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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Tölpel. Fregattvogel.
Jahreszeit erwachten Ernährungstriebe irregeführt, sowohl vor den Nestern mit faulen Eiern, als vor
denen, welche Junge enthielten, Nahrung aufgewürgt hatten. Es war für mich eines der anziehend-
sten Schauspiele, die Tölpel ununterbrochen und in Menge fischen zu sehen. Wenn sie volle Ladung
in der Speiseröhre hatten, flogen sie schweren Fluges zu ihren Jungen zurück. ... Gegen Ende
Augusts, auf Grimsö erst um Michaelis, sind die Jungen befiedert und dann auch fast größer,
jedenfalls viel fetter als die Alten. Die Einwohner nehmen von ihnen soviel, als sie erreichen können,
zum Einsalzen aus." Auf St. Kilda hält man alljährlich eine förmliche Jagd auf die Jungen
ab, welche schließlich in eine wahre Metzelei ausartet, indem man Alles todtschlägt, was man erschlagen
kann. Die Erlegten werden dann von der Höhe hinab in die See geworfen und dort in Booten
aufgesammelt und nach Edinburg und anderen Städten auf den Markt gebracht, wo sie stets willige
Käufer finden.

Gefangene Tölpel habe ich nur im Thiergarten zu Amsterdam gesehen, mich aber nicht mit
ihnen befreunden können, weil sie einen zu kläglichen Eindruck machen.



Wenn irgend ein Vogel verdient, der Adler der See genannt zu werden, so ist es der Fregatt-
vogel
(Tachypetes Aquilus), unzweifelhaft der edelste aller Nuderfüßler. Nach meiner Ansicht
vertritt dieser Vogel eine besondere Familie. Er unterscheidet sich von allen Verwandten durch die
Entwickelung seiner Flugwerkzeuge. Der Leib ist schlank, der Hals kräftig, der Kopf mäßig groß,
der Schnabel anderthalb Mal so lang als der Kopf, an der Wurzel etwas breit gedrückt, auf der
Firste flach, längs der Kuppe gewölbt und hakenförmig herabgekrümmt, der Unterschnabel ist eben-
falls mit gebogen, der Kinnwinkel groß, breit und nackthäutig, der Mundrand bis unter die Augen
gespalten; der Fuß sehr kurz, kräftig, die Fußwurzel befiedert, die Schwimmhäute zwischen den
einzelnen Zehen tief ausgeschnitten, jede Zehe mit kräftig gebogener, spitzer Kralle, die mittlere mit
einer ähnlich gestalteten, auf der Jnnenseite kammartig gezähnelten bewehrt. Der Flügel ist außer-
ordentlich lang und scharf zugespitzt, die erste Schwinge die längste, der aus zwölf Federn gebildete
Schwanz sehr lang, tief gegabelt. Das Gefieder, welches glatt anliegend, auf Kopf, Hals, und
Rücken glänzend ist, besteht oben aus länglichen, auf dem Mantel aus rundlichen, auf der Brust
aus zerschlissenen Federn und läßt um die Augen und die Kehle eine Stelle frei.

Bei Zergliederung des inneren Baues fällt die Leichtigkeit des Knochengerüstes und das ausge-
dehnte Luftfüllungsvermögen auf, insbesondere ist ein häutiger Kehlsack, welcher beliebig mit Luft
gefüllt und geleert werden kann, der Beachtung werth.

Das Gefieder des alten Männchens ist bräunlich schwarz, auf Kopf, Nacken, Rücken, Brust und
Seite metallisch grün und purpurschimmernd, auf den Flügeln graulich überflogen, auf den Oberarm-
schwingen und Steuerfedern bräunlich. Das Auge ist tiefbraun oder graubraun, die nackte Stelle
um dasselbe purpurblau, der Schnabel lichtblau an der Wurzel, weiß in der Mitte und dunkelhorn-
farbig an der Spitze, der Kehlsack orangenroth, der Fuß auf der Oberseite licht karminroth, auf der
Unterseite orangenfarben. Die Länge beträgt 41, die Breite 86, die Fittiglänge 25, die Schwanz-
länge 18 Zoll, das Gewicht hingegen nur wenig über 3 Pfund. Das Weibchen unterscheidet sich
wesentlich durch das minder glänzende und lichter gefärbte, auf der Brust mehr oder weniger reinweiße
Gefieder.

Der Fregattvogel theilt mit dem "Sohne der Sonne" ungefähr dieselbe Heimat und verbreitet
sich auch in ähnlicher Weise über die innerhalb der Wendekreise liegenden Meere, entfernt sich aber
selten so weit wie jener von der Küste. Man hat ihn zwar auch siebzig bis hundert geographische
Meilen vom nächsten Lande gefunden; gewöhnlich aber entfernt er sich kaum über funfzig oder zwanzig

Brehm, Thierleben. IV. 58

Tölpel. Fregattvogel.
Jahreszeit erwachten Ernährungstriebe irregeführt, ſowohl vor den Neſtern mit faulen Eiern, als vor
denen, welche Junge enthielten, Nahrung aufgewürgt hatten. Es war für mich eines der anziehend-
ſten Schauſpiele, die Tölpel ununterbrochen und in Menge fiſchen zu ſehen. Wenn ſie volle Ladung
in der Speiſeröhre hatten, flogen ſie ſchweren Fluges zu ihren Jungen zurück. ... Gegen Ende
Auguſts, auf Grimſö erſt um Michaelis, ſind die Jungen befiedert und dann auch faſt größer,
jedenfalls viel fetter als die Alten. Die Einwohner nehmen von ihnen ſoviel, als ſie erreichen können,
zum Einſalzen aus.“ Auf St. Kilda hält man alljährlich eine förmliche Jagd auf die Jungen
ab, welche ſchließlich in eine wahre Metzelei ausartet, indem man Alles todtſchlägt, was man erſchlagen
kann. Die Erlegten werden dann von der Höhe hinab in die See geworfen und dort in Booten
aufgeſammelt und nach Edinburg und anderen Städten auf den Markt gebracht, wo ſie ſtets willige
Käufer finden.

Gefangene Tölpel habe ich nur im Thiergarten zu Amſterdam geſehen, mich aber nicht mit
ihnen befreunden können, weil ſie einen zu kläglichen Eindruck machen.



Wenn irgend ein Vogel verdient, der Adler der See genannt zu werden, ſo iſt es der Fregatt-
vogel
(Tachypetes Aquilus), unzweifelhaft der edelſte aller Nuderfüßler. Nach meiner Anſicht
vertritt dieſer Vogel eine beſondere Familie. Er unterſcheidet ſich von allen Verwandten durch die
Entwickelung ſeiner Flugwerkzeuge. Der Leib iſt ſchlank, der Hals kräftig, der Kopf mäßig groß,
der Schnabel anderthalb Mal ſo lang als der Kopf, an der Wurzel etwas breit gedrückt, auf der
Firſte flach, längs der Kuppe gewölbt und hakenförmig herabgekrümmt, der Unterſchnabel iſt eben-
falls mit gebogen, der Kinnwinkel groß, breit und nackthäutig, der Mundrand bis unter die Augen
geſpalten; der Fuß ſehr kurz, kräftig, die Fußwurzel befiedert, die Schwimmhäute zwiſchen den
einzelnen Zehen tief ausgeſchnitten, jede Zehe mit kräftig gebogener, ſpitzer Kralle, die mittlere mit
einer ähnlich geſtalteten, auf der Jnnenſeite kammartig gezähnelten bewehrt. Der Flügel iſt außer-
ordentlich lang und ſcharf zugeſpitzt, die erſte Schwinge die längſte, der aus zwölf Federn gebildete
Schwanz ſehr lang, tief gegabelt. Das Gefieder, welches glatt anliegend, auf Kopf, Hals, und
Rücken glänzend iſt, beſteht oben aus länglichen, auf dem Mantel aus rundlichen, auf der Bruſt
aus zerſchliſſenen Federn und läßt um die Augen und die Kehle eine Stelle frei.

Bei Zergliederung des inneren Baues fällt die Leichtigkeit des Knochengerüſtes und das ausge-
dehnte Luftfüllungsvermögen auf, insbeſondere iſt ein häutiger Kehlſack, welcher beliebig mit Luft
gefüllt und geleert werden kann, der Beachtung werth.

Das Gefieder des alten Männchens iſt bräunlich ſchwarz, auf Kopf, Nacken, Rücken, Bruſt und
Seite metalliſch grün und purpurſchimmernd, auf den Flügeln graulich überflogen, auf den Oberarm-
ſchwingen und Steuerfedern bräunlich. Das Auge iſt tiefbraun oder graubraun, die nackte Stelle
um daſſelbe purpurblau, der Schnabel lichtblau an der Wurzel, weiß in der Mitte und dunkelhorn-
farbig an der Spitze, der Kehlſack orangenroth, der Fuß auf der Oberſeite licht karminroth, auf der
Unterſeite orangenfarben. Die Länge beträgt 41, die Breite 86, die Fittiglänge 25, die Schwanz-
länge 18 Zoll, das Gewicht hingegen nur wenig über 3 Pfund. Das Weibchen unterſcheidet ſich
weſentlich durch das minder glänzende und lichter gefärbte, auf der Bruſt mehr oder weniger reinweiße
Gefieder.

Der Fregattvogel theilt mit dem „Sohne der Sonne“ ungefähr dieſelbe Heimat und verbreitet
ſich auch in ähnlicher Weiſe über die innerhalb der Wendekreiſe liegenden Meere, entfernt ſich aber
ſelten ſo weit wie jener von der Küſte. Man hat ihn zwar auch ſiebzig bis hundert geographiſche
Meilen vom nächſten Lande gefunden; gewöhnlich aber entfernt er ſich kaum über funfzig oder zwanzig

Brehm, Thierleben. IV. 58
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[913/0965] Tölpel. Fregattvogel. Jahreszeit erwachten Ernährungstriebe irregeführt, ſowohl vor den Neſtern mit faulen Eiern, als vor denen, welche Junge enthielten, Nahrung aufgewürgt hatten. Es war für mich eines der anziehend- ſten Schauſpiele, die Tölpel ununterbrochen und in Menge fiſchen zu ſehen. Wenn ſie volle Ladung in der Speiſeröhre hatten, flogen ſie ſchweren Fluges zu ihren Jungen zurück. ... Gegen Ende Auguſts, auf Grimſö erſt um Michaelis, ſind die Jungen befiedert und dann auch faſt größer, jedenfalls viel fetter als die Alten. Die Einwohner nehmen von ihnen ſoviel, als ſie erreichen können, zum Einſalzen aus.“ Auf St. Kilda hält man alljährlich eine förmliche Jagd auf die Jungen ab, welche ſchließlich in eine wahre Metzelei ausartet, indem man Alles todtſchlägt, was man erſchlagen kann. Die Erlegten werden dann von der Höhe hinab in die See geworfen und dort in Booten aufgeſammelt und nach Edinburg und anderen Städten auf den Markt gebracht, wo ſie ſtets willige Käufer finden. Gefangene Tölpel habe ich nur im Thiergarten zu Amſterdam geſehen, mich aber nicht mit ihnen befreunden können, weil ſie einen zu kläglichen Eindruck machen. Wenn irgend ein Vogel verdient, der Adler der See genannt zu werden, ſo iſt es der Fregatt- vogel (Tachypetes Aquilus), unzweifelhaft der edelſte aller Nuderfüßler. Nach meiner Anſicht vertritt dieſer Vogel eine beſondere Familie. Er unterſcheidet ſich von allen Verwandten durch die Entwickelung ſeiner Flugwerkzeuge. Der Leib iſt ſchlank, der Hals kräftig, der Kopf mäßig groß, der Schnabel anderthalb Mal ſo lang als der Kopf, an der Wurzel etwas breit gedrückt, auf der Firſte flach, längs der Kuppe gewölbt und hakenförmig herabgekrümmt, der Unterſchnabel iſt eben- falls mit gebogen, der Kinnwinkel groß, breit und nackthäutig, der Mundrand bis unter die Augen geſpalten; der Fuß ſehr kurz, kräftig, die Fußwurzel befiedert, die Schwimmhäute zwiſchen den einzelnen Zehen tief ausgeſchnitten, jede Zehe mit kräftig gebogener, ſpitzer Kralle, die mittlere mit einer ähnlich geſtalteten, auf der Jnnenſeite kammartig gezähnelten bewehrt. Der Flügel iſt außer- ordentlich lang und ſcharf zugeſpitzt, die erſte Schwinge die längſte, der aus zwölf Federn gebildete Schwanz ſehr lang, tief gegabelt. Das Gefieder, welches glatt anliegend, auf Kopf, Hals, und Rücken glänzend iſt, beſteht oben aus länglichen, auf dem Mantel aus rundlichen, auf der Bruſt aus zerſchliſſenen Federn und läßt um die Augen und die Kehle eine Stelle frei. Bei Zergliederung des inneren Baues fällt die Leichtigkeit des Knochengerüſtes und das ausge- dehnte Luftfüllungsvermögen auf, insbeſondere iſt ein häutiger Kehlſack, welcher beliebig mit Luft gefüllt und geleert werden kann, der Beachtung werth. Das Gefieder des alten Männchens iſt bräunlich ſchwarz, auf Kopf, Nacken, Rücken, Bruſt und Seite metalliſch grün und purpurſchimmernd, auf den Flügeln graulich überflogen, auf den Oberarm- ſchwingen und Steuerfedern bräunlich. Das Auge iſt tiefbraun oder graubraun, die nackte Stelle um daſſelbe purpurblau, der Schnabel lichtblau an der Wurzel, weiß in der Mitte und dunkelhorn- farbig an der Spitze, der Kehlſack orangenroth, der Fuß auf der Oberſeite licht karminroth, auf der Unterſeite orangenfarben. Die Länge beträgt 41, die Breite 86, die Fittiglänge 25, die Schwanz- länge 18 Zoll, das Gewicht hingegen nur wenig über 3 Pfund. Das Weibchen unterſcheidet ſich weſentlich durch das minder glänzende und lichter gefärbte, auf der Bruſt mehr oder weniger reinweiße Gefieder. Der Fregattvogel theilt mit dem „Sohne der Sonne“ ungefähr dieſelbe Heimat und verbreitet ſich auch in ähnlicher Weiſe über die innerhalb der Wendekreiſe liegenden Meere, entfernt ſich aber ſelten ſo weit wie jener von der Küſte. Man hat ihn zwar auch ſiebzig bis hundert geographiſche Meilen vom nächſten Lande gefunden; gewöhnlich aber entfernt er ſich kaum über funfzig oder zwanzig Brehm, Thierleben. IV. 58

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 913. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/965>, abgerufen am 22.11.2024.