niemals flieht und die Vertheidigung gar nicht selten in einen Angriff verwandelt. Mindestens sonderbar ist, daß die Ansiedler am Vorgebirge der guten Hoffnung dieselbe Ueberzeugung hegen wie die Alten, daß nämlich die Aspis ihr Gift von sich speie und dadurch einen Angreifer gefährden könne. Gordon Cumming versichert, daß ihm selbst ein derartiges Mißgeschick begegnet sei, und er in Folge dessen eine ganze Nacht die wüthendsten Schmerzen habe aushalten müssen; aber Gordon Cumming hat so Manches versichert, daß er in diesem Falle kaum darauf rechnen kann, bedauert zu werden.
Hinsichtlich der Bewegungsfähigkeit und der Art und Weise, sich zu bewegen, kommt die Haie, wie es scheint, vollständig mit der Brillenschlange überein. Auch sie ist gewandt auf dem Boden, geht oft und freiwillig ins Wasser, schwimmt sehr gut und klettert, möglicherweise noch häufiger und gewandter als ihre Verwandte.
Die Beute der Aspis besteht in allerlei kleinen Thieren, insbesondere in Feld-, Renn- und Springmäusen (Bd. II, S. 184), Vögeln, welche am Boden leben und deren Brut, Eidechsen, anderen Schlangen, Fröschen und Kröten, je nach Oertlichkeit und Gelegenheit. Jm allgemeinen mag sie sich, wie alle Giftschlangen überhaupt, durch ihre Räubereien nützlich machen; der Gewinn aber, welchen sie in dieser Weise den Menschen bringt, darf schwerlich hoch angeschlagen werden, und die allgemeine Verfolgung, welche sie heutigentages erleidet, ist gewiß vollkommen gerechtfertigt. Jeder egyptische Gaukler fängt sich die Aspiden, deren er zu seinen Schaustellungen bedarf, selbst ein, und zwar auf die einfachste Weise von der Welt. Bewassnet mit einem langen, starken Stocke aus Mimosenholz, dem sogenannten Nabuht, besucht er versprechende Plätze und stöbert hier alle geeigneten Schlupfwinkel durch, bis er einer Haie ansichtig wird. An dem einen Ende des Stockes hat er ein Lumpenbündel befestigt, und dieses hält er der Schlange vor, sobald sie drohend sich aufrichtet und Miene macht, von der Vertheidigung zum Angriffe überzugehen. Jn der Wuth beißt sie in die Lumpen, und in demselben Augenblicke wirft der Fänger mit einer raschen Bewegung den Stock zurück, in der Absicht, ihr die Zähne auszubrechen. Niemals aber begnügt er sich mit einem Versuche, sondern immer foppt und reizt er die Schlange so lange, bis sie viele Male gebissen, ihre Giftzähne bestimmt verloren und sich gleichzeitig vollständig erschöpft hat. Nunmehr drückt er ihren Kopf mit dem Knüppel fest auf den Boden, nähert sich vorsichtig, packt sie am Halse, drückt sie an der ihm bekannten Stelle des Nackens, versetzt sie in eine Art von Starrkrampf und untersucht ihr endlich das Maul, um zu sehen, ob auch wirklich die Giftzähne ausgerissen wurden. Auch er weiß sehr wohl, daß diese Waffen sich von selbst wieder ersetzen, und unterläßt es nie, von Zeit zu Zeit das alte Spiel zu wiederholen.
Von der Wahrheit vorstehender Worte habe ich mich durch eigene Beobachtung überzeugt. Während wir uns in Fajum am Mörissee aufhielten, erschien eines Tages ein Haui in unserer Wohnung und versicherte uns, daß in derselben Schlangen sich eingenistet hätten, und er gekommen sei, dieselben zu vertreiben. Jch entgegnete ihm, daß wir das Letztere bereits selbst besorgt hätten, jedoch geneigt wären, ihm eine Schaustellung vor uns zu gestatten. Sofort öffnete er den mitgebrachten Schlangensack und ließ sechs bis acht Aspiden in unserem Zimmer "tanzen". Nunmehr ersuchte ich ihn, mir einige zu bringen, welche noch im Besitze ihrer Giftzähne seien, da ich wisse, daß die, welche wir vor uns sähen, gedachte Zähne nicht mehr besäßen. Er betheuerte das Gegen- theil, bis wir uns ihm als Schlangenbeschwörer aus Frankistan, dem Lande der Europäer, also gewissermaßen als Berufsgenossen vorstellten. Das Glück, welches ich habe, wenn ich irgend eine Thierschaubude besuche und erkannt werde, nämlich, mit größter Zuvorkommenheit behandelt und "Herr Kollege" genannt zu werden, wurde mir auch in diesem Falle zu Theil. Unser Haui zwinkerte vielsagend mit den Augen und ließ einige landläufige Redensarten über "Leben und Leben lassen, Härte des Schicksals, Schwierigkeit des Broterwerbes, dummes Volk, Söhne, Enkel, Urenkel und Nachkommen von Esel" (worunter er seine hochachtbaren Schaugäste verstand) und Aehnliches mehr vernehmen, versprach auch schließlich, wahrscheinlich mehr durch die in Aussicht gestellte Belohnung
Die Schlangen. Giftnattern. Schildvipern.
niemals flieht und die Vertheidigung gar nicht ſelten in einen Angriff verwandelt. Mindeſtens ſonderbar iſt, daß die Anſiedler am Vorgebirge der guten Hoffnung dieſelbe Ueberzeugung hegen wie die Alten, daß nämlich die Aſpis ihr Gift von ſich ſpeie und dadurch einen Angreifer gefährden könne. Gordon Cumming verſichert, daß ihm ſelbſt ein derartiges Mißgeſchick begegnet ſei, und er in Folge deſſen eine ganze Nacht die wüthendſten Schmerzen habe aushalten müſſen; aber Gordon Cumming hat ſo Manches verſichert, daß er in dieſem Falle kaum darauf rechnen kann, bedauert zu werden.
Hinſichtlich der Bewegungsfähigkeit und der Art und Weiſe, ſich zu bewegen, kommt die Haie, wie es ſcheint, vollſtändig mit der Brillenſchlange überein. Auch ſie iſt gewandt auf dem Boden, geht oft und freiwillig ins Waſſer, ſchwimmt ſehr gut und klettert, möglicherweiſe noch häufiger und gewandter als ihre Verwandte.
Die Beute der Aſpis beſteht in allerlei kleinen Thieren, insbeſondere in Feld-, Renn- und Springmäuſen (Bd. II, S. 184), Vögeln, welche am Boden leben und deren Brut, Eidechſen, anderen Schlangen, Fröſchen und Kröten, je nach Oertlichkeit und Gelegenheit. Jm allgemeinen mag ſie ſich, wie alle Giftſchlangen überhaupt, durch ihre Räubereien nützlich machen; der Gewinn aber, welchen ſie in dieſer Weiſe den Menſchen bringt, darf ſchwerlich hoch angeſchlagen werden, und die allgemeine Verfolgung, welche ſie heutigentages erleidet, iſt gewiß vollkommen gerechtfertigt. Jeder egyptiſche Gaukler fängt ſich die Aſpiden, deren er zu ſeinen Schauſtellungen bedarf, ſelbſt ein, und zwar auf die einfachſte Weiſe von der Welt. Bewaſſnet mit einem langen, ſtarken Stocke aus Mimoſenholz, dem ſogenannten Nabuht, beſucht er verſprechende Plätze und ſtöbert hier alle geeigneten Schlupfwinkel durch, bis er einer Haie anſichtig wird. An dem einen Ende des Stockes hat er ein Lumpenbündel befeſtigt, und dieſes hält er der Schlange vor, ſobald ſie drohend ſich aufrichtet und Miene macht, von der Vertheidigung zum Angriffe überzugehen. Jn der Wuth beißt ſie in die Lumpen, und in demſelben Augenblicke wirft der Fänger mit einer raſchen Bewegung den Stock zurück, in der Abſicht, ihr die Zähne auszubrechen. Niemals aber begnügt er ſich mit einem Verſuche, ſondern immer foppt und reizt er die Schlange ſo lange, bis ſie viele Male gebiſſen, ihre Giftzähne beſtimmt verloren und ſich gleichzeitig vollſtändig erſchöpft hat. Nunmehr drückt er ihren Kopf mit dem Knüppel feſt auf den Boden, nähert ſich vorſichtig, packt ſie am Halſe, drückt ſie an der ihm bekannten Stelle des Nackens, verſetzt ſie in eine Art von Starrkrampf und unterſucht ihr endlich das Maul, um zu ſehen, ob auch wirklich die Giftzähne ausgeriſſen wurden. Auch er weiß ſehr wohl, daß dieſe Waffen ſich von ſelbſt wieder erſetzen, und unterläßt es nie, von Zeit zu Zeit das alte Spiel zu wiederholen.
Von der Wahrheit vorſtehender Worte habe ich mich durch eigene Beobachtung überzeugt. Während wir uns in Fajum am Mörisſee aufhielten, erſchien eines Tages ein Haui in unſerer Wohnung und verſicherte uns, daß in derſelben Schlangen ſich eingeniſtet hätten, und er gekommen ſei, dieſelben zu vertreiben. Jch entgegnete ihm, daß wir das Letztere bereits ſelbſt beſorgt hätten, jedoch geneigt wären, ihm eine Schauſtellung vor uns zu geſtatten. Sofort öffnete er den mitgebrachten Schlangenſack und ließ ſechs bis acht Aſpiden in unſerem Zimmer „tanzen“. Nunmehr erſuchte ich ihn, mir einige zu bringen, welche noch im Beſitze ihrer Giftzähne ſeien, da ich wiſſe, daß die, welche wir vor uns ſähen, gedachte Zähne nicht mehr beſäßen. Er betheuerte das Gegen- theil, bis wir uns ihm als Schlangenbeſchwörer aus Frankiſtan, dem Lande der Europäer, alſo gewiſſermaßen als Berufsgenoſſen vorſtellten. Das Glück, welches ich habe, wenn ich irgend eine Thierſchaubude beſuche und erkannt werde, nämlich, mit größter Zuvorkommenheit behandelt und „Herr Kollege“ genannt zu werden, wurde mir auch in dieſem Falle zu Theil. Unſer Haui zwinkerte vielſagend mit den Augen und ließ einige landläufige Redensarten über „Leben und Leben laſſen, Härte des Schickſals, Schwierigkeit des Broterwerbes, dummes Volk, Söhne, Enkel, Urenkel und Nachkommen von Eſel“ (worunter er ſeine hochachtbaren Schaugäſte verſtand) und Aehnliches mehr vernehmen, verſprach auch ſchließlich, wahrſcheinlich mehr durch die in Ausſicht geſtellte Belohnung
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niemals flieht und die Vertheidigung gar nicht ſelten in einen Angriff verwandelt. Mindeſtens
ſonderbar iſt, daß die Anſiedler am Vorgebirge der guten Hoffnung dieſelbe Ueberzeugung hegen wie
die Alten, daß nämlich die Aſpis ihr Gift von ſich ſpeie und dadurch einen Angreifer gefährden könne.
Gordon Cumming verſichert, daß ihm ſelbſt ein derartiges Mißgeſchick begegnet ſei, und er in
Folge deſſen eine ganze Nacht die wüthendſten Schmerzen habe aushalten müſſen; aber Gordon
Cumming hat ſo Manches verſichert, daß er in dieſem Falle kaum darauf rechnen kann, bedauert
zu werden.
Hinſichtlich der Bewegungsfähigkeit und der Art und Weiſe, ſich zu bewegen, kommt die Haie,
wie es ſcheint, vollſtändig mit der Brillenſchlange überein. Auch ſie iſt gewandt auf dem Boden,
geht oft und freiwillig ins Waſſer, ſchwimmt ſehr gut und klettert, möglicherweiſe noch häufiger und
gewandter als ihre Verwandte.
Die Beute der Aſpis beſteht in allerlei kleinen Thieren, insbeſondere in Feld-, Renn- und
Springmäuſen (Bd. II, S. 184), Vögeln, welche am Boden leben und deren Brut, Eidechſen,
anderen Schlangen, Fröſchen und Kröten, je nach Oertlichkeit und Gelegenheit. Jm allgemeinen
mag ſie ſich, wie alle Giftſchlangen überhaupt, durch ihre Räubereien nützlich machen; der Gewinn
aber, welchen ſie in dieſer Weiſe den Menſchen bringt, darf ſchwerlich hoch angeſchlagen werden, und
die allgemeine Verfolgung, welche ſie heutigentages erleidet, iſt gewiß vollkommen gerechtfertigt.
Jeder egyptiſche Gaukler fängt ſich die Aſpiden, deren er zu ſeinen Schauſtellungen bedarf, ſelbſt ein,
und zwar auf die einfachſte Weiſe von der Welt. Bewaſſnet mit einem langen, ſtarken Stocke aus
Mimoſenholz, dem ſogenannten Nabuht, beſucht er verſprechende Plätze und ſtöbert hier alle geeigneten
Schlupfwinkel durch, bis er einer Haie anſichtig wird. An dem einen Ende des Stockes hat er ein
Lumpenbündel befeſtigt, und dieſes hält er der Schlange vor, ſobald ſie drohend ſich aufrichtet und
Miene macht, von der Vertheidigung zum Angriffe überzugehen. Jn der Wuth beißt ſie in die
Lumpen, und in demſelben Augenblicke wirft der Fänger mit einer raſchen Bewegung den Stock
zurück, in der Abſicht, ihr die Zähne auszubrechen. Niemals aber begnügt er ſich mit einem Verſuche,
ſondern immer foppt und reizt er die Schlange ſo lange, bis ſie viele Male gebiſſen, ihre Giftzähne
beſtimmt verloren und ſich gleichzeitig vollſtändig erſchöpft hat. Nunmehr drückt er ihren Kopf mit
dem Knüppel feſt auf den Boden, nähert ſich vorſichtig, packt ſie am Halſe, drückt ſie an der ihm
bekannten Stelle des Nackens, verſetzt ſie in eine Art von Starrkrampf und unterſucht ihr endlich das
Maul, um zu ſehen, ob auch wirklich die Giftzähne ausgeriſſen wurden. Auch er weiß ſehr wohl, daß
dieſe Waffen ſich von ſelbſt wieder erſetzen, und unterläßt es nie, von Zeit zu Zeit das alte
Spiel zu wiederholen.
Von der Wahrheit vorſtehender Worte habe ich mich durch eigene Beobachtung überzeugt.
Während wir uns in Fajum am Mörisſee aufhielten, erſchien eines Tages ein Haui in unſerer
Wohnung und verſicherte uns, daß in derſelben Schlangen ſich eingeniſtet hätten, und er gekommen
ſei, dieſelben zu vertreiben. Jch entgegnete ihm, daß wir das Letztere bereits ſelbſt beſorgt hätten,
jedoch geneigt wären, ihm eine Schauſtellung vor uns zu geſtatten. Sofort öffnete er den mitgebrachten
Schlangenſack und ließ ſechs bis acht Aſpiden in unſerem Zimmer „tanzen“. Nunmehr erſuchte ich
ihn, mir einige zu bringen, welche noch im Beſitze ihrer Giftzähne ſeien, da ich wiſſe, daß
die, welche wir vor uns ſähen, gedachte Zähne nicht mehr beſäßen. Er betheuerte das Gegen-
theil, bis wir uns ihm als Schlangenbeſchwörer aus Frankiſtan, dem Lande der Europäer, alſo
gewiſſermaßen als Berufsgenoſſen vorſtellten. Das Glück, welches ich habe, wenn ich irgend eine
Thierſchaubude beſuche und erkannt werde, nämlich, mit größter Zuvorkommenheit behandelt und
„Herr Kollege“ genannt zu werden, wurde mir auch in dieſem Falle zu Theil. Unſer Haui zwinkerte
vielſagend mit den Augen und ließ einige landläufige Redensarten über „Leben und Leben laſſen,
Härte des Schickſals, Schwierigkeit des Broterwerbes, dummes Volk, Söhne, Enkel, Urenkel und
Nachkommen von Eſel“ (worunter er ſeine hochachtbaren Schaugäſte verſtand) und Aehnliches mehr
vernehmen, verſprach auch ſchließlich, wahrſcheinlich mehr durch die in Ausſicht geſtellte Belohnung
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/304>, abgerufen am 22.12.2024.
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