Die Wasserralle oder Thauschnarre, das Asch-, Sand- und Riedhuhn (Rallus aquaticus) kennzeichnet die Sippe, welche sie vertritt, durch mehr als kopflangen, geraden oder sanft gebogenen, seitlich zusammengedrückten Schnabel, ziemlich langen Fuß, gewölbte, kurze, stumpfe Flügel mit weichen Schwingen, unter denen die dritte und vierte die längsten sind, einen sehr kurzen, unter den Deckfedern verborgenen, schmalen, aus zwölf schwachen, gewölbten, spitz zugerundeten Federn bestehenden Schwanz und ein sehr reiches, wasserdichtes Gefieder. Die Männchen sind größer als die Weibchen, die Jungen anders gefärbt als die Alten. Das alte Männchen gehört zu den schönsten unserer Sumpfvögel. Der Oberkörper erscheint auf gelbem Grunde schwarz gefleckt, weil alle Federn ölbraune Ränder zeigen; die Kopfseiten und der Unterkörper sind aschblaugrau, in den Weichen schwarz und weiß gebändert, Bauch und Steiß rostgraugelb, die Schwingen mattbraun- schwarz, olivenbraun gerändert, die Steuerfedern schwarz, ölbraun gesäumt. Das Auge ist schmuzig hellroth, der Schnabel auf der Firste braungrau, am Kieferrande wie der Unterschnabel mennigroth, der Fuß bräunlichgrün. Die Länge beträgt 11, die Breite 15, die Fittiglänge 41/2, die Schwanzlänge 2 1/6 Zoll. Das Weibchen ist kleiner, dem Männchen aber ähnlich gefärbt und gezeichnet. Die aus- gefiederten Jungen sind auf der Unterseite rostgelblichgrau mit schwarzgrauen und schwarzbraunen Spitzenflecken.
Nord- und Mitteleuropa, sowie Mittelasien, nach Osten bis zum Amur hin, sind das Heimats- gebiet der Wasserralle; Südeuropa und Nordafrika besucht sie auf ihrer Wanderung, gehört aber schon in Egypten zu den seltenen Wintervögeln. Doch ist es möglich, daß sie sich hier öfter findet als man glaubt, da sie ja auch in Deutschland, wo sie überall vorkommt, zu den fast unbekannten Vögeln gehört. Ueber ihren Zug selbst kann man übrigens etwas Bestimmtes nicht sagen: man trifft sie sehr oft noch in den Wintermonaten bei uns an und könnte höchstens angeben, daß man sie im März und November am häufigsten an Orten bemerkt, welche sie sonst meidet. Jn Spanien erscheint sie um die Mitte des Oktobers sehr regelmäßig und oft in großer Anzahl; in Griechenland soll sie, nach von der Mühle, schon vom September an ungemein häufig sein und dann nicht blos die Sümpfe bewohnen, sondern auch trockene Stellen mit den Wachteln theilen. Lindermayer bezeichnet sie aber als Standvogel und erklärt dadurch das frühzeitige Erscheinen zur Genüge. Auf- fallend ist, daß der schlechte Flieger auch auf einzelnen Jnseln des Nordens, beispielsweise auf den Faröern und auf Jsland regelmäßig gefunden wird, beachtenswerth, daß er vonhieraus gar nicht wegwandert, sondern sich, oft recht kümmerlich, während des Winters sein Leben an den heißen Quellen zu fristen sucht. Seine Wanderung legt er wahrscheinlich größtentheils zu Fuße zurück, dem Laufe der Flüsse folgend.
Die Aufenthaltsorte der Ralle sind, wie Naumann sagt, "unfreundliche Sümpfe, die der Mensch nur ungern betritt, die nassen Wildnisse, wo Wasser und Morast unter dichten Pflanzen versteckt und diese mit Gebüsch vermischt sind, oft in der Nähe von Waldungen gelegene, oder selbst von diesen umschlossene schilf- und binsenreiche Gewässer, die Erlenbrüche und solche Weidengebüsche, welche mit vielem Schilf und hohen Gräsern abwechseln, viel Morast und Wasser haben oder von Schilf- oder Wassergräben durchschnitten werden." Ganz freie Gewässer sind ihr zuwider; sie verlangt den Bruch oder Morast in seiner Vollendung. Auf dem Zuge wählt sie sich allerlei passende Oertlichkeiten, welche sie verbergen, läßt sich sogar in Waldungen nieder, verkriecht sich in Hecken u. s. w.
Sie ist mehr Nacht- als Tagvogel und in der Dämmerung am muntersten. Den Tag verlebt sie im Stillen, theilweise wohl schlafend. Jn ihrem Betragen zeigt sie große Aehnlichkeit mit den kleinen Sumpf- oder Rohrhühnern, trägt auch den Körper so wie diese, den Rumpf meist wagerecht, den Hals eingezogen, den Schwanz hängend. Erblickt sie etwas Auffallendes, so reckt sie den Hals etwas empor, legt die Flügelspitze über den Bürzel und wippt wiederholt mit dem Schwanze. Beim Umherschleichen biegt sie Hals und Kopf herab, sodaß die ganze Gestalt sich erniedrigt; die Schritte werden größer, folgen
Die Läufer. Stelzvögel. Rallen.
Die Waſſerralle oder Thauſchnarre, das Aſch-, Sand- und Riedhuhn (Rallus aquaticus) kennzeichnet die Sippe, welche ſie vertritt, durch mehr als kopflangen, geraden oder ſanft gebogenen, ſeitlich zuſammengedrückten Schnabel, ziemlich langen Fuß, gewölbte, kurze, ſtumpfe Flügel mit weichen Schwingen, unter denen die dritte und vierte die längſten ſind, einen ſehr kurzen, unter den Deckfedern verborgenen, ſchmalen, aus zwölf ſchwachen, gewölbten, ſpitz zugerundeten Federn beſtehenden Schwanz und ein ſehr reiches, waſſerdichtes Gefieder. Die Männchen ſind größer als die Weibchen, die Jungen anders gefärbt als die Alten. Das alte Männchen gehört zu den ſchönſten unſerer Sumpfvögel. Der Oberkörper erſcheint auf gelbem Grunde ſchwarz gefleckt, weil alle Federn ölbraune Ränder zeigen; die Kopfſeiten und der Unterkörper ſind aſchblaugrau, in den Weichen ſchwarz und weiß gebändert, Bauch und Steiß roſtgraugelb, die Schwingen mattbraun- ſchwarz, olivenbraun gerändert, die Steuerfedern ſchwarz, ölbraun geſäumt. Das Auge iſt ſchmuzig hellroth, der Schnabel auf der Firſte braungrau, am Kieferrande wie der Unterſchnabel mennigroth, der Fuß bräunlichgrün. Die Länge beträgt 11, die Breite 15, die Fittiglänge 4½, die Schwanzlänge 2⅙ Zoll. Das Weibchen iſt kleiner, dem Männchen aber ähnlich gefärbt und gezeichnet. Die aus- gefiederten Jungen ſind auf der Unterſeite roſtgelblichgrau mit ſchwarzgrauen und ſchwarzbraunen Spitzenflecken.
Nord- und Mitteleuropa, ſowie Mittelaſien, nach Oſten bis zum Amur hin, ſind das Heimats- gebiet der Waſſerralle; Südeuropa und Nordafrika beſucht ſie auf ihrer Wanderung, gehört aber ſchon in Egypten zu den ſeltenen Wintervögeln. Doch iſt es möglich, daß ſie ſich hier öfter findet als man glaubt, da ſie ja auch in Deutſchland, wo ſie überall vorkommt, zu den faſt unbekannten Vögeln gehört. Ueber ihren Zug ſelbſt kann man übrigens etwas Beſtimmtes nicht ſagen: man trifft ſie ſehr oft noch in den Wintermonaten bei uns an und könnte höchſtens angeben, daß man ſie im März und November am häufigſten an Orten bemerkt, welche ſie ſonſt meidet. Jn Spanien erſcheint ſie um die Mitte des Oktobers ſehr regelmäßig und oft in großer Anzahl; in Griechenland ſoll ſie, nach von der Mühle, ſchon vom September an ungemein häufig ſein und dann nicht blos die Sümpfe bewohnen, ſondern auch trockene Stellen mit den Wachteln theilen. Lindermayer bezeichnet ſie aber als Standvogel und erklärt dadurch das frühzeitige Erſcheinen zur Genüge. Auf- fallend iſt, daß der ſchlechte Flieger auch auf einzelnen Jnſeln des Nordens, beiſpielsweiſe auf den Faröern und auf Jsland regelmäßig gefunden wird, beachtenswerth, daß er vonhieraus gar nicht wegwandert, ſondern ſich, oft recht kümmerlich, während des Winters ſein Leben an den heißen Quellen zu friſten ſucht. Seine Wanderung legt er wahrſcheinlich größtentheils zu Fuße zurück, dem Laufe der Flüſſe folgend.
Die Aufenthaltsorte der Ralle ſind, wie Naumann ſagt, „unfreundliche Sümpfe, die der Menſch nur ungern betritt, die naſſen Wildniſſe, wo Waſſer und Moraſt unter dichten Pflanzen verſteckt und dieſe mit Gebüſch vermiſcht ſind, oft in der Nähe von Waldungen gelegene, oder ſelbſt von dieſen umſchloſſene ſchilf- und binſenreiche Gewäſſer, die Erlenbrüche und ſolche Weidengebüſche, welche mit vielem Schilf und hohen Gräſern abwechſeln, viel Moraſt und Waſſer haben oder von Schilf- oder Waſſergräben durchſchnitten werden.“ Ganz freie Gewäſſer ſind ihr zuwider; ſie verlangt den Bruch oder Moraſt in ſeiner Vollendung. Auf dem Zuge wählt ſie ſich allerlei paſſende Oertlichkeiten, welche ſie verbergen, läßt ſich ſogar in Waldungen nieder, verkriecht ſich in Hecken u. ſ. w.
Sie iſt mehr Nacht- als Tagvogel und in der Dämmerung am munterſten. Den Tag verlebt ſie im Stillen, theilweiſe wohl ſchlafend. Jn ihrem Betragen zeigt ſie große Aehnlichkeit mit den kleinen Sumpf- oder Rohrhühnern, trägt auch den Körper ſo wie dieſe, den Rumpf meiſt wagerecht, den Hals eingezogen, den Schwanz hängend. Erblickt ſie etwas Auffallendes, ſo reckt ſie den Hals etwas empor, legt die Flügelſpitze über den Bürzel und wippt wiederholt mit dem Schwanze. Beim Umherſchleichen biegt ſie Hals und Kopf herab, ſodaß die ganze Geſtalt ſich erniedrigt; die Schritte werden größer, folgen
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[744/0790]
Die Läufer. Stelzvögel. Rallen.
Die Waſſerralle oder Thauſchnarre, das Aſch-, Sand- und Riedhuhn (Rallus
aquaticus) kennzeichnet die Sippe, welche ſie vertritt, durch mehr als kopflangen, geraden oder ſanft
gebogenen, ſeitlich zuſammengedrückten Schnabel, ziemlich langen Fuß, gewölbte, kurze, ſtumpfe
Flügel mit weichen Schwingen, unter denen die dritte und vierte die längſten ſind, einen ſehr kurzen,
unter den Deckfedern verborgenen, ſchmalen, aus zwölf ſchwachen, gewölbten, ſpitz zugerundeten
Federn beſtehenden Schwanz und ein ſehr reiches, waſſerdichtes Gefieder. Die Männchen ſind größer
als die Weibchen, die Jungen anders gefärbt als die Alten. Das alte Männchen gehört zu den
ſchönſten unſerer Sumpfvögel. Der Oberkörper erſcheint auf gelbem Grunde ſchwarz gefleckt, weil
alle Federn ölbraune Ränder zeigen; die Kopfſeiten und der Unterkörper ſind aſchblaugrau, in den
Weichen ſchwarz und weiß gebändert, Bauch und Steiß roſtgraugelb, die Schwingen mattbraun-
ſchwarz, olivenbraun gerändert, die Steuerfedern ſchwarz, ölbraun geſäumt. Das Auge iſt ſchmuzig
hellroth, der Schnabel auf der Firſte braungrau, am Kieferrande wie der Unterſchnabel mennigroth,
der Fuß bräunlichgrün. Die Länge beträgt 11, die Breite 15, die Fittiglänge 4½, die Schwanzlänge
2⅙ Zoll. Das Weibchen iſt kleiner, dem Männchen aber ähnlich gefärbt und gezeichnet. Die aus-
gefiederten Jungen ſind auf der Unterſeite roſtgelblichgrau mit ſchwarzgrauen und ſchwarzbraunen
Spitzenflecken.
Nord- und Mitteleuropa, ſowie Mittelaſien, nach Oſten bis zum Amur hin, ſind das Heimats-
gebiet der Waſſerralle; Südeuropa und Nordafrika beſucht ſie auf ihrer Wanderung, gehört aber
ſchon in Egypten zu den ſeltenen Wintervögeln. Doch iſt es möglich, daß ſie ſich hier öfter findet
als man glaubt, da ſie ja auch in Deutſchland, wo ſie überall vorkommt, zu den faſt unbekannten
Vögeln gehört. Ueber ihren Zug ſelbſt kann man übrigens etwas Beſtimmtes nicht ſagen: man trifft
ſie ſehr oft noch in den Wintermonaten bei uns an und könnte höchſtens angeben, daß man ſie im
März und November am häufigſten an Orten bemerkt, welche ſie ſonſt meidet. Jn Spanien erſcheint
ſie um die Mitte des Oktobers ſehr regelmäßig und oft in großer Anzahl; in Griechenland ſoll ſie,
nach von der Mühle, ſchon vom September an ungemein häufig ſein und dann nicht blos die
Sümpfe bewohnen, ſondern auch trockene Stellen mit den Wachteln theilen. Lindermayer
bezeichnet ſie aber als Standvogel und erklärt dadurch das frühzeitige Erſcheinen zur Genüge. Auf-
fallend iſt, daß der ſchlechte Flieger auch auf einzelnen Jnſeln des Nordens, beiſpielsweiſe auf
den Faröern und auf Jsland regelmäßig gefunden wird, beachtenswerth, daß er vonhieraus gar nicht
wegwandert, ſondern ſich, oft recht kümmerlich, während des Winters ſein Leben an den heißen Quellen
zu friſten ſucht. Seine Wanderung legt er wahrſcheinlich größtentheils zu Fuße zurück, dem Laufe
der Flüſſe folgend.
Die Aufenthaltsorte der Ralle ſind, wie Naumann ſagt, „unfreundliche Sümpfe, die der
Menſch nur ungern betritt, die naſſen Wildniſſe, wo Waſſer und Moraſt unter dichten Pflanzen
verſteckt und dieſe mit Gebüſch vermiſcht ſind, oft in der Nähe von Waldungen gelegene, oder ſelbſt
von dieſen umſchloſſene ſchilf- und binſenreiche Gewäſſer, die Erlenbrüche und ſolche Weidengebüſche,
welche mit vielem Schilf und hohen Gräſern abwechſeln, viel Moraſt und Waſſer haben oder von
Schilf- oder Waſſergräben durchſchnitten werden.“ Ganz freie Gewäſſer ſind ihr zuwider; ſie
verlangt den Bruch oder Moraſt in ſeiner Vollendung. Auf dem Zuge wählt ſie ſich allerlei paſſende
Oertlichkeiten, welche ſie verbergen, läßt ſich ſogar in Waldungen nieder, verkriecht ſich in
Hecken u. ſ. w.
Sie iſt mehr Nacht- als Tagvogel und in der Dämmerung am munterſten. Den Tag verlebt ſie
im Stillen, theilweiſe wohl ſchlafend. Jn ihrem Betragen zeigt ſie große Aehnlichkeit mit den kleinen
Sumpf- oder Rohrhühnern, trägt auch den Körper ſo wie dieſe, den Rumpf meiſt wagerecht, den Hals
eingezogen, den Schwanz hängend. Erblickt ſie etwas Auffallendes, ſo reckt ſie den Hals etwas empor,
legt die Flügelſpitze über den Bürzel und wippt wiederholt mit dem Schwanze. Beim Umherſchleichen
biegt ſie Hals und Kopf herab, ſodaß die ganze Geſtalt ſich erniedrigt; die Schritte werden größer, folgen
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 744. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/790>, abgerufen am 22.11.2024.
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