setzte ihm sovielen Widerstand entgegen, daß es zwei Tage nach einander ununterbrochen arbeiten mußte, um das zuerst gebildete Loch in eine Grube von vier Zoll Durchmesser und sechs Zoll Tiefe zu erweitern. Jn die Tiefe derselben kletterte es hinab und legte nun seine Eier, mehr als dreißig, wie ich mich überzeugen konnte. Nachdem dieses Geschäft und zwar mit größter Sorgfalt ausgeführt worden war, scharrte es die Grube mit einem Hinterfuße wieder zu, genau so, wie Katzen thun, wenn sie ihren Koth bedecken wollen. Aber damit noch nicht zufrieden, brachte es noch trockene Blätter, Stroh und dürres Reißig herbei und bildete aus ihnen eine Art von Decke über dem entstandenen Hügel." Die Eier der Chamäleons sind rundlich und gleichmäßig weißlichgrau; ihre Schale ist kalkig, aber sehr porös. Wie lange ihre Entwickelung währt, ist zur Zeit noch unbekannt.
"Ein gesehenes Chamäleon ist ein verlorenes Chamäleon", so behauptet ein wälsches Sprüch- wort, und mit vollstem Rechte; denn die trotz aller Veränderung wenig auffallende Farbe ist sein bester Schutz gegen das zahllose Heer von Feinden, welches ihm nachstellt. Nicht blos alle kleinen, vier- füßigen Raubthiere und die meisten Raubvögel, sondern auch Raben- und Hornvögel, Reiher, Störche und endlich die größeren Schlangen, vielleicht selbst Warans und andere Kriechthiere müssen als Feinde der harmlosen Geschöpfe bezeichnet werden. Der Mensch widmet ihnen überall eine größere Aufmerksamkeit, als es ihnen gut ist. Nirgends wohl hält man sie für giftig oder gefährlich, und überall fällt die absonderliche Gestalt so ins Auge, daß man sich bemüht, des Thieres habhaft zu werden. Der Fang geschieht gewöhnlich in rohester Weise. Man reißt die Chamäleons, welche man ergreifen kann, gewaltsam von den Zweigen ab oder versucht die, welche zu hoch sitzen, mit Stein- würfen zu Boden zu schleudern. Erst, wenn man den Leuten die größte Sorgfalt anempfiehlt, erhält man unverletzte Stücke; die Mehrzahl der erbeuteten geht in Folge der erlittenen Mißhandlungen nach wenigen Tagen, spätestens nach wenigen Wochen zu Grunde.
Anfänglich zeigen sich die Gefangenen sehr reizbar, fauchen und blasen, wenn man sich ihnen nähert, versuchen selbst zu beißen, wollen mit einem Worte von dem Pfleger Nichts wissen; bald aber ändert sich ihr Benehmen: sie haben sich an den Menschen gewöhnt und lassen sich nun sehr viel gefallen, scheinen sogar im Verlaufe der Zeit eine gewisse Zuneigung gegen ihren Gebieter an den Tag zu legen. Bei zweckmäßiger Behandlung halten sie sich monate- und jahrelang in der Gefangen- schaft. Vor allem Anderen verlangen sie gleichmäßige Wärme, sodann eine genügende Menge von Fliegen, Mehlwürmern, Spinnen, Heuschrecken und dergleichen. Niemals gehen sie ein todtes Kerb- thier an, auch wenn es noch so lecker aussehen sollte: was sie verschlingen sollen, muß lebendig sein. Jamesson erzählt zwar, daß sein Gärtner ein Chamäleon mit Kellerasseln und Regenwürmern während des Winters gestopft habe; so leicht zu behandelnde Stücke dürften aber sehr selten sein: die meisten verhungern lieber, als daß sie in ungewöhnlicher Weise Nahrung zu sich nehmen. Für Lieb- haber, welche nicht in der Lage sind, ihren Thieren ein gleichmäßig warmes Zimmer anzuweisen, empfiehlt sich das von Lenz beobachtete Verfahren, das gefangene Chamäleon in ein gewärmtes, weiches Bettchen zu legen, dieses in einer Schüssel unterzubringen und letztere bei heftigem Frost- wetter nachts mit Hilfe eines Lämpchens zu heizen.
Jn Südspanien hält man das Chamäleon keineswegs des Vergnügens halber im Zimmer, viel- mehr deshalb, um sich seine Thätigkeit zu Nutze zu machen. Man errichtet ihm einen Sitzplatz, hängt an demselben ein Gefäß mit Honig auf und führt dadurch die lästigen Fliegen einem aufmerksamen und unermüdlichen Kammerjäger zu. Mein Bruder schreibt mir, daß man fast in allen Kaufläden Sevillas diese beschuppten Haussklaven sieht.
Die dritte Zunft, eine der reichhaltigsten der Familie, umfaßt die Dickzüngler(Crassilingues), sehr verschieden gestaltete, meist durch Anhängsel mancherlei Art ausgezeichnete Schuppenechsen, als deren gemeinsame Kennzeichen die dickfleischige, vorn kaum ausgerandete oder zugerundete Zunge
Chamäleon.
ſetzte ihm ſovielen Widerſtand entgegen, daß es zwei Tage nach einander ununterbrochen arbeiten mußte, um das zuerſt gebildete Loch in eine Grube von vier Zoll Durchmeſſer und ſechs Zoll Tiefe zu erweitern. Jn die Tiefe derſelben kletterte es hinab und legte nun ſeine Eier, mehr als dreißig, wie ich mich überzeugen konnte. Nachdem dieſes Geſchäft und zwar mit größter Sorgfalt ausgeführt worden war, ſcharrte es die Grube mit einem Hinterfuße wieder zu, genau ſo, wie Katzen thun, wenn ſie ihren Koth bedecken wollen. Aber damit noch nicht zufrieden, brachte es noch trockene Blätter, Stroh und dürres Reißig herbei und bildete aus ihnen eine Art von Decke über dem entſtandenen Hügel.“ Die Eier der Chamäleons ſind rundlich und gleichmäßig weißlichgrau; ihre Schale iſt kalkig, aber ſehr porös. Wie lange ihre Entwickelung währt, iſt zur Zeit noch unbekannt.
„Ein geſehenes Chamäleon iſt ein verlorenes Chamäleon“, ſo behauptet ein wälſches Sprüch- wort, und mit vollſtem Rechte; denn die trotz aller Veränderung wenig auffallende Farbe iſt ſein beſter Schutz gegen das zahlloſe Heer von Feinden, welches ihm nachſtellt. Nicht blos alle kleinen, vier- füßigen Raubthiere und die meiſten Raubvögel, ſondern auch Raben- und Hornvögel, Reiher, Störche und endlich die größeren Schlangen, vielleicht ſelbſt Warans und andere Kriechthiere müſſen als Feinde der harmloſen Geſchöpfe bezeichnet werden. Der Menſch widmet ihnen überall eine größere Aufmerkſamkeit, als es ihnen gut iſt. Nirgends wohl hält man ſie für giftig oder gefährlich, und überall fällt die abſonderliche Geſtalt ſo ins Auge, daß man ſich bemüht, des Thieres habhaft zu werden. Der Fang geſchieht gewöhnlich in roheſter Weiſe. Man reißt die Chamäleons, welche man ergreifen kann, gewaltſam von den Zweigen ab oder verſucht die, welche zu hoch ſitzen, mit Stein- würfen zu Boden zu ſchleudern. Erſt, wenn man den Leuten die größte Sorgfalt anempfiehlt, erhält man unverletzte Stücke; die Mehrzahl der erbeuteten geht in Folge der erlittenen Mißhandlungen nach wenigen Tagen, ſpäteſtens nach wenigen Wochen zu Grunde.
Anfänglich zeigen ſich die Gefangenen ſehr reizbar, fauchen und blaſen, wenn man ſich ihnen nähert, verſuchen ſelbſt zu beißen, wollen mit einem Worte von dem Pfleger Nichts wiſſen; bald aber ändert ſich ihr Benehmen: ſie haben ſich an den Menſchen gewöhnt und laſſen ſich nun ſehr viel gefallen, ſcheinen ſogar im Verlaufe der Zeit eine gewiſſe Zuneigung gegen ihren Gebieter an den Tag zu legen. Bei zweckmäßiger Behandlung halten ſie ſich monate- und jahrelang in der Gefangen- ſchaft. Vor allem Anderen verlangen ſie gleichmäßige Wärme, ſodann eine genügende Menge von Fliegen, Mehlwürmern, Spinnen, Heuſchrecken und dergleichen. Niemals gehen ſie ein todtes Kerb- thier an, auch wenn es noch ſo lecker ausſehen ſollte: was ſie verſchlingen ſollen, muß lebendig ſein. Jamesſon erzählt zwar, daß ſein Gärtner ein Chamäleon mit Kelleraſſeln und Regenwürmern während des Winters geſtopft habe; ſo leicht zu behandelnde Stücke dürften aber ſehr ſelten ſein: die meiſten verhungern lieber, als daß ſie in ungewöhnlicher Weiſe Nahrung zu ſich nehmen. Für Lieb- haber, welche nicht in der Lage ſind, ihren Thieren ein gleichmäßig warmes Zimmer anzuweiſen, empfiehlt ſich das von Lenz beobachtete Verfahren, das gefangene Chamäleon in ein gewärmtes, weiches Bettchen zu legen, dieſes in einer Schüſſel unterzubringen und letztere bei heftigem Froſt- wetter nachts mit Hilfe eines Lämpchens zu heizen.
Jn Südſpanien hält man das Chamäleon keineswegs des Vergnügens halber im Zimmer, viel- mehr deshalb, um ſich ſeine Thätigkeit zu Nutze zu machen. Man errichtet ihm einen Sitzplatz, hängt an demſelben ein Gefäß mit Honig auf und führt dadurch die läſtigen Fliegen einem aufmerkſamen und unermüdlichen Kammerjäger zu. Mein Bruder ſchreibt mir, daß man faſt in allen Kaufläden Sevillas dieſe beſchuppten Hausſklaven ſieht.
Die dritte Zunft, eine der reichhaltigſten der Familie, umfaßt die Dickzüngler(Crassilingues), ſehr verſchieden geſtaltete, meiſt durch Anhängſel mancherlei Art ausgezeichnete Schuppenechſen, als deren gemeinſame Kennzeichen die dickfleiſchige, vorn kaum ausgerandete oder zugerundete Zunge
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Chamäleon.
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zu erweitern. Jn die Tiefe derſelben kletterte es hinab und legte nun ſeine Eier, mehr als dreißig,
wie ich mich überzeugen konnte. Nachdem dieſes Geſchäft und zwar mit größter Sorgfalt ausgeführt
worden war, ſcharrte es die Grube mit einem Hinterfuße wieder zu, genau ſo, wie Katzen thun, wenn
ſie ihren Koth bedecken wollen. Aber damit noch nicht zufrieden, brachte es noch trockene Blätter,
Stroh und dürres Reißig herbei und bildete aus ihnen eine Art von Decke über dem entſtandenen
Hügel.“ Die Eier der Chamäleons ſind rundlich und gleichmäßig weißlichgrau; ihre Schale iſt
kalkig, aber ſehr porös. Wie lange ihre Entwickelung währt, iſt zur Zeit noch unbekannt.
„Ein geſehenes Chamäleon iſt ein verlorenes Chamäleon“, ſo behauptet ein wälſches Sprüch-
wort, und mit vollſtem Rechte; denn die trotz aller Veränderung wenig auffallende Farbe iſt ſein beſter
Schutz gegen das zahlloſe Heer von Feinden, welches ihm nachſtellt. Nicht blos alle kleinen, vier-
füßigen Raubthiere und die meiſten Raubvögel, ſondern auch Raben- und Hornvögel, Reiher,
Störche und endlich die größeren Schlangen, vielleicht ſelbſt Warans und andere Kriechthiere müſſen
als Feinde der harmloſen Geſchöpfe bezeichnet werden. Der Menſch widmet ihnen überall eine größere
Aufmerkſamkeit, als es ihnen gut iſt. Nirgends wohl hält man ſie für giftig oder gefährlich, und
überall fällt die abſonderliche Geſtalt ſo ins Auge, daß man ſich bemüht, des Thieres habhaft zu
werden. Der Fang geſchieht gewöhnlich in roheſter Weiſe. Man reißt die Chamäleons, welche man
ergreifen kann, gewaltſam von den Zweigen ab oder verſucht die, welche zu hoch ſitzen, mit Stein-
würfen zu Boden zu ſchleudern. Erſt, wenn man den Leuten die größte Sorgfalt anempfiehlt, erhält
man unverletzte Stücke; die Mehrzahl der erbeuteten geht in Folge der erlittenen Mißhandlungen
nach wenigen Tagen, ſpäteſtens nach wenigen Wochen zu Grunde.
Anfänglich zeigen ſich die Gefangenen ſehr reizbar, fauchen und blaſen, wenn man ſich ihnen
nähert, verſuchen ſelbſt zu beißen, wollen mit einem Worte von dem Pfleger Nichts wiſſen; bald aber
ändert ſich ihr Benehmen: ſie haben ſich an den Menſchen gewöhnt und laſſen ſich nun ſehr viel
gefallen, ſcheinen ſogar im Verlaufe der Zeit eine gewiſſe Zuneigung gegen ihren Gebieter an den
Tag zu legen. Bei zweckmäßiger Behandlung halten ſie ſich monate- und jahrelang in der Gefangen-
ſchaft. Vor allem Anderen verlangen ſie gleichmäßige Wärme, ſodann eine genügende Menge von
Fliegen, Mehlwürmern, Spinnen, Heuſchrecken und dergleichen. Niemals gehen ſie ein todtes Kerb-
thier an, auch wenn es noch ſo lecker ausſehen ſollte: was ſie verſchlingen ſollen, muß lebendig ſein.
Jamesſon erzählt zwar, daß ſein Gärtner ein Chamäleon mit Kelleraſſeln und Regenwürmern
während des Winters geſtopft habe; ſo leicht zu behandelnde Stücke dürften aber ſehr ſelten ſein: die
meiſten verhungern lieber, als daß ſie in ungewöhnlicher Weiſe Nahrung zu ſich nehmen. Für Lieb-
haber, welche nicht in der Lage ſind, ihren Thieren ein gleichmäßig warmes Zimmer anzuweiſen,
empfiehlt ſich das von Lenz beobachtete Verfahren, das gefangene Chamäleon in ein gewärmtes,
weiches Bettchen zu legen, dieſes in einer Schüſſel unterzubringen und letztere bei heftigem Froſt-
wetter nachts mit Hilfe eines Lämpchens zu heizen.
Jn Südſpanien hält man das Chamäleon keineswegs des Vergnügens halber im Zimmer, viel-
mehr deshalb, um ſich ſeine Thätigkeit zu Nutze zu machen. Man errichtet ihm einen Sitzplatz, hängt
an demſelben ein Gefäß mit Honig auf und führt dadurch die läſtigen Fliegen einem aufmerkſamen
und unermüdlichen Kammerjäger zu. Mein Bruder ſchreibt mir, daß man faſt in allen Kaufläden
Sevillas dieſe beſchuppten Hausſklaven ſieht.
Die dritte Zunft, eine der reichhaltigſten der Familie, umfaßt die Dickzüngler (Crassilingues),
ſehr verſchieden geſtaltete, meiſt durch Anhängſel mancherlei Art ausgezeichnete Schuppenechſen, als
deren gemeinſame Kennzeichen die dickfleiſchige, vorn kaum ausgerandete oder zugerundete Zunge
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/139>, abgerufen am 22.12.2024.
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