hervor und rudert weiter. Der Flug ist matt, schwerfällig flatternd, nicht schnell, geht fast geradeaus, gewöhnlich tief auf dem Wasser hin; erst, denn wenn es eine gewisse Höhe erreicht hat, fliegt es leichter; Hals und Beine werden dabei gerade ausgestreckt. "Eine besondere Geschicklichkeit", sagt mein Vater, "hat dieser Vogel, sich zu verbergen. Da, wo nur wenig Schilf ist, verkriecht er sich sogut, daß es unmöglich wird, ihn aufzufinden. Er taucht dann mit dem Körper unter das Wasser und versteckt den Kopf über demselben zwischen dem Schilfe. Nähert sich ihm ein Hühnerhund, dann taucht er völlig unter und ist vor jeder Gefahr sicher. Jch habe von dieser Kunst, sich unsichtbar zu machen, merkwürdige Beispiele gesehen. Einstmals jagten wir ein Teichhuhn, welches plötzlich verschwand. Jch wußte die Stelle, wo es sich versteckt hatte, ganz genau, und als ich sorgfältig suchte, bemerkte ich es sogut unter das Ufer gedrückt, daß nur das Roth am Schnabel durchschimmerte. Dies war an einer Stelle, welche nicht geeignet schien, den kleinsten Vogel zu verbergen. Ein anderes Mal schoß ich in einem mit nur wenigen Grasbüscheln besetzten Teiche, welcher kaum zwölf Schritte im Durchmesser hielt, ein Teichhuhn an. Es verschwand auf den Schuß augenblicklich. Wir ließen von einem guten Jagdhunde den kleinen Teich zu wiederholten Malen absuchen, aber umsonst. Endlich entkleidete sich ein mich begleitender Jäger, durchforschte mit Händen und Füßen den kleinen und flachen Teich, konnte aber keine Spur vom Teichhuhne entdecken. Ein anderes, auf welches ich schoß, tauchte ebenfalls sofort unter und kam nicht wieder herauf. Ein Freund von mir holte eine Stange und störte mit ihr überall da, wo es unter das Wasser gefahren war, auf dem Grunde herum. Jetzt erschien es und wurde erlegt. Ein anderes, welches ebenso verschwand, sahen wir nach langem Suchen auf dem Grunde des Wassers, wo es sich mit den Füßen unten am Grase anhielt. Wir ergriffen es mit der Hand."
Die Stimme ist laut und kräftig. Der Lockruf klingt wie "Terr, terr", der Warnungston wie "Kerr, tett, tett", oder, wenn er dem Jungen gilt, leise wie "Gurr, gurr". Außerdem vernimmt man ein scharfes Krächzen oder ein starkes "Kürg", welches Furcht auszudrücken scheint, und auf dem Zuge ein helltönendes, weitschallendes "Keck, keck".
Das Teichhühnchen ist schon am frühen Morgen wach und rege und geht erst spät zur Ruhe. Auf Teichen, welche dem menschlichen Verkehre fern liegen, verbirgt es sich übertags im Schilfe und kommt nur morgens und abends auf das offene Wasser heraus, fliegt auch bei Ankunft eines Menschen, so schnell es kann, seinem Versteckplatze zu. Da hingegen, wo es sich an den Menschen gewöhnt hat und weiß, daß dieser es schützt, wird es ungemein kirr. Das Pärchen, welches den Teich neben Naumann's Garten bewohnte, war so zahm wie Hausgeflügel, unterschied jedoch fremde Leute augenblicklich von den Bekannten und konnte auch von diesen nicht leiden, wenn es starr angesehen wurde. Selbst Kränkungen, welche es erfahren mußte, vergaß es bald wieder. Einer oder der andere der Gatten wurde gefangen und wieder freigelassen, hatte aber doch die verdrießliche Störung nach einigen Tagen wieder verziehen. Mit anderen Thieren machte es sich nicht gern zu schaffen: fremde Hunde floh es ängstlich; aber auch Hausgeflügel, Gänse und Enten waren ihm unangenehm. Gegen einige Wasservögel sucht das Teichhuhnpärchen seine Herrschsucht geltend zu machen. Enten werden oft fortgejagt und Gänse wenigstens angegriffen; kommen letztere aber öfters und in Mehrzahl, so müssen die Teichhühnchen, wie Naumann sagt, "mit verbissener Wuth Friede halten; aber ein solcher Zwang ist ihnen dann sehr unangenehm."
Jm Frühjahre hat jedes Pärchen längere Kämpfe mit anderen zu bestehen, welche sich erst einen Standort suchen müssen. Sobald sich ein fremdes Teichhuhn naht, fährt das Männchen mit auf- gesträubten Flügeln, niedergedrücktem Kopfe, halb schwimmend, halb auf dem Wasser laufend, gegen den Eindringling los, hackt und kratzt mit Schnabel und Füßen, schlägt auch mit den Flügeln und ruft, wenn jener nicht weichen will, die Gattin zu Hilfe, bis der Gegner vertrieben ist. Solche Kämpfe werden auch dann noch ausgefochten, wenn bereits der Bau des Nestes in Angriff genommen wurde. Letzteres steht gewöhnlich in einem Schilfbusche auf den niedergeknickten Blättern desselben oder zwischen mehreren Büschen auf der Oberfläche des Wassers selbst, seltener auf einem trockeneren
Die Läufer. Stelzvögel. Waſſerhühner.
hervor und rudert weiter. Der Flug iſt matt, ſchwerfällig flatternd, nicht ſchnell, geht faſt geradeaus, gewöhnlich tief auf dem Waſſer hin; erſt, denn wenn es eine gewiſſe Höhe erreicht hat, fliegt es leichter; Hals und Beine werden dabei gerade ausgeſtreckt. „Eine beſondere Geſchicklichkeit“, ſagt mein Vater, „hat dieſer Vogel, ſich zu verbergen. Da, wo nur wenig Schilf iſt, verkriecht er ſich ſogut, daß es unmöglich wird, ihn aufzufinden. Er taucht dann mit dem Körper unter das Waſſer und verſteckt den Kopf über demſelben zwiſchen dem Schilfe. Nähert ſich ihm ein Hühnerhund, dann taucht er völlig unter und iſt vor jeder Gefahr ſicher. Jch habe von dieſer Kunſt, ſich unſichtbar zu machen, merkwürdige Beiſpiele geſehen. Einſtmals jagten wir ein Teichhuhn, welches plötzlich verſchwand. Jch wußte die Stelle, wo es ſich verſteckt hatte, ganz genau, und als ich ſorgfältig ſuchte, bemerkte ich es ſogut unter das Ufer gedrückt, daß nur das Roth am Schnabel durchſchimmerte. Dies war an einer Stelle, welche nicht geeignet ſchien, den kleinſten Vogel zu verbergen. Ein anderes Mal ſchoß ich in einem mit nur wenigen Grasbüſcheln beſetzten Teiche, welcher kaum zwölf Schritte im Durchmeſſer hielt, ein Teichhuhn an. Es verſchwand auf den Schuß augenblicklich. Wir ließen von einem guten Jagdhunde den kleinen Teich zu wiederholten Malen abſuchen, aber umſonſt. Endlich entkleidete ſich ein mich begleitender Jäger, durchforſchte mit Händen und Füßen den kleinen und flachen Teich, konnte aber keine Spur vom Teichhuhne entdecken. Ein anderes, auf welches ich ſchoß, tauchte ebenfalls ſofort unter und kam nicht wieder herauf. Ein Freund von mir holte eine Stange und ſtörte mit ihr überall da, wo es unter das Waſſer gefahren war, auf dem Grunde herum. Jetzt erſchien es und wurde erlegt. Ein anderes, welches ebenſo verſchwand, ſahen wir nach langem Suchen auf dem Grunde des Waſſers, wo es ſich mit den Füßen unten am Graſe anhielt. Wir ergriffen es mit der Hand.“
Die Stimme iſt laut und kräftig. Der Lockruf klingt wie „Terr, terr“, der Warnungston wie „Kerr, tett, tett“, oder, wenn er dem Jungen gilt, leiſe wie „Gurr, gurr“. Außerdem vernimmt man ein ſcharfes Krächzen oder ein ſtarkes „Kürg“, welches Furcht auszudrücken ſcheint, und auf dem Zuge ein helltönendes, weitſchallendes „Keck, keck“.
Das Teichhühnchen iſt ſchon am frühen Morgen wach und rege und geht erſt ſpät zur Ruhe. Auf Teichen, welche dem menſchlichen Verkehre fern liegen, verbirgt es ſich übertags im Schilfe und kommt nur morgens und abends auf das offene Waſſer heraus, fliegt auch bei Ankunft eines Menſchen, ſo ſchnell es kann, ſeinem Verſteckplatze zu. Da hingegen, wo es ſich an den Menſchen gewöhnt hat und weiß, daß dieſer es ſchützt, wird es ungemein kirr. Das Pärchen, welches den Teich neben Naumann’s Garten bewohnte, war ſo zahm wie Hausgeflügel, unterſchied jedoch fremde Leute augenblicklich von den Bekannten und konnte auch von dieſen nicht leiden, wenn es ſtarr angeſehen wurde. Selbſt Kränkungen, welche es erfahren mußte, vergaß es bald wieder. Einer oder der andere der Gatten wurde gefangen und wieder freigelaſſen, hatte aber doch die verdrießliche Störung nach einigen Tagen wieder verziehen. Mit anderen Thieren machte es ſich nicht gern zu ſchaffen: fremde Hunde floh es ängſtlich; aber auch Hausgeflügel, Gänſe und Enten waren ihm unangenehm. Gegen einige Waſſervögel ſucht das Teichhuhnpärchen ſeine Herrſchſucht geltend zu machen. Enten werden oft fortgejagt und Gänſe wenigſtens angegriffen; kommen letztere aber öfters und in Mehrzahl, ſo müſſen die Teichhühnchen, wie Naumann ſagt, „mit verbiſſener Wuth Friede halten; aber ein ſolcher Zwang iſt ihnen dann ſehr unangenehm.“
Jm Frühjahre hat jedes Pärchen längere Kämpfe mit anderen zu beſtehen, welche ſich erſt einen Standort ſuchen müſſen. Sobald ſich ein fremdes Teichhuhn naht, fährt das Männchen mit auf- geſträubten Flügeln, niedergedrücktem Kopfe, halb ſchwimmend, halb auf dem Waſſer laufend, gegen den Eindringling los, hackt und kratzt mit Schnabel und Füßen, ſchlägt auch mit den Flügeln und ruft, wenn jener nicht weichen will, die Gattin zu Hilfe, bis der Gegner vertrieben iſt. Solche Kämpfe werden auch dann noch ausgefochten, wenn bereits der Bau des Neſtes in Angriff genommen wurde. Letzteres ſteht gewöhnlich in einem Schilfbuſche auf den niedergeknickten Blättern deſſelben oder zwiſchen mehreren Büſchen auf der Oberfläche des Waſſers ſelbſt, ſeltener auf einem trockeneren
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hervor und rudert weiter. Der Flug iſt matt, ſchwerfällig flatternd, nicht ſchnell, geht faſt geradeaus,
gewöhnlich tief auf dem Waſſer hin; erſt, denn wenn es eine gewiſſe Höhe erreicht hat, fliegt es leichter;
Hals und Beine werden dabei gerade ausgeſtreckt. „Eine beſondere Geſchicklichkeit“, ſagt mein
Vater, „hat dieſer Vogel, ſich zu verbergen. Da, wo nur wenig Schilf iſt, verkriecht er ſich ſogut,
daß es unmöglich wird, ihn aufzufinden. Er taucht dann mit dem Körper unter das Waſſer und
verſteckt den Kopf über demſelben zwiſchen dem Schilfe. Nähert ſich ihm ein Hühnerhund, dann
taucht er völlig unter und iſt vor jeder Gefahr ſicher. Jch habe von dieſer Kunſt, ſich unſichtbar zu
machen, merkwürdige Beiſpiele geſehen. Einſtmals jagten wir ein Teichhuhn, welches plötzlich
verſchwand. Jch wußte die Stelle, wo es ſich verſteckt hatte, ganz genau, und als ich ſorgfältig ſuchte,
bemerkte ich es ſogut unter das Ufer gedrückt, daß nur das Roth am Schnabel durchſchimmerte. Dies
war an einer Stelle, welche nicht geeignet ſchien, den kleinſten Vogel zu verbergen. Ein anderes
Mal ſchoß ich in einem mit nur wenigen Grasbüſcheln beſetzten Teiche, welcher kaum zwölf Schritte
im Durchmeſſer hielt, ein Teichhuhn an. Es verſchwand auf den Schuß augenblicklich. Wir ließen
von einem guten Jagdhunde den kleinen Teich zu wiederholten Malen abſuchen, aber umſonſt.
Endlich entkleidete ſich ein mich begleitender Jäger, durchforſchte mit Händen und Füßen den kleinen
und flachen Teich, konnte aber keine Spur vom Teichhuhne entdecken. Ein anderes, auf welches ich
ſchoß, tauchte ebenfalls ſofort unter und kam nicht wieder herauf. Ein Freund von mir holte eine
Stange und ſtörte mit ihr überall da, wo es unter das Waſſer gefahren war, auf dem Grunde
herum. Jetzt erſchien es und wurde erlegt. Ein anderes, welches ebenſo verſchwand, ſahen wir
nach langem Suchen auf dem Grunde des Waſſers, wo es ſich mit den Füßen unten am Graſe
anhielt. Wir ergriffen es mit der Hand.“
Die Stimme iſt laut und kräftig. Der Lockruf klingt wie „Terr, terr“, der Warnungston wie
„Kerr, tett, tett“, oder, wenn er dem Jungen gilt, leiſe wie „Gurr, gurr“. Außerdem vernimmt
man ein ſcharfes Krächzen oder ein ſtarkes „Kürg“, welches Furcht auszudrücken ſcheint, und auf dem
Zuge ein helltönendes, weitſchallendes „Keck, keck“.
Das Teichhühnchen iſt ſchon am frühen Morgen wach und rege und geht erſt ſpät zur Ruhe.
Auf Teichen, welche dem menſchlichen Verkehre fern liegen, verbirgt es ſich übertags im Schilfe und
kommt nur morgens und abends auf das offene Waſſer heraus, fliegt auch bei Ankunft eines Menſchen,
ſo ſchnell es kann, ſeinem Verſteckplatze zu. Da hingegen, wo es ſich an den Menſchen gewöhnt hat
und weiß, daß dieſer es ſchützt, wird es ungemein kirr. Das Pärchen, welches den Teich neben
Naumann’s Garten bewohnte, war ſo zahm wie Hausgeflügel, unterſchied jedoch fremde Leute
augenblicklich von den Bekannten und konnte auch von dieſen nicht leiden, wenn es ſtarr angeſehen
wurde. Selbſt Kränkungen, welche es erfahren mußte, vergaß es bald wieder. Einer oder der andere
der Gatten wurde gefangen und wieder freigelaſſen, hatte aber doch die verdrießliche Störung nach
einigen Tagen wieder verziehen. Mit anderen Thieren machte es ſich nicht gern zu ſchaffen:
fremde Hunde floh es ängſtlich; aber auch Hausgeflügel, Gänſe und Enten waren ihm unangenehm.
Gegen einige Waſſervögel ſucht das Teichhuhnpärchen ſeine Herrſchſucht geltend zu machen. Enten
werden oft fortgejagt und Gänſe wenigſtens angegriffen; kommen letztere aber öfters und in Mehrzahl,
ſo müſſen die Teichhühnchen, wie Naumann ſagt, „mit verbiſſener Wuth Friede halten; aber ein
ſolcher Zwang iſt ihnen dann ſehr unangenehm.“
Jm Frühjahre hat jedes Pärchen längere Kämpfe mit anderen zu beſtehen, welche ſich erſt einen
Standort ſuchen müſſen. Sobald ſich ein fremdes Teichhuhn naht, fährt das Männchen mit auf-
geſträubten Flügeln, niedergedrücktem Kopfe, halb ſchwimmend, halb auf dem Waſſer laufend, gegen
den Eindringling los, hackt und kratzt mit Schnabel und Füßen, ſchlägt auch mit den Flügeln und
ruft, wenn jener nicht weichen will, die Gattin zu Hilfe, bis der Gegner vertrieben iſt. Solche
Kämpfe werden auch dann noch ausgefochten, wenn bereits der Bau des Neſtes in Angriff genommen
wurde. Letzteres ſteht gewöhnlich in einem Schilfbuſche auf den niedergeknickten Blättern deſſelben
oder zwiſchen mehreren Büſchen auf der Oberfläche des Waſſers ſelbſt, ſeltener auf einem trockeneren
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 760. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/806>, abgerufen am 16.07.2024.
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