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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Läufer. Stelzvögel. Kronenkraniche. Feldstörche.

Der Pfauenkranich (Balearica pavonina) ist schwarz, seine Krone goldgelb und schwarz
gemischt; die Flügeldeckfedern sind reinweiß, die Oberarmschwingen rostbraun, die letzten goldgelb.
Das Auge ist weiß, die Wange oben lichtfleischfarben, unten hochroth, der Schnabel schwarz, an der
Spitze weißlich, der Fuß schwarzgrau. Jm Leben liegt ein bläulicher Duft über dem Gefieder,
weshalb dieses graulich erscheint. Die Länge beträgt 38, die Breite 72, die Fittiglänge 191/2, die
Schwanzlänge 81/2 Zoll.

Die Alten nannten den Pfanenkranich balearischen Vogel oder Kranich, und die neueren
Naturforscher glaubten deshalb annehmen zu dürfen, daß er auf gedachter Jnsel gefunden wird;
einzelne, z. B. Degland, geben auch Sicilien und insbesondere die Jnsel Lampedosa als Fundorte
an. Jch bezweifle die Richtigkeit der letzteren Angabe, obgleich ich mir wohl bewußt bin, daß der
gewissenhafte Tristram einmal zwei Pfauenkraniche in der nördlichen Sahara beobachtet hat. Die
Heimat des Vogels ist Mittelafrika, ungefähr vom 17. Grade nördlicher Breite an nach Süden. Jn
Südafrika wird er durch eine nah verwandte Art vertreten; in östlicher Richtung dehnt sich sein
Verbreitungskreis über ganz Afrika. Er ist häufig im Westen und gehört im Osten, wenigstens vom
15. Grade an nach Süden hin, zu den regelmäßigen Erscheinungen. Hier bewohnt er nach meinen
Beobachtungen paar- oder gesellschaftsweise die mit Gebüsch bedeckten flachen Ufer der Ströme oder
die dünner bestandenen Waldungen, kommt aber täglich auf die Strominseln, um hier zu trinken und
zu tanzen. Während der Regenzeit begegnet man ihm paarweise, sonst in Gesellschaften, welche
zuweilen mehr als hundert Stücke zählen. Diese Schwärme gesellen sich auch wohl zu den im
Sudahn überwinternden Scharen des grauen und Jungfernkranichs, treten aber nie in engere Ver-
bindung mit ihnen und scheinen von ihren sogenannten Verwandten zwar geduldet, kaum aber
gern gesehen zu werden.

Jn seinem Wesen erinnert der Pfauenkranich nur entfernt an seine Namensvettern. Sein
Gang ist aufrecht; der Rücken wird dabei wenig gekrümmt, die Krone aufgerichtet. Jn der Regel
geht er langsam; geänstigt aber kann er, wie mich flügellahm geschossene belehrten, so schnell laufen,
daß ein Mensch sich sehr anstrengen muß, wenn er ihn einholen will. Vor dem Aufstehen rennt er
mit geöffneten Flügeln ein Stück auf dem Boden weg und erhebt sich erst dann in die Luft. Sein
Flug ist langsam, die Flügel werden in gemessenen Schlägen bewegt, der Hals wird weit vorgestreckt,
die Krone nach hinten zurückgelegt. Aber gerade der fliegende Pfauenkranich zeigt sich in seiner
vollen Pracht, weil die beiden Hauptfarben, schwarz und weiß, jetzt zur Geltung kommen. Ver-
wechseln kann ihn Derjenige, welcher ihn einmal sah, mit keinem anderen Sumpfvogel. Auch der
laufende Pfauenkranich ist eine anziehende Erscheinung, namentlich wenn er sich auf einer grünen
Fläche oder zwischen grünem Gebüsch bewegt. Höchst eigenthümlich sind die tanzartigen Bewegungen,
welche er bei jeder Erregung zum Besten gibt. Pfauenkraniche, welche auf einer Sandfläche stehen,
beginnen zu tanzen, so oft eine ungewöhnliche Erscheinung sie beschäftigt, so oft einer zu dem großen
Haufen stößt etc. Der Tänzer springt in die Höhe, nicht selten drei bis vier Fuß vom Boden auf, breitet
dabei die Flügel ein wenig, setzt die Füße tanzend nieder, nicht immer beide gleichzeitig, sondern zuweilen
einen um den anderen. Ob beide Geschlechter tanzen, weiß ich nicht, glaube jedoch annehmen zu
dürfen, daß nur das Männchen in dieser Weise sich belustigt. Die Stimme ist ein lauter Ruf,
welcher durch den arabischen Namen des Vogels, ein Klangbild des Geschreies, "Rharnuk", ziemlich
richtig wiedergegeben wird; man vernimmt sie im Walde fast auf eine Viertelmeile. Die Nahrung
besteht fast ausschließlich aus Sämereien, während der Reise des Getreides nur aus Durrah oder
Kafferhirse, sonst aus verschiedenen Körnern, insbesondere aus den Samen einiger Grasarten;
nebenbei nimmt der Vogel Baumknospen, Grasspitzen, Früchte und Kerbthiere, ausnahmsweise
vielleicht auch Muscheln und kleine Fischchen zu sich, ohne jedoch Entbehrung zu bekunden, wenn diese
Nahrung ihm fehlt.

Das tägliche Leben des Pfauenkranichs ist ein sehr geregeltes. Von dem Schlafplatze aus zieht
er mit Sonnenaufgang in die Steppe hinaus, verweilt hier, Futter suchend, ungefähr zwei Stunden

Die Läufer. Stelzvögel. Kronenkraniche. Feldſtörche.

Der Pfauenkranich (Balearica pavonina) iſt ſchwarz, ſeine Krone goldgelb und ſchwarz
gemiſcht; die Flügeldeckfedern ſind reinweiß, die Oberarmſchwingen roſtbraun, die letzten goldgelb.
Das Auge iſt weiß, die Wange oben lichtfleiſchfarben, unten hochroth, der Schnabel ſchwarz, an der
Spitze weißlich, der Fuß ſchwarzgrau. Jm Leben liegt ein bläulicher Duft über dem Gefieder,
weshalb dieſes graulich erſcheint. Die Länge beträgt 38, die Breite 72, die Fittiglänge 19½, die
Schwanzlänge 8½ Zoll.

Die Alten nannten den Pfanenkranich baleariſchen Vogel oder Kranich, und die neueren
Naturforſcher glaubten deshalb annehmen zu dürfen, daß er auf gedachter Jnſel gefunden wird;
einzelne, z. B. Degland, geben auch Sicilien und insbeſondere die Jnſel Lampedoſa als Fundorte
an. Jch bezweifle die Richtigkeit der letzteren Angabe, obgleich ich mir wohl bewußt bin, daß der
gewiſſenhafte Triſtram einmal zwei Pfauenkraniche in der nördlichen Sahara beobachtet hat. Die
Heimat des Vogels iſt Mittelafrika, ungefähr vom 17. Grade nördlicher Breite an nach Süden. Jn
Südafrika wird er durch eine nah verwandte Art vertreten; in öſtlicher Richtung dehnt ſich ſein
Verbreitungskreis über ganz Afrika. Er iſt häufig im Weſten und gehört im Oſten, wenigſtens vom
15. Grade an nach Süden hin, zu den regelmäßigen Erſcheinungen. Hier bewohnt er nach meinen
Beobachtungen paar- oder geſellſchaftsweiſe die mit Gebüſch bedeckten flachen Ufer der Ströme oder
die dünner beſtandenen Waldungen, kommt aber täglich auf die Strominſeln, um hier zu trinken und
zu tanzen. Während der Regenzeit begegnet man ihm paarweiſe, ſonſt in Geſellſchaften, welche
zuweilen mehr als hundert Stücke zählen. Dieſe Schwärme geſellen ſich auch wohl zu den im
Sudahn überwinternden Scharen des grauen und Jungfernkranichs, treten aber nie in engere Ver-
bindung mit ihnen und ſcheinen von ihren ſogenannten Verwandten zwar geduldet, kaum aber
gern geſehen zu werden.

Jn ſeinem Weſen erinnert der Pfauenkranich nur entfernt an ſeine Namensvettern. Sein
Gang iſt aufrecht; der Rücken wird dabei wenig gekrümmt, die Krone aufgerichtet. Jn der Regel
geht er langſam; geänſtigt aber kann er, wie mich flügellahm geſchoſſene belehrten, ſo ſchnell laufen,
daß ein Menſch ſich ſehr anſtrengen muß, wenn er ihn einholen will. Vor dem Aufſtehen rennt er
mit geöffneten Flügeln ein Stück auf dem Boden weg und erhebt ſich erſt dann in die Luft. Sein
Flug iſt langſam, die Flügel werden in gemeſſenen Schlägen bewegt, der Hals wird weit vorgeſtreckt,
die Krone nach hinten zurückgelegt. Aber gerade der fliegende Pfauenkranich zeigt ſich in ſeiner
vollen Pracht, weil die beiden Hauptfarben, ſchwarz und weiß, jetzt zur Geltung kommen. Ver-
wechſeln kann ihn Derjenige, welcher ihn einmal ſah, mit keinem anderen Sumpfvogel. Auch der
laufende Pfauenkranich iſt eine anziehende Erſcheinung, namentlich wenn er ſich auf einer grünen
Fläche oder zwiſchen grünem Gebüſch bewegt. Höchſt eigenthümlich ſind die tanzartigen Bewegungen,
welche er bei jeder Erregung zum Beſten gibt. Pfauenkraniche, welche auf einer Sandfläche ſtehen,
beginnen zu tanzen, ſo oft eine ungewöhnliche Erſcheinung ſie beſchäftigt, ſo oft einer zu dem großen
Haufen ſtößt ꝛc. Der Tänzer ſpringt in die Höhe, nicht ſelten drei bis vier Fuß vom Boden auf, breitet
dabei die Flügel ein wenig, ſetzt die Füße tanzend nieder, nicht immer beide gleichzeitig, ſondern zuweilen
einen um den anderen. Ob beide Geſchlechter tanzen, weiß ich nicht, glaube jedoch annehmen zu
dürfen, daß nur das Männchen in dieſer Weiſe ſich beluſtigt. Die Stimme iſt ein lauter Ruf,
welcher durch den arabiſchen Namen des Vogels, ein Klangbild des Geſchreies, „Rharnuk“, ziemlich
richtig wiedergegeben wird; man vernimmt ſie im Walde faſt auf eine Viertelmeile. Die Nahrung
beſteht faſt ausſchließlich aus Sämereien, während der Reiſe des Getreides nur aus Durrah oder
Kafferhirſe, ſonſt aus verſchiedenen Körnern, insbeſondere aus den Samen einiger Grasarten;
nebenbei nimmt der Vogel Baumknospen, Grasſpitzen, Früchte und Kerbthiere, ausnahmsweiſe
vielleicht auch Muſcheln und kleine Fiſchchen zu ſich, ohne jedoch Entbehrung zu bekunden, wenn dieſe
Nahrung ihm fehlt.

Das tägliche Leben des Pfauenkranichs iſt ein ſehr geregeltes. Von dem Schlafplatze aus zieht
er mit Sonnenaufgang in die Steppe hinaus, verweilt hier, Futter ſuchend, ungefähr zwei Stunden

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[730/0776] Die Läufer. Stelzvögel. Kronenkraniche. Feldſtörche. Der Pfauenkranich (Balearica pavonina) iſt ſchwarz, ſeine Krone goldgelb und ſchwarz gemiſcht; die Flügeldeckfedern ſind reinweiß, die Oberarmſchwingen roſtbraun, die letzten goldgelb. Das Auge iſt weiß, die Wange oben lichtfleiſchfarben, unten hochroth, der Schnabel ſchwarz, an der Spitze weißlich, der Fuß ſchwarzgrau. Jm Leben liegt ein bläulicher Duft über dem Gefieder, weshalb dieſes graulich erſcheint. Die Länge beträgt 38, die Breite 72, die Fittiglänge 19½, die Schwanzlänge 8½ Zoll. Die Alten nannten den Pfanenkranich baleariſchen Vogel oder Kranich, und die neueren Naturforſcher glaubten deshalb annehmen zu dürfen, daß er auf gedachter Jnſel gefunden wird; einzelne, z. B. Degland, geben auch Sicilien und insbeſondere die Jnſel Lampedoſa als Fundorte an. Jch bezweifle die Richtigkeit der letzteren Angabe, obgleich ich mir wohl bewußt bin, daß der gewiſſenhafte Triſtram einmal zwei Pfauenkraniche in der nördlichen Sahara beobachtet hat. Die Heimat des Vogels iſt Mittelafrika, ungefähr vom 17. Grade nördlicher Breite an nach Süden. Jn Südafrika wird er durch eine nah verwandte Art vertreten; in öſtlicher Richtung dehnt ſich ſein Verbreitungskreis über ganz Afrika. Er iſt häufig im Weſten und gehört im Oſten, wenigſtens vom 15. Grade an nach Süden hin, zu den regelmäßigen Erſcheinungen. Hier bewohnt er nach meinen Beobachtungen paar- oder geſellſchaftsweiſe die mit Gebüſch bedeckten flachen Ufer der Ströme oder die dünner beſtandenen Waldungen, kommt aber täglich auf die Strominſeln, um hier zu trinken und zu tanzen. Während der Regenzeit begegnet man ihm paarweiſe, ſonſt in Geſellſchaften, welche zuweilen mehr als hundert Stücke zählen. Dieſe Schwärme geſellen ſich auch wohl zu den im Sudahn überwinternden Scharen des grauen und Jungfernkranichs, treten aber nie in engere Ver- bindung mit ihnen und ſcheinen von ihren ſogenannten Verwandten zwar geduldet, kaum aber gern geſehen zu werden. Jn ſeinem Weſen erinnert der Pfauenkranich nur entfernt an ſeine Namensvettern. Sein Gang iſt aufrecht; der Rücken wird dabei wenig gekrümmt, die Krone aufgerichtet. Jn der Regel geht er langſam; geänſtigt aber kann er, wie mich flügellahm geſchoſſene belehrten, ſo ſchnell laufen, daß ein Menſch ſich ſehr anſtrengen muß, wenn er ihn einholen will. Vor dem Aufſtehen rennt er mit geöffneten Flügeln ein Stück auf dem Boden weg und erhebt ſich erſt dann in die Luft. Sein Flug iſt langſam, die Flügel werden in gemeſſenen Schlägen bewegt, der Hals wird weit vorgeſtreckt, die Krone nach hinten zurückgelegt. Aber gerade der fliegende Pfauenkranich zeigt ſich in ſeiner vollen Pracht, weil die beiden Hauptfarben, ſchwarz und weiß, jetzt zur Geltung kommen. Ver- wechſeln kann ihn Derjenige, welcher ihn einmal ſah, mit keinem anderen Sumpfvogel. Auch der laufende Pfauenkranich iſt eine anziehende Erſcheinung, namentlich wenn er ſich auf einer grünen Fläche oder zwiſchen grünem Gebüſch bewegt. Höchſt eigenthümlich ſind die tanzartigen Bewegungen, welche er bei jeder Erregung zum Beſten gibt. Pfauenkraniche, welche auf einer Sandfläche ſtehen, beginnen zu tanzen, ſo oft eine ungewöhnliche Erſcheinung ſie beſchäftigt, ſo oft einer zu dem großen Haufen ſtößt ꝛc. Der Tänzer ſpringt in die Höhe, nicht ſelten drei bis vier Fuß vom Boden auf, breitet dabei die Flügel ein wenig, ſetzt die Füße tanzend nieder, nicht immer beide gleichzeitig, ſondern zuweilen einen um den anderen. Ob beide Geſchlechter tanzen, weiß ich nicht, glaube jedoch annehmen zu dürfen, daß nur das Männchen in dieſer Weiſe ſich beluſtigt. Die Stimme iſt ein lauter Ruf, welcher durch den arabiſchen Namen des Vogels, ein Klangbild des Geſchreies, „Rharnuk“, ziemlich richtig wiedergegeben wird; man vernimmt ſie im Walde faſt auf eine Viertelmeile. Die Nahrung beſteht faſt ausſchließlich aus Sämereien, während der Reiſe des Getreides nur aus Durrah oder Kafferhirſe, ſonſt aus verſchiedenen Körnern, insbeſondere aus den Samen einiger Grasarten; nebenbei nimmt der Vogel Baumknospen, Grasſpitzen, Früchte und Kerbthiere, ausnahmsweiſe vielleicht auch Muſcheln und kleine Fiſchchen zu ſich, ohne jedoch Entbehrung zu bekunden, wenn dieſe Nahrung ihm fehlt. Das tägliche Leben des Pfauenkranichs iſt ein ſehr geregeltes. Von dem Schlafplatze aus zieht er mit Sonnenaufgang in die Steppe hinaus, verweilt hier, Futter ſuchend, ungefähr zwei Stunden

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 730. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/776>, abgerufen am 22.11.2024.