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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Allgemeines.
bis zu mehreren hundert Fußen empor. Die Stimme ist bei einzelnen wohllautend und hell,
schmetternd oder pfeifend, bei anderen quakend oder schnarrend, beim Männchen regelmäßig anders
als beim Weibchen; im Zorne zischen einzelne, doch nicht nach Art der Gänse, sondern dumpf
fauchend; in der Jugend stoßen sie ein schwaches Piepen aus. Die Sinne scheinen vortrefflich und
ziemlich gleichmäßig entwickelt, die geistigen Fähigkeiten wohl ausgebildet zu sein. Vorsichtig und
scheu zeigen sich alle Enten, außerdem listig, berechnend, kurz verständig, und ihre Vorsicht nimmt
wie gewöhnlich zu, wenn mehrere Arten sich vereinigen oder viele von einer Art größere Gesellschaften
bilden. Gefangene Enten fügen sich bald in die veränderten Verhältnisse, beobachten das Gebahren
ihres Pflegers und richten ihr Benehmen nach dem Ergebnisse ihrer Wahrnehmungen ein, lassen sich
Dem entsprechend leicht zähmen und zu förmlichen Hausthieren machen.

Hinsichtlich der Nahrung unterscheiden sich die Enten dadurch von Gänsen und Schwänen, daß
sie ebensoviel thierische als pflanzliche Stoffe verzehren. Unter den Schwimmenten gibt es mehrere,
welche noch nach Art der Gänse weiden; unter den Tauchenten hingegen kaum eine Art, welche
thierische Stoffe den pflanzlichen nicht vorzögen. Die zarten Spitzenblätter, Wurzelknollen und
Sämereien der verschiedensten Art, Sumpf- und Wasserpflanzen, Gräser- und Getreidearten, Kerb-
thiere, Würmer, Weichthiere, Lurche, Fische, Fleisch von größeren Wirbelthieren, selbst Aas werden
gern verzehrt, Muschelschalen und Sand oder kleine Kiesel zu besserer Verdauung mit aufgenommen.
Wohnort, Aufenthalt und Lebensweise haben auf die Auswahl der Nahrung selbstverständlich
großen Einfluß.

Sämmtliche Enten vermehren sich stark. Sie leben zwar in Einweibigkeit; ihre Begattungslust
ist aber so lebhaft, daß sie nicht selten die Grenzen der geschlossenen Ehe überschreiten, sowie sie
auch leichter als die meisten übrigen Schwimmvögel Mischlingsehen eingehen. Von Gänsen und
Schwänen unterscheiden sie sich während der Nistzeit durch ihre Geselligkeit. Jedes Pärchen versucht
zwar ein gewisses Gebiet festzuhalten: die Männchen wenigstens kämpfen um dasselbe oder um das
Weibchen ziemlich heftig; Dem ungeachtet aber legen die Weibchen ihre Nester gern in großer Nähe
neben einander an, einige Arten bilden sogar förmliche Brutgesellschaften wie Möven, Alken und
andere Schwimmvögel. Ein Nistplatz, welcher das Nest versteckt, wird anderen vorgezogen, gar
manche Nester aber auch auf freiem Boden angelegt. Jn bewohnten Gegenden verfahren die Enten-
weibchen sorgsamer mit der Wahl dieses Ortes als in unbewohnten. Mehrere Arten nisten in
Höhlen unter der Erde oder in Felsenklüften, andere in Baumlöchern, andere auf Bäumen selbst,
indem sie zur Unterlage ihres Nestes das eines Landvogels benutzen; die übrigen bilden auf dem
Boden aus verschiedenen Pflanzenstoffen eine tiefe Mulde, deren Napf beim Brüten mit den eigenen
Dunen weich ausgefüttert wird. Das Gelege besteht aus einer größeren Anzahl von Eiern, selten
unter sechs und zuweilen bis zu sechszehn Stücken. Die Brutzeit schwankt zwischen einundzwanzig
bis vierundzwanzig Tagen. Wenn mehrere Entenweibchen neben einander nisten, pflegen sie sich
gegenseitig um ihre Eier zu bestehlen; denn ihre Brutlust und Kinderliebe ist ebenso groß, wie die
Begattungslust der Männchen. Letztere nehmen am Brüten keinen Antheil, werden sogar mit einer
gewissen Aengstlichkeit vom Weibchen ausgeschlossen und schlagen sich, nachdem letztere zu brüten
begonnen haben, in abgesonderte Schwärme zusammen, gehen auch wohl noch mit anderen Weibchen
engere Verbindungen ein. Die Jungen werden, nachdem sie abgetrocknet, von der Mutter sobald
als möglich dem Wasser zugeführt, mit großer Liebe geführt und geleitet. Sie sind vom ersten
Tage ihres Lebens an höchst geschickte, bewegungsfähige Geschöpfe, laufen vortrefflich, schwimmen und
tauchen gewandt, fangen sich Kerbthiere weg, fressen viel, wachsen sehr rasch heran und beginnen
sofort, nachdem sie ihr erstes Federkleid erhalten haben, das zweite anzulegen. Nachdem sie dieses
erhalten, vereinigt sich die Familie wiederum mit dem Vater, oder doch wenigstens mit einem Enten-
männchen; denn es bleibt noch fraglich, ob die Ehen zwischen den Enten für das ganze Leben oder
nur für eine Fortpflanzungszeit geschlossen werden. Jn den ersten Tagen des Lebens hütet die

Allgemeines.
bis zu mehreren hundert Fußen empor. Die Stimme iſt bei einzelnen wohllautend und hell,
ſchmetternd oder pfeifend, bei anderen quakend oder ſchnarrend, beim Männchen regelmäßig anders
als beim Weibchen; im Zorne ziſchen einzelne, doch nicht nach Art der Gänſe, ſondern dumpf
fauchend; in der Jugend ſtoßen ſie ein ſchwaches Piepen aus. Die Sinne ſcheinen vortrefflich und
ziemlich gleichmäßig entwickelt, die geiſtigen Fähigkeiten wohl ausgebildet zu ſein. Vorſichtig und
ſcheu zeigen ſich alle Enten, außerdem liſtig, berechnend, kurz verſtändig, und ihre Vorſicht nimmt
wie gewöhnlich zu, wenn mehrere Arten ſich vereinigen oder viele von einer Art größere Geſellſchaften
bilden. Gefangene Enten fügen ſich bald in die veränderten Verhältniſſe, beobachten das Gebahren
ihres Pflegers und richten ihr Benehmen nach dem Ergebniſſe ihrer Wahrnehmungen ein, laſſen ſich
Dem entſprechend leicht zähmen und zu förmlichen Hausthieren machen.

Hinſichtlich der Nahrung unterſcheiden ſich die Enten dadurch von Gänſen und Schwänen, daß
ſie ebenſoviel thieriſche als pflanzliche Stoffe verzehren. Unter den Schwimmenten gibt es mehrere,
welche noch nach Art der Gänſe weiden; unter den Tauchenten hingegen kaum eine Art, welche
thieriſche Stoffe den pflanzlichen nicht vorzögen. Die zarten Spitzenblätter, Wurzelknollen und
Sämereien der verſchiedenſten Art, Sumpf- und Waſſerpflanzen, Gräſer- und Getreidearten, Kerb-
thiere, Würmer, Weichthiere, Lurche, Fiſche, Fleiſch von größeren Wirbelthieren, ſelbſt Aas werden
gern verzehrt, Muſchelſchalen und Sand oder kleine Kieſel zu beſſerer Verdauung mit aufgenommen.
Wohnort, Aufenthalt und Lebensweiſe haben auf die Auswahl der Nahrung ſelbſtverſtändlich
großen Einfluß.

Sämmtliche Enten vermehren ſich ſtark. Sie leben zwar in Einweibigkeit; ihre Begattungsluſt
iſt aber ſo lebhaft, daß ſie nicht ſelten die Grenzen der geſchloſſenen Ehe überſchreiten, ſowie ſie
auch leichter als die meiſten übrigen Schwimmvögel Miſchlingsehen eingehen. Von Gänſen und
Schwänen unterſcheiden ſie ſich während der Niſtzeit durch ihre Geſelligkeit. Jedes Pärchen verſucht
zwar ein gewiſſes Gebiet feſtzuhalten: die Männchen wenigſtens kämpfen um daſſelbe oder um das
Weibchen ziemlich heftig; Dem ungeachtet aber legen die Weibchen ihre Neſter gern in großer Nähe
neben einander an, einige Arten bilden ſogar förmliche Brutgeſellſchaften wie Möven, Alken und
andere Schwimmvögel. Ein Niſtplatz, welcher das Neſt verſteckt, wird anderen vorgezogen, gar
manche Neſter aber auch auf freiem Boden angelegt. Jn bewohnten Gegenden verfahren die Enten-
weibchen ſorgſamer mit der Wahl dieſes Ortes als in unbewohnten. Mehrere Arten niſten in
Höhlen unter der Erde oder in Felſenklüften, andere in Baumlöchern, andere auf Bäumen ſelbſt,
indem ſie zur Unterlage ihres Neſtes das eines Landvogels benutzen; die übrigen bilden auf dem
Boden aus verſchiedenen Pflanzenſtoffen eine tiefe Mulde, deren Napf beim Brüten mit den eigenen
Dunen weich ausgefüttert wird. Das Gelege beſteht aus einer größeren Anzahl von Eiern, ſelten
unter ſechs und zuweilen bis zu ſechszehn Stücken. Die Brutzeit ſchwankt zwiſchen einundzwanzig
bis vierundzwanzig Tagen. Wenn mehrere Entenweibchen neben einander niſten, pflegen ſie ſich
gegenſeitig um ihre Eier zu beſtehlen; denn ihre Brutluſt und Kinderliebe iſt ebenſo groß, wie die
Begattungsluſt der Männchen. Letztere nehmen am Brüten keinen Antheil, werden ſogar mit einer
gewiſſen Aengſtlichkeit vom Weibchen ausgeſchloſſen und ſchlagen ſich, nachdem letztere zu brüten
begonnen haben, in abgeſonderte Schwärme zuſammen, gehen auch wohl noch mit anderen Weibchen
engere Verbindungen ein. Die Jungen werden, nachdem ſie abgetrocknet, von der Mutter ſobald
als möglich dem Waſſer zugeführt, mit großer Liebe geführt und geleitet. Sie ſind vom erſten
Tage ihres Lebens an höchſt geſchickte, bewegungsfähige Geſchöpfe, laufen vortrefflich, ſchwimmen und
tauchen gewandt, fangen ſich Kerbthiere weg, freſſen viel, wachſen ſehr raſch heran und beginnen
ſofort, nachdem ſie ihr erſtes Federkleid erhalten haben, das zweite anzulegen. Nachdem ſie dieſes
erhalten, vereinigt ſich die Familie wiederum mit dem Vater, oder doch wenigſtens mit einem Enten-
männchen; denn es bleibt noch fraglich, ob die Ehen zwiſchen den Enten für das ganze Leben oder
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[811/0861] Allgemeines. bis zu mehreren hundert Fußen empor. Die Stimme iſt bei einzelnen wohllautend und hell, ſchmetternd oder pfeifend, bei anderen quakend oder ſchnarrend, beim Männchen regelmäßig anders als beim Weibchen; im Zorne ziſchen einzelne, doch nicht nach Art der Gänſe, ſondern dumpf fauchend; in der Jugend ſtoßen ſie ein ſchwaches Piepen aus. Die Sinne ſcheinen vortrefflich und ziemlich gleichmäßig entwickelt, die geiſtigen Fähigkeiten wohl ausgebildet zu ſein. Vorſichtig und ſcheu zeigen ſich alle Enten, außerdem liſtig, berechnend, kurz verſtändig, und ihre Vorſicht nimmt wie gewöhnlich zu, wenn mehrere Arten ſich vereinigen oder viele von einer Art größere Geſellſchaften bilden. Gefangene Enten fügen ſich bald in die veränderten Verhältniſſe, beobachten das Gebahren ihres Pflegers und richten ihr Benehmen nach dem Ergebniſſe ihrer Wahrnehmungen ein, laſſen ſich Dem entſprechend leicht zähmen und zu förmlichen Hausthieren machen. Hinſichtlich der Nahrung unterſcheiden ſich die Enten dadurch von Gänſen und Schwänen, daß ſie ebenſoviel thieriſche als pflanzliche Stoffe verzehren. Unter den Schwimmenten gibt es mehrere, welche noch nach Art der Gänſe weiden; unter den Tauchenten hingegen kaum eine Art, welche thieriſche Stoffe den pflanzlichen nicht vorzögen. Die zarten Spitzenblätter, Wurzelknollen und Sämereien der verſchiedenſten Art, Sumpf- und Waſſerpflanzen, Gräſer- und Getreidearten, Kerb- thiere, Würmer, Weichthiere, Lurche, Fiſche, Fleiſch von größeren Wirbelthieren, ſelbſt Aas werden gern verzehrt, Muſchelſchalen und Sand oder kleine Kieſel zu beſſerer Verdauung mit aufgenommen. Wohnort, Aufenthalt und Lebensweiſe haben auf die Auswahl der Nahrung ſelbſtverſtändlich großen Einfluß. Sämmtliche Enten vermehren ſich ſtark. Sie leben zwar in Einweibigkeit; ihre Begattungsluſt iſt aber ſo lebhaft, daß ſie nicht ſelten die Grenzen der geſchloſſenen Ehe überſchreiten, ſowie ſie auch leichter als die meiſten übrigen Schwimmvögel Miſchlingsehen eingehen. Von Gänſen und Schwänen unterſcheiden ſie ſich während der Niſtzeit durch ihre Geſelligkeit. Jedes Pärchen verſucht zwar ein gewiſſes Gebiet feſtzuhalten: die Männchen wenigſtens kämpfen um daſſelbe oder um das Weibchen ziemlich heftig; Dem ungeachtet aber legen die Weibchen ihre Neſter gern in großer Nähe neben einander an, einige Arten bilden ſogar förmliche Brutgeſellſchaften wie Möven, Alken und andere Schwimmvögel. Ein Niſtplatz, welcher das Neſt verſteckt, wird anderen vorgezogen, gar manche Neſter aber auch auf freiem Boden angelegt. Jn bewohnten Gegenden verfahren die Enten- weibchen ſorgſamer mit der Wahl dieſes Ortes als in unbewohnten. Mehrere Arten niſten in Höhlen unter der Erde oder in Felſenklüften, andere in Baumlöchern, andere auf Bäumen ſelbſt, indem ſie zur Unterlage ihres Neſtes das eines Landvogels benutzen; die übrigen bilden auf dem Boden aus verſchiedenen Pflanzenſtoffen eine tiefe Mulde, deren Napf beim Brüten mit den eigenen Dunen weich ausgefüttert wird. Das Gelege beſteht aus einer größeren Anzahl von Eiern, ſelten unter ſechs und zuweilen bis zu ſechszehn Stücken. Die Brutzeit ſchwankt zwiſchen einundzwanzig bis vierundzwanzig Tagen. Wenn mehrere Entenweibchen neben einander niſten, pflegen ſie ſich gegenſeitig um ihre Eier zu beſtehlen; denn ihre Brutluſt und Kinderliebe iſt ebenſo groß, wie die Begattungsluſt der Männchen. Letztere nehmen am Brüten keinen Antheil, werden ſogar mit einer gewiſſen Aengſtlichkeit vom Weibchen ausgeſchloſſen und ſchlagen ſich, nachdem letztere zu brüten begonnen haben, in abgeſonderte Schwärme zuſammen, gehen auch wohl noch mit anderen Weibchen engere Verbindungen ein. Die Jungen werden, nachdem ſie abgetrocknet, von der Mutter ſobald als möglich dem Waſſer zugeführt, mit großer Liebe geführt und geleitet. Sie ſind vom erſten Tage ihres Lebens an höchſt geſchickte, bewegungsfähige Geſchöpfe, laufen vortrefflich, ſchwimmen und tauchen gewandt, fangen ſich Kerbthiere weg, freſſen viel, wachſen ſehr raſch heran und beginnen ſofort, nachdem ſie ihr erſtes Federkleid erhalten haben, das zweite anzulegen. Nachdem ſie dieſes erhalten, vereinigt ſich die Familie wiederum mit dem Vater, oder doch wenigſtens mit einem Enten- männchen; denn es bleibt noch fraglich, ob die Ehen zwiſchen den Enten für das ganze Leben oder nur für eine Fortpflanzungszeit geſchloſſen werden. Jn den erſten Tagen des Lebens hütet die

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 811. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/861>, abgerufen am 16.07.2024.