Verwandten unterscheidet. Sie sollten "Trugschlangen" heißen; denn ihr Ansehen kann in der That betrügen: mit den sogenannten ächten oder Nachtgiftschlangen, den Röhrenzähnern, haben sie weit weniger Aehnlichkeit als mit den Nattern. Jhre Gestalt ist gestreckter als die der Röhrenzähner, die Beschuppung eine andere und der Ausdruck ihres Gesichtes schon aus dem Grunde ein gänzlich verschiedener, weil ihre verhältnißmäßig kleinen Augen nicht so tief in den Höhlen liegen und einen runden Stern haben, sie sich also als Tagthiere kennzeichnen.
Die Kiefern der Furchenzähner sind minder frei beweglich als bei den Röhrenzähnern, die Gift- drüsen kleiner: das Giftwerkzeug erscheint also weniger entwickelt; gleichwohl steht die Wirkung des Bisses der größeren Arten hinter der gleichgroßer Röhrenzähner kaum oder nicht zurück. Doch werden jene dem Menschen nicht in demselben Grade gefährlich wie diese: gerade ihr Tagleben und die damit im Einklange stehende größere Beweglichkeit, welche sie zeigen, sichert in einem gewissen Grade vor ihnen. Dazu kommt, daß sie, wie es scheint, viel weniger jähzornig sind als die Röhren- zähner, erst wenn sie länger gereizt wurden, beißen, ja, gewöhnlich auch angesichts des Menschen die Flucht ergreifen und nur, wenn sie vermeinen, nicht mehr entsliehen zu können, sich entschieden zur Wehre setzen, kurz, nicht so heimtückisch sind oder doch erscheinen als jene. Dagegen sollen sie, gereizt, auch wiederum angriffslustiger sein als die übrigen Giftschlangen, und ihre Feinde wirklich verfolgen.
Als die eigentliche Heimat der Furchenzähner darf man die alte Welt betrachten, obwohl sie auch der neuen nicht fehlen. Hier leben jedoch blos die schwächsten, bis in gewissem Grade harmlosen Arten, während die gefürchteten Glieder der Abtheilung sämmtlich auf der östlichen Halbkugel gefunden werden. Mehrere von ihnen, besonders aber Zwei sind seit uralter Zeit bekannt und haben sich in ihrer Heimat einen hohen Ruhm, ja sogar eine gewisse Verehrung erworben, werden auch noch heutigentages wie vor Jahrtausenden benutzt, um das gläubige Volk zu betrügen.
Jn der ersten Familie vereinigt man die Giftnattern(Elapes), gestreckt gebaute, kleinköpfige und kurzschwänzige Schlangen, deren Leib rundlich oder durch Erhebung der Rückenfirste stumpf drei- eckig erscheint. Die Nasenlöcher öffnen sich seitlich an dem abgerundeten Schnauzenende; die Zügel- schilder fehlen gewöhnlich; der Kopf wird oben mit großen Schildern bekleidet. Die Beschuppung des Leibes ändert vielfach ab.
Die Familie verbreitet sich über beide Erdhälsten, entwickelt sich auf der östlichen zu größerer Manchfaltigkeit, wird jedoch in Europa glücklicherweise nicht vertreten. Alle zu ihr zählenden Arten leben auf dem Boden; einzelne sind jedoch auch fähig, Bäume zu besteigen, scheinen Dies aber nur aus- nahmsweise zu thun. Die größeren stellen kleinen Wirbelthieren, die kleineren Kerfen und Schnecken nach. Jene überfallen ihre Beute von einem Hinterhalte her, verfolgen sie aber zuweilen auf kurze Strecken, beißen und lassen das Opfer dann verenden; diese scheinen ihre Nahrung aufzuspüren, zu ergreifen und erst beim Verschlingen zu vergiften. Ueber die Fortpflanzung fehlen noch zuverlässige Mittheilungen.
Jm allgemeinen stehen die Giftschlangen den ungiftigen an Schönheit der Färbung nach; einige der erstgenannten aber gibt es doch, welche hierin mit diesen wetteifern können; ja, vielleicht werden die Mitglieder der ersten Sippe unserer Familie von keiner Schlange oder keinem Kriechthiere überhaupt an Farbenschönheit übertroffen. Sie, die Prunkottern(Elaps) sind kleine, etwas plumpe Schlangen mit rundlichem Leibe, zierlichem, vom Halse kaum abgesetzten Kopfe und kurzem Schwanze. Jhre Bekleidung besteht aus gleichartigen, glatten Schuppen, welche den ganzen Leib umgeben, auf der Unterseite des Schwanzes aber paarweise stehen und auf der Stirnplatte kleine Schilder bilden. Die Mundöffnung ist sehr klein, und die Kinnladen können sich wegen der Kürze der Trommel- und Zitzenbeine nur wenig ausdehnen. Das Gebiß zeigt kleine derbe Zähne hinter den Giftzähnen. Ueber letztere ist man lange Zeit in Zweifel gewesen, da einzelne der tüchtigsten Naturforscher, unter anderen der Prinz von Wied, trotz der sorgfältigsten Untersuchung keine Durchbohrung oder
Die Schlangen. Giftnattern. Prunkottern.
Verwandten unterſcheidet. Sie ſollten „Trugſchlangen“ heißen; denn ihr Anſehen kann in der That betrügen: mit den ſogenannten ächten oder Nachtgiftſchlangen, den Röhrenzähnern, haben ſie weit weniger Aehnlichkeit als mit den Nattern. Jhre Geſtalt iſt geſtreckter als die der Röhrenzähner, die Beſchuppung eine andere und der Ausdruck ihres Geſichtes ſchon aus dem Grunde ein gänzlich verſchiedener, weil ihre verhältnißmäßig kleinen Augen nicht ſo tief in den Höhlen liegen und einen runden Stern haben, ſie ſich alſo als Tagthiere kennzeichnen.
Die Kiefern der Furchenzähner ſind minder frei beweglich als bei den Röhrenzähnern, die Gift- drüſen kleiner: das Giftwerkzeug erſcheint alſo weniger entwickelt; gleichwohl ſteht die Wirkung des Biſſes der größeren Arten hinter der gleichgroßer Röhrenzähner kaum oder nicht zurück. Doch werden jene dem Menſchen nicht in demſelben Grade gefährlich wie dieſe: gerade ihr Tagleben und die damit im Einklange ſtehende größere Beweglichkeit, welche ſie zeigen, ſichert in einem gewiſſen Grade vor ihnen. Dazu kommt, daß ſie, wie es ſcheint, viel weniger jähzornig ſind als die Röhren- zähner, erſt wenn ſie länger gereizt wurden, beißen, ja, gewöhnlich auch angeſichts des Menſchen die Flucht ergreifen und nur, wenn ſie vermeinen, nicht mehr entſliehen zu können, ſich entſchieden zur Wehre ſetzen, kurz, nicht ſo heimtückiſch ſind oder doch erſcheinen als jene. Dagegen ſollen ſie, gereizt, auch wiederum angriffsluſtiger ſein als die übrigen Giftſchlangen, und ihre Feinde wirklich verfolgen.
Als die eigentliche Heimat der Furchenzähner darf man die alte Welt betrachten, obwohl ſie auch der neuen nicht fehlen. Hier leben jedoch blos die ſchwächſten, bis in gewiſſem Grade harmloſen Arten, während die gefürchteten Glieder der Abtheilung ſämmtlich auf der öſtlichen Halbkugel gefunden werden. Mehrere von ihnen, beſonders aber Zwei ſind ſeit uralter Zeit bekannt und haben ſich in ihrer Heimat einen hohen Ruhm, ja ſogar eine gewiſſe Verehrung erworben, werden auch noch heutigentages wie vor Jahrtauſenden benutzt, um das gläubige Volk zu betrügen.
Jn der erſten Familie vereinigt man die Giftnattern(Elapes), geſtreckt gebaute, kleinköpfige und kurzſchwänzige Schlangen, deren Leib rundlich oder durch Erhebung der Rückenfirſte ſtumpf drei- eckig erſcheint. Die Naſenlöcher öffnen ſich ſeitlich an dem abgerundeten Schnauzenende; die Zügel- ſchilder fehlen gewöhnlich; der Kopf wird oben mit großen Schildern bekleidet. Die Beſchuppung des Leibes ändert vielfach ab.
Die Familie verbreitet ſich über beide Erdhälſten, entwickelt ſich auf der öſtlichen zu größerer Manchfaltigkeit, wird jedoch in Europa glücklicherweiſe nicht vertreten. Alle zu ihr zählenden Arten leben auf dem Boden; einzelne ſind jedoch auch fähig, Bäume zu beſteigen, ſcheinen Dies aber nur aus- nahmsweiſe zu thun. Die größeren ſtellen kleinen Wirbelthieren, die kleineren Kerfen und Schnecken nach. Jene überfallen ihre Beute von einem Hinterhalte her, verfolgen ſie aber zuweilen auf kurze Strecken, beißen und laſſen das Opfer dann verenden; dieſe ſcheinen ihre Nahrung aufzuſpüren, zu ergreifen und erſt beim Verſchlingen zu vergiften. Ueber die Fortpflanzung fehlen noch zuverläſſige Mittheilungen.
Jm allgemeinen ſtehen die Giftſchlangen den ungiftigen an Schönheit der Färbung nach; einige der erſtgenannten aber gibt es doch, welche hierin mit dieſen wetteifern können; ja, vielleicht werden die Mitglieder der erſten Sippe unſerer Familie von keiner Schlange oder keinem Kriechthiere überhaupt an Farbenſchönheit übertroffen. Sie, die Prunkottern(Elaps) ſind kleine, etwas plumpe Schlangen mit rundlichem Leibe, zierlichem, vom Halſe kaum abgeſetzten Kopfe und kurzem Schwanze. Jhre Bekleidung beſteht aus gleichartigen, glatten Schuppen, welche den ganzen Leib umgeben, auf der Unterſeite des Schwanzes aber paarweiſe ſtehen und auf der Stirnplatte kleine Schilder bilden. Die Mundöffnung iſt ſehr klein, und die Kinnladen können ſich wegen der Kürze der Trommel- und Zitzenbeine nur wenig ausdehnen. Das Gebiß zeigt kleine derbe Zähne hinter den Giftzähnen. Ueber letztere iſt man lange Zeit in Zweifel geweſen, da einzelne der tüchtigſten Naturforſcher, unter anderen der Prinz von Wied, trotz der ſorgfältigſten Unterſuchung keine Durchbohrung oder
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Die Schlangen. Giftnattern. Prunkottern.
Verwandten unterſcheidet. Sie ſollten „Trugſchlangen“ heißen; denn ihr Anſehen kann in der That
betrügen: mit den ſogenannten ächten oder Nachtgiftſchlangen, den Röhrenzähnern, haben ſie weit
weniger Aehnlichkeit als mit den Nattern. Jhre Geſtalt iſt geſtreckter als die der Röhrenzähner, die
Beſchuppung eine andere und der Ausdruck ihres Geſichtes ſchon aus dem Grunde ein gänzlich
verſchiedener, weil ihre verhältnißmäßig kleinen Augen nicht ſo tief in den Höhlen liegen und einen
runden Stern haben, ſie ſich alſo als Tagthiere kennzeichnen.
Die Kiefern der Furchenzähner ſind minder frei beweglich als bei den Röhrenzähnern, die Gift-
drüſen kleiner: das Giftwerkzeug erſcheint alſo weniger entwickelt; gleichwohl ſteht die Wirkung des
Biſſes der größeren Arten hinter der gleichgroßer Röhrenzähner kaum oder nicht zurück. Doch
werden jene dem Menſchen nicht in demſelben Grade gefährlich wie dieſe: gerade ihr Tagleben und
die damit im Einklange ſtehende größere Beweglichkeit, welche ſie zeigen, ſichert in einem gewiſſen
Grade vor ihnen. Dazu kommt, daß ſie, wie es ſcheint, viel weniger jähzornig ſind als die Röhren-
zähner, erſt wenn ſie länger gereizt wurden, beißen, ja, gewöhnlich auch angeſichts des Menſchen die
Flucht ergreifen und nur, wenn ſie vermeinen, nicht mehr entſliehen zu können, ſich entſchieden zur
Wehre ſetzen, kurz, nicht ſo heimtückiſch ſind oder doch erſcheinen als jene. Dagegen ſollen ſie, gereizt,
auch wiederum angriffsluſtiger ſein als die übrigen Giftſchlangen, und ihre Feinde wirklich verfolgen.
Als die eigentliche Heimat der Furchenzähner darf man die alte Welt betrachten, obwohl ſie auch
der neuen nicht fehlen. Hier leben jedoch blos die ſchwächſten, bis in gewiſſem Grade harmloſen
Arten, während die gefürchteten Glieder der Abtheilung ſämmtlich auf der öſtlichen Halbkugel
gefunden werden. Mehrere von ihnen, beſonders aber Zwei ſind ſeit uralter Zeit bekannt und haben
ſich in ihrer Heimat einen hohen Ruhm, ja ſogar eine gewiſſe Verehrung erworben, werden auch noch
heutigentages wie vor Jahrtauſenden benutzt, um das gläubige Volk zu betrügen.
Jn der erſten Familie vereinigt man die Giftnattern (Elapes), geſtreckt gebaute, kleinköpfige
und kurzſchwänzige Schlangen, deren Leib rundlich oder durch Erhebung der Rückenfirſte ſtumpf drei-
eckig erſcheint. Die Naſenlöcher öffnen ſich ſeitlich an dem abgerundeten Schnauzenende; die Zügel-
ſchilder fehlen gewöhnlich; der Kopf wird oben mit großen Schildern bekleidet. Die Beſchuppung
des Leibes ändert vielfach ab.
Die Familie verbreitet ſich über beide Erdhälſten, entwickelt ſich auf der öſtlichen zu größerer
Manchfaltigkeit, wird jedoch in Europa glücklicherweiſe nicht vertreten. Alle zu ihr zählenden Arten
leben auf dem Boden; einzelne ſind jedoch auch fähig, Bäume zu beſteigen, ſcheinen Dies aber nur aus-
nahmsweiſe zu thun. Die größeren ſtellen kleinen Wirbelthieren, die kleineren Kerfen und Schnecken
nach. Jene überfallen ihre Beute von einem Hinterhalte her, verfolgen ſie aber zuweilen auf kurze
Strecken, beißen und laſſen das Opfer dann verenden; dieſe ſcheinen ihre Nahrung aufzuſpüren, zu
ergreifen und erſt beim Verſchlingen zu vergiften. Ueber die Fortpflanzung fehlen noch zuverläſſige
Mittheilungen.
Jm allgemeinen ſtehen die Giftſchlangen den ungiftigen an Schönheit der Färbung nach; einige
der erſtgenannten aber gibt es doch, welche hierin mit dieſen wetteifern können; ja, vielleicht werden
die Mitglieder der erſten Sippe unſerer Familie von keiner Schlange oder keinem Kriechthiere überhaupt
an Farbenſchönheit übertroffen. Sie, die Prunkottern (Elaps) ſind kleine, etwas plumpe Schlangen
mit rundlichem Leibe, zierlichem, vom Halſe kaum abgeſetzten Kopfe und kurzem Schwanze. Jhre
Bekleidung beſteht aus gleichartigen, glatten Schuppen, welche den ganzen Leib umgeben, auf der
Unterſeite des Schwanzes aber paarweiſe ſtehen und auf der Stirnplatte kleine Schilder bilden. Die
Mundöffnung iſt ſehr klein, und die Kinnladen können ſich wegen der Kürze der Trommel- und
Zitzenbeine nur wenig ausdehnen. Das Gebiß zeigt kleine derbe Zähne hinter den Giftzähnen.
Ueber letztere iſt man lange Zeit in Zweifel geweſen, da einzelne der tüchtigſten Naturforſcher, unter
anderen der Prinz von Wied, trotz der ſorgfältigſten Unterſuchung keine Durchbohrung oder
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/278>, abgerufen am 22.12.2024.
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