Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Schwimmer. Seeflieger. Albatrosse.
Swinhoe, dem wir eine Zusammenstellung der in China beobachteten Vögel verdanken, gibt an,
daß blos der kurzschwänzige und schwarzfüßige Albatros regelmäßig in den südchinesischen Meeren
vorkommen und bis in die Breite des nördlichen Japan beobachtet werden, scheint also von einem
regelmäßigen Eintreffen in dem ochotskischen und kamtschatkalischen Meere Nichts zu wissen.

Alle reisenden Forscher stimmen ein in die Bewunderung des Fluges dieser Geier des Meeres.
"Es ist", sagt Bennett, "erheiternd und erfreulich, diese prachtvollen Vögel anstandsvoll und
zierlich, wie von einer unsichtbaren Kraft geleitet, in den Lüften dahinschwimmen zu sehen. Denn
kaum bemerkt man irgend eine Bewegung der Flügel, nachdem einmal der erste Antrieb gegeben und
der gewaltige Flieger in die Luft sich erhob; man sieht sein Steigen und Fallen, als ob eine und
dieselbe Kraft die verschiedenen Bewegungen hervorzubringen vermöge, als ob er seine Muskelkraft
gar nicht anwende. Er schwebt hernieder, dicht am Steuer des Schiffes vorüber, mit einer Art von
Unabhängigkeit, als sei er der Herrscher von Allem, was unter ihm ist. Wenn er einen Gegenstand
auf dem Wasser schwimmen sieht, läßt er sich nach und nach mit ausgebreiteten oder ausgespreizten
Flügeln herab, setzt sich auch wohl auf das Wasser nieder und schwimmt, seine Nahrung verzehrend,
wie eine Möve oder Ente; dann erhebt er sich, läuft mit ausgebreiteten Flügeln über die Seefläche
dahin, beginnt zu kreisen und nimmt nun seinen umherschwärmenden Flug wieder auf.... Jn
seinen Bewegungen", sagt er an einer anderen Stelle, "bemerkt man keine Anstrengung, aber Kraft
und Nachhaltigkeit, vereinigt mit einer sich stets gleichbleibenden Zierlichkeit. Mit wirklicher Anmuth
segelt er durch die Luft, von der einen zur anderen Seite sich neigend, und dicht über den rollenden
Wogen dahingleitend, sodaß es aussieht, als müsse er die Flügelspitzen netzen; dann schwebt er wieder
empor mit gleicher Freiheit und Leichtigkeit der Bewegung. So schnell ist sein Flug, daß man ihn
wenige Augenblicke, nachdem er am Schiffe vorüberzog, schon in weiter Ferne sehen kann, steigend und
fallend mit den Wellen, daß er einen ungeheueren Raum in der kürzesten Zeit zu durcheilen
vermag.... Wahrhaft anziehend ist es, ihn während stürmischen Wetters zu beobachten. Er fliegt
dann mit und gegen den Wind, wohnt als der Fröhlichste unter den Fröhlichen über den von
heulenden Stürmen aufgerührten Wellen; denn auch wenn er im Sturme fliegt, bemerkt man keine
besondere Bewegung seiner Flügel: es sind dann nur die Fortschritte des Fluges etwas langsamer.
Einige meinen, daß er niemals kraftlos, sondern wie ein Segelschiff geschlossen gegen den Wind fliege
und sich gerade, wenn er Dies thue, besonders fördere." Gould sagt, daß seine Flugkraft größer sei
als die jedes anderen Vogels, den er beobachtet habe. "Obgleich er während des stillen Wetters
manchmal auf dem Wasserspiegel ruht, so ist er doch fast beständig im Fluge begriffen und streicht
scheinbar ebenso selbstbewußt über die glatte Fläche, während der größten Seeruhe dahin, als er
pfeilschnell während des gewaltigsten Sturmes umherschwebt." Jouan beobachtete, daß er bei
Windstille etwa aller fünf Minuten einmal mit den Flügeln schlug, bei stärkerem Winde, welcher
seine Bewegung offenbar fördert, sogar nur aller sieben Minuten einmal. Sehr heftige Stürme
sollen ihn, nach Ansicht desselben Beobachters, überwältigen, wenigstens vor sich hertreiben. Bei
Windstille wird ihm der Aufschwung schwer; denn er erhebt sich, wie soviele andere Vögel, stets in
der Richtung gegen den Wind. Ehe er sich zum Fluge erhebt, läuft er, laut Köler, eine Strecke
weit über die Wellen dahin, welche ihm während des Schwimmens hindern, sich mit voller Macht zu
schwingen; beim Niederlassen verändert sich, wie Hutton angibt, sein Bild gänzlich: die Gestalt
verliert alle Anmuth und Gleichmäßigkeit. Er erhebt seine Schwingen, legt den Kopf nach hinten,
zieht den Rücken ein, streckt die ungeheuer großen Füße mit den ausgebreiteten Zehen von sich und
fällt sausend auf das Wasser herab. Hier ist er übrigens auch zu Hause. Er schwimmt auf den
Wellen leicht wie ein Kork und weiß sich ziemlich zu fördern, ist aber unfähig zu tauchen und kann
den reich befiederten Leib wenigstens nur dann unter das Wasser zwingen, wenn er sich aus hoher Luft
herabstürzt: Bennett versichert, gesehen zu haben, daß einer stoßtauchend acht Sekunden unter den
Wellen blieb. Auf festem Boden verliert der Albatros fast alle Bewegungsfähigkeit. Jn der Nähe
seines Nestes soll er schwerfällig wie eine Gans dahinwatscheln, auf dem Verdecke des Schiffes nur

Die Schwimmer. Seeflieger. Albatroſſe.
Swinhoe, dem wir eine Zuſammenſtellung der in China beobachteten Vögel verdanken, gibt an,
daß blos der kurzſchwänzige und ſchwarzfüßige Albatros regelmäßig in den ſüdchineſiſchen Meeren
vorkommen und bis in die Breite des nördlichen Japan beobachtet werden, ſcheint alſo von einem
regelmäßigen Eintreffen in dem ochotskiſchen und kamtſchatkaliſchen Meere Nichts zu wiſſen.

Alle reiſenden Forſcher ſtimmen ein in die Bewunderung des Fluges dieſer Geier des Meeres.
„Es iſt“, ſagt Bennett, „erheiternd und erfreulich, dieſe prachtvollen Vögel anſtandsvoll und
zierlich, wie von einer unſichtbaren Kraft geleitet, in den Lüften dahinſchwimmen zu ſehen. Denn
kaum bemerkt man irgend eine Bewegung der Flügel, nachdem einmal der erſte Antrieb gegeben und
der gewaltige Flieger in die Luft ſich erhob; man ſieht ſein Steigen und Fallen, als ob eine und
dieſelbe Kraft die verſchiedenen Bewegungen hervorzubringen vermöge, als ob er ſeine Muskelkraft
gar nicht anwende. Er ſchwebt hernieder, dicht am Steuer des Schiffes vorüber, mit einer Art von
Unabhängigkeit, als ſei er der Herrſcher von Allem, was unter ihm iſt. Wenn er einen Gegenſtand
auf dem Waſſer ſchwimmen ſieht, läßt er ſich nach und nach mit ausgebreiteten oder ausgeſpreizten
Flügeln herab, ſetzt ſich auch wohl auf das Waſſer nieder und ſchwimmt, ſeine Nahrung verzehrend,
wie eine Möve oder Ente; dann erhebt er ſich, läuft mit ausgebreiteten Flügeln über die Seefläche
dahin, beginnt zu kreiſen und nimmt nun ſeinen umherſchwärmenden Flug wieder auf.... Jn
ſeinen Bewegungen“, ſagt er an einer anderen Stelle, „bemerkt man keine Anſtrengung, aber Kraft
und Nachhaltigkeit, vereinigt mit einer ſich ſtets gleichbleibenden Zierlichkeit. Mit wirklicher Anmuth
ſegelt er durch die Luft, von der einen zur anderen Seite ſich neigend, und dicht über den rollenden
Wogen dahingleitend, ſodaß es ausſieht, als müſſe er die Flügelſpitzen netzen; dann ſchwebt er wieder
empor mit gleicher Freiheit und Leichtigkeit der Bewegung. So ſchnell iſt ſein Flug, daß man ihn
wenige Augenblicke, nachdem er am Schiffe vorüberzog, ſchon in weiter Ferne ſehen kann, ſteigend und
fallend mit den Wellen, daß er einen ungeheueren Raum in der kürzeſten Zeit zu durcheilen
vermag.... Wahrhaft anziehend iſt es, ihn während ſtürmiſchen Wetters zu beobachten. Er fliegt
dann mit und gegen den Wind, wohnt als der Fröhlichſte unter den Fröhlichen über den von
heulenden Stürmen aufgerührten Wellen; denn auch wenn er im Sturme fliegt, bemerkt man keine
beſondere Bewegung ſeiner Flügel: es ſind dann nur die Fortſchritte des Fluges etwas langſamer.
Einige meinen, daß er niemals kraftlos, ſondern wie ein Segelſchiff geſchloſſen gegen den Wind fliege
und ſich gerade, wenn er Dies thue, beſonders fördere.“ Gould ſagt, daß ſeine Flugkraft größer ſei
als die jedes anderen Vogels, den er beobachtet habe. „Obgleich er während des ſtillen Wetters
manchmal auf dem Waſſerſpiegel ruht, ſo iſt er doch faſt beſtändig im Fluge begriffen und ſtreicht
ſcheinbar ebenſo ſelbſtbewußt über die glatte Fläche, während der größten Seeruhe dahin, als er
pfeilſchnell während des gewaltigſten Sturmes umherſchwebt.“ Jouan beobachtete, daß er bei
Windſtille etwa aller fünf Minuten einmal mit den Flügeln ſchlug, bei ſtärkerem Winde, welcher
ſeine Bewegung offenbar fördert, ſogar nur aller ſieben Minuten einmal. Sehr heftige Stürme
ſollen ihn, nach Anſicht deſſelben Beobachters, überwältigen, wenigſtens vor ſich hertreiben. Bei
Windſtille wird ihm der Aufſchwung ſchwer; denn er erhebt ſich, wie ſoviele andere Vögel, ſtets in
der Richtung gegen den Wind. Ehe er ſich zum Fluge erhebt, läuft er, laut Köler, eine Strecke
weit über die Wellen dahin, welche ihm während des Schwimmens hindern, ſich mit voller Macht zu
ſchwingen; beim Niederlaſſen verändert ſich, wie Hutton angibt, ſein Bild gänzlich: die Geſtalt
verliert alle Anmuth und Gleichmäßigkeit. Er erhebt ſeine Schwingen, legt den Kopf nach hinten,
zieht den Rücken ein, ſtreckt die ungeheuer großen Füße mit den ausgebreiteten Zehen von ſich und
fällt ſauſend auf das Waſſer herab. Hier iſt er übrigens auch zu Hauſe. Er ſchwimmt auf den
Wellen leicht wie ein Kork und weiß ſich ziemlich zu fördern, iſt aber unfähig zu tauchen und kann
den reich befiederten Leib wenigſtens nur dann unter das Waſſer zwingen, wenn er ſich aus hoher Luft
herabſtürzt: Bennett verſichert, geſehen zu haben, daß einer ſtoßtauchend acht Sekunden unter den
Wellen blieb. Auf feſtem Boden verliert der Albatros faſt alle Bewegungsfähigkeit. Jn der Nähe
ſeines Neſtes ſoll er ſchwerfällig wie eine Gans dahinwatſcheln, auf dem Verdecke des Schiffes nur

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0940" n="888"/><fw place="top" type="header">Die Schwimmer. Seeflieger. Albatro&#x017F;&#x017F;e.</fw><lb/><hi rendition="#g">Swinhoe,</hi> dem wir eine Zu&#x017F;ammen&#x017F;tellung der in China beobachteten Vögel verdanken, gibt an,<lb/>
daß blos der kurz&#x017F;chwänzige und &#x017F;chwarzfüßige Albatros regelmäßig in den &#x017F;üdchine&#x017F;i&#x017F;chen Meeren<lb/>
vorkommen und bis in die Breite des nördlichen Japan beobachtet werden, &#x017F;cheint al&#x017F;o von einem<lb/>
regelmäßigen Eintreffen in dem ochotski&#x017F;chen und kamt&#x017F;chatkali&#x017F;chen Meere Nichts zu wi&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Alle rei&#x017F;enden For&#x017F;cher &#x017F;timmen ein in die Bewunderung des Fluges die&#x017F;er Geier des Meeres.<lb/>
&#x201E;Es i&#x017F;t&#x201C;, &#x017F;agt <hi rendition="#g">Bennett,</hi> &#x201E;erheiternd und erfreulich, die&#x017F;e prachtvollen Vögel an&#x017F;tandsvoll und<lb/>
zierlich, wie von einer un&#x017F;ichtbaren Kraft geleitet, in den Lüften dahin&#x017F;chwimmen zu &#x017F;ehen. Denn<lb/>
kaum bemerkt man irgend eine Bewegung der Flügel, nachdem einmal der er&#x017F;te Antrieb gegeben und<lb/>
der gewaltige Flieger in die Luft &#x017F;ich erhob; man &#x017F;ieht &#x017F;ein Steigen und Fallen, als ob eine und<lb/>
die&#x017F;elbe Kraft die ver&#x017F;chiedenen Bewegungen hervorzubringen vermöge, als ob er &#x017F;eine Muskelkraft<lb/>
gar nicht anwende. Er &#x017F;chwebt hernieder, dicht am Steuer des Schiffes vorüber, mit einer Art von<lb/>
Unabhängigkeit, als &#x017F;ei er der Herr&#x017F;cher von Allem, was unter ihm i&#x017F;t. Wenn er einen Gegen&#x017F;tand<lb/>
auf dem Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;chwimmen &#x017F;ieht, läßt er &#x017F;ich nach und nach mit ausgebreiteten oder ausge&#x017F;preizten<lb/>
Flügeln herab, &#x017F;etzt &#x017F;ich auch wohl auf das Wa&#x017F;&#x017F;er nieder und &#x017F;chwimmt, &#x017F;eine Nahrung verzehrend,<lb/>
wie eine Möve oder Ente; dann erhebt er &#x017F;ich, läuft mit ausgebreiteten Flügeln über die Seefläche<lb/>
dahin, beginnt zu krei&#x017F;en und nimmt nun &#x017F;einen umher&#x017F;chwärmenden Flug wieder auf.... Jn<lb/>
&#x017F;einen Bewegungen&#x201C;, &#x017F;agt er an einer anderen Stelle, &#x201E;bemerkt man keine An&#x017F;trengung, aber Kraft<lb/>
und Nachhaltigkeit, vereinigt mit einer &#x017F;ich &#x017F;tets gleichbleibenden Zierlichkeit. Mit wirklicher Anmuth<lb/>
&#x017F;egelt er durch die Luft, von der einen zur anderen Seite &#x017F;ich neigend, und dicht über den rollenden<lb/>
Wogen dahingleitend, &#x017F;odaß es aus&#x017F;ieht, als mü&#x017F;&#x017F;e er die Flügel&#x017F;pitzen netzen; dann &#x017F;chwebt er wieder<lb/>
empor mit gleicher Freiheit und Leichtigkeit der Bewegung. So &#x017F;chnell i&#x017F;t &#x017F;ein Flug, daß man ihn<lb/>
wenige Augenblicke, nachdem er am Schiffe vorüberzog, &#x017F;chon in weiter Ferne &#x017F;ehen kann, &#x017F;teigend und<lb/>
fallend mit den Wellen, daß er einen ungeheueren Raum in der kürze&#x017F;ten Zeit zu durcheilen<lb/>
vermag.... Wahrhaft anziehend i&#x017F;t es, ihn während &#x017F;türmi&#x017F;chen Wetters zu beobachten. Er fliegt<lb/>
dann mit und gegen den Wind, wohnt als der Fröhlich&#x017F;te unter den Fröhlichen über den von<lb/>
heulenden Stürmen aufgerührten Wellen; denn auch wenn er im Sturme fliegt, bemerkt man keine<lb/>
be&#x017F;ondere Bewegung &#x017F;einer Flügel: es &#x017F;ind dann nur die Fort&#x017F;chritte des Fluges etwas lang&#x017F;amer.<lb/>
Einige meinen, daß er niemals kraftlos, &#x017F;ondern wie ein Segel&#x017F;chiff ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en gegen den Wind fliege<lb/>
und &#x017F;ich gerade, wenn er Dies thue, be&#x017F;onders fördere.&#x201C; <hi rendition="#g">Gould</hi> &#x017F;agt, daß &#x017F;eine Flugkraft größer &#x017F;ei<lb/>
als die jedes anderen Vogels, den er beobachtet habe. &#x201E;Obgleich er während des &#x017F;tillen Wetters<lb/>
manchmal auf dem Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;piegel ruht, &#x017F;o i&#x017F;t er doch fa&#x017F;t be&#x017F;tändig im Fluge begriffen und &#x017F;treicht<lb/>
&#x017F;cheinbar eben&#x017F;o &#x017F;elb&#x017F;tbewußt über die glatte Fläche, während der größten Seeruhe dahin, als er<lb/>
pfeil&#x017F;chnell während des gewaltig&#x017F;ten Sturmes umher&#x017F;chwebt.&#x201C; <hi rendition="#g">Jouan</hi> beobachtete, daß er bei<lb/>
Wind&#x017F;tille etwa aller fünf Minuten einmal mit den Flügeln &#x017F;chlug, bei &#x017F;tärkerem Winde, welcher<lb/>
&#x017F;eine Bewegung offenbar fördert, &#x017F;ogar nur aller &#x017F;ieben Minuten einmal. Sehr heftige Stürme<lb/>
&#x017F;ollen ihn, nach An&#x017F;icht de&#x017F;&#x017F;elben Beobachters, überwältigen, wenig&#x017F;tens vor &#x017F;ich hertreiben. Bei<lb/>
Wind&#x017F;tille wird ihm der Auf&#x017F;chwung &#x017F;chwer; denn er erhebt &#x017F;ich, wie &#x017F;oviele andere Vögel, &#x017F;tets in<lb/>
der Richtung gegen den Wind. Ehe er &#x017F;ich zum Fluge erhebt, läuft er, laut <hi rendition="#g">Köler,</hi> eine Strecke<lb/>
weit über die Wellen dahin, welche ihm während des Schwimmens hindern, &#x017F;ich mit voller Macht zu<lb/>
&#x017F;chwingen; beim Niederla&#x017F;&#x017F;en verändert &#x017F;ich, wie <hi rendition="#g">Hutton</hi> angibt, &#x017F;ein Bild gänzlich: die Ge&#x017F;talt<lb/>
verliert alle Anmuth und Gleichmäßigkeit. Er erhebt &#x017F;eine Schwingen, legt den Kopf nach hinten,<lb/>
zieht den Rücken ein, &#x017F;treckt die ungeheuer großen Füße mit den ausgebreiteten Zehen von &#x017F;ich und<lb/>
fällt &#x017F;au&#x017F;end auf das Wa&#x017F;&#x017F;er herab. Hier i&#x017F;t er übrigens auch zu Hau&#x017F;e. Er &#x017F;chwimmt auf den<lb/>
Wellen leicht wie ein Kork und weiß &#x017F;ich ziemlich zu fördern, i&#x017F;t aber unfähig zu tauchen und kann<lb/>
den reich befiederten Leib wenig&#x017F;tens nur dann unter das Wa&#x017F;&#x017F;er zwingen, wenn er &#x017F;ich aus hoher Luft<lb/>
herab&#x017F;türzt: <hi rendition="#g">Bennett</hi> ver&#x017F;ichert, ge&#x017F;ehen zu haben, daß einer &#x017F;toßtauchend acht Sekunden unter den<lb/>
Wellen blieb. Auf fe&#x017F;tem Boden verliert der Albatros fa&#x017F;t alle Bewegungsfähigkeit. Jn der Nähe<lb/>
&#x017F;eines Ne&#x017F;tes &#x017F;oll er &#x017F;chwerfällig wie eine Gans dahinwat&#x017F;cheln, auf dem Verdecke des Schiffes nur<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[888/0940] Die Schwimmer. Seeflieger. Albatroſſe. Swinhoe, dem wir eine Zuſammenſtellung der in China beobachteten Vögel verdanken, gibt an, daß blos der kurzſchwänzige und ſchwarzfüßige Albatros regelmäßig in den ſüdchineſiſchen Meeren vorkommen und bis in die Breite des nördlichen Japan beobachtet werden, ſcheint alſo von einem regelmäßigen Eintreffen in dem ochotskiſchen und kamtſchatkaliſchen Meere Nichts zu wiſſen. Alle reiſenden Forſcher ſtimmen ein in die Bewunderung des Fluges dieſer Geier des Meeres. „Es iſt“, ſagt Bennett, „erheiternd und erfreulich, dieſe prachtvollen Vögel anſtandsvoll und zierlich, wie von einer unſichtbaren Kraft geleitet, in den Lüften dahinſchwimmen zu ſehen. Denn kaum bemerkt man irgend eine Bewegung der Flügel, nachdem einmal der erſte Antrieb gegeben und der gewaltige Flieger in die Luft ſich erhob; man ſieht ſein Steigen und Fallen, als ob eine und dieſelbe Kraft die verſchiedenen Bewegungen hervorzubringen vermöge, als ob er ſeine Muskelkraft gar nicht anwende. Er ſchwebt hernieder, dicht am Steuer des Schiffes vorüber, mit einer Art von Unabhängigkeit, als ſei er der Herrſcher von Allem, was unter ihm iſt. Wenn er einen Gegenſtand auf dem Waſſer ſchwimmen ſieht, läßt er ſich nach und nach mit ausgebreiteten oder ausgeſpreizten Flügeln herab, ſetzt ſich auch wohl auf das Waſſer nieder und ſchwimmt, ſeine Nahrung verzehrend, wie eine Möve oder Ente; dann erhebt er ſich, läuft mit ausgebreiteten Flügeln über die Seefläche dahin, beginnt zu kreiſen und nimmt nun ſeinen umherſchwärmenden Flug wieder auf.... Jn ſeinen Bewegungen“, ſagt er an einer anderen Stelle, „bemerkt man keine Anſtrengung, aber Kraft und Nachhaltigkeit, vereinigt mit einer ſich ſtets gleichbleibenden Zierlichkeit. Mit wirklicher Anmuth ſegelt er durch die Luft, von der einen zur anderen Seite ſich neigend, und dicht über den rollenden Wogen dahingleitend, ſodaß es ausſieht, als müſſe er die Flügelſpitzen netzen; dann ſchwebt er wieder empor mit gleicher Freiheit und Leichtigkeit der Bewegung. So ſchnell iſt ſein Flug, daß man ihn wenige Augenblicke, nachdem er am Schiffe vorüberzog, ſchon in weiter Ferne ſehen kann, ſteigend und fallend mit den Wellen, daß er einen ungeheueren Raum in der kürzeſten Zeit zu durcheilen vermag.... Wahrhaft anziehend iſt es, ihn während ſtürmiſchen Wetters zu beobachten. Er fliegt dann mit und gegen den Wind, wohnt als der Fröhlichſte unter den Fröhlichen über den von heulenden Stürmen aufgerührten Wellen; denn auch wenn er im Sturme fliegt, bemerkt man keine beſondere Bewegung ſeiner Flügel: es ſind dann nur die Fortſchritte des Fluges etwas langſamer. Einige meinen, daß er niemals kraftlos, ſondern wie ein Segelſchiff geſchloſſen gegen den Wind fliege und ſich gerade, wenn er Dies thue, beſonders fördere.“ Gould ſagt, daß ſeine Flugkraft größer ſei als die jedes anderen Vogels, den er beobachtet habe. „Obgleich er während des ſtillen Wetters manchmal auf dem Waſſerſpiegel ruht, ſo iſt er doch faſt beſtändig im Fluge begriffen und ſtreicht ſcheinbar ebenſo ſelbſtbewußt über die glatte Fläche, während der größten Seeruhe dahin, als er pfeilſchnell während des gewaltigſten Sturmes umherſchwebt.“ Jouan beobachtete, daß er bei Windſtille etwa aller fünf Minuten einmal mit den Flügeln ſchlug, bei ſtärkerem Winde, welcher ſeine Bewegung offenbar fördert, ſogar nur aller ſieben Minuten einmal. Sehr heftige Stürme ſollen ihn, nach Anſicht deſſelben Beobachters, überwältigen, wenigſtens vor ſich hertreiben. Bei Windſtille wird ihm der Aufſchwung ſchwer; denn er erhebt ſich, wie ſoviele andere Vögel, ſtets in der Richtung gegen den Wind. Ehe er ſich zum Fluge erhebt, läuft er, laut Köler, eine Strecke weit über die Wellen dahin, welche ihm während des Schwimmens hindern, ſich mit voller Macht zu ſchwingen; beim Niederlaſſen verändert ſich, wie Hutton angibt, ſein Bild gänzlich: die Geſtalt verliert alle Anmuth und Gleichmäßigkeit. Er erhebt ſeine Schwingen, legt den Kopf nach hinten, zieht den Rücken ein, ſtreckt die ungeheuer großen Füße mit den ausgebreiteten Zehen von ſich und fällt ſauſend auf das Waſſer herab. Hier iſt er übrigens auch zu Hauſe. Er ſchwimmt auf den Wellen leicht wie ein Kork und weiß ſich ziemlich zu fördern, iſt aber unfähig zu tauchen und kann den reich befiederten Leib wenigſtens nur dann unter das Waſſer zwingen, wenn er ſich aus hoher Luft herabſtürzt: Bennett verſichert, geſehen zu haben, daß einer ſtoßtauchend acht Sekunden unter den Wellen blieb. Auf feſtem Boden verliert der Albatros faſt alle Bewegungsfähigkeit. Jn der Nähe ſeines Neſtes ſoll er ſchwerfällig wie eine Gans dahinwatſcheln, auf dem Verdecke des Schiffes nur

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/940
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 888. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/940>, abgerufen am 22.11.2024.