der flugfähigen und flugunfähigen Taucher nicht gedacht werden kann. Fischvögel sind sie alle, die Pinguine oder Fettgänse wie die Steißfüße oder Seetaucher, die Lummen oder die Alken.
Die Merkmale der Taucher haben allgemeine Giltigkeit. Alle, ohne Ausnahme, kennzeichnen sich durch einen gestrecktwalzigen, aber doch kräftigen Leib, mit weit hinten angesetzten Beinen, mittel- langem Halse, mäßig großem Kopfe, kleinen, d. h. kurzen, schmalen und spitzen Flügeln, welche bei einzelnen zu wahren Flossen werden, und einem dicht anliegenden, zwar reichen, aber harten, glatten Gefieder. Der Schnabel ist verschieden gestaltet, bald dick pfriemenförmig, bald messerklingenartig, weil seitlich sehr zusammengedrückt, stets jedoch kurz, kaum mehr als kopflang, hart und scharfschneidig; der Fuß ist entweder drei- oder vierzehig; seine Schwimmhäute oder Schwimmlappen verbinden bei allen blos die drei Vorderzehen. Der Schwanz kann gänzlich fehlen und ist, wenn vorhanden, immer kurz, sanft gerundet, gewöhnlich aus mehr als zwölf Steuerfedern zusammengesetzt. Hinsichtlich der Färbung des Gefieders macht sich Gleichartigkeit bemerklich. Schwarz und Weiß in grellem Gegensatze herrschen vor, Prachtfarben sind jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen.
Der Fischgestalt entsprechend, herbergen die Taucher vorzugsweise im Meere, wenige nur in Binnengewässern. Sie gehören jedoch nicht zu den Weltbürgern im eigentlichen Sinne des Wortes. Einzelne Familien werden allerdings in allen Gürteln der Erde vertreten: die große Mehrzahl hingegen haust in der Nähe der Pole, die gestaltenreichere Halbschied im Norden, die andere im Süden. Diejenigen, welche auf Binnengewässern leben, werden zum Wandern genöthigt, die Kinder des Meeres können höchstens als Strichvögel angesehen werden. Auf dem Lande sind sie fremd: sie besuchen es nur dann, wenn der Fortpflanzungstrieb in ihnen sich regt und sie zwingt, für die kommende Brut eine sichere Stätte zu suchen.
Jhre Ausrüstung gestattet ihnen, alle Tagesgeschäfte schwimmend abzuthun; die Gabe des Fluges erscheint fast als nebensächlich für ihr Leben. Bei weitem den größten Theil dieses Lebens bringen sie schwimmend und tauchend zu: schwimmend und tauchend erwerben sie sich ihre Nahrung, schwimmend und tauchend wandern sie, wenigstens die meisten von ihnen, schwimmend ruhen sie sich aus, putzen sie sich ihr Gefieder, vergnügen und überlassen sie sich dem Schlafe. Viele von ihnen fliegen noch recht gut, obschon es scheinen will, als wären die Fittige viel zu schwach, die Last des Leibes zu tragen, als müsse das schwirrende Flügelschlagen sie rasch ermüden; einzelne können gehen, einzelne in gewissem Sinne sogar klettern: bei allen aber dienen die Füße hauptsächlich zum Schwimmen und bei vielen werden auch die Flügel mehr zum Tauchen im Wusser als zum Durch- schneiden der Luft verwendet. Entsprechend einem so einseitigen Leben sind die übrigen Begabungen der Taucher entwickelt. Jhre Sinne sind ziemlich scharf; ihre Geisteskräfte dagegen scheinen gering zu sein, weil sie niemals in die Lage kommen, von ihnen einen vielseitigen Gebrauch zu machen. Während ihres Aufenthaltes am Lande betragen sich die Taucher so, daß wir uns für berechtigt halten, sie dumm zu nennen: -- für die Anforderungen, welche das Leben im Meere an sie stellt, haben sie Verstand genug. Und Erfahrung lehrt auch sie, sich den Umständen gemäß anders, als sie es gewohnt, zu benehmen. Schon die außerordentliche Geselligkeit, Friedfertigkeit und Dienstwillig- keit, welche die meisten Arten bekunden, spricht für höhere Anlagen des Geistes, als wir anzunehmen geneigt sind.
Fische und Krustenthiere, ausnahmsweise Kerfe, bilden die Nahrung der Taucher. Jn den Magen einzelner hat man auch Pflanzenstoffe gefunden, jedoch nur während ihres Aufenthaltes am Lande, und einige verschlingen, sonderbar genug, ihre eigenen Federn: beides aber muß als Aus- nahme gelten. Schmarotzer oder Aasfresser gibt es nicht unter ihnen: alle erwerben sich die Beute durch eigene Jagd.
Einige Taucher nisten einzeln, die meisten gesellig; jene legen mindestens, diese höchstens zwei Eier. Wenn die Brutzeit herankommt, strebt es vom hohen Meere her gewissen, seit Menschen- gedenken alljährlich benutzten Brutstellen zu: Felsenwänden, an deren Fuße die Brandung sich bricht, einzeln aus dem See sich erhebenden Bergen und Jnseln. Es schwimmt, es rudert, es fliegt herbei
Die Schwimmer. Taucher. Steißfüße.
der flugfähigen und flugunfähigen Taucher nicht gedacht werden kann. Fiſchvögel ſind ſie alle, die Pinguine oder Fettgänſe wie die Steißfüße oder Seetaucher, die Lummen oder die Alken.
Die Merkmale der Taucher haben allgemeine Giltigkeit. Alle, ohne Ausnahme, kennzeichnen ſich durch einen geſtrecktwalzigen, aber doch kräftigen Leib, mit weit hinten angeſetzten Beinen, mittel- langem Halſe, mäßig großem Kopfe, kleinen, d. h. kurzen, ſchmalen und ſpitzen Flügeln, welche bei einzelnen zu wahren Floſſen werden, und einem dicht anliegenden, zwar reichen, aber harten, glatten Gefieder. Der Schnabel iſt verſchieden geſtaltet, bald dick pfriemenförmig, bald meſſerklingenartig, weil ſeitlich ſehr zuſammengedrückt, ſtets jedoch kurz, kaum mehr als kopflang, hart und ſcharfſchneidig; der Fuß iſt entweder drei- oder vierzehig; ſeine Schwimmhäute oder Schwimmlappen verbinden bei allen blos die drei Vorderzehen. Der Schwanz kann gänzlich fehlen und iſt, wenn vorhanden, immer kurz, ſanft gerundet, gewöhnlich aus mehr als zwölf Steuerfedern zuſammengeſetzt. Hinſichtlich der Färbung des Gefieders macht ſich Gleichartigkeit bemerklich. Schwarz und Weiß in grellem Gegenſatze herrſchen vor, Prachtfarben ſind jedoch nicht gänzlich ausgeſchloſſen.
Der Fiſchgeſtalt entſprechend, herbergen die Taucher vorzugsweiſe im Meere, wenige nur in Binnengewäſſern. Sie gehören jedoch nicht zu den Weltbürgern im eigentlichen Sinne des Wortes. Einzelne Familien werden allerdings in allen Gürteln der Erde vertreten: die große Mehrzahl hingegen hauſt in der Nähe der Pole, die geſtaltenreichere Halbſchied im Norden, die andere im Süden. Diejenigen, welche auf Binnengewäſſern leben, werden zum Wandern genöthigt, die Kinder des Meeres können höchſtens als Strichvögel angeſehen werden. Auf dem Lande ſind ſie fremd: ſie beſuchen es nur dann, wenn der Fortpflanzungstrieb in ihnen ſich regt und ſie zwingt, für die kommende Brut eine ſichere Stätte zu ſuchen.
Jhre Ausrüſtung geſtattet ihnen, alle Tagesgeſchäfte ſchwimmend abzuthun; die Gabe des Fluges erſcheint faſt als nebenſächlich für ihr Leben. Bei weitem den größten Theil dieſes Lebens bringen ſie ſchwimmend und tauchend zu: ſchwimmend und tauchend erwerben ſie ſich ihre Nahrung, ſchwimmend und tauchend wandern ſie, wenigſtens die meiſten von ihnen, ſchwimmend ruhen ſie ſich aus, putzen ſie ſich ihr Gefieder, vergnügen und überlaſſen ſie ſich dem Schlafe. Viele von ihnen fliegen noch recht gut, obſchon es ſcheinen will, als wären die Fittige viel zu ſchwach, die Laſt des Leibes zu tragen, als müſſe das ſchwirrende Flügelſchlagen ſie raſch ermüden; einzelne können gehen, einzelne in gewiſſem Sinne ſogar klettern: bei allen aber dienen die Füße hauptſächlich zum Schwimmen und bei vielen werden auch die Flügel mehr zum Tauchen im Wuſſer als zum Durch- ſchneiden der Luft verwendet. Entſprechend einem ſo einſeitigen Leben ſind die übrigen Begabungen der Taucher entwickelt. Jhre Sinne ſind ziemlich ſcharf; ihre Geiſteskräfte dagegen ſcheinen gering zu ſein, weil ſie niemals in die Lage kommen, von ihnen einen vielſeitigen Gebrauch zu machen. Während ihres Aufenthaltes am Lande betragen ſich die Taucher ſo, daß wir uns für berechtigt halten, ſie dumm zu nennen: — für die Anforderungen, welche das Leben im Meere an ſie ſtellt, haben ſie Verſtand genug. Und Erfahrung lehrt auch ſie, ſich den Umſtänden gemäß anders, als ſie es gewohnt, zu benehmen. Schon die außerordentliche Geſelligkeit, Friedfertigkeit und Dienſtwillig- keit, welche die meiſten Arten bekunden, ſpricht für höhere Anlagen des Geiſtes, als wir anzunehmen geneigt ſind.
Fiſche und Kruſtenthiere, ausnahmsweiſe Kerfe, bilden die Nahrung der Taucher. Jn den Magen einzelner hat man auch Pflanzenſtoffe gefunden, jedoch nur während ihres Aufenthaltes am Lande, und einige verſchlingen, ſonderbar genug, ihre eigenen Federn: beides aber muß als Aus- nahme gelten. Schmarotzer oder Aasfreſſer gibt es nicht unter ihnen: alle erwerben ſich die Beute durch eigene Jagd.
Einige Taucher niſten einzeln, die meiſten geſellig; jene legen mindeſtens, dieſe höchſtens zwei Eier. Wenn die Brutzeit herankommt, ſtrebt es vom hohen Meere her gewiſſen, ſeit Menſchen- gedenken alljährlich benutzten Brutſtellen zu: Felſenwänden, an deren Fuße die Brandung ſich bricht, einzeln aus dem See ſich erhebenden Bergen und Jnſeln. Es ſchwimmt, es rudert, es fliegt herbei
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Die Schwimmer. Taucher. Steißfüße.
der flugfähigen und flugunfähigen Taucher nicht gedacht werden kann. Fiſchvögel ſind ſie alle, die
Pinguine oder Fettgänſe wie die Steißfüße oder Seetaucher, die Lummen oder die Alken.
Die Merkmale der Taucher haben allgemeine Giltigkeit. Alle, ohne Ausnahme, kennzeichnen
ſich durch einen geſtrecktwalzigen, aber doch kräftigen Leib, mit weit hinten angeſetzten Beinen, mittel-
langem Halſe, mäßig großem Kopfe, kleinen, d. h. kurzen, ſchmalen und ſpitzen Flügeln, welche bei
einzelnen zu wahren Floſſen werden, und einem dicht anliegenden, zwar reichen, aber harten, glatten
Gefieder. Der Schnabel iſt verſchieden geſtaltet, bald dick pfriemenförmig, bald meſſerklingenartig,
weil ſeitlich ſehr zuſammengedrückt, ſtets jedoch kurz, kaum mehr als kopflang, hart und ſcharfſchneidig;
der Fuß iſt entweder drei- oder vierzehig; ſeine Schwimmhäute oder Schwimmlappen verbinden bei
allen blos die drei Vorderzehen. Der Schwanz kann gänzlich fehlen und iſt, wenn vorhanden,
immer kurz, ſanft gerundet, gewöhnlich aus mehr als zwölf Steuerfedern zuſammengeſetzt. Hinſichtlich
der Färbung des Gefieders macht ſich Gleichartigkeit bemerklich. Schwarz und Weiß in grellem
Gegenſatze herrſchen vor, Prachtfarben ſind jedoch nicht gänzlich ausgeſchloſſen.
Der Fiſchgeſtalt entſprechend, herbergen die Taucher vorzugsweiſe im Meere, wenige nur in
Binnengewäſſern. Sie gehören jedoch nicht zu den Weltbürgern im eigentlichen Sinne des Wortes.
Einzelne Familien werden allerdings in allen Gürteln der Erde vertreten: die große Mehrzahl
hingegen hauſt in der Nähe der Pole, die geſtaltenreichere Halbſchied im Norden, die andere im Süden.
Diejenigen, welche auf Binnengewäſſern leben, werden zum Wandern genöthigt, die Kinder des
Meeres können höchſtens als Strichvögel angeſehen werden. Auf dem Lande ſind ſie fremd: ſie
beſuchen es nur dann, wenn der Fortpflanzungstrieb in ihnen ſich regt und ſie zwingt, für die
kommende Brut eine ſichere Stätte zu ſuchen.
Jhre Ausrüſtung geſtattet ihnen, alle Tagesgeſchäfte ſchwimmend abzuthun; die Gabe des
Fluges erſcheint faſt als nebenſächlich für ihr Leben. Bei weitem den größten Theil dieſes Lebens
bringen ſie ſchwimmend und tauchend zu: ſchwimmend und tauchend erwerben ſie ſich ihre Nahrung,
ſchwimmend und tauchend wandern ſie, wenigſtens die meiſten von ihnen, ſchwimmend ruhen ſie ſich
aus, putzen ſie ſich ihr Gefieder, vergnügen und überlaſſen ſie ſich dem Schlafe. Viele von ihnen
fliegen noch recht gut, obſchon es ſcheinen will, als wären die Fittige viel zu ſchwach, die Laſt des
Leibes zu tragen, als müſſe das ſchwirrende Flügelſchlagen ſie raſch ermüden; einzelne können gehen,
einzelne in gewiſſem Sinne ſogar klettern: bei allen aber dienen die Füße hauptſächlich zum
Schwimmen und bei vielen werden auch die Flügel mehr zum Tauchen im Wuſſer als zum Durch-
ſchneiden der Luft verwendet. Entſprechend einem ſo einſeitigen Leben ſind die übrigen Begabungen
der Taucher entwickelt. Jhre Sinne ſind ziemlich ſcharf; ihre Geiſteskräfte dagegen ſcheinen gering
zu ſein, weil ſie niemals in die Lage kommen, von ihnen einen vielſeitigen Gebrauch zu machen.
Während ihres Aufenthaltes am Lande betragen ſich die Taucher ſo, daß wir uns für berechtigt
halten, ſie dumm zu nennen: — für die Anforderungen, welche das Leben im Meere an ſie ſtellt,
haben ſie Verſtand genug. Und Erfahrung lehrt auch ſie, ſich den Umſtänden gemäß anders, als ſie
es gewohnt, zu benehmen. Schon die außerordentliche Geſelligkeit, Friedfertigkeit und Dienſtwillig-
keit, welche die meiſten Arten bekunden, ſpricht für höhere Anlagen des Geiſtes, als wir anzunehmen
geneigt ſind.
Fiſche und Kruſtenthiere, ausnahmsweiſe Kerfe, bilden die Nahrung der Taucher. Jn den
Magen einzelner hat man auch Pflanzenſtoffe gefunden, jedoch nur während ihres Aufenthaltes am
Lande, und einige verſchlingen, ſonderbar genug, ihre eigenen Federn: beides aber muß als Aus-
nahme gelten. Schmarotzer oder Aasfreſſer gibt es nicht unter ihnen: alle erwerben ſich die Beute
durch eigene Jagd.
Einige Taucher niſten einzeln, die meiſten geſellig; jene legen mindeſtens, dieſe höchſtens zwei
Eier. Wenn die Brutzeit herankommt, ſtrebt es vom hohen Meere her gewiſſen, ſeit Menſchen-
gedenken alljährlich benutzten Brutſtellen zu: Felſenwänden, an deren Fuße die Brandung ſich bricht,
einzeln aus dem See ſich erhebenden Bergen und Jnſeln. Es ſchwimmt, es rudert, es fliegt herbei
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 934. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/986>, abgerufen am 22.11.2024.
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