gewissen Gebiete streng festzuhalten und namentlich jederzeit den geeigneten Schlupfwinkel wieder aufzusuchen. Wanderungen kommen bei den Lurchen wohl nur sehr ausnahmsweise vor: wahr- scheinlich blos dann, wenn sich ein Wohnort so vollständig verändert, daß er ihnen nicht mehr die nöthigen Lebensbedürfnisse gewährt; doch läßt sich andererseits nicht verkennen, daß auch sie sich in einer Gegend mehr oder weniger ausbreiten können, daß auch sie Oertlichkeiten, insbesondere einzelne Gewässer besiedeln, in denen sie früher nicht vorhanden waren.
Das Leben der Lurche erscheint uns noch eintöniger als das der Kriechthiere, obgleich die meisten mehrere von diesen wenigstens hinsichtlich ihrer Bewegungsfähigkeit übertreffen. Jhrem Aufenthalte im Wasser gemäß sind alle, vielleicht mit alleiniger Ausnahme der Schleichenlurche, treffliche Schwimmer und keineswegs allein in ihrem Larvenzustande, welcher sie gewissermaßen zu Fischen stempelt, sondern auch als Erwachsene, gleichviel ob die Füße oder ob der Schwanz zu ihrem haupt- sächlichsten Bewegungswerkzeuge wird. Als Larven schwimmen sie mit Hilfe des Schwanzes durch seitliche Bewegungen, also nach Art der Fische, als Erwachsene einige, die Schwanzlurche, noch in derselben Weise, die Froschlurche dagegen durch kräftigere Ruderstöße mit den hierzu wohlgeeigneten Füßen, so wie der Mensch schwimmt, nur mit dem Unterschiede, daß die Vorderglieder wenig oder nicht zur Mitleidenschaft gelangen. Daß auch die Schleichenlurche im Wasser sich zu benehmen wissen, unterliegt keinem Zweifel, da jedes wurmförmige Thier überhaupt durch schlängelnde Bewegungen hier sich forthelfen kann; gleichwohl stehen sie gewiß den Mitgliedern der übrigen Ordnungen in dieser Bewegungsfähigkeit bedeutend nach. Die Ortsveränderung auf festem Lande wird sehr verschieden bewerkstelligt. Alle Schwanzlurche humpeln kriechend in schwerfälliger Weise ihres Weges fort, während die Froschlurche in kürzeren oder weiteren Sprüngen sich bewegen. Unter letzteren gibt es auch Kletterer, d. h. solche, welche wohl im Stande sind, zu den Wipfeln hoher Bäume emporzuklimmen; das Klettern aber geschieht anders als bei allen bisher genannten Wirbel- thieren; denn es besteht eben auch nur aus Sprüngen von einem Ruhepunkte zu einem zweiten, höher gelegenen. Jn einer Hinsicht ist die Mehrzahl der Lurche vor den Kriechthieren ausgezeichnet. Während nur wenige von diesen eine Stimme im eigentlichen Sinne des Wortes haben, besitzt eine große Menge von Lurchen, insbesondere der ersten Ordnung, eine fast überraschende, Fertigkeit mehr oder weniger klangvolle, laute und abgerundete Töne hervorzubringen. Jhre Stimmen sind es, welche nachts im Urwalde alle übrigen, wenn auch nicht übertönen, so doch ununter- brochen begleiten, ihre Stimmen, welche bei uns zu Lande in den Sommernächten zu den vorherrschendsten werden. Eigene Werkzeuge, dazu geeignet, die Stimme zu verstärken, finden sich bei ihnen, und mehrere Arten der Klasse machen von ihrer Begabung einen so umfassenden Gebrauch, daß sie zu Störern der nächtlichen Ruhe werden oder ein ängstliches Gemüth in Furcht oder Ver- wirrung setzen können. Doch sind, wie ich bereits hier bemerkt, nur die Erwachsenen im Stande zu schreien, die Larven und Jungen hingegen vollständig stumm.
Ueber die höheren Fähigkeiten haben wir noch nicht genügende Beobachtungen angestellt, um ein gerechtes Urtheil zu fällen. Daß alle fünf Sinne entwickelt, namentlich die drei höheren wohl ausgebildet sind, haben wir gesehen, und daß ihre Hirnthätigkeit sich in einer Weise äußert, welche von Verständniß für die Außenwelt, von einer gewisser Ueberlegung zeugt, daß sie in beschränktem Grade sich gewöhnen oder abrichten lassen, also Veränderung der Umstände erkennen und darnach handeln, läßt sich nicht in Abrede stellen; trotzdem dürfte soviel feststehen, daß sie zu den geistlosesten aller Wirbelthiere gehören und an Verstand vielleicht kaum oder nicht die Fische übertreffen. Das über das geistige Wesen der Kriechthiere im Allgemeinen Gesagte gilt auch für sie, und wahrscheinlich mit Recht gestaltet sich unser Urtheil noch ungünstiger für sie als bezüglich jener. Von einem geselligen Zusammenleben unter ihnen kann im Ernste nicht gesprochen werden; die gleiche Oertlich-
Aufenthalt. Begabungen.
gewiſſen Gebiete ſtreng feſtzuhalten und namentlich jederzeit den geeigneten Schlupfwinkel wieder aufzuſuchen. Wanderungen kommen bei den Lurchen wohl nur ſehr ausnahmsweiſe vor: wahr- ſcheinlich blos dann, wenn ſich ein Wohnort ſo vollſtändig verändert, daß er ihnen nicht mehr die nöthigen Lebensbedürfniſſe gewährt; doch läßt ſich andererſeits nicht verkennen, daß auch ſie ſich in einer Gegend mehr oder weniger ausbreiten können, daß auch ſie Oertlichkeiten, insbeſondere einzelne Gewäſſer beſiedeln, in denen ſie früher nicht vorhanden waren.
Das Leben der Lurche erſcheint uns noch eintöniger als das der Kriechthiere, obgleich die meiſten mehrere von dieſen wenigſtens hinſichtlich ihrer Bewegungsfähigkeit übertreffen. Jhrem Aufenthalte im Waſſer gemäß ſind alle, vielleicht mit alleiniger Ausnahme der Schleichenlurche, treffliche Schwimmer und keineswegs allein in ihrem Larvenzuſtande, welcher ſie gewiſſermaßen zu Fiſchen ſtempelt, ſondern auch als Erwachſene, gleichviel ob die Füße oder ob der Schwanz zu ihrem haupt- ſächlichſten Bewegungswerkzeuge wird. Als Larven ſchwimmen ſie mit Hilfe des Schwanzes durch ſeitliche Bewegungen, alſo nach Art der Fiſche, als Erwachſene einige, die Schwanzlurche, noch in derſelben Weiſe, die Froſchlurche dagegen durch kräftigere Ruderſtöße mit den hierzu wohlgeeigneten Füßen, ſo wie der Menſch ſchwimmt, nur mit dem Unterſchiede, daß die Vorderglieder wenig oder nicht zur Mitleidenſchaft gelangen. Daß auch die Schleichenlurche im Waſſer ſich zu benehmen wiſſen, unterliegt keinem Zweifel, da jedes wurmförmige Thier überhaupt durch ſchlängelnde Bewegungen hier ſich forthelfen kann; gleichwohl ſtehen ſie gewiß den Mitgliedern der übrigen Ordnungen in dieſer Bewegungsfähigkeit bedeutend nach. Die Ortsveränderung auf feſtem Lande wird ſehr verſchieden bewerkſtelligt. Alle Schwanzlurche humpeln kriechend in ſchwerfälliger Weiſe ihres Weges fort, während die Froſchlurche in kürzeren oder weiteren Sprüngen ſich bewegen. Unter letzteren gibt es auch Kletterer, d. h. ſolche, welche wohl im Stande ſind, zu den Wipfeln hoher Bäume emporzuklimmen; das Klettern aber geſchieht anders als bei allen bisher genannten Wirbel- thieren; denn es beſteht eben auch nur aus Sprüngen von einem Ruhepunkte zu einem zweiten, höher gelegenen. Jn einer Hinſicht iſt die Mehrzahl der Lurche vor den Kriechthieren ausgezeichnet. Während nur wenige von dieſen eine Stimme im eigentlichen Sinne des Wortes haben, beſitzt eine große Menge von Lurchen, insbeſondere der erſten Ordnung, eine faſt überraſchende, Fertigkeit mehr oder weniger klangvolle, laute und abgerundete Töne hervorzubringen. Jhre Stimmen ſind es, welche nachts im Urwalde alle übrigen, wenn auch nicht übertönen, ſo doch ununter- brochen begleiten, ihre Stimmen, welche bei uns zu Lande in den Sommernächten zu den vorherrſchendſten werden. Eigene Werkzeuge, dazu geeignet, die Stimme zu verſtärken, finden ſich bei ihnen, und mehrere Arten der Klaſſe machen von ihrer Begabung einen ſo umfaſſenden Gebrauch, daß ſie zu Störern der nächtlichen Ruhe werden oder ein ängſtliches Gemüth in Furcht oder Ver- wirrung ſetzen können. Doch ſind, wie ich bereits hier bemerkt, nur die Erwachſenen im Stande zu ſchreien, die Larven und Jungen hingegen vollſtändig ſtumm.
Ueber die höheren Fähigkeiten haben wir noch nicht genügende Beobachtungen angeſtellt, um ein gerechtes Urtheil zu fällen. Daß alle fünf Sinne entwickelt, namentlich die drei höheren wohl ausgebildet ſind, haben wir geſehen, und daß ihre Hirnthätigkeit ſich in einer Weiſe äußert, welche von Verſtändniß für die Außenwelt, von einer gewiſſer Ueberlegung zeugt, daß ſie in beſchränktem Grade ſich gewöhnen oder abrichten laſſen, alſo Veränderung der Umſtände erkennen und darnach handeln, läßt ſich nicht in Abrede ſtellen; trotzdem dürfte ſoviel feſtſtehen, daß ſie zu den geiſtloſeſten aller Wirbelthiere gehören und an Verſtand vielleicht kaum oder nicht die Fiſche übertreffen. Das über das geiſtige Weſen der Kriechthiere im Allgemeinen Geſagte gilt auch für ſie, und wahrſcheinlich mit Recht geſtaltet ſich unſer Urtheil noch ungünſtiger für ſie als bezüglich jener. Von einem geſelligen Zuſammenleben unter ihnen kann im Ernſte nicht geſprochen werden; die gleiche Oertlich-
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[361/0387]
Aufenthalt. Begabungen.
gewiſſen Gebiete ſtreng feſtzuhalten und namentlich jederzeit den geeigneten Schlupfwinkel wieder
aufzuſuchen. Wanderungen kommen bei den Lurchen wohl nur ſehr ausnahmsweiſe vor: wahr-
ſcheinlich blos dann, wenn ſich ein Wohnort ſo vollſtändig verändert, daß er ihnen nicht mehr die
nöthigen Lebensbedürfniſſe gewährt; doch läßt ſich andererſeits nicht verkennen, daß auch ſie ſich
in einer Gegend mehr oder weniger ausbreiten können, daß auch ſie Oertlichkeiten, insbeſondere
einzelne Gewäſſer beſiedeln, in denen ſie früher nicht vorhanden waren.
Das Leben der Lurche erſcheint uns noch eintöniger als das der Kriechthiere, obgleich die meiſten
mehrere von dieſen wenigſtens hinſichtlich ihrer Bewegungsfähigkeit übertreffen. Jhrem Aufenthalte
im Waſſer gemäß ſind alle, vielleicht mit alleiniger Ausnahme der Schleichenlurche, treffliche
Schwimmer und keineswegs allein in ihrem Larvenzuſtande, welcher ſie gewiſſermaßen zu Fiſchen
ſtempelt, ſondern auch als Erwachſene, gleichviel ob die Füße oder ob der Schwanz zu ihrem haupt-
ſächlichſten Bewegungswerkzeuge wird. Als Larven ſchwimmen ſie mit Hilfe des Schwanzes durch
ſeitliche Bewegungen, alſo nach Art der Fiſche, als Erwachſene einige, die Schwanzlurche, noch in
derſelben Weiſe, die Froſchlurche dagegen durch kräftigere Ruderſtöße mit den hierzu wohlgeeigneten
Füßen, ſo wie der Menſch ſchwimmt, nur mit dem Unterſchiede, daß die Vorderglieder wenig oder
nicht zur Mitleidenſchaft gelangen. Daß auch die Schleichenlurche im Waſſer ſich zu benehmen
wiſſen, unterliegt keinem Zweifel, da jedes wurmförmige Thier überhaupt durch ſchlängelnde
Bewegungen hier ſich forthelfen kann; gleichwohl ſtehen ſie gewiß den Mitgliedern der übrigen
Ordnungen in dieſer Bewegungsfähigkeit bedeutend nach. Die Ortsveränderung auf feſtem Lande wird
ſehr verſchieden bewerkſtelligt. Alle Schwanzlurche humpeln kriechend in ſchwerfälliger Weiſe ihres
Weges fort, während die Froſchlurche in kürzeren oder weiteren Sprüngen ſich bewegen. Unter
letzteren gibt es auch Kletterer, d. h. ſolche, welche wohl im Stande ſind, zu den Wipfeln hoher
Bäume emporzuklimmen; das Klettern aber geſchieht anders als bei allen bisher genannten Wirbel-
thieren; denn es beſteht eben auch nur aus Sprüngen von einem Ruhepunkte zu einem zweiten, höher
gelegenen. Jn einer Hinſicht iſt die Mehrzahl der Lurche vor den Kriechthieren ausgezeichnet.
Während nur wenige von dieſen eine Stimme im eigentlichen Sinne des Wortes haben, beſitzt eine
große Menge von Lurchen, insbeſondere der erſten Ordnung, eine faſt überraſchende, Fertigkeit
mehr oder weniger klangvolle, laute und abgerundete Töne hervorzubringen. Jhre Stimmen
ſind es, welche nachts im Urwalde alle übrigen, wenn auch nicht übertönen, ſo doch ununter-
brochen begleiten, ihre Stimmen, welche bei uns zu Lande in den Sommernächten zu den
vorherrſchendſten werden. Eigene Werkzeuge, dazu geeignet, die Stimme zu verſtärken, finden ſich
bei ihnen, und mehrere Arten der Klaſſe machen von ihrer Begabung einen ſo umfaſſenden Gebrauch,
daß ſie zu Störern der nächtlichen Ruhe werden oder ein ängſtliches Gemüth in Furcht oder Ver-
wirrung ſetzen können. Doch ſind, wie ich bereits hier bemerkt, nur die Erwachſenen im Stande
zu ſchreien, die Larven und Jungen hingegen vollſtändig ſtumm.
Ueber die höheren Fähigkeiten haben wir noch nicht genügende Beobachtungen angeſtellt, um
ein gerechtes Urtheil zu fällen. Daß alle fünf Sinne entwickelt, namentlich die drei höheren wohl
ausgebildet ſind, haben wir geſehen, und daß ihre Hirnthätigkeit ſich in einer Weiſe äußert, welche
von Verſtändniß für die Außenwelt, von einer gewiſſer Ueberlegung zeugt, daß ſie in beſchränktem
Grade ſich gewöhnen oder abrichten laſſen, alſo Veränderung der Umſtände erkennen und darnach
handeln, läßt ſich nicht in Abrede ſtellen; trotzdem dürfte ſoviel feſtſtehen, daß ſie zu den geiſtloſeſten
aller Wirbelthiere gehören und an Verſtand vielleicht kaum oder nicht die Fiſche übertreffen. Das
über das geiſtige Weſen der Kriechthiere im Allgemeinen Geſagte gilt auch für ſie, und wahrſcheinlich
mit Recht geſtaltet ſich unſer Urtheil noch ungünſtiger für ſie als bezüglich jener. Von einem
geſelligen Zuſammenleben unter ihnen kann im Ernſte nicht geſprochen werden; die gleiche Oertlich-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/387>, abgerufen am 22.12.2024.
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