestigte und am Wasser
aufstellte. Nun fing ich behutsam zu treiben an; weil jedoch die Schleifen sehr schlecht stellten, mußte
ich Dies öfters wiederholen, trieb die Vögelchen aber solange hin und her, bis drei derselben in
meinen Schlingen hingen, und, weil nun bei den übriggebliebenen, welche durch das Verfolgen
auch etwas mißtrauisch geworden waren, mir endlich die Geduld ausging, erlegte ich auch sie mit
einem Schusse, und hatte so die ganze Gesellschaft aufgerieben." .... Einzelne Sanderlinge ließen
mehrere Fehlschüsse auf sich thun, flogen darauf jedesmal nur einige Schritte weit weg und wurden
schließlich auch noch erlegt, ja man hat aus einer kleinen Gesellschaft einen einzigen Vogel wegge-
schossen, ohne daß die andern sich überhaupt erhoben. So harmlos sind die Thierchen freilich nicht
immer. Die Stimme ist ein einfacher, pfeifender, kurz abgebrochener, sanfter Ruf, welcher durch die
Silbe "Pitt" wiedergegeben werden kann, nach den Umständen aber verschieden betont wird und dann
auch verschiedene Bedeutung erlangt.

Wie die Verwandten nährt sich auch der Sanderling von allerlei Kleingethier, wie die Wellen
des Meeres es an den Strand werfen. Man sieht die Gesellschaft dicht an der Brandungslinie der
See stehen, eine sich überstürzende Welle erwartend, hierauf mit dem zurückkehrenden Wasser seeein-
wärts laufend, vor der nächsten Welle zurückflüchten, und in dieser Weise stundenlang auf- und
niederlaufen. Doch gewahrt man ihn auch weiter vom Wasser entfernt, eifrig beschäftigt, hier und
dort Etwas aufzupicken, und er vertieft sich in seine Arbeit so, daß er den Menschen bis auf wenige
Schritte herankommen läßt, bevor er zu ihm aufblickt und dann erst erschreckt davoneilt. Naumann
sagt, daß er eine wohlbesetzte Tafel sehr liebe und bei den Freuden derselben selbst seine Sicherheit
hintanzusetzen scheine. Gelegentlich des Futtersuchens kommt der sonst so friedliche Vogel auch
wohl in Streit mit einem seiner Gefährten.

Der Sanderling pflanzt sich wahrscheinlich nur innerhalb des Polarkreises sort. Sein Nest
findet man in der Nähe der Seeküste oder an den Ufern stehender Gewässer. Die vier verhältniß-
mäßig großen Eier haben eine meergrüne, hellere oder dunklere Grundfarbe, grauröthliche Unter-,
größere braune Mittel- und schwärzliche Oberflecke, welche, entsprechend der Grundfarbe, heller oder
dunkler sind. Ausführlichere Nachrichten über sein Fortpflanzungsgeschäft sind mir nicht bekannt.

An den Seeküsten jagt man den Sanderling wie alles kleinere Strandgeflügel überhaupt und
erlegt oft viele der harmlosen Thierchen mit einem einzigen Schusse. Ebensoleicht wird er, wie aus
Naumann's Beobachtungen hervorgeht, gefangen. Nach Versicherung dieses Forschers läßt er sich
leicht zähmen und zeigt sich schon nach wenigen Tagen so kirr und zutraulich, daß er dadurch oft in
Gefahr geräth und zuletzt gewöhnlich todt getreten oder zwischen einer Thüre todt geklemmt wird.



Die Schlammläufer (Pelidna) sind ebenfalls kleine, verhältnißmäßig schlanke Vögel mit
kopflangem oder noch etwas längeren, geraden oder bogenförmigen, an der Spitze kaum merklich ver-
breiterten Schnabel, schlanken, vierzehigen, weit über der Ferse nackten Füßen, mittellangen, spitzen
Schwingen und einem entweder zugerundeten oder doppelt ausgeschnittenen Schwanze, deren Gefieder
sich in Folge der doppelten Mauser alljährlich zweimal wesentlich verändert.

Der Zwergbrachvogel (Pelidna subarquata) kommt einer Haubenlerche an Größe ungefähr
gleich; seine Länge beträgt 7, seine Breite 10, die Fittiglänge 5, die Schwanzlänge 1 2/3 Zoll.
Jm Frühlingskleide ist fast der ganze Unterkörper rostroth, heller oder dunkler, reiner oder mehr

Die Läufer. Stelzvögel. Strandläufer.
Ufer des Mansfeldiſchen Salzſees fünf Sanderlinge an, ſah ihnen erſt lange aus einer Entfernung
von fünf bis ſechs Schritten mit großem Vergnügen zu, bis endlich doch das Verlangen, ſie zu beſitzen,
in ihm rege ward. „Jch durchſuchte meine Jagdtaſche und fand einige Pferdehaarſchlingen vor, die
ich, ſogut es ohne Holz oder Pflock gehen wollte, in dem kieſigen Boden befeſtigte und am Waſſer
aufſtellte. Nun fing ich behutſam zu treiben an; weil jedoch die Schleifen ſehr ſchlecht ſtellten, mußte
ich Dies öfters wiederholen, trieb die Vögelchen aber ſolange hin und her, bis drei derſelben in
meinen Schlingen hingen, und, weil nun bei den übriggebliebenen, welche durch das Verfolgen
auch etwas mißtrauiſch geworden waren, mir endlich die Geduld ausging, erlegte ich auch ſie mit
einem Schuſſe, und hatte ſo die ganze Geſellſchaft aufgerieben.“ .... Einzelne Sanderlinge ließen
mehrere Fehlſchüſſe auf ſich thun, flogen darauf jedesmal nur einige Schritte weit weg und wurden
ſchließlich auch noch erlegt, ja man hat aus einer kleinen Geſellſchaft einen einzigen Vogel wegge-
ſchoſſen, ohne daß die andern ſich überhaupt erhoben. So harmlos ſind die Thierchen freilich nicht
immer. Die Stimme iſt ein einfacher, pfeifender, kurz abgebrochener, ſanfter Ruf, welcher durch die
Silbe „Pitt“ wiedergegeben werden kann, nach den Umſtänden aber verſchieden betont wird und dann
auch verſchiedene Bedeutung erlangt.

Wie die Verwandten nährt ſich auch der Sanderling von allerlei Kleingethier, wie die Wellen
des Meeres es an den Strand werfen. Man ſieht die Geſellſchaft dicht an der Brandungslinie der
See ſtehen, eine ſich überſtürzende Welle erwartend, hierauf mit dem zurückkehrenden Waſſer ſeeein-
wärts laufend, vor der nächſten Welle zurückflüchten, und in dieſer Weiſe ſtundenlang auf- und
niederlaufen. Doch gewahrt man ihn auch weiter vom Waſſer entfernt, eifrig beſchäftigt, hier und
dort Etwas aufzupicken, und er vertieft ſich in ſeine Arbeit ſo, daß er den Menſchen bis auf wenige
Schritte herankommen läßt, bevor er zu ihm aufblickt und dann erſt erſchreckt davoneilt. Naumann
ſagt, daß er eine wohlbeſetzte Tafel ſehr liebe und bei den Freuden derſelben ſelbſt ſeine Sicherheit
hintanzuſetzen ſcheine. Gelegentlich des Futterſuchens kommt der ſonſt ſo friedliche Vogel auch
wohl in Streit mit einem ſeiner Gefährten.

Der Sanderling pflanzt ſich wahrſcheinlich nur innerhalb des Polarkreiſes ſort. Sein Neſt
findet man in der Nähe der Seeküſte oder an den Ufern ſtehender Gewäſſer. Die vier verhältniß-
mäßig großen Eier haben eine meergrüne, hellere oder dunklere Grundfarbe, grauröthliche Unter-,
größere braune Mittel- und ſchwärzliche Oberflecke, welche, entſprechend der Grundfarbe, heller oder
dunkler ſind. Ausführlichere Nachrichten über ſein Fortpflanzungsgeſchäft ſind mir nicht bekannt.

An den Seeküſten jagt man den Sanderling wie alles kleinere Strandgeflügel überhaupt und
erlegt oft viele der harmloſen Thierchen mit einem einzigen Schuſſe. Ebenſoleicht wird er, wie aus
Naumann’s Beobachtungen hervorgeht, gefangen. Nach Verſicherung dieſes Forſchers läßt er ſich
leicht zähmen und zeigt ſich ſchon nach wenigen Tagen ſo kirr und zutraulich, daß er dadurch oft in
Gefahr geräth und zuletzt gewöhnlich todt getreten oder zwiſchen einer Thüre todt geklemmt wird.



Die Schlammläufer (Pelidna) ſind ebenfalls kleine, verhältnißmäßig ſchlanke Vögel mit
kopflangem oder noch etwas längeren, geraden oder bogenförmigen, an der Spitze kaum merklich ver-
breiterten Schnabel, ſchlanken, vierzehigen, weit über der Ferſe nackten Füßen, mittellangen, ſpitzen
Schwingen und einem entweder zugerundeten oder doppelt ausgeſchnittenen Schwanze, deren Gefieder
ſich in Folge der doppelten Mauſer alljährlich zweimal weſentlich verändert.

Der Zwergbrachvogel (Pelidna subarquata) kommt einer Haubenlerche an Größe ungefähr
gleich; ſeine Länge beträgt 7, ſeine Breite 10, die Fittiglänge 5, die Schwanzlänge 1⅔ Zoll.
Jm Frühlingskleide iſt faſt der ganze Unterkörper roſtroth, heller oder dunkler, reiner oder mehr

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[622/0662] Die Läufer. Stelzvögel. Strandläufer. Ufer des Mansfeldiſchen Salzſees fünf Sanderlinge an, ſah ihnen erſt lange aus einer Entfernung von fünf bis ſechs Schritten mit großem Vergnügen zu, bis endlich doch das Verlangen, ſie zu beſitzen, in ihm rege ward. „Jch durchſuchte meine Jagdtaſche und fand einige Pferdehaarſchlingen vor, die ich, ſogut es ohne Holz oder Pflock gehen wollte, in dem kieſigen Boden befeſtigte und am Waſſer aufſtellte. Nun fing ich behutſam zu treiben an; weil jedoch die Schleifen ſehr ſchlecht ſtellten, mußte ich Dies öfters wiederholen, trieb die Vögelchen aber ſolange hin und her, bis drei derſelben in meinen Schlingen hingen, und, weil nun bei den übriggebliebenen, welche durch das Verfolgen auch etwas mißtrauiſch geworden waren, mir endlich die Geduld ausging, erlegte ich auch ſie mit einem Schuſſe, und hatte ſo die ganze Geſellſchaft aufgerieben.“ .... Einzelne Sanderlinge ließen mehrere Fehlſchüſſe auf ſich thun, flogen darauf jedesmal nur einige Schritte weit weg und wurden ſchließlich auch noch erlegt, ja man hat aus einer kleinen Geſellſchaft einen einzigen Vogel wegge- ſchoſſen, ohne daß die andern ſich überhaupt erhoben. So harmlos ſind die Thierchen freilich nicht immer. Die Stimme iſt ein einfacher, pfeifender, kurz abgebrochener, ſanfter Ruf, welcher durch die Silbe „Pitt“ wiedergegeben werden kann, nach den Umſtänden aber verſchieden betont wird und dann auch verſchiedene Bedeutung erlangt. Wie die Verwandten nährt ſich auch der Sanderling von allerlei Kleingethier, wie die Wellen des Meeres es an den Strand werfen. Man ſieht die Geſellſchaft dicht an der Brandungslinie der See ſtehen, eine ſich überſtürzende Welle erwartend, hierauf mit dem zurückkehrenden Waſſer ſeeein- wärts laufend, vor der nächſten Welle zurückflüchten, und in dieſer Weiſe ſtundenlang auf- und niederlaufen. Doch gewahrt man ihn auch weiter vom Waſſer entfernt, eifrig beſchäftigt, hier und dort Etwas aufzupicken, und er vertieft ſich in ſeine Arbeit ſo, daß er den Menſchen bis auf wenige Schritte herankommen läßt, bevor er zu ihm aufblickt und dann erſt erſchreckt davoneilt. Naumann ſagt, daß er eine wohlbeſetzte Tafel ſehr liebe und bei den Freuden derſelben ſelbſt ſeine Sicherheit hintanzuſetzen ſcheine. Gelegentlich des Futterſuchens kommt der ſonſt ſo friedliche Vogel auch wohl in Streit mit einem ſeiner Gefährten. Der Sanderling pflanzt ſich wahrſcheinlich nur innerhalb des Polarkreiſes ſort. Sein Neſt findet man in der Nähe der Seeküſte oder an den Ufern ſtehender Gewäſſer. Die vier verhältniß- mäßig großen Eier haben eine meergrüne, hellere oder dunklere Grundfarbe, grauröthliche Unter-, größere braune Mittel- und ſchwärzliche Oberflecke, welche, entſprechend der Grundfarbe, heller oder dunkler ſind. Ausführlichere Nachrichten über ſein Fortpflanzungsgeſchäft ſind mir nicht bekannt. An den Seeküſten jagt man den Sanderling wie alles kleinere Strandgeflügel überhaupt und erlegt oft viele der harmloſen Thierchen mit einem einzigen Schuſſe. Ebenſoleicht wird er, wie aus Naumann’s Beobachtungen hervorgeht, gefangen. Nach Verſicherung dieſes Forſchers läßt er ſich leicht zähmen und zeigt ſich ſchon nach wenigen Tagen ſo kirr und zutraulich, daß er dadurch oft in Gefahr geräth und zuletzt gewöhnlich todt getreten oder zwiſchen einer Thüre todt geklemmt wird. Die Schlammläufer (Pelidna) ſind ebenfalls kleine, verhältnißmäßig ſchlanke Vögel mit kopflangem oder noch etwas längeren, geraden oder bogenförmigen, an der Spitze kaum merklich ver- breiterten Schnabel, ſchlanken, vierzehigen, weit über der Ferſe nackten Füßen, mittellangen, ſpitzen Schwingen und einem entweder zugerundeten oder doppelt ausgeſchnittenen Schwanze, deren Gefieder ſich in Folge der doppelten Mauſer alljährlich zweimal weſentlich verändert. Der Zwergbrachvogel (Pelidna subarquata) kommt einer Haubenlerche an Größe ungefähr gleich; ſeine Länge beträgt 7, ſeine Breite 10, die Fittiglänge 5, die Schwanzlänge 1⅔ Zoll. Jm Frühlingskleide iſt faſt der ganze Unterkörper roſtroth, heller oder dunkler, reiner oder mehr

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 622. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/662>, abgerufen am 22.11.2024.