kaum zutrauen möchte: sie klettert nämlich. Zu ihren Lieblingswohnsitzen gehören Höhlungen in Gemäuer und Felsen, und solche Höhlungen bezieht sie auch dann, wenn sie bis drei Fuß oder mehr über dem flachen Boden in einer senkrechten Ebene münden. Um nun zu dem einer Erdkröte unnah- baren Eingange zu gelangen, krallt jene sich mit ihren an der Spitze harten Zehen fest in die Fugen des Gesteines ein, drückt den warzenreichen, kleberigen und feuchten Bauch gegen die Fläche und kriecht so, höchst bedächtig zwar, aber sicher, bis zu ihrer Behausung empor. Rösel meint, und gewiß mit vollem Nechte, daß sie durch festes Anpressen ihrer Zehen und ihrer Bauchseite den Luftdruck zu ihren Gunsten wirken lasse, also in ähnlicher Weise klettere, wie die Laubfrösche.
Angesichts eines Feindes versucht die Kreuzkröte zunächst, so rasch sie kann zu entfliehen; wird sie aber eingeholt und beunruhigt, so zieht sie in der Angst ihre Haut so zusammen, daß alle Drüsen sich entleeren und sie mit einer weißen, schäumenden Feuchtigkeit bedecken, welche einen unausstehlichen Geruch verbreitet. Rösel vergleicht denselben mit dem Gestank abgebrannten Pulvers, Dumeril mit dem einer lange gebrauchten Tabakspfeife oder mit dem des Schwefelarsenik; streng genommen aber, hat der Gestank etwas ganz Absonderliches, und ist nur das Eine gewiß, daß er uns unerträglich dünkt. Es unterliegt keinem Zweifel, daß gerade diese Ausdünstung zum besten Schutze unseres Thieres wird, und ihm eine Sicherheit verleiht, welche seine Verwandten nicht genießen.
Erst spät im Jahre, um die Zeit, in welcher der Teichfrosch zur Paarung schreitet, beginnt die Fortpflanzung der Kreuzkröte. Ende Mai's oder Anfangs Juni finden sich beide Geschlechter in pflanzenbewachsenen, längs der Ufer seichten Gewässern ein, verweilen hier mehrere Tage und machen sich sehr bemerklich, weil die Männchen höchst eifrig und unermüdlich ein dem des Laubfrosches ähnliches, den Silben "Krak, krak, krak" vergleichbares Geschrei vernehmen lassen. Naht sich ein Mensch oder ein größeres Säugethier überhaupt der Gesellschaft, so verstummen alle, welche den Ankömmling gewahren; doch gibt es einzelne, welche so hitzig sind, daß sie noch fortknarren, wenn man sie bereits gefangen in der Hand hält. Die Entwicklung der Keime verläuft, der vorgerückten Jahreszeit entsprechend, rasch; schon am fünften Tage bewegen sich die Larven, am sechsten oder achten kriechen sie aus; nach sieben Wochen etwa haben sich die Hinterbeine gebildet; einen Monat später ist der Schwanz bereits eingeschrumpft, und die Kaulquappen suchen nun das trockene Land auf; im vierten oder fünften Jahre gelten sie für mannbar, nehmen aber auch von dieser Zeit ab noch stetig an Größe zu und erreichen höchst wahrscheinlich ein sehr hohes Alter.
Hinsichtlich des Nutzens, welchen die Kreuzkröte leistet, kommt sie der Verwandten gleich, verdient also wie diese die Schonung jedes vernünftigen Menschen.
Selbst die riesenhaften Erdkröten, welche man hier und da, namentlich im südlichen Europa findet, erscheinen uns noch klein im Vergleich zu einigen ausländischen Arten, welche man mit Fug und Necht Riesenkröten nennen darf. Jhre Größe hat einige Naturforscher bestimmt, sie in einer besonderen Sippe (Docidophryne) zu vereinigen; da ihre Merkmale jedoch mit denen der Buntkröten vollständig übereinstimmen, erscheint uns die Trennung beider Gruppen nicht gerechtfertigt.
Die bekannteste Riesenkröte ist die Aga(Bufo Agua), der größte aller bis jetzt beschriebenen Froschlurche, ein Thier, welches viele Schildkröten an Umfang übertrifft und bei einer Breite von 5 Zoll eine Leibeslänge von 8 Zoll und darüber erreichen soll. Die Färbung ist ein fahles Graulich- blaßgelb, auf welchem oben große bräunliche oder rußschwarze, unten kleinere röthlichgraubraune Flecken stehen; die Spitzen der Fußzehen sehen schwarzbraun aus; erhöhete Leisten, welche vom Auge nach der Nase verlaufen, haben eine röthlichbraune Färbung. Unmittelbar nach der Häutung ist das Kleid des sonst häßlichen Thieres ein ansprechendes; später werden alle Farben düster und schmuzig.
Alle Länder und auch die meisten Jnseln Süd- und Mittelamerikas beherbergen die Aga. Dumeril erhielt sie aus Buenos-Ayres, Brasilien, Guiana, von Martinik; andere Forscher beobachteten sie in Benezuela, Costarica etc. Uebertages hält sie sich, wie Prinz von Wied und
Kreuz- und Wechſelkröte. Aga.
kaum zutrauen möchte: ſie klettert nämlich. Zu ihren Lieblingswohnſitzen gehören Höhlungen in Gemäuer und Felſen, und ſolche Höhlungen bezieht ſie auch dann, wenn ſie bis drei Fuß oder mehr über dem flachen Boden in einer ſenkrechten Ebene münden. Um nun zu dem einer Erdkröte unnah- baren Eingange zu gelangen, krallt jene ſich mit ihren an der Spitze harten Zehen feſt in die Fugen des Geſteines ein, drückt den warzenreichen, kleberigen und feuchten Bauch gegen die Fläche und kriecht ſo, höchſt bedächtig zwar, aber ſicher, bis zu ihrer Behauſung empor. Röſel meint, und gewiß mit vollem Nechte, daß ſie durch feſtes Anpreſſen ihrer Zehen und ihrer Bauchſeite den Luftdruck zu ihren Gunſten wirken laſſe, alſo in ähnlicher Weiſe klettere, wie die Laubfröſche.
Angeſichts eines Feindes verſucht die Kreuzkröte zunächſt, ſo raſch ſie kann zu entfliehen; wird ſie aber eingeholt und beunruhigt, ſo zieht ſie in der Angſt ihre Haut ſo zuſammen, daß alle Drüſen ſich entleeren und ſie mit einer weißen, ſchäumenden Feuchtigkeit bedecken, welche einen unausſtehlichen Geruch verbreitet. Röſel vergleicht denſelben mit dem Geſtank abgebrannten Pulvers, Dumeril mit dem einer lange gebrauchten Tabakspfeife oder mit dem des Schwefelarſenik; ſtreng genommen aber, hat der Geſtank etwas ganz Abſonderliches, und iſt nur das Eine gewiß, daß er uns unerträglich dünkt. Es unterliegt keinem Zweifel, daß gerade dieſe Ausdünſtung zum beſten Schutze unſeres Thieres wird, und ihm eine Sicherheit verleiht, welche ſeine Verwandten nicht genießen.
Erſt ſpät im Jahre, um die Zeit, in welcher der Teichfroſch zur Paarung ſchreitet, beginnt die Fortpflanzung der Kreuzkröte. Ende Mai’s oder Anfangs Juni finden ſich beide Geſchlechter in pflanzenbewachſenen, längs der Ufer ſeichten Gewäſſern ein, verweilen hier mehrere Tage und machen ſich ſehr bemerklich, weil die Männchen höchſt eifrig und unermüdlich ein dem des Laubfroſches ähnliches, den Silben „Krak, krak, krak“ vergleichbares Geſchrei vernehmen laſſen. Naht ſich ein Menſch oder ein größeres Säugethier überhaupt der Geſellſchaft, ſo verſtummen alle, welche den Ankömmling gewahren; doch gibt es einzelne, welche ſo hitzig ſind, daß ſie noch fortknarren, wenn man ſie bereits gefangen in der Hand hält. Die Entwicklung der Keime verläuft, der vorgerückten Jahreszeit entſprechend, raſch; ſchon am fünften Tage bewegen ſich die Larven, am ſechsten oder achten kriechen ſie aus; nach ſieben Wochen etwa haben ſich die Hinterbeine gebildet; einen Monat ſpäter iſt der Schwanz bereits eingeſchrumpft, und die Kaulquappen ſuchen nun das trockene Land auf; im vierten oder fünften Jahre gelten ſie für mannbar, nehmen aber auch von dieſer Zeit ab noch ſtetig an Größe zu und erreichen höchſt wahrſcheinlich ein ſehr hohes Alter.
Hinſichtlich des Nutzens, welchen die Kreuzkröte leiſtet, kommt ſie der Verwandten gleich, verdient alſo wie dieſe die Schonung jedes vernünftigen Menſchen.
Selbſt die rieſenhaften Erdkröten, welche man hier und da, namentlich im ſüdlichen Europa findet, erſcheinen uns noch klein im Vergleich zu einigen ausländiſchen Arten, welche man mit Fug und Necht Rieſenkröten nennen darf. Jhre Größe hat einige Naturforſcher beſtimmt, ſie in einer beſonderen Sippe (Docidophryne) zu vereinigen; da ihre Merkmale jedoch mit denen der Buntkröten vollſtändig übereinſtimmen, erſcheint uns die Trennung beider Gruppen nicht gerechtfertigt.
Die bekannteſte Rieſenkröte iſt die Aga(Bufo Agua), der größte aller bis jetzt beſchriebenen Froſchlurche, ein Thier, welches viele Schildkröten an Umfang übertrifft und bei einer Breite von 5 Zoll eine Leibeslänge von 8 Zoll und darüber erreichen ſoll. Die Färbung iſt ein fahles Graulich- blaßgelb, auf welchem oben große bräunliche oder rußſchwarze, unten kleinere röthlichgraubraune Flecken ſtehen; die Spitzen der Fußzehen ſehen ſchwarzbraun aus; erhöhete Leiſten, welche vom Auge nach der Naſe verlaufen, haben eine röthlichbraune Färbung. Unmittelbar nach der Häutung iſt das Kleid des ſonſt häßlichen Thieres ein anſprechendes; ſpäter werden alle Farben düſter und ſchmuzig.
Alle Länder und auch die meiſten Jnſeln Süd- und Mittelamerikas beherbergen die Aga. Dumeril erhielt ſie aus Buenos-Ayres, Braſilien, Guiana, von Martinik; andere Forſcher beobachteten ſie in Benezuela, Coſtarica ꝛc. Uebertages hält ſie ſich, wie Prinz von Wied und
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[405/0433]
Kreuz- und Wechſelkröte. Aga.
kaum zutrauen möchte: ſie klettert nämlich. Zu ihren Lieblingswohnſitzen gehören Höhlungen in
Gemäuer und Felſen, und ſolche Höhlungen bezieht ſie auch dann, wenn ſie bis drei Fuß oder mehr
über dem flachen Boden in einer ſenkrechten Ebene münden. Um nun zu dem einer Erdkröte unnah-
baren Eingange zu gelangen, krallt jene ſich mit ihren an der Spitze harten Zehen feſt in die Fugen
des Geſteines ein, drückt den warzenreichen, kleberigen und feuchten Bauch gegen die Fläche und
kriecht ſo, höchſt bedächtig zwar, aber ſicher, bis zu ihrer Behauſung empor. Röſel meint, und gewiß
mit vollem Nechte, daß ſie durch feſtes Anpreſſen ihrer Zehen und ihrer Bauchſeite den Luftdruck zu
ihren Gunſten wirken laſſe, alſo in ähnlicher Weiſe klettere, wie die Laubfröſche.
Angeſichts eines Feindes verſucht die Kreuzkröte zunächſt, ſo raſch ſie kann zu entfliehen; wird
ſie aber eingeholt und beunruhigt, ſo zieht ſie in der Angſt ihre Haut ſo zuſammen, daß alle Drüſen
ſich entleeren und ſie mit einer weißen, ſchäumenden Feuchtigkeit bedecken, welche einen unausſtehlichen
Geruch verbreitet. Röſel vergleicht denſelben mit dem Geſtank abgebrannten Pulvers, Dumeril mit
dem einer lange gebrauchten Tabakspfeife oder mit dem des Schwefelarſenik; ſtreng genommen aber,
hat der Geſtank etwas ganz Abſonderliches, und iſt nur das Eine gewiß, daß er uns unerträglich
dünkt. Es unterliegt keinem Zweifel, daß gerade dieſe Ausdünſtung zum beſten Schutze unſeres
Thieres wird, und ihm eine Sicherheit verleiht, welche ſeine Verwandten nicht genießen.
Erſt ſpät im Jahre, um die Zeit, in welcher der Teichfroſch zur Paarung ſchreitet, beginnt die
Fortpflanzung der Kreuzkröte. Ende Mai’s oder Anfangs Juni finden ſich beide Geſchlechter in
pflanzenbewachſenen, längs der Ufer ſeichten Gewäſſern ein, verweilen hier mehrere Tage und machen
ſich ſehr bemerklich, weil die Männchen höchſt eifrig und unermüdlich ein dem des Laubfroſches
ähnliches, den Silben „Krak, krak, krak“ vergleichbares Geſchrei vernehmen laſſen. Naht ſich ein
Menſch oder ein größeres Säugethier überhaupt der Geſellſchaft, ſo verſtummen alle, welche den
Ankömmling gewahren; doch gibt es einzelne, welche ſo hitzig ſind, daß ſie noch fortknarren,
wenn man ſie bereits gefangen in der Hand hält. Die Entwicklung der Keime verläuft, der
vorgerückten Jahreszeit entſprechend, raſch; ſchon am fünften Tage bewegen ſich die Larven, am
ſechsten oder achten kriechen ſie aus; nach ſieben Wochen etwa haben ſich die Hinterbeine gebildet;
einen Monat ſpäter iſt der Schwanz bereits eingeſchrumpft, und die Kaulquappen ſuchen nun das
trockene Land auf; im vierten oder fünften Jahre gelten ſie für mannbar, nehmen aber auch von
dieſer Zeit ab noch ſtetig an Größe zu und erreichen höchſt wahrſcheinlich ein ſehr hohes Alter.
Hinſichtlich des Nutzens, welchen die Kreuzkröte leiſtet, kommt ſie der Verwandten gleich,
verdient alſo wie dieſe die Schonung jedes vernünftigen Menſchen.
Selbſt die rieſenhaften Erdkröten, welche man hier und da, namentlich im ſüdlichen Europa
findet, erſcheinen uns noch klein im Vergleich zu einigen ausländiſchen Arten, welche man mit Fug
und Necht Rieſenkröten nennen darf. Jhre Größe hat einige Naturforſcher beſtimmt, ſie in einer
beſonderen Sippe (Docidophryne) zu vereinigen; da ihre Merkmale jedoch mit denen der Buntkröten
vollſtändig übereinſtimmen, erſcheint uns die Trennung beider Gruppen nicht gerechtfertigt.
Die bekannteſte Rieſenkröte iſt die Aga (Bufo Agua), der größte aller bis jetzt beſchriebenen
Froſchlurche, ein Thier, welches viele Schildkröten an Umfang übertrifft und bei einer Breite von
5 Zoll eine Leibeslänge von 8 Zoll und darüber erreichen ſoll. Die Färbung iſt ein fahles Graulich-
blaßgelb, auf welchem oben große bräunliche oder rußſchwarze, unten kleinere röthlichgraubraune
Flecken ſtehen; die Spitzen der Fußzehen ſehen ſchwarzbraun aus; erhöhete Leiſten, welche vom Auge
nach der Naſe verlaufen, haben eine röthlichbraune Färbung. Unmittelbar nach der Häutung iſt das
Kleid des ſonſt häßlichen Thieres ein anſprechendes; ſpäter werden alle Farben düſter und ſchmuzig.
Alle Länder und auch die meiſten Jnſeln Süd- und Mittelamerikas beherbergen die Aga.
Dumeril erhielt ſie aus Buenos-Ayres, Braſilien, Guiana, von Martinik; andere Forſcher
beobachteten ſie in Benezuela, Coſtarica ꝛc. Uebertages hält ſie ſich, wie Prinz von Wied und
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/433>, abgerufen am 22.12.2024.
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