Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Schuppenechsen. Chamäleons.
ist nicht ohne Ausnahme. Daß Licht und Wärme auf die Verfärbung wesentlichen Einfluß haben,
läßt sich durch Versuche nachweisen. "Jst Einem daran gelegen, die Farbe des Chamäleons schnell
ändern zu sehen", sagt Lenz, "so braucht man es nur, wenn es an einem kühlen Orte sitzt, schnell
mit der Hand oder sonst zu erwärmen." Man bedarf jedoch nicht einmal der Wärme: schon schwaches
Licht genügt, um eine Veränderung hervorzubringen. Nähert man sich dem schlafenden Chamäleon
nachts mit einem Lichte und hält dasselbe in einer Entfernung von drei bis vier Zollen vor die eine
Seite, so bemerkt man, daß auf der gelblich unbefleckten Haut nach einigen Minuten hellbraune Flecke
erscheinen, allmählich dunkler und endlich fast schwarz werden; nach Entfernung des Lichtes verschwinden
sie allmählich wieder. Bringt man ein gefangenes Chamäleon aus einem dunklen Raume in die
Sonne, so dunkelt seine Haut innerhalb weniger Minuten. Den außerordentlichen Einfluß des
Lichtes, gleichzeitig aber auch die Unabhängigkeit der beiden Körperhälften von einander sieht man,
wenn man es nur von einer Seite beleuchtet oder erwärmt; dann verändert sich diese, nicht aber die
andere mit, und wenn das Thier geschlafen hat und gereizt wird, kann es wirklich geschehen, daß es
auf einer Seite erwacht, auf der anderen Seite aber schlafend bleibt. Anderweitige Reize, Bespritzen
mit Wasser und dergleichen, bewirken eine Veränderung der Färbung. Aus allem Diesen geht hervor,
daß die Farbenveränderung vom Einflusse der Nerven abhängig ist und erst in Folge der Reizung
dieser entsteht.

Mit Seinesgleichen verträgt sich das Chamäleon nicht besser als die meisten übrigen Kriechthiere.
Jst seine Gleichgiltigkeit gegen Alles, was nicht Beute heißt, erst einmal einer gewissen Erregung
gewichen, so geschieht es gar nicht selten, daß zwei sich gegenseitig erbosen, wüthend über einander
herfallen und sich mit dem immerhin kräftigen Gebiß zu verletzen suchen. Vor der Paarungszeit
bekunden die so stumpfsinnigen Geschöpfe sogar Erregungen der Eifersucht und machen sich wirklich
die Weibchen streitig. Mit anderen Klassenverwandten leben sie im tiefsten Frieden, richtiger vielleicht,
in gar keinem Verhältnisse, weil sie sich blos um diejenigen Thiere kümmern, welche ihnen verderblich
werden oder zur Nahrung dienen können. Wenn sich ihnen ein Feind oder auch ein harmloser Vogel
nähert, pflegen sie sich zuerst aufzublasen, sodaß ihr Leib im Querdurchschnitt fast kreisrund wird, und
dann fauchend zu zischen. Ergreift man sie mit der Hand, so packen sie wohl auch zu und quetschen
mit ihrem Gebiß die Haut ein wenig, immer aber viel zu schwach, als daß sie irgend welche Verletzung
hervorrufen könnten. Dabei spielt ihre Haut selbstverständlich in sehr verschiedenen Färbungen, und
die Gestalt wird durch das Aufblasen eine ganz andere: alle Rippen treten-hervor, und das Thier
gewinnt im buchstäblichen Sinne des Wortes eine gewisse Durchsichtigkeit, welche soweit gehen kann,
daß man im Stande ist, Zweige oder die Sprossen eines Käfigs als dunkle Streifen durch den Leib
hindurch wahrzunehmen.

Wie die meisten Kriechthiere vermag das Chamäleon monatelang ohne Schaden zu hungern, dann
aber auch ziemlich viele Nahrung auf einmal zu sich zu nehmen. Seine Beute besteht nur in kleinen
Kerbthieren, hauptsächlich in Fliegen, Heuschrecken und Larven dieser Thiere, außerdem auch wohl in
Spinnen, Kellerasseln und Würmern; größere Kerfe vermag es nicht zu erhaschen, weil für schwere
Beute die Klebrigkeit der Zunge nicht ausreicht. Die gefangenen Fliegen werden ohne weiteres
verschluckt, größere Kerbthiere erst vor dem Schlucken gekaut.

Aeltere Forscher haben angegeben, daß die Chamäleons lebendige Junge zur Welt bringen
sollen; die Beobachtungen der neueren beweisen das Gegentheil. Doch will Dies, wie wir gesehen
haben, bei Kriechthieren nicht viel besagen, und es kann recht wohl möglich sein, daß jene Angaben
dennoch richtig sind. Das Eierlegen ist wiederholt beobachtet worden, wenn auch, soviel mir bekannt,
nur von gefangenen Thieren. "An einem meiner Chamäleons", erzählt Vallisnieri, "bemerkte
ich eines Tages, daß es sehr unruhig wurde und endlich von dem Gezweige, mit welchem sein Käfig
ausgeschmückt worden war, langsam mit aller ihm angeborenen Faulheit zum Boden herabstieg, hier
unstät umherlief, endlich in einem Winkel des Käfigs, in welchem weder Sand, noch Staub, sondern
nur harte Erde lag, sich festsetzte und mit einem Vorderfuß zu scharren begann. Das harte Erdreich

Die Schuppenechſen. Chamäleons.
iſt nicht ohne Ausnahme. Daß Licht und Wärme auf die Verfärbung weſentlichen Einfluß haben,
läßt ſich durch Verſuche nachweiſen. „Jſt Einem daran gelegen, die Farbe des Chamäleons ſchnell
ändern zu ſehen“, ſagt Lenz, „ſo braucht man es nur, wenn es an einem kühlen Orte ſitzt, ſchnell
mit der Hand oder ſonſt zu erwärmen.“ Man bedarf jedoch nicht einmal der Wärme: ſchon ſchwaches
Licht genügt, um eine Veränderung hervorzubringen. Nähert man ſich dem ſchlafenden Chamäleon
nachts mit einem Lichte und hält daſſelbe in einer Entfernung von drei bis vier Zollen vor die eine
Seite, ſo bemerkt man, daß auf der gelblich unbefleckten Haut nach einigen Minuten hellbraune Flecke
erſcheinen, allmählich dunkler und endlich faſt ſchwarz werden; nach Entfernung des Lichtes verſchwinden
ſie allmählich wieder. Bringt man ein gefangenes Chamäleon aus einem dunklen Raume in die
Sonne, ſo dunkelt ſeine Haut innerhalb weniger Minuten. Den außerordentlichen Einfluß des
Lichtes, gleichzeitig aber auch die Unabhängigkeit der beiden Körperhälften von einander ſieht man,
wenn man es nur von einer Seite beleuchtet oder erwärmt; dann verändert ſich dieſe, nicht aber die
andere mit, und wenn das Thier geſchlafen hat und gereizt wird, kann es wirklich geſchehen, daß es
auf einer Seite erwacht, auf der anderen Seite aber ſchlafend bleibt. Anderweitige Reize, Beſpritzen
mit Waſſer und dergleichen, bewirken eine Veränderung der Färbung. Aus allem Dieſen geht hervor,
daß die Farbenveränderung vom Einfluſſe der Nerven abhängig iſt und erſt in Folge der Reizung
dieſer entſteht.

Mit Seinesgleichen verträgt ſich das Chamäleon nicht beſſer als die meiſten übrigen Kriechthiere.
Jſt ſeine Gleichgiltigkeit gegen Alles, was nicht Beute heißt, erſt einmal einer gewiſſen Erregung
gewichen, ſo geſchieht es gar nicht ſelten, daß zwei ſich gegenſeitig erboſen, wüthend über einander
herfallen und ſich mit dem immerhin kräftigen Gebiß zu verletzen ſuchen. Vor der Paarungszeit
bekunden die ſo ſtumpfſinnigen Geſchöpfe ſogar Erregungen der Eiferſucht und machen ſich wirklich
die Weibchen ſtreitig. Mit anderen Klaſſenverwandten leben ſie im tiefſten Frieden, richtiger vielleicht,
in gar keinem Verhältniſſe, weil ſie ſich blos um diejenigen Thiere kümmern, welche ihnen verderblich
werden oder zur Nahrung dienen können. Wenn ſich ihnen ein Feind oder auch ein harmloſer Vogel
nähert, pflegen ſie ſich zuerſt aufzublaſen, ſodaß ihr Leib im Querdurchſchnitt faſt kreisrund wird, und
dann fauchend zu ziſchen. Ergreift man ſie mit der Hand, ſo packen ſie wohl auch zu und quetſchen
mit ihrem Gebiß die Haut ein wenig, immer aber viel zu ſchwach, als daß ſie irgend welche Verletzung
hervorrufen könnten. Dabei ſpielt ihre Haut ſelbſtverſtändlich in ſehr verſchiedenen Färbungen, und
die Geſtalt wird durch das Aufblaſen eine ganz andere: alle Rippen treten-hervor, und das Thier
gewinnt im buchſtäblichen Sinne des Wortes eine gewiſſe Durchſichtigkeit, welche ſoweit gehen kann,
daß man im Stande iſt, Zweige oder die Sproſſen eines Käfigs als dunkle Streifen durch den Leib
hindurch wahrzunehmen.

Wie die meiſten Kriechthiere vermag das Chamäleon monatelang ohne Schaden zu hungern, dann
aber auch ziemlich viele Nahrung auf einmal zu ſich zu nehmen. Seine Beute beſteht nur in kleinen
Kerbthieren, hauptſächlich in Fliegen, Heuſchrecken und Larven dieſer Thiere, außerdem auch wohl in
Spinnen, Kelleraſſeln und Würmern; größere Kerfe vermag es nicht zu erhaſchen, weil für ſchwere
Beute die Klebrigkeit der Zunge nicht ausreicht. Die gefangenen Fliegen werden ohne weiteres
verſchluckt, größere Kerbthiere erſt vor dem Schlucken gekaut.

Aeltere Forſcher haben angegeben, daß die Chamäleons lebendige Junge zur Welt bringen
ſollen; die Beobachtungen der neueren beweiſen das Gegentheil. Doch will Dies, wie wir geſehen
haben, bei Kriechthieren nicht viel beſagen, und es kann recht wohl möglich ſein, daß jene Angaben
dennoch richtig ſind. Das Eierlegen iſt wiederholt beobachtet worden, wenn auch, ſoviel mir bekannt,
nur von gefangenen Thieren. „An einem meiner Chamäleons“, erzählt Vallisnieri, „bemerkte
ich eines Tages, daß es ſehr unruhig wurde und endlich von dem Gezweige, mit welchem ſein Käfig
ausgeſchmückt worden war, langſam mit aller ihm angeborenen Faulheit zum Boden herabſtieg, hier
unſtät umherlief, endlich in einem Winkel des Käfigs, in welchem weder Sand, noch Staub, ſondern
nur harte Erde lag, ſich feſtſetzte und mit einem Vorderfuß zu ſcharren begann. Das harte Erdreich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0138" n="122"/><fw place="top" type="header">Die Schuppenech&#x017F;en. Chamäleons.</fw><lb/>
i&#x017F;t nicht ohne Ausnahme. Daß Licht und Wärme auf die Verfärbung we&#x017F;entlichen Einfluß haben,<lb/>
läßt &#x017F;ich durch Ver&#x017F;uche nachwei&#x017F;en. &#x201E;J&#x017F;t Einem daran gelegen, die Farbe des Chamäleons &#x017F;chnell<lb/>
ändern zu &#x017F;ehen&#x201C;, &#x017F;agt <hi rendition="#g">Lenz,</hi> &#x201E;&#x017F;o braucht man es nur, wenn es an einem kühlen Orte &#x017F;itzt, &#x017F;chnell<lb/>
mit der Hand oder &#x017F;on&#x017F;t zu erwärmen.&#x201C; Man bedarf jedoch nicht einmal der Wärme: &#x017F;chon &#x017F;chwaches<lb/>
Licht genügt, um eine Veränderung hervorzubringen. Nähert man &#x017F;ich dem &#x017F;chlafenden Chamäleon<lb/>
nachts mit einem Lichte und hält da&#x017F;&#x017F;elbe in einer Entfernung von drei bis vier Zollen vor die eine<lb/>
Seite, &#x017F;o bemerkt man, daß auf der gelblich unbefleckten Haut nach einigen Minuten hellbraune Flecke<lb/>
er&#x017F;cheinen, allmählich dunkler und endlich fa&#x017F;t &#x017F;chwarz werden; nach Entfernung des Lichtes ver&#x017F;chwinden<lb/>
&#x017F;ie allmählich wieder. Bringt man ein gefangenes Chamäleon aus einem dunklen Raume in die<lb/>
Sonne, &#x017F;o dunkelt &#x017F;eine Haut innerhalb weniger Minuten. Den außerordentlichen Einfluß des<lb/>
Lichtes, gleichzeitig aber auch die Unabhängigkeit der beiden Körperhälften von einander &#x017F;ieht man,<lb/>
wenn man es nur von einer Seite beleuchtet oder erwärmt; dann verändert &#x017F;ich die&#x017F;e, nicht aber die<lb/>
andere mit, und wenn das Thier ge&#x017F;chlafen hat und gereizt wird, kann es wirklich ge&#x017F;chehen, daß es<lb/>
auf einer Seite erwacht, auf der anderen Seite aber &#x017F;chlafend bleibt. Anderweitige Reize, Be&#x017F;pritzen<lb/>
mit Wa&#x017F;&#x017F;er und dergleichen, bewirken eine Veränderung der Färbung. Aus allem Die&#x017F;en geht hervor,<lb/>
daß die Farbenveränderung vom Einflu&#x017F;&#x017F;e der Nerven abhängig i&#x017F;t und er&#x017F;t in Folge der Reizung<lb/>
die&#x017F;er ent&#x017F;teht.</p><lb/>
            <p>Mit Seinesgleichen verträgt &#x017F;ich das Chamäleon nicht be&#x017F;&#x017F;er als die mei&#x017F;ten übrigen Kriechthiere.<lb/>
J&#x017F;t &#x017F;eine Gleichgiltigkeit gegen Alles, was nicht Beute heißt, er&#x017F;t einmal einer gewi&#x017F;&#x017F;en Erregung<lb/>
gewichen, &#x017F;o ge&#x017F;chieht es gar nicht &#x017F;elten, daß zwei &#x017F;ich gegen&#x017F;eitig erbo&#x017F;en, wüthend über einander<lb/>
herfallen und &#x017F;ich mit dem immerhin kräftigen Gebiß zu verletzen &#x017F;uchen. Vor der Paarungszeit<lb/>
bekunden die &#x017F;o &#x017F;tumpf&#x017F;innigen Ge&#x017F;chöpfe &#x017F;ogar Erregungen der Eifer&#x017F;ucht und machen &#x017F;ich wirklich<lb/>
die Weibchen &#x017F;treitig. Mit anderen Kla&#x017F;&#x017F;enverwandten leben &#x017F;ie im tief&#x017F;ten Frieden, richtiger vielleicht,<lb/>
in gar keinem Verhältni&#x017F;&#x017F;e, weil &#x017F;ie &#x017F;ich blos um diejenigen Thiere kümmern, welche ihnen verderblich<lb/>
werden oder zur Nahrung dienen können. Wenn &#x017F;ich ihnen ein Feind oder auch ein harmlo&#x017F;er Vogel<lb/>
nähert, pflegen &#x017F;ie &#x017F;ich zuer&#x017F;t aufzubla&#x017F;en, &#x017F;odaß ihr Leib im Querdurch&#x017F;chnitt fa&#x017F;t kreisrund wird, und<lb/>
dann fauchend zu zi&#x017F;chen. Ergreift man &#x017F;ie mit der Hand, &#x017F;o packen &#x017F;ie wohl auch zu und quet&#x017F;chen<lb/>
mit ihrem Gebiß die Haut ein wenig, immer aber viel zu &#x017F;chwach, als daß &#x017F;ie irgend welche Verletzung<lb/>
hervorrufen könnten. Dabei &#x017F;pielt ihre Haut &#x017F;elb&#x017F;tver&#x017F;tändlich in &#x017F;ehr ver&#x017F;chiedenen Färbungen, und<lb/>
die Ge&#x017F;talt wird durch das Aufbla&#x017F;en eine ganz andere: alle Rippen treten-hervor, und das Thier<lb/>
gewinnt im buch&#x017F;täblichen Sinne des Wortes eine gewi&#x017F;&#x017F;e Durch&#x017F;ichtigkeit, welche &#x017F;oweit gehen kann,<lb/>
daß man im Stande i&#x017F;t, Zweige oder die Spro&#x017F;&#x017F;en eines Käfigs als dunkle Streifen durch den Leib<lb/>
hindurch wahrzunehmen.</p><lb/>
            <p>Wie die mei&#x017F;ten Kriechthiere vermag das Chamäleon monatelang ohne Schaden zu hungern, dann<lb/>
aber auch ziemlich viele Nahrung auf einmal zu &#x017F;ich zu nehmen. Seine Beute be&#x017F;teht nur in kleinen<lb/>
Kerbthieren, haupt&#x017F;ächlich in Fliegen, Heu&#x017F;chrecken und Larven die&#x017F;er Thiere, außerdem auch wohl in<lb/>
Spinnen, Kellera&#x017F;&#x017F;eln und Würmern; größere Kerfe vermag es nicht zu erha&#x017F;chen, weil für &#x017F;chwere<lb/>
Beute die Klebrigkeit der Zunge nicht ausreicht. Die gefangenen Fliegen werden ohne weiteres<lb/>
ver&#x017F;chluckt, größere Kerbthiere er&#x017F;t vor dem Schlucken gekaut.</p><lb/>
            <p>Aeltere For&#x017F;cher haben angegeben, daß die Chamäleons lebendige Junge zur Welt bringen<lb/>
&#x017F;ollen; die Beobachtungen der neueren bewei&#x017F;en das Gegentheil. Doch will Dies, wie wir ge&#x017F;ehen<lb/>
haben, bei Kriechthieren nicht viel be&#x017F;agen, und es kann recht wohl möglich &#x017F;ein, daß jene Angaben<lb/>
dennoch richtig &#x017F;ind. Das Eierlegen i&#x017F;t wiederholt beobachtet worden, wenn auch, &#x017F;oviel mir bekannt,<lb/>
nur von gefangenen Thieren. &#x201E;An einem meiner Chamäleons&#x201C;, erzählt <hi rendition="#g">Vallisnieri,</hi> &#x201E;bemerkte<lb/>
ich eines Tages, daß es &#x017F;ehr unruhig wurde und endlich von dem Gezweige, mit welchem &#x017F;ein Käfig<lb/>
ausge&#x017F;chmückt worden war, lang&#x017F;am mit aller ihm angeborenen Faulheit zum Boden herab&#x017F;tieg, hier<lb/>
un&#x017F;tät umherlief, endlich in einem Winkel des Käfigs, in welchem weder Sand, noch Staub, &#x017F;ondern<lb/>
nur harte Erde lag, &#x017F;ich fe&#x017F;t&#x017F;etzte und mit einem Vorderfuß zu &#x017F;charren begann. Das harte Erdreich<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0138] Die Schuppenechſen. Chamäleons. iſt nicht ohne Ausnahme. Daß Licht und Wärme auf die Verfärbung weſentlichen Einfluß haben, läßt ſich durch Verſuche nachweiſen. „Jſt Einem daran gelegen, die Farbe des Chamäleons ſchnell ändern zu ſehen“, ſagt Lenz, „ſo braucht man es nur, wenn es an einem kühlen Orte ſitzt, ſchnell mit der Hand oder ſonſt zu erwärmen.“ Man bedarf jedoch nicht einmal der Wärme: ſchon ſchwaches Licht genügt, um eine Veränderung hervorzubringen. Nähert man ſich dem ſchlafenden Chamäleon nachts mit einem Lichte und hält daſſelbe in einer Entfernung von drei bis vier Zollen vor die eine Seite, ſo bemerkt man, daß auf der gelblich unbefleckten Haut nach einigen Minuten hellbraune Flecke erſcheinen, allmählich dunkler und endlich faſt ſchwarz werden; nach Entfernung des Lichtes verſchwinden ſie allmählich wieder. Bringt man ein gefangenes Chamäleon aus einem dunklen Raume in die Sonne, ſo dunkelt ſeine Haut innerhalb weniger Minuten. Den außerordentlichen Einfluß des Lichtes, gleichzeitig aber auch die Unabhängigkeit der beiden Körperhälften von einander ſieht man, wenn man es nur von einer Seite beleuchtet oder erwärmt; dann verändert ſich dieſe, nicht aber die andere mit, und wenn das Thier geſchlafen hat und gereizt wird, kann es wirklich geſchehen, daß es auf einer Seite erwacht, auf der anderen Seite aber ſchlafend bleibt. Anderweitige Reize, Beſpritzen mit Waſſer und dergleichen, bewirken eine Veränderung der Färbung. Aus allem Dieſen geht hervor, daß die Farbenveränderung vom Einfluſſe der Nerven abhängig iſt und erſt in Folge der Reizung dieſer entſteht. Mit Seinesgleichen verträgt ſich das Chamäleon nicht beſſer als die meiſten übrigen Kriechthiere. Jſt ſeine Gleichgiltigkeit gegen Alles, was nicht Beute heißt, erſt einmal einer gewiſſen Erregung gewichen, ſo geſchieht es gar nicht ſelten, daß zwei ſich gegenſeitig erboſen, wüthend über einander herfallen und ſich mit dem immerhin kräftigen Gebiß zu verletzen ſuchen. Vor der Paarungszeit bekunden die ſo ſtumpfſinnigen Geſchöpfe ſogar Erregungen der Eiferſucht und machen ſich wirklich die Weibchen ſtreitig. Mit anderen Klaſſenverwandten leben ſie im tiefſten Frieden, richtiger vielleicht, in gar keinem Verhältniſſe, weil ſie ſich blos um diejenigen Thiere kümmern, welche ihnen verderblich werden oder zur Nahrung dienen können. Wenn ſich ihnen ein Feind oder auch ein harmloſer Vogel nähert, pflegen ſie ſich zuerſt aufzublaſen, ſodaß ihr Leib im Querdurchſchnitt faſt kreisrund wird, und dann fauchend zu ziſchen. Ergreift man ſie mit der Hand, ſo packen ſie wohl auch zu und quetſchen mit ihrem Gebiß die Haut ein wenig, immer aber viel zu ſchwach, als daß ſie irgend welche Verletzung hervorrufen könnten. Dabei ſpielt ihre Haut ſelbſtverſtändlich in ſehr verſchiedenen Färbungen, und die Geſtalt wird durch das Aufblaſen eine ganz andere: alle Rippen treten-hervor, und das Thier gewinnt im buchſtäblichen Sinne des Wortes eine gewiſſe Durchſichtigkeit, welche ſoweit gehen kann, daß man im Stande iſt, Zweige oder die Sproſſen eines Käfigs als dunkle Streifen durch den Leib hindurch wahrzunehmen. Wie die meiſten Kriechthiere vermag das Chamäleon monatelang ohne Schaden zu hungern, dann aber auch ziemlich viele Nahrung auf einmal zu ſich zu nehmen. Seine Beute beſteht nur in kleinen Kerbthieren, hauptſächlich in Fliegen, Heuſchrecken und Larven dieſer Thiere, außerdem auch wohl in Spinnen, Kelleraſſeln und Würmern; größere Kerfe vermag es nicht zu erhaſchen, weil für ſchwere Beute die Klebrigkeit der Zunge nicht ausreicht. Die gefangenen Fliegen werden ohne weiteres verſchluckt, größere Kerbthiere erſt vor dem Schlucken gekaut. Aeltere Forſcher haben angegeben, daß die Chamäleons lebendige Junge zur Welt bringen ſollen; die Beobachtungen der neueren beweiſen das Gegentheil. Doch will Dies, wie wir geſehen haben, bei Kriechthieren nicht viel beſagen, und es kann recht wohl möglich ſein, daß jene Angaben dennoch richtig ſind. Das Eierlegen iſt wiederholt beobachtet worden, wenn auch, ſoviel mir bekannt, nur von gefangenen Thieren. „An einem meiner Chamäleons“, erzählt Vallisnieri, „bemerkte ich eines Tages, daß es ſehr unruhig wurde und endlich von dem Gezweige, mit welchem ſein Käfig ausgeſchmückt worden war, langſam mit aller ihm angeborenen Faulheit zum Boden herabſtieg, hier unſtät umherlief, endlich in einem Winkel des Käfigs, in welchem weder Sand, noch Staub, ſondern nur harte Erde lag, ſich feſtſetzte und mit einem Vorderfuß zu ſcharren begann. Das harte Erdreich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/138
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/138>, abgerufen am 22.12.2024.