ohne Vorsorge, Löcher in den Boden, gewöhnlich in den Sand, legt in sie die Eier und deckt sie wieder mit einer Lage Sand oder Erde zu. Die Eier haben eine kalkige, pergamentartige, dünne Schale, sind rundlich und nicht groß; das ölige Eigelb sieht orangenfarben, das erst bei großer Hitze gerinnende Eiweiß grünlich aus. Viele Schildkröten legen kaum ein Dutzend, die großen Arten weit über hundert Eier. Die Mutter bekümmert sich nach dem Legen nicht um ihre Brut, obgleich das Gegentheil sehr oft behauptet worden ist. Die Eier werden nach Verlauf von einigen Wochen oder selbst Monaten gezeitigt; die Jungen kriechen nachts aus der Erde hervor und wandern nun entweder hier umher oder dem nächsten Wasser zu. Unzählige von ihnen werden von Säugethieren, Vögeln und anderen Kriechthieren aufgelesen und vernichtet; die ungewöhnliche Lebensdauer von denen, welche diesem Schicksal entgehen, schützt jedoch die Arten vor dem Aussterben. Bei den Japanesen gelten die Schildkröten als Bilder eines hohen Alters und der Glückseligkeit, hinsichtlich des ersten gewiß mit vollem Rechte.
Die Schildkröten sind für uns die nützlichsten aller Kriechthiere, weil wir nicht blos das Fleisch, sondern auch die Eier von fast allen Arten genießen und wohlschmeckend finden. Einzelne freilich riechen so stark nach Moschus, daß wenigstens wir Europäer uns mit den aus ihrem Fleische bereiteten Gerichten nicht befreunden können, andere hingegen liefern, wie bekannt, wirklich köstliche Gerichte. Demungeachtet würde die Menschheit wenig verlieren, gäbe es keine Schildkröten auf der Erde.
Man theilt die Ordnung in drei Zünste, in dieselben, welche schon der alte Geßner unterschied. Einzelne von diesen sind neuerdings in engere Gruppen oder in Familien zerfällt worden. Unter ihnen stellt man diejenigen, welche auf dem festen Lande leben, sonderbarer Weise obenan, obgleich sie gewiß nicht als die vollkommensten angesprochen werden dürfen.
Die Landschildkröten(Testudines) kennzeichnen sich äußerlich durch das hochgewölbte, sehr harte Rückenschild, mit welchem das Brustschild fest verwachsen ist, sodaß der Panzer vorn und hinten zwei schmale Spalten zeigt, in die Kopf, Füße und Schwanz eingezogen und versteckt werden können, die Klumpfüße, welche in gewissem Sinne an die des Elefanten erinnern, ziemlich lang und plump und unbeweglich sind, weil sie bis an die Zehen verwachsene Nägel haben, den kegelförmigen Schwanz, welcher niemals eine bedeutende Länge erreicht, den verhältnißmäßig kleinen, kurzen und von der Schnautzenspitze bis zum Nacken verschmälerten Kopf, dessen Kiefern von scharfen Hornplatten ohne Lippenhaut besetzt werden. Hornige, verschieden gestaltete Schilder bekleiden den Kopf, größere Schilder oder Schuppen die Füße, eine derbe runzelige oder körnige Haut den langen ungemein beweglichen Hals; der Panzer besteht aus starken Knochenplatten und ist bedeckt mit hornigen Schildern, welche neben einander liegen und mit ihren Rändern sich berühren, nicht aber überdecken. Fünf solcher Schilder bilden die Wirbelreihe oder Mittellinie des Rückens; die drei mittleren haben eine sechsseitige, das erste und letzte eine vier- und fünfseitige Gestalt. Zu beiden Seiten von ihnen liegen je vier Rippenschilder und tiefer unten, den Rand umgebend, dreiundzwanzig bis fünfundzwanzig Randschilder; der Brustpanzer wird gewöhnlich aus zwölf, in der Regel aus elf Platten zusammen- gesetzt. Jedes einzelne Schild zeigt in der Mitte ein Feld und um dieses herum gleichlaufende Ringe, welche mit zunehmendem Alter sich vermehren, da das Wachsthum von der Mitte aus erfolgt. Der innere Leibesbau stimmt im wesentlichen mit dem Gesammtgepräge der Ordnung überein.
Alle warmen Länder der Erde, vielleicht mit Ausnahme von Neuholland, beherbergen Landschild- kröten, Afrika, Amerika und Asien die meisten, Südeuropa, soviel bis jetzt bekannt, nur ihrer drei. Sie bewohnen waldige oder dicht mit Pflanzen bewachsene feuchte Orte und führen hier ein beschau- liches oder richtiger, langweiliges Stillleben. Wie alle Kriechthiere der Wärme im höchsten Grade zugethan, zeigen auch sie sich in den gemäßigten Gürteln nur in den heißen Monaten des Jahres und verbringen die kühlere Zeit winterschlafend in selbstgegrabenen Löchern unter der Erde. Genau Dasselbe findet auch in den Gleicherländern statt, jedoch während der heißesten und trockensten Monate des Jahres, welche unserem Winter entsprechen.
Allgemeines.
ohne Vorſorge, Löcher in den Boden, gewöhnlich in den Sand, legt in ſie die Eier und deckt ſie wieder mit einer Lage Sand oder Erde zu. Die Eier haben eine kalkige, pergamentartige, dünne Schale, ſind rundlich und nicht groß; das ölige Eigelb ſieht orangenfarben, das erſt bei großer Hitze gerinnende Eiweiß grünlich aus. Viele Schildkröten legen kaum ein Dutzend, die großen Arten weit über hundert Eier. Die Mutter bekümmert ſich nach dem Legen nicht um ihre Brut, obgleich das Gegentheil ſehr oft behauptet worden iſt. Die Eier werden nach Verlauf von einigen Wochen oder ſelbſt Monaten gezeitigt; die Jungen kriechen nachts aus der Erde hervor und wandern nun entweder hier umher oder dem nächſten Waſſer zu. Unzählige von ihnen werden von Säugethieren, Vögeln und anderen Kriechthieren aufgeleſen und vernichtet; die ungewöhnliche Lebensdauer von denen, welche dieſem Schickſal entgehen, ſchützt jedoch die Arten vor dem Ausſterben. Bei den Japaneſen gelten die Schildkröten als Bilder eines hohen Alters und der Glückſeligkeit, hinſichtlich des erſten gewiß mit vollem Rechte.
Die Schildkröten ſind für uns die nützlichſten aller Kriechthiere, weil wir nicht blos das Fleiſch, ſondern auch die Eier von faſt allen Arten genießen und wohlſchmeckend finden. Einzelne freilich riechen ſo ſtark nach Moſchus, daß wenigſtens wir Europäer uns mit den aus ihrem Fleiſche bereiteten Gerichten nicht befreunden können, andere hingegen liefern, wie bekannt, wirklich köſtliche Gerichte. Demungeachtet würde die Menſchheit wenig verlieren, gäbe es keine Schildkröten auf der Erde.
Man theilt die Ordnung in drei Zünſte, in dieſelben, welche ſchon der alte Geßner unterſchied. Einzelne von dieſen ſind neuerdings in engere Gruppen oder in Familien zerfällt worden. Unter ihnen ſtellt man diejenigen, welche auf dem feſten Lande leben, ſonderbarer Weiſe obenan, obgleich ſie gewiß nicht als die vollkommenſten angeſprochen werden dürfen.
Die Landſchildkröten(Testudines) kennzeichnen ſich äußerlich durch das hochgewölbte, ſehr harte Rückenſchild, mit welchem das Bruſtſchild feſt verwachſen iſt, ſodaß der Panzer vorn und hinten zwei ſchmale Spalten zeigt, in die Kopf, Füße und Schwanz eingezogen und verſteckt werden können, die Klumpfüße, welche in gewiſſem Sinne an die des Elefanten erinnern, ziemlich lang und plump und unbeweglich ſind, weil ſie bis an die Zehen verwachſene Nägel haben, den kegelförmigen Schwanz, welcher niemals eine bedeutende Länge erreicht, den verhältnißmäßig kleinen, kurzen und von der Schnautzenſpitze bis zum Nacken verſchmälerten Kopf, deſſen Kiefern von ſcharfen Hornplatten ohne Lippenhaut beſetzt werden. Hornige, verſchieden geſtaltete Schilder bekleiden den Kopf, größere Schilder oder Schuppen die Füße, eine derbe runzelige oder körnige Haut den langen ungemein beweglichen Hals; der Panzer beſteht aus ſtarken Knochenplatten und iſt bedeckt mit hornigen Schildern, welche neben einander liegen und mit ihren Rändern ſich berühren, nicht aber überdecken. Fünf ſolcher Schilder bilden die Wirbelreihe oder Mittellinie des Rückens; die drei mittleren haben eine ſechsſeitige, das erſte und letzte eine vier- und fünfſeitige Geſtalt. Zu beiden Seiten von ihnen liegen je vier Rippenſchilder und tiefer unten, den Rand umgebend, dreiundzwanzig bis fünfundzwanzig Randſchilder; der Bruſtpanzer wird gewöhnlich aus zwölf, in der Regel aus elf Platten zuſammen- geſetzt. Jedes einzelne Schild zeigt in der Mitte ein Feld und um dieſes herum gleichlaufende Ringe, welche mit zunehmendem Alter ſich vermehren, da das Wachsthum von der Mitte aus erfolgt. Der innere Leibesbau ſtimmt im weſentlichen mit dem Geſammtgepräge der Ordnung überein.
Alle warmen Länder der Erde, vielleicht mit Ausnahme von Neuholland, beherbergen Landſchild- kröten, Afrika, Amerika und Aſien die meiſten, Südeuropa, ſoviel bis jetzt bekannt, nur ihrer drei. Sie bewohnen waldige oder dicht mit Pflanzen bewachſene feuchte Orte und führen hier ein beſchau- liches oder richtiger, langweiliges Stillleben. Wie alle Kriechthiere der Wärme im höchſten Grade zugethan, zeigen auch ſie ſich in den gemäßigten Gürteln nur in den heißen Monaten des Jahres und verbringen die kühlere Zeit winterſchlafend in ſelbſtgegrabenen Löchern unter der Erde. Genau Daſſelbe findet auch in den Gleicherländern ſtatt, jedoch während der heißeſten und trockenſten Monate des Jahres, welche unſerem Winter entſprechen.
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[21/0033]
Allgemeines.
ohne Vorſorge, Löcher in den Boden, gewöhnlich in den Sand, legt in ſie die Eier und deckt ſie wieder
mit einer Lage Sand oder Erde zu. Die Eier haben eine kalkige, pergamentartige, dünne Schale,
ſind rundlich und nicht groß; das ölige Eigelb ſieht orangenfarben, das erſt bei großer Hitze
gerinnende Eiweiß grünlich aus. Viele Schildkröten legen kaum ein Dutzend, die großen Arten weit
über hundert Eier. Die Mutter bekümmert ſich nach dem Legen nicht um ihre Brut, obgleich das
Gegentheil ſehr oft behauptet worden iſt. Die Eier werden nach Verlauf von einigen Wochen oder
ſelbſt Monaten gezeitigt; die Jungen kriechen nachts aus der Erde hervor und wandern nun entweder
hier umher oder dem nächſten Waſſer zu. Unzählige von ihnen werden von Säugethieren, Vögeln
und anderen Kriechthieren aufgeleſen und vernichtet; die ungewöhnliche Lebensdauer von denen,
welche dieſem Schickſal entgehen, ſchützt jedoch die Arten vor dem Ausſterben. Bei den Japaneſen
gelten die Schildkröten als Bilder eines hohen Alters und der Glückſeligkeit, hinſichtlich des erſten
gewiß mit vollem Rechte.
Die Schildkröten ſind für uns die nützlichſten aller Kriechthiere, weil wir nicht blos das Fleiſch,
ſondern auch die Eier von faſt allen Arten genießen und wohlſchmeckend finden. Einzelne freilich
riechen ſo ſtark nach Moſchus, daß wenigſtens wir Europäer uns mit den aus ihrem Fleiſche bereiteten
Gerichten nicht befreunden können, andere hingegen liefern, wie bekannt, wirklich köſtliche Gerichte.
Demungeachtet würde die Menſchheit wenig verlieren, gäbe es keine Schildkröten auf der Erde.
Man theilt die Ordnung in drei Zünſte, in dieſelben, welche ſchon der alte Geßner unterſchied.
Einzelne von dieſen ſind neuerdings in engere Gruppen oder in Familien zerfällt worden. Unter
ihnen ſtellt man diejenigen, welche auf dem feſten Lande leben, ſonderbarer Weiſe obenan, obgleich ſie
gewiß nicht als die vollkommenſten angeſprochen werden dürfen.
Die Landſchildkröten (Testudines) kennzeichnen ſich äußerlich durch das hochgewölbte, ſehr
harte Rückenſchild, mit welchem das Bruſtſchild feſt verwachſen iſt, ſodaß der Panzer vorn und hinten
zwei ſchmale Spalten zeigt, in die Kopf, Füße und Schwanz eingezogen und verſteckt werden können,
die Klumpfüße, welche in gewiſſem Sinne an die des Elefanten erinnern, ziemlich lang und plump
und unbeweglich ſind, weil ſie bis an die Zehen verwachſene Nägel haben, den kegelförmigen Schwanz,
welcher niemals eine bedeutende Länge erreicht, den verhältnißmäßig kleinen, kurzen und von der
Schnautzenſpitze bis zum Nacken verſchmälerten Kopf, deſſen Kiefern von ſcharfen Hornplatten ohne
Lippenhaut beſetzt werden. Hornige, verſchieden geſtaltete Schilder bekleiden den Kopf, größere
Schilder oder Schuppen die Füße, eine derbe runzelige oder körnige Haut den langen ungemein
beweglichen Hals; der Panzer beſteht aus ſtarken Knochenplatten und iſt bedeckt mit hornigen Schildern,
welche neben einander liegen und mit ihren Rändern ſich berühren, nicht aber überdecken. Fünf
ſolcher Schilder bilden die Wirbelreihe oder Mittellinie des Rückens; die drei mittleren haben eine
ſechsſeitige, das erſte und letzte eine vier- und fünfſeitige Geſtalt. Zu beiden Seiten von ihnen liegen
je vier Rippenſchilder und tiefer unten, den Rand umgebend, dreiundzwanzig bis fünfundzwanzig
Randſchilder; der Bruſtpanzer wird gewöhnlich aus zwölf, in der Regel aus elf Platten zuſammen-
geſetzt. Jedes einzelne Schild zeigt in der Mitte ein Feld und um dieſes herum gleichlaufende Ringe,
welche mit zunehmendem Alter ſich vermehren, da das Wachsthum von der Mitte aus erfolgt. Der
innere Leibesbau ſtimmt im weſentlichen mit dem Geſammtgepräge der Ordnung überein.
Alle warmen Länder der Erde, vielleicht mit Ausnahme von Neuholland, beherbergen Landſchild-
kröten, Afrika, Amerika und Aſien die meiſten, Südeuropa, ſoviel bis jetzt bekannt, nur ihrer drei.
Sie bewohnen waldige oder dicht mit Pflanzen bewachſene feuchte Orte und führen hier ein beſchau-
liches oder richtiger, langweiliges Stillleben. Wie alle Kriechthiere der Wärme im höchſten Grade
zugethan, zeigen auch ſie ſich in den gemäßigten Gürteln nur in den heißen Monaten des Jahres und
verbringen die kühlere Zeit winterſchlafend in ſelbſtgegrabenen Löchern unter der Erde. Genau
Daſſelbe findet auch in den Gleicherländern ſtatt, jedoch während der heißeſten und trockenſten Monate
des Jahres, welche unſerem Winter entſprechen.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/33>, abgerufen am 22.12.2024.
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