beine sehr gewandt dahinhüpfend. Jm Wasser sieht man sie gewöhnlich etwas vom Ufer entfernt sitzen, den halben Kopf hervorgestreckt, gegen Abend eifrig mit ihrem einfachen und bescheidenen Gesangsstücke beschäftigt, bei der geringsten Gefahr aber blitzschnell in die Tiefe tauchend, um hier im Schlamme sich zu verbergen. Wer sich ruhig verhält, gewahrt, daß eine so entflohene Unke nach kurzer Zeit wieder emporkommt, dieselbe Stellung einnimmt, mit den goldfarbenen Aeuglein in die Runde schaut und nach geraumer Zeit ihren Gesang von Neuem anhebt. Letzteren vernimmt man gleichsam zum Beweise, daß auch dieser Lurch zu den Nachtthieren gehört, in der Regel erst gegen Abend, von dieser Zeit an aber die ganze Nacht hindurch. Er ist durchaus nicht unangenehm, kann jedoch durch seine Eintönigkeit ermüden. Der einzelne Laut klingt ungefähr wie "Ku-uh", dem Klange von Glasglocken nicht unähnlich, ist verhältnißmäßig schwach und wird deshalb nur auf
[Abbildung]
Die Feuerkröte oder Unke(Bombinator ignens). Natürl. Größe.
wenige Schritte hin deutlich vernommen. Jede einzelne Unke ruft höchstens drei- oder viermal in der Minute und stößt immer nur genau denselben Laut aus; aber alle Männchen, welche ihr Wohl- behagen ausdrücken wollen, schreien gleichzeitig, und so entsteht die ununterbrochene Musik, welche man vernimmt.
Jm Wasser bewegt sich die Unke mit großer Leichtigkeit, obgleich sie hierin mit dem Teichfrosche nicht wetteifern kann: aber auch sie schwimmt ganz vorzüglich und versteht es besser noch als der Frosch, sich im Schlamme einzuwühlen. Auf dem Lande hüpft sie mit kurzen, rasch sich wieder- holenden Sprüngen eilfertig dahin. Ein Hauptzug ihres Wesens scheint unbegrenzte Furchtsamkeit zu sein. Ganz reines Wasser sucht sie nur im Nothfalle aus, eine Wasserfläche hingegen, welche dicht mit Teichlinsen bedeckt ist, sagt ihr besonders zu, aus dem einfachen Grunde, weil eine solche Decke sie auch dem schärfsten Auge trefflich verbirgt. Wenn man ihr durch ruhiges Verhalten keine Veranlassung zur Flucht gibt, kann man die Wahrheit vorstehender Worte durch eigene Beobachtung feststellen. Getäuscht durch die schwache Stimme sucht man sie oft längere Zeit vergebens und
Die Froſchlurche. Krötenfröſche. Unken.
beine ſehr gewandt dahinhüpfend. Jm Waſſer ſieht man ſie gewöhnlich etwas vom Ufer entfernt ſitzen, den halben Kopf hervorgeſtreckt, gegen Abend eifrig mit ihrem einfachen und beſcheidenen Geſangsſtücke beſchäftigt, bei der geringſten Gefahr aber blitzſchnell in die Tiefe tauchend, um hier im Schlamme ſich zu verbergen. Wer ſich ruhig verhält, gewahrt, daß eine ſo entflohene Unke nach kurzer Zeit wieder emporkommt, dieſelbe Stellung einnimmt, mit den goldfarbenen Aeuglein in die Runde ſchaut und nach geraumer Zeit ihren Geſang von Neuem anhebt. Letzteren vernimmt man gleichſam zum Beweiſe, daß auch dieſer Lurch zu den Nachtthieren gehört, in der Regel erſt gegen Abend, von dieſer Zeit an aber die ganze Nacht hindurch. Er iſt durchaus nicht unangenehm, kann jedoch durch ſeine Eintönigkeit ermüden. Der einzelne Laut klingt ungefähr wie „Ku-uh“, dem Klange von Glasglocken nicht unähnlich, iſt verhältnißmäßig ſchwach und wird deshalb nur auf
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Die Feuerkröte oder Unke(Bombinator ignens). Natürl. Größe.
wenige Schritte hin deutlich vernommen. Jede einzelne Unke ruft höchſtens drei- oder viermal in der Minute und ſtößt immer nur genau denſelben Laut aus; aber alle Männchen, welche ihr Wohl- behagen ausdrücken wollen, ſchreien gleichzeitig, und ſo entſteht die ununterbrochene Muſik, welche man vernimmt.
Jm Waſſer bewegt ſich die Unke mit großer Leichtigkeit, obgleich ſie hierin mit dem Teichfroſche nicht wetteifern kann: aber auch ſie ſchwimmt ganz vorzüglich und verſteht es beſſer noch als der Froſch, ſich im Schlamme einzuwühlen. Auf dem Lande hüpft ſie mit kurzen, raſch ſich wieder- holenden Sprüngen eilfertig dahin. Ein Hauptzug ihres Weſens ſcheint unbegrenzte Furchtſamkeit zu ſein. Ganz reines Waſſer ſucht ſie nur im Nothfalle aus, eine Waſſerfläche hingegen, welche dicht mit Teichlinſen bedeckt iſt, ſagt ihr beſonders zu, aus dem einfachen Grunde, weil eine ſolche Decke ſie auch dem ſchärfſten Auge trefflich verbirgt. Wenn man ihr durch ruhiges Verhalten keine Veranlaſſung zur Flucht gibt, kann man die Wahrheit vorſtehender Worte durch eigene Beobachtung feſtſtellen. Getäuſcht durch die ſchwache Stimme ſucht man ſie oft längere Zeit vergebens und
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Die Froſchlurche. Krötenfröſche. Unken.
beine ſehr gewandt dahinhüpfend. Jm Waſſer ſieht man ſie gewöhnlich etwas vom Ufer entfernt
ſitzen, den halben Kopf hervorgeſtreckt, gegen Abend eifrig mit ihrem einfachen und beſcheidenen
Geſangsſtücke beſchäftigt, bei der geringſten Gefahr aber blitzſchnell in die Tiefe tauchend, um hier im
Schlamme ſich zu verbergen. Wer ſich ruhig verhält, gewahrt, daß eine ſo entflohene Unke nach
kurzer Zeit wieder emporkommt, dieſelbe Stellung einnimmt, mit den goldfarbenen Aeuglein in die
Runde ſchaut und nach geraumer Zeit ihren Geſang von Neuem anhebt. Letzteren vernimmt man
gleichſam zum Beweiſe, daß auch dieſer Lurch zu den Nachtthieren gehört, in der Regel erſt gegen
Abend, von dieſer Zeit an aber die ganze Nacht hindurch. Er iſt durchaus nicht unangenehm, kann
jedoch durch ſeine Eintönigkeit ermüden. Der einzelne Laut klingt ungefähr wie „Ku-uh“, dem
Klange von Glasglocken nicht unähnlich, iſt verhältnißmäßig ſchwach und wird deshalb nur auf
[Abbildung Die Feuerkröte oder Unke (Bombinator ignens). Natürl. Größe.]
wenige Schritte hin deutlich vernommen. Jede einzelne Unke ruft höchſtens drei- oder viermal in der
Minute und ſtößt immer nur genau denſelben Laut aus; aber alle Männchen, welche ihr Wohl-
behagen ausdrücken wollen, ſchreien gleichzeitig, und ſo entſteht die ununterbrochene Muſik, welche
man vernimmt.
Jm Waſſer bewegt ſich die Unke mit großer Leichtigkeit, obgleich ſie hierin mit dem Teichfroſche
nicht wetteifern kann: aber auch ſie ſchwimmt ganz vorzüglich und verſteht es beſſer noch als der
Froſch, ſich im Schlamme einzuwühlen. Auf dem Lande hüpft ſie mit kurzen, raſch ſich wieder-
holenden Sprüngen eilfertig dahin. Ein Hauptzug ihres Weſens ſcheint unbegrenzte Furchtſamkeit
zu ſein. Ganz reines Waſſer ſucht ſie nur im Nothfalle aus, eine Waſſerfläche hingegen, welche
dicht mit Teichlinſen bedeckt iſt, ſagt ihr beſonders zu, aus dem einfachen Grunde, weil eine ſolche
Decke ſie auch dem ſchärfſten Auge trefflich verbirgt. Wenn man ihr durch ruhiges Verhalten keine
Veranlaſſung zur Flucht gibt, kann man die Wahrheit vorſtehender Worte durch eigene Beobachtung
feſtſtellen. Getäuſcht durch die ſchwache Stimme ſucht man ſie oft längere Zeit vergebens und
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/424>, abgerufen am 22.12.2024.
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