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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Korallenotter.
Furchung derselben entdecken konnte, während diese bei anderen Arten derselben Sippe entdeckt wurde.
Der Prinz hält die von ihm beobachteten Prunkottern deshalb für unschuldige Schlangen und
spricht auch den übrigen die Gefährlichkeit ab. "Selbst wenn bei ihnen", sagt er, "durchbohrte Zähne
Gift enthielten, so würden diese Thiere dennoch sehr wenig zu fürchten sein, da sie bei der Kleinheit
und geringen Spaltung des Mundes höchstens nur ganz kleine Thiere beißen und dem Menschen
nicht gefährlich werden können. Die Prunkottern, deren ich viele ohne den geringsten Nachtheil
lebend mit mir umhergetragen habe, scheinen durch ihre Bildung sehr verwandt mit den Doppel-
schleichen zu sein: der platte, vorn abgerundete Kopf, das kleine Auge, die langen, vereinzelt stehenden
Zähne am Vordertheile des Oberkiefers, der kleine, kaum zu öffnende Mund, der nicht ausdehnbare
Nacken sind ziemlich übereinstimmende Züge. Was ihnen durch den Bau der Kiefer abgeht, scheint
die Natur durch die Länge der starken Fangzähne ersetzt zu haben, welche übrigens nur gegen sehr
kleine Thiere, als Würmer und Kerbthiere, gebraucht werden können." Die neueren Forscher sind
sich darin einig, daß die betreffenden Schlangen zu den giftigen gestellt werden müssen, obgleich auch
sie dieselben nicht zu den zu fürchtenden zählen.

Die Sippe ist vorzugsweise in Amerika entwickelt, wird jedoch auch in Asien, Afrika und
Australien durch einzelne Arten vertreten. Die alt- und neuweltlichen unterscheiden sich durch
unbedeutende Verschiedenheiten in der Gestalt und eine bestimmte Anordnung der Farben, indem die
amerikanischen geringelt, die indischen Arten hingegen der Länge nach gestreift sind. Zu ihren
Aufenthaltsorten wählen sie Waldungen oder doch buschreiche Gegenden. Jn ihrer Lebensart und
ihren Bewegungen ähneln sie den Nattern.

Eine der prachtvollsten Arten ist die Korallenotter (Elaps corallinus), eine Schlange von
2 bis 21/4 Fuß Länge, wovon der Schwanz etwa 4 Zoll wegnimmt. "Die Grundfarbe des ganzen
Thieres", sagt der Prinz, "ist ein prächtiges Zinnoberroth von ungemein lebhaftem, am Bauche etwas
matten Glanze. Diese schöne rothe Farbe ist an dem Rumpfe in ziemlich regelmäßigen Zwischen-
räumen durch sechzehn bis neunzehn schwarze, rundumlaufende, etwa vier bis sechs Linien breite
Ringe unterbrochen, welche an ihrem vorderen und hinteren Rande von der rothen Farbe durch einen
schmalen, grünlichweißen Ring höchst sauber geschieden werden. Alle rothen und grünlichweißen
Ringe sind schwarz punktirt, da jede ihrer Schuppen eine schwarze Spitze hat. Die vordere Hälfte des
Kopfes ist bläulichschwarz, ebenso die der Kopfschilder; neben den beiden Hinterhauptsschildern beginnt
ein grünlichweißer Streifen, zieht sich hinter dem Auge herab und färbt den ganzen Unterkiefer; hinter
diesem liegt ein schwarzes Halsband oder der erste schwarze Ring, auf welchen alsdann der rothe
folgt. Der Schwanz hat gewöhnlich Nichts von der rothen Farbe, sondern zeigt auf schwarzem
Grunde etwa acht weißliche Ringe und eine kurze, weiße Endspitze. Die Färbung scheint sehr
beständig zu sein.

Die Korallenotter bewohnt, nach Angabe des Prinzen, die großen Waldungen und Gebüsche
bei Rio de Janeiro, Cabo Frio und am Parahyba, kommt aber auch in Mejiko vor. Auf ganz
offenen Stellen bemerkt man sie seltener, obschon sie zuweilen auch hier, ja selbst in der Nähe der
Wohnungen gefunden wird. Jn Sümpfen scheint sie nicht zu leben, vielmehr sandigen Grund oder
den kühlen, feuchten Boden der Wälder, wo Pflanzen, faulende, abgefallene Blätter und dergleichen
ihr Zufluchtsorte gewähren, allen anderen Oertlichkeiten zu bevorzugen. "Der Jäger", schildert
der Prinz, "welcher jenen mit Pflanzen dicht überzogenen Waldboden betritt, staunt überrascht und
erfrent, wenn er im Grünen die brennendrothen Ringe dieser Zierde der Schlangen glänzen sieht,
und blos Ungewißheit über die Gefährlichkeit oder Unschädlichkeit des Thieres hält ihn anfänglich ab,
seine Hand nach dem schönen Gegenstande auszustrecken; wir jedoch lernten bald, daß keine Gefahr
dabei war, wenn wir diese Thiere aufhoben und lebend in unseren Taschen mit umhertrugen. Jch
habe die Korallenotter auf meinen Jagdausflügen häufig gefunden, obgleich in der warmen Jahres-
zeit mehr als in der kalten. Sie gehört nicht zu den schnellen Schlangen, sondern wird bald eingeholt,

Brehm, Thierleben. V. 17

Korallenotter.
Furchung derſelben entdecken konnte, während dieſe bei anderen Arten derſelben Sippe entdeckt wurde.
Der Prinz hält die von ihm beobachteten Prunkottern deshalb für unſchuldige Schlangen und
ſpricht auch den übrigen die Gefährlichkeit ab. „Selbſt wenn bei ihnen“, ſagt er, „durchbohrte Zähne
Gift enthielten, ſo würden dieſe Thiere dennoch ſehr wenig zu fürchten ſein, da ſie bei der Kleinheit
und geringen Spaltung des Mundes höchſtens nur ganz kleine Thiere beißen und dem Menſchen
nicht gefährlich werden können. Die Prunkottern, deren ich viele ohne den geringſten Nachtheil
lebend mit mir umhergetragen habe, ſcheinen durch ihre Bildung ſehr verwandt mit den Doppel-
ſchleichen zu ſein: der platte, vorn abgerundete Kopf, das kleine Auge, die langen, vereinzelt ſtehenden
Zähne am Vordertheile des Oberkiefers, der kleine, kaum zu öffnende Mund, der nicht ausdehnbare
Nacken ſind ziemlich übereinſtimmende Züge. Was ihnen durch den Bau der Kiefer abgeht, ſcheint
die Natur durch die Länge der ſtarken Fangzähne erſetzt zu haben, welche übrigens nur gegen ſehr
kleine Thiere, als Würmer und Kerbthiere, gebraucht werden können.“ Die neueren Forſcher ſind
ſich darin einig, daß die betreffenden Schlangen zu den giftigen geſtellt werden müſſen, obgleich auch
ſie dieſelben nicht zu den zu fürchtenden zählen.

Die Sippe iſt vorzugsweiſe in Amerika entwickelt, wird jedoch auch in Aſien, Afrika und
Auſtralien durch einzelne Arten vertreten. Die alt- und neuweltlichen unterſcheiden ſich durch
unbedeutende Verſchiedenheiten in der Geſtalt und eine beſtimmte Anordnung der Farben, indem die
amerikaniſchen geringelt, die indiſchen Arten hingegen der Länge nach geſtreift ſind. Zu ihren
Aufenthaltsorten wählen ſie Waldungen oder doch buſchreiche Gegenden. Jn ihrer Lebensart und
ihren Bewegungen ähneln ſie den Nattern.

Eine der prachtvollſten Arten iſt die Korallenotter (Elaps corallinus), eine Schlange von
2 bis 2¼ Fuß Länge, wovon der Schwanz etwa 4 Zoll wegnimmt. „Die Grundfarbe des ganzen
Thieres“, ſagt der Prinz, „iſt ein prächtiges Zinnoberroth von ungemein lebhaftem, am Bauche etwas
matten Glanze. Dieſe ſchöne rothe Farbe iſt an dem Rumpfe in ziemlich regelmäßigen Zwiſchen-
räumen durch ſechzehn bis neunzehn ſchwarze, rundumlaufende, etwa vier bis ſechs Linien breite
Ringe unterbrochen, welche an ihrem vorderen und hinteren Rande von der rothen Farbe durch einen
ſchmalen, grünlichweißen Ring höchſt ſauber geſchieden werden. Alle rothen und grünlichweißen
Ringe ſind ſchwarz punktirt, da jede ihrer Schuppen eine ſchwarze Spitze hat. Die vordere Hälfte des
Kopfes iſt bläulichſchwarz, ebenſo die der Kopfſchilder; neben den beiden Hinterhauptsſchildern beginnt
ein grünlichweißer Streifen, zieht ſich hinter dem Auge herab und färbt den ganzen Unterkiefer; hinter
dieſem liegt ein ſchwarzes Halsband oder der erſte ſchwarze Ring, auf welchen alsdann der rothe
folgt. Der Schwanz hat gewöhnlich Nichts von der rothen Farbe, ſondern zeigt auf ſchwarzem
Grunde etwa acht weißliche Ringe und eine kurze, weiße Endſpitze. Die Färbung ſcheint ſehr
beſtändig zu ſein.

Die Korallenotter bewohnt, nach Angabe des Prinzen, die großen Waldungen und Gebüſche
bei Rio de Janeiro, Cabo Frio und am Parahyba, kommt aber auch in Mejiko vor. Auf ganz
offenen Stellen bemerkt man ſie ſeltener, obſchon ſie zuweilen auch hier, ja ſelbſt in der Nähe der
Wohnungen gefunden wird. Jn Sümpfen ſcheint ſie nicht zu leben, vielmehr ſandigen Grund oder
den kühlen, feuchten Boden der Wälder, wo Pflanzen, faulende, abgefallene Blätter und dergleichen
ihr Zufluchtsorte gewähren, allen anderen Oertlichkeiten zu bevorzugen. „Der Jäger“, ſchildert
der Prinz, „welcher jenen mit Pflanzen dicht überzogenen Waldboden betritt, ſtaunt überraſcht und
erfrent, wenn er im Grünen die brennendrothen Ringe dieſer Zierde der Schlangen glänzen ſieht,
und blos Ungewißheit über die Gefährlichkeit oder Unſchädlichkeit des Thieres hält ihn anfänglich ab,
ſeine Hand nach dem ſchönen Gegenſtande auszuſtrecken; wir jedoch lernten bald, daß keine Gefahr
dabei war, wenn wir dieſe Thiere aufhoben und lebend in unſeren Taſchen mit umhertrugen. Jch
habe die Korallenotter auf meinen Jagdausflügen häufig gefunden, obgleich in der warmen Jahres-
zeit mehr als in der kalten. Sie gehört nicht zu den ſchnellen Schlangen, ſondern wird bald eingeholt,

Brehm, Thierleben. V. 17
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[257/0279] Korallenotter. Furchung derſelben entdecken konnte, während dieſe bei anderen Arten derſelben Sippe entdeckt wurde. Der Prinz hält die von ihm beobachteten Prunkottern deshalb für unſchuldige Schlangen und ſpricht auch den übrigen die Gefährlichkeit ab. „Selbſt wenn bei ihnen“, ſagt er, „durchbohrte Zähne Gift enthielten, ſo würden dieſe Thiere dennoch ſehr wenig zu fürchten ſein, da ſie bei der Kleinheit und geringen Spaltung des Mundes höchſtens nur ganz kleine Thiere beißen und dem Menſchen nicht gefährlich werden können. Die Prunkottern, deren ich viele ohne den geringſten Nachtheil lebend mit mir umhergetragen habe, ſcheinen durch ihre Bildung ſehr verwandt mit den Doppel- ſchleichen zu ſein: der platte, vorn abgerundete Kopf, das kleine Auge, die langen, vereinzelt ſtehenden Zähne am Vordertheile des Oberkiefers, der kleine, kaum zu öffnende Mund, der nicht ausdehnbare Nacken ſind ziemlich übereinſtimmende Züge. Was ihnen durch den Bau der Kiefer abgeht, ſcheint die Natur durch die Länge der ſtarken Fangzähne erſetzt zu haben, welche übrigens nur gegen ſehr kleine Thiere, als Würmer und Kerbthiere, gebraucht werden können.“ Die neueren Forſcher ſind ſich darin einig, daß die betreffenden Schlangen zu den giftigen geſtellt werden müſſen, obgleich auch ſie dieſelben nicht zu den zu fürchtenden zählen. Die Sippe iſt vorzugsweiſe in Amerika entwickelt, wird jedoch auch in Aſien, Afrika und Auſtralien durch einzelne Arten vertreten. Die alt- und neuweltlichen unterſcheiden ſich durch unbedeutende Verſchiedenheiten in der Geſtalt und eine beſtimmte Anordnung der Farben, indem die amerikaniſchen geringelt, die indiſchen Arten hingegen der Länge nach geſtreift ſind. Zu ihren Aufenthaltsorten wählen ſie Waldungen oder doch buſchreiche Gegenden. Jn ihrer Lebensart und ihren Bewegungen ähneln ſie den Nattern. Eine der prachtvollſten Arten iſt die Korallenotter (Elaps corallinus), eine Schlange von 2 bis 2¼ Fuß Länge, wovon der Schwanz etwa 4 Zoll wegnimmt. „Die Grundfarbe des ganzen Thieres“, ſagt der Prinz, „iſt ein prächtiges Zinnoberroth von ungemein lebhaftem, am Bauche etwas matten Glanze. Dieſe ſchöne rothe Farbe iſt an dem Rumpfe in ziemlich regelmäßigen Zwiſchen- räumen durch ſechzehn bis neunzehn ſchwarze, rundumlaufende, etwa vier bis ſechs Linien breite Ringe unterbrochen, welche an ihrem vorderen und hinteren Rande von der rothen Farbe durch einen ſchmalen, grünlichweißen Ring höchſt ſauber geſchieden werden. Alle rothen und grünlichweißen Ringe ſind ſchwarz punktirt, da jede ihrer Schuppen eine ſchwarze Spitze hat. Die vordere Hälfte des Kopfes iſt bläulichſchwarz, ebenſo die der Kopfſchilder; neben den beiden Hinterhauptsſchildern beginnt ein grünlichweißer Streifen, zieht ſich hinter dem Auge herab und färbt den ganzen Unterkiefer; hinter dieſem liegt ein ſchwarzes Halsband oder der erſte ſchwarze Ring, auf welchen alsdann der rothe folgt. Der Schwanz hat gewöhnlich Nichts von der rothen Farbe, ſondern zeigt auf ſchwarzem Grunde etwa acht weißliche Ringe und eine kurze, weiße Endſpitze. Die Färbung ſcheint ſehr beſtändig zu ſein. Die Korallenotter bewohnt, nach Angabe des Prinzen, die großen Waldungen und Gebüſche bei Rio de Janeiro, Cabo Frio und am Parahyba, kommt aber auch in Mejiko vor. Auf ganz offenen Stellen bemerkt man ſie ſeltener, obſchon ſie zuweilen auch hier, ja ſelbſt in der Nähe der Wohnungen gefunden wird. Jn Sümpfen ſcheint ſie nicht zu leben, vielmehr ſandigen Grund oder den kühlen, feuchten Boden der Wälder, wo Pflanzen, faulende, abgefallene Blätter und dergleichen ihr Zufluchtsorte gewähren, allen anderen Oertlichkeiten zu bevorzugen. „Der Jäger“, ſchildert der Prinz, „welcher jenen mit Pflanzen dicht überzogenen Waldboden betritt, ſtaunt überraſcht und erfrent, wenn er im Grünen die brennendrothen Ringe dieſer Zierde der Schlangen glänzen ſieht, und blos Ungewißheit über die Gefährlichkeit oder Unſchädlichkeit des Thieres hält ihn anfänglich ab, ſeine Hand nach dem ſchönen Gegenſtande auszuſtrecken; wir jedoch lernten bald, daß keine Gefahr dabei war, wenn wir dieſe Thiere aufhoben und lebend in unſeren Taſchen mit umhertrugen. Jch habe die Korallenotter auf meinen Jagdausflügen häufig gefunden, obgleich in der warmen Jahres- zeit mehr als in der kalten. Sie gehört nicht zu den ſchnellen Schlangen, ſondern wird bald eingeholt, Brehm, Thierleben. V. 17

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/279>, abgerufen am 22.12.2024.