Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Läufer. Stelzvögel. Störche.
schwarz, mit Purpurglanz, auf dem Mantel, einschließlich der Schwingen und der Steuerfedern,
schwarz, grünglänzend, auf der Unterseite weiß. Das Auge ist braun, die nackte Stelle um dasselbe
blau, das nackte Gesicht und die Kehle roth, der Schnabel grünlich, an der Spitze roth, der Fuß
braungrau, an den Gelenken blaßroth. Die Länge beträgt 28, die Breite 60, die Fittiglänge 17,
die Schwanzlänge 7 Zoll.

Von Dongola an bis nach Süden hin bewohnt der Simbil, wie die Sudahnesen ihn nennen,
geeignete Oertlichkeiten Mittelafrikas in großer Anzahl, während der Brutzeit aber nur die Dörfer;
jedoch nistet er selten auf den Häusern selbst, vielmehr regelmäßig auf benachbarten Bäumen, im
Süden hauptsächlich auf Mimosen und zwar in Gesellschaften, welche zuweilen förmliche Ansiede-
lungen bilden, da man bis dreißig Nester auf ein und demselben Baume finden kann. Die Eier,
welche in Form und Größe vielfach abwechseln, sind kleiner, als die unseres Storches, denselben aber
ähnlich und sehen unausgeblasen lichtblau aus. Für den mit den Sitten des Volkes nicht vertrauten
Reisenden ist es schwer, solche Eier zu erhalten, weil die Schädigung des heiligen Vogels als ein
Verbrechen angesehen wird, welches die ganze Bevölkerung eines Dorfes aufrührt. Doch gibt es ein
einfaches Mittel, das Volk zu beruhigen und -- zu bethören. Man muß nämlich vorgeben, daß man
die Eier zur Bereitung heilsamer Arzeneien gebrauchen wolle und gebrauchen müsse, da selbstver-
ständlich nur die eines heiligen Vogels eine ersprießliche Wirksamkeit äußern könnten. Dieses leuchtet
ein, und die Bevölkerung ist dem Forscher dann wohl selbst behilflich.

Hinsichtlich seiner Lebensweise unterscheidet sich der Simbil so wenig von unserem Hausstorche,
daß ich auf eine besondere Schilderung seiner Sitten verzichten kann. Auch er gehört übrigens zu
den Wandervögeln, erscheint kurz vor der Regenzeit, brütet und verläßt das Land dann wieder.



Gelegentlich meiner Reise auf dem blauen Nile kamen wir eines Nachmittags zu einer mit
Sumpfvögeln der verschiedensten Art bedeckten Sandinsel im Strome, begannen unsere Jagd, hatten
jedoch wenig Erfolg und scheuchten das ganze Heer dem nahen Walde zu. Hier kreisten die Vögel
längere Zeit, worauf einzelne bäumten, andere im Walde verschwanden. Ein Regenteich, zu welchem
wir, den Fliehenden nachfolgend, gelangten, war der Grund dieser ungewöhnlichen Versammlung.
An ihm bemerkten wir auch zwei Stelzvögel, welche wir früher nie gesehen hatten und nicht kannten.
Sie unterschieden sich von allen übrigen durch ihre prachtvoll schneeweißen, in der Mitte bandartig
schwarz gezeichneten Schwingen. Am folgenden Tage fanden wir sie wieder auf und erkannten
nunmehr in ihnen Sattelstörche, die afrikanischen Vertreter einer sehr ausgezeichneten Sippe der
Familie.

Die Riesenstörche (Mycteria) sind, wenn auch nicht die stärksten, sodoch die höchsten aller
Reihervögel. Jhr Leib ist gestreckt, der Hals verhältnißmäßig lang und dabei schlank, der Kopf
ziemlich groß, der Schnabel sehr lang, oben fast geradlinig oder höchstens ein wenig, unten hingegen
sehr stark aufwärts gebogen, zuweilen oben mit einer sattelförmigen Wachshaut, und unten mit Haut-
klunkern verziert, der Fuß auffallend hochläufig, aber verhältnißmäßig kurzzehig, der Flügel lang und
etwas abgerundet, weil in ihm erst die dritte Schwinge die längste, der Schwanz mittellang und
gerade abgeschnitten. Die Geschlechter unterscheiden sich wenig durch die Größe, die Jungen von den
Alten durch minder schöne Färbung.

Eine Art der Riesenstörche lebt in Afrika, eine andere in Australien, eine dritte in Südamerika;
alle drei unterscheiden sich aber theils durch die Bildung des Schnabels, das Vorhandensein oder den
Mangel der Wachshaut z. B., theils durch den befiederten oder nackten Hals und werden demgemäß
wahrscheinlich auch noch zu Vertretern besonderer Sippen erhoben werden. Lebensweise, Wesen und

Die Läufer. Stelzvögel. Störche.
ſchwarz, mit Purpurglanz, auf dem Mantel, einſchließlich der Schwingen und der Steuerfedern,
ſchwarz, grünglänzend, auf der Unterſeite weiß. Das Auge iſt braun, die nackte Stelle um daſſelbe
blau, das nackte Geſicht und die Kehle roth, der Schnabel grünlich, an der Spitze roth, der Fuß
braungrau, an den Gelenken blaßroth. Die Länge beträgt 28, die Breite 60, die Fittiglänge 17,
die Schwanzlänge 7 Zoll.

Von Dongola an bis nach Süden hin bewohnt der Simbil, wie die Sudahneſen ihn nennen,
geeignete Oertlichkeiten Mittelafrikas in großer Anzahl, während der Brutzeit aber nur die Dörfer;
jedoch niſtet er ſelten auf den Häuſern ſelbſt, vielmehr regelmäßig auf benachbarten Bäumen, im
Süden hauptſächlich auf Mimoſen und zwar in Geſellſchaften, welche zuweilen förmliche Anſiede-
lungen bilden, da man bis dreißig Neſter auf ein und demſelben Baume finden kann. Die Eier,
welche in Form und Größe vielfach abwechſeln, ſind kleiner, als die unſeres Storches, denſelben aber
ähnlich und ſehen unausgeblaſen lichtblau aus. Für den mit den Sitten des Volkes nicht vertrauten
Reiſenden iſt es ſchwer, ſolche Eier zu erhalten, weil die Schädigung des heiligen Vogels als ein
Verbrechen angeſehen wird, welches die ganze Bevölkerung eines Dorfes aufrührt. Doch gibt es ein
einfaches Mittel, das Volk zu beruhigen und — zu bethören. Man muß nämlich vorgeben, daß man
die Eier zur Bereitung heilſamer Arzeneien gebrauchen wolle und gebrauchen müſſe, da ſelbſtver-
ſtändlich nur die eines heiligen Vogels eine erſprießliche Wirkſamkeit äußern könnten. Dieſes leuchtet
ein, und die Bevölkerung iſt dem Forſcher dann wohl ſelbſt behilflich.

Hinſichtlich ſeiner Lebensweiſe unterſcheidet ſich der Simbil ſo wenig von unſerem Hausſtorche,
daß ich auf eine beſondere Schilderung ſeiner Sitten verzichten kann. Auch er gehört übrigens zu
den Wandervögeln, erſcheint kurz vor der Regenzeit, brütet und verläßt das Land dann wieder.



Gelegentlich meiner Reiſe auf dem blauen Nile kamen wir eines Nachmittags zu einer mit
Sumpfvögeln der verſchiedenſten Art bedeckten Sandinſel im Strome, begannen unſere Jagd, hatten
jedoch wenig Erfolg und ſcheuchten das ganze Heer dem nahen Walde zu. Hier kreiſten die Vögel
längere Zeit, worauf einzelne bäumten, andere im Walde verſchwanden. Ein Regenteich, zu welchem
wir, den Fliehenden nachfolgend, gelangten, war der Grund dieſer ungewöhnlichen Verſammlung.
An ihm bemerkten wir auch zwei Stelzvögel, welche wir früher nie geſehen hatten und nicht kannten.
Sie unterſchieden ſich von allen übrigen durch ihre prachtvoll ſchneeweißen, in der Mitte bandartig
ſchwarz gezeichneten Schwingen. Am folgenden Tage fanden wir ſie wieder auf und erkannten
nunmehr in ihnen Sattelſtörche, die afrikaniſchen Vertreter einer ſehr ausgezeichneten Sippe der
Familie.

Die Rieſenſtörche (Mycteria) ſind, wenn auch nicht die ſtärkſten, ſodoch die höchſten aller
Reihervögel. Jhr Leib iſt geſtreckt, der Hals verhältnißmäßig lang und dabei ſchlank, der Kopf
ziemlich groß, der Schnabel ſehr lang, oben faſt geradlinig oder höchſtens ein wenig, unten hingegen
ſehr ſtark aufwärts gebogen, zuweilen oben mit einer ſattelförmigen Wachshaut, und unten mit Haut-
klunkern verziert, der Fuß auffallend hochläufig, aber verhältnißmäßig kurzzehig, der Flügel lang und
etwas abgerundet, weil in ihm erſt die dritte Schwinge die längſte, der Schwanz mittellang und
gerade abgeſchnitten. Die Geſchlechter unterſcheiden ſich wenig durch die Größe, die Jungen von den
Alten durch minder ſchöne Färbung.

Eine Art der Rieſenſtörche lebt in Afrika, eine andere in Auſtralien, eine dritte in Südamerika;
alle drei unterſcheiden ſich aber theils durch die Bildung des Schnabels, das Vorhandenſein oder den
Mangel der Wachshaut z. B., theils durch den befiederten oder nackten Hals und werden demgemäß
wahrſcheinlich auch noch zu Vertretern beſonderer Sippen erhoben werden. Lebensweiſe, Weſen und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0726" n="684"/><fw place="top" type="header">Die Läufer. Stelzvögel. Störche.</fw><lb/>
&#x017F;chwarz, mit Purpurglanz, auf dem Mantel, ein&#x017F;chließlich der Schwingen und der Steuerfedern,<lb/>
&#x017F;chwarz, grünglänzend, auf der Unter&#x017F;eite weiß. Das Auge i&#x017F;t braun, die nackte Stelle um da&#x017F;&#x017F;elbe<lb/>
blau, das nackte Ge&#x017F;icht und die Kehle roth, der Schnabel grünlich, an der Spitze roth, der Fuß<lb/>
braungrau, an den Gelenken blaßroth. Die Länge beträgt 28, die Breite 60, die Fittiglänge 17,<lb/>
die Schwanzlänge 7 Zoll.</p><lb/>
          <p>Von Dongola an bis nach Süden hin bewohnt der <hi rendition="#g">Simbil</hi>, wie die Sudahne&#x017F;en ihn nennen,<lb/>
geeignete Oertlichkeiten Mittelafrikas in großer Anzahl, während der Brutzeit aber nur die Dörfer;<lb/>
jedoch ni&#x017F;tet er &#x017F;elten auf den Häu&#x017F;ern &#x017F;elb&#x017F;t, vielmehr regelmäßig auf benachbarten Bäumen, im<lb/>
Süden haupt&#x017F;ächlich auf Mimo&#x017F;en und zwar in Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften, welche zuweilen förmliche An&#x017F;iede-<lb/>
lungen bilden, da man bis dreißig Ne&#x017F;ter auf ein und dem&#x017F;elben Baume finden kann. Die Eier,<lb/>
welche in Form und Größe vielfach abwech&#x017F;eln, &#x017F;ind kleiner, als die un&#x017F;eres Storches, den&#x017F;elben aber<lb/>
ähnlich und &#x017F;ehen unausgebla&#x017F;en lichtblau aus. Für den mit den Sitten des Volkes nicht vertrauten<lb/>
Rei&#x017F;enden i&#x017F;t es &#x017F;chwer, &#x017F;olche Eier zu erhalten, weil die Schädigung des heiligen Vogels als ein<lb/>
Verbrechen ange&#x017F;ehen wird, welches die ganze Bevölkerung eines Dorfes aufrührt. Doch gibt es ein<lb/>
einfaches Mittel, das Volk zu beruhigen und &#x2014; zu bethören. Man muß nämlich vorgeben, daß man<lb/>
die Eier zur Bereitung heil&#x017F;amer Arzeneien gebrauchen wolle und gebrauchen mü&#x017F;&#x017F;e, da &#x017F;elb&#x017F;tver-<lb/>
&#x017F;tändlich nur die eines heiligen Vogels eine er&#x017F;prießliche Wirk&#x017F;amkeit äußern könnten. Die&#x017F;es leuchtet<lb/>
ein, und die Bevölkerung i&#x017F;t dem For&#x017F;cher dann wohl &#x017F;elb&#x017F;t behilflich.</p><lb/>
          <p>Hin&#x017F;ichtlich &#x017F;einer Lebenswei&#x017F;e unter&#x017F;cheidet &#x017F;ich der Simbil &#x017F;o wenig von un&#x017F;erem Haus&#x017F;torche,<lb/>
daß ich auf eine be&#x017F;ondere Schilderung &#x017F;einer Sitten verzichten kann. Auch er gehört übrigens zu<lb/>
den Wandervögeln, er&#x017F;cheint kurz vor der Regenzeit, brütet und verläßt das Land dann wieder.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Gelegentlich meiner Rei&#x017F;e auf dem blauen Nile kamen wir eines Nachmittags zu einer mit<lb/>
Sumpfvögeln der ver&#x017F;chieden&#x017F;ten Art bedeckten Sandin&#x017F;el im Strome, begannen un&#x017F;ere Jagd, hatten<lb/>
jedoch wenig Erfolg und &#x017F;cheuchten das ganze Heer dem nahen Walde zu. Hier krei&#x017F;ten die Vögel<lb/>
längere Zeit, worauf einzelne bäumten, andere im Walde ver&#x017F;chwanden. Ein Regenteich, zu welchem<lb/>
wir, den Fliehenden nachfolgend, gelangten, war der Grund die&#x017F;er ungewöhnlichen Ver&#x017F;ammlung.<lb/>
An ihm bemerkten wir auch zwei Stelzvögel, welche wir früher nie ge&#x017F;ehen hatten und nicht kannten.<lb/>
Sie unter&#x017F;chieden &#x017F;ich von allen übrigen durch ihre prachtvoll &#x017F;chneeweißen, in der Mitte bandartig<lb/>
&#x017F;chwarz gezeichneten Schwingen. Am folgenden Tage fanden wir &#x017F;ie wieder auf und erkannten<lb/>
nunmehr in ihnen <hi rendition="#g">Sattel&#x017F;törche</hi>, die afrikani&#x017F;chen Vertreter einer &#x017F;ehr ausgezeichneten Sippe der<lb/>
Familie.</p><lb/>
          <p>Die <hi rendition="#g">Rie&#x017F;en&#x017F;törche</hi> (<hi rendition="#aq">Mycteria</hi>) &#x017F;ind, wenn auch nicht die &#x017F;tärk&#x017F;ten, &#x017F;odoch die höch&#x017F;ten aller<lb/>
Reihervögel. Jhr Leib i&#x017F;t ge&#x017F;treckt, der Hals verhältnißmäßig lang und dabei &#x017F;chlank, der Kopf<lb/>
ziemlich groß, der Schnabel &#x017F;ehr lang, oben fa&#x017F;t geradlinig oder höch&#x017F;tens ein wenig, unten hingegen<lb/>
&#x017F;ehr &#x017F;tark aufwärts gebogen, zuweilen oben mit einer &#x017F;attelförmigen Wachshaut, und unten mit Haut-<lb/>
klunkern verziert, der Fuß auffallend hochläufig, aber verhältnißmäßig kurzzehig, der Flügel lang und<lb/>
etwas abgerundet, weil in ihm er&#x017F;t die dritte Schwinge die läng&#x017F;te, der Schwanz mittellang und<lb/>
gerade abge&#x017F;chnitten. Die Ge&#x017F;chlechter unter&#x017F;cheiden &#x017F;ich wenig durch die Größe, die Jungen von den<lb/>
Alten durch minder &#x017F;chöne Färbung.</p><lb/>
          <p>Eine Art der Rie&#x017F;en&#x017F;törche lebt in Afrika, eine andere in Au&#x017F;tralien, eine dritte in Südamerika;<lb/>
alle drei unter&#x017F;cheiden &#x017F;ich aber theils durch die Bildung des Schnabels, das Vorhanden&#x017F;ein oder den<lb/>
Mangel der Wachshaut z. B., theils durch den befiederten oder nackten Hals und werden demgemäß<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich auch noch zu Vertretern be&#x017F;onderer Sippen erhoben werden. Lebenswei&#x017F;e, We&#x017F;en und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[684/0726] Die Läufer. Stelzvögel. Störche. ſchwarz, mit Purpurglanz, auf dem Mantel, einſchließlich der Schwingen und der Steuerfedern, ſchwarz, grünglänzend, auf der Unterſeite weiß. Das Auge iſt braun, die nackte Stelle um daſſelbe blau, das nackte Geſicht und die Kehle roth, der Schnabel grünlich, an der Spitze roth, der Fuß braungrau, an den Gelenken blaßroth. Die Länge beträgt 28, die Breite 60, die Fittiglänge 17, die Schwanzlänge 7 Zoll. Von Dongola an bis nach Süden hin bewohnt der Simbil, wie die Sudahneſen ihn nennen, geeignete Oertlichkeiten Mittelafrikas in großer Anzahl, während der Brutzeit aber nur die Dörfer; jedoch niſtet er ſelten auf den Häuſern ſelbſt, vielmehr regelmäßig auf benachbarten Bäumen, im Süden hauptſächlich auf Mimoſen und zwar in Geſellſchaften, welche zuweilen förmliche Anſiede- lungen bilden, da man bis dreißig Neſter auf ein und demſelben Baume finden kann. Die Eier, welche in Form und Größe vielfach abwechſeln, ſind kleiner, als die unſeres Storches, denſelben aber ähnlich und ſehen unausgeblaſen lichtblau aus. Für den mit den Sitten des Volkes nicht vertrauten Reiſenden iſt es ſchwer, ſolche Eier zu erhalten, weil die Schädigung des heiligen Vogels als ein Verbrechen angeſehen wird, welches die ganze Bevölkerung eines Dorfes aufrührt. Doch gibt es ein einfaches Mittel, das Volk zu beruhigen und — zu bethören. Man muß nämlich vorgeben, daß man die Eier zur Bereitung heilſamer Arzeneien gebrauchen wolle und gebrauchen müſſe, da ſelbſtver- ſtändlich nur die eines heiligen Vogels eine erſprießliche Wirkſamkeit äußern könnten. Dieſes leuchtet ein, und die Bevölkerung iſt dem Forſcher dann wohl ſelbſt behilflich. Hinſichtlich ſeiner Lebensweiſe unterſcheidet ſich der Simbil ſo wenig von unſerem Hausſtorche, daß ich auf eine beſondere Schilderung ſeiner Sitten verzichten kann. Auch er gehört übrigens zu den Wandervögeln, erſcheint kurz vor der Regenzeit, brütet und verläßt das Land dann wieder. Gelegentlich meiner Reiſe auf dem blauen Nile kamen wir eines Nachmittags zu einer mit Sumpfvögeln der verſchiedenſten Art bedeckten Sandinſel im Strome, begannen unſere Jagd, hatten jedoch wenig Erfolg und ſcheuchten das ganze Heer dem nahen Walde zu. Hier kreiſten die Vögel längere Zeit, worauf einzelne bäumten, andere im Walde verſchwanden. Ein Regenteich, zu welchem wir, den Fliehenden nachfolgend, gelangten, war der Grund dieſer ungewöhnlichen Verſammlung. An ihm bemerkten wir auch zwei Stelzvögel, welche wir früher nie geſehen hatten und nicht kannten. Sie unterſchieden ſich von allen übrigen durch ihre prachtvoll ſchneeweißen, in der Mitte bandartig ſchwarz gezeichneten Schwingen. Am folgenden Tage fanden wir ſie wieder auf und erkannten nunmehr in ihnen Sattelſtörche, die afrikaniſchen Vertreter einer ſehr ausgezeichneten Sippe der Familie. Die Rieſenſtörche (Mycteria) ſind, wenn auch nicht die ſtärkſten, ſodoch die höchſten aller Reihervögel. Jhr Leib iſt geſtreckt, der Hals verhältnißmäßig lang und dabei ſchlank, der Kopf ziemlich groß, der Schnabel ſehr lang, oben faſt geradlinig oder höchſtens ein wenig, unten hingegen ſehr ſtark aufwärts gebogen, zuweilen oben mit einer ſattelförmigen Wachshaut, und unten mit Haut- klunkern verziert, der Fuß auffallend hochläufig, aber verhältnißmäßig kurzzehig, der Flügel lang und etwas abgerundet, weil in ihm erſt die dritte Schwinge die längſte, der Schwanz mittellang und gerade abgeſchnitten. Die Geſchlechter unterſcheiden ſich wenig durch die Größe, die Jungen von den Alten durch minder ſchöne Färbung. Eine Art der Rieſenſtörche lebt in Afrika, eine andere in Auſtralien, eine dritte in Südamerika; alle drei unterſcheiden ſich aber theils durch die Bildung des Schnabels, das Vorhandenſein oder den Mangel der Wachshaut z. B., theils durch den befiederten oder nackten Hals und werden demgemäß wahrſcheinlich auch noch zu Vertretern beſonderer Sippen erhoben werden. Lebensweiſe, Weſen und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/726
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 684. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/726>, abgerufen am 22.11.2024.