Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Schlangen. Nattern. Jachschlangen.
im Kaukasus und in Egypten vorkommenden Jachschlangen (Coronella caucasica und C. aegyptiaca)
als Spielarten der unserigen ansieht. Diese wählt sich zu ihrem Aufenthalte regelmäßig trockenen
Boden, sonnige, steinige Abhänge, Berghalden, mit dichtem Buschwerke bewachsene Gehänge, kommt
jedoch ausnahmsweise auch im tiefen Lande auf sumpfigem oder doch moorigem Boden vor. Nach den
Beobachtungen von Lenz verkriecht sie sich weit öfter als die Kreuzotter oder Ringelnatter unter
glatten Steinen, versteckt sich auch so unter Mos, daß nur das Köpfchen darüber hervorsieht, höchst
wahrscheinlich in der Absicht, sich vor ihren zahllosen Feinden zu verbergen.

[Abbildung] Die Schlingnatter (Coronella laevls). Nat. Größe.

Ueber das Wesen der Schlingnatter sprechen sich die verschiedenen Beobachter nicht überein-
stimmend aus. Mehrere von ihnen bezeichnen sie als ein sanstes, gutmüthiges Thier, während die
übrigen das gerade Gegentheil behaupten, dadurch also den Sippschaftsnamen zu Ehren bringen.
"Sie ist", sagt Lenz, "ein jähzorniges, boshaftes Thierchen, welches nicht nur, wenn es frisch
gefangen wird, wüthend um sich beißt, sondern auch in der Stube gewöhnlich noch mehrere Wochen,
ja mitunter Monate lang, sehr bissig bleibt. Wenn man ihr den Handschuh, einen Rockzipfel etc.
vorhält, beißt sie sich regelmäßig so fest ein, daß sie zuweilen acht Minuten lang und länger hängen
bleibt. Jhre Zähnchen sind allerdings so klein und ragen aus dem weichen Zahnfleische so wenig vor,

Die Schlangen. Nattern. Jachſchlangen.
im Kaukaſus und in Egypten vorkommenden Jachſchlangen (Coronella caucasica und C. aegyptiaca)
als Spielarten der unſerigen anſieht. Dieſe wählt ſich zu ihrem Aufenthalte regelmäßig trockenen
Boden, ſonnige, ſteinige Abhänge, Berghalden, mit dichtem Buſchwerke bewachſene Gehänge, kommt
jedoch ausnahmsweiſe auch im tiefen Lande auf ſumpfigem oder doch moorigem Boden vor. Nach den
Beobachtungen von Lenz verkriecht ſie ſich weit öfter als die Kreuzotter oder Ringelnatter unter
glatten Steinen, verſteckt ſich auch ſo unter Mos, daß nur das Köpfchen darüber hervorſieht, höchſt
wahrſcheinlich in der Abſicht, ſich vor ihren zahlloſen Feinden zu verbergen.

[Abbildung] Die Schlingnatter (Coronella laevls). Nat. Größe.

Ueber das Weſen der Schlingnatter ſprechen ſich die verſchiedenen Beobachter nicht überein-
ſtimmend aus. Mehrere von ihnen bezeichnen ſie als ein ſanſtes, gutmüthiges Thier, während die
übrigen das gerade Gegentheil behaupten, dadurch alſo den Sippſchaftsnamen zu Ehren bringen.
„Sie iſt“, ſagt Lenz, „ein jähzorniges, boshaftes Thierchen, welches nicht nur, wenn es friſch
gefangen wird, wüthend um ſich beißt, ſondern auch in der Stube gewöhnlich noch mehrere Wochen,
ja mitunter Monate lang, ſehr biſſig bleibt. Wenn man ihr den Handſchuh, einen Rockzipfel ꝛc.
vorhält, beißt ſie ſich regelmäßig ſo feſt ein, daß ſie zuweilen acht Minuten lang und länger hängen
bleibt. Jhre Zähnchen ſind allerdings ſo klein und ragen aus dem weichen Zahnfleiſche ſo wenig vor,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0248" n="226"/><fw place="top" type="header">Die Schlangen. Nattern. Jach&#x017F;chlangen.</fw><lb/>
im Kauka&#x017F;us und in Egypten vorkommenden Jach&#x017F;chlangen (<hi rendition="#aq">Coronella caucasica</hi> und <hi rendition="#aq">C. aegyptiaca</hi>)<lb/>
als Spielarten der un&#x017F;erigen an&#x017F;ieht. Die&#x017F;e wählt &#x017F;ich zu ihrem Aufenthalte regelmäßig trockenen<lb/>
Boden, &#x017F;onnige, &#x017F;teinige Abhänge, Berghalden, mit dichtem Bu&#x017F;chwerke bewach&#x017F;ene Gehänge, kommt<lb/>
jedoch ausnahmswei&#x017F;e auch im tiefen Lande auf &#x017F;umpfigem oder doch moorigem Boden vor. Nach den<lb/>
Beobachtungen von <hi rendition="#g">Lenz</hi> verkriecht &#x017F;ie &#x017F;ich weit öfter als die Kreuzotter oder Ringelnatter unter<lb/>
glatten Steinen, ver&#x017F;teckt &#x017F;ich auch &#x017F;o unter Mos, daß nur das Köpfchen darüber hervor&#x017F;ieht, höch&#x017F;t<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich in der Ab&#x017F;icht, &#x017F;ich vor ihren zahllo&#x017F;en Feinden zu verbergen.</p><lb/>
          <figure>
            <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Die Schlingnatter</hi><hi rendition="#aq">(Coronella laevls).</hi> Nat. Größe.</hi> </head>
          </figure><lb/>
          <p>Ueber das We&#x017F;en der Schlingnatter &#x017F;prechen &#x017F;ich die ver&#x017F;chiedenen Beobachter nicht überein-<lb/>
&#x017F;timmend aus. Mehrere von ihnen bezeichnen &#x017F;ie als ein &#x017F;an&#x017F;tes, gutmüthiges Thier, während die<lb/>
übrigen das gerade Gegentheil behaupten, dadurch al&#x017F;o den Sipp&#x017F;chaftsnamen zu Ehren bringen.<lb/>
&#x201E;Sie i&#x017F;t&#x201C;, &#x017F;agt <hi rendition="#g">Lenz</hi>, &#x201E;ein jähzorniges, boshaftes Thierchen, welches nicht nur, wenn es fri&#x017F;ch<lb/>
gefangen wird, wüthend um &#x017F;ich beißt, &#x017F;ondern auch in der Stube gewöhnlich noch mehrere Wochen,<lb/>
ja mitunter Monate lang, &#x017F;ehr bi&#x017F;&#x017F;ig bleibt. Wenn man ihr den Hand&#x017F;chuh, einen Rockzipfel &#xA75B;c.<lb/>
vorhält, beißt &#x017F;ie &#x017F;ich regelmäßig &#x017F;o fe&#x017F;t ein, daß &#x017F;ie zuweilen acht Minuten lang und länger hängen<lb/>
bleibt. Jhre Zähnchen &#x017F;ind allerdings &#x017F;o klein und ragen aus dem weichen Zahnflei&#x017F;che &#x017F;o wenig vor,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226/0248] Die Schlangen. Nattern. Jachſchlangen. im Kaukaſus und in Egypten vorkommenden Jachſchlangen (Coronella caucasica und C. aegyptiaca) als Spielarten der unſerigen anſieht. Dieſe wählt ſich zu ihrem Aufenthalte regelmäßig trockenen Boden, ſonnige, ſteinige Abhänge, Berghalden, mit dichtem Buſchwerke bewachſene Gehänge, kommt jedoch ausnahmsweiſe auch im tiefen Lande auf ſumpfigem oder doch moorigem Boden vor. Nach den Beobachtungen von Lenz verkriecht ſie ſich weit öfter als die Kreuzotter oder Ringelnatter unter glatten Steinen, verſteckt ſich auch ſo unter Mos, daß nur das Köpfchen darüber hervorſieht, höchſt wahrſcheinlich in der Abſicht, ſich vor ihren zahlloſen Feinden zu verbergen. [Abbildung Die Schlingnatter (Coronella laevls). Nat. Größe.] Ueber das Weſen der Schlingnatter ſprechen ſich die verſchiedenen Beobachter nicht überein- ſtimmend aus. Mehrere von ihnen bezeichnen ſie als ein ſanſtes, gutmüthiges Thier, während die übrigen das gerade Gegentheil behaupten, dadurch alſo den Sippſchaftsnamen zu Ehren bringen. „Sie iſt“, ſagt Lenz, „ein jähzorniges, boshaftes Thierchen, welches nicht nur, wenn es friſch gefangen wird, wüthend um ſich beißt, ſondern auch in der Stube gewöhnlich noch mehrere Wochen, ja mitunter Monate lang, ſehr biſſig bleibt. Wenn man ihr den Handſchuh, einen Rockzipfel ꝛc. vorhält, beißt ſie ſich regelmäßig ſo feſt ein, daß ſie zuweilen acht Minuten lang und länger hängen bleibt. Jhre Zähnchen ſind allerdings ſo klein und ragen aus dem weichen Zahnfleiſche ſo wenig vor,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/248
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/248>, abgerufen am 22.12.2024.