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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Froschlurche. Kröten. Nasenkröten. Zungenlose.
Schomburgk übereinstimmend mittheilen, verborgen in ihren Schlupfwinkeln; sowie aber die
Kühlung des Abends eintritt oder ein Regenguß solche bringt, verläßt sie ihre Herberge und erscheint
nun in erstaunlicher Menge, sodaß man, wie der Prinz sich ausdrückt, "die Erde oft mit diesen
Thieren bedeckt sieht." Besonders häufig findet sie sich, nach Schomburgk, in Georgetown, der
Hauptstadt des britischen Guiana selbst. Jeden Abend begegnet man ihr hier inmitten der Straßen;
ja, es scheint sogar, als ob sie außerhalb der Städte und Dörfer nur vereinzelt vorkommt. Während
der Regenzeit besucht sie, wie unsere Kröte ja auch, das Jnnere der Wohnunge. "Zu dem widrigen
Geko", erzählt Schomburgk, "fanden sich noch eine Menge Kröten ein. Hielten sie sich auch
während des Tages in den dunklen Winkeln der Hütte, deren es wegen der vielen Kisten und Kasten
eine ziemliche Anzahl gab, und unter denen sie sich förmliche Vertiefungen wühlten, so begannen sie
doch mit Einbruch der Nacht ihre Streifereien nach Beute; traf man dann unversehens eine derselben,
so stieß die Gequetschte jedesmal einen Schmerzenston aus, welcher uns anfänglich gewaltige Luft-
sprünge machen ließ. Auffallend war es, daß diese unangenehmen Gäste besonders gern ihr Lager
zwischen den Flaschen, Wasserkrügen und anderen Wassergefäßen aufschlugen, da sie doch die Feuchtig-
keit der Savanne fliehen. Rückten wir einmal eine Kiste, welche vielleicht nicht ganz fest auf dem
Boden gestanden, fort, so wurden gewöhnlich Nester von Kröten, Gekos, Eidechsen, Skorpionen,
Schlangen und Tausendfüßlern aus ihrer behaglichen Tagesruhe, welcher sie sich, friedlich vereinigt
hingegeben hatten, aufgescheucht. Ein solcher Knäuel nackter, wimmelnder, ekelhafter Thiere übergoß
uns anfänglich mit einem wahrhaften Schauder, bis uns auch hierbei die Gewohnheit diese Schwäche
verlernen und uns einen tüchtigen Prügel als das beste Mittel gegen ungebetenen Besuch erscheinen
ließ." Gereizt, gibt auch die Aga eine wässerige Feuchtigkeit von sich, welche die Landbewohner
überaus fürchten. Ungeachtet ihres plumpen Baues bewegt sich die Riesenkröte mit verhältnißmäßiger
Gewandtheit, und zwar hüpfend, nicht kriechend; sie ist überhaupt ein munteres und lebhaftes
Geschöpf. Unter ihren Familienverwandten gehört sie zu denen, welche den meisten Lärm verursachen;
zumal vor der Paarung läßt sie ein lautes, schnarchendes Gebell vernehmen, hauptsächlich während
der Nacht, zuweilen jedoch auch bei Tage, und wie die Kreuzkröte gibt sie, wenn sie hitzig ist, ihre
Musik auch in der Gefangenschaft zum Besten.

Es läßt sich annehmen, daß die Gefräßigkeit dieser Kröte sich zu der Eßlust der unserigen ebenso
verhält, wie die bezügliche Körpergröße beider Arten; eine sichere Angabe über die Nahrung jener
Art ist mir jedoch nicht bekannt. Wood erzählt, daß man daran gedacht habe, sie auf Jamaika als
Vertilgerin der Ratten einzubürgern. Als man die erste auf der Jnsel aussetzte, verursachte sie
allgemeinen Abscheu, namentlich auch durch ihr Geschrei, welches die biederen Pflanzer und die furcht-
samen Neger mit höchstem Entsetzen erfüllte und ängstlichen Gemüthern den Schlaf raubte.

Mit Beginn der Regenzeit begibt sich die Aga ins Wasser, um zu laichen. Wir wissen nicht,
in welcher Weise Dies geschieht, dürfen jedoch annehmen, daß die Umwandlung der Jungen in sehr
kurzer Zeit vor sich geht, da man vollständig verwandelte Riesenkröten von nur zwei Centimeter
Leibeslänge nach Europa sandte, gewissermaßen zum Beweise, daß die Kaulquappen nicht die
genügende Zeit gehabt hatten, sich einen mit anderen Arten im Verhältniß stehenden Umfang
zu erwerben.



Dumeril machte uns zuerst mit einem mejikanischen Froschlurche bekannt, welcher sich von
allen übrigen dadurch unterscheidet, daß seine Zunge hinten angewachsen und an der vorderen Spitze
beweglich ist. Dieses Thier, die Nasenkröte (Rhinophryne dorsalis), von den Einen als Vertreterin
einer Sippe, von den Anderen als Urbild einer Familie angesehen, gehört zu den unförmlichsten
Gestalten der Ordnung. Jhr Leib ist fast eirund, der Kopf mit ihm verschmolzen und schnabelartig
zugespitzt, das vordere Gliederpaar plump und kurz, der Fuß vierzehig, das hintere Gliederpaar dick,

Die Froſchlurche. Kröten. Naſenkröten. Zungenloſe.
Schomburgk übereinſtimmend mittheilen, verborgen in ihren Schlupfwinkeln; ſowie aber die
Kühlung des Abends eintritt oder ein Regenguß ſolche bringt, verläßt ſie ihre Herberge und erſcheint
nun in erſtaunlicher Menge, ſodaß man, wie der Prinz ſich ausdrückt, „die Erde oft mit dieſen
Thieren bedeckt ſieht.“ Beſonders häufig findet ſie ſich, nach Schomburgk, in Georgetown, der
Hauptſtadt des britiſchen Guiana ſelbſt. Jeden Abend begegnet man ihr hier inmitten der Straßen;
ja, es ſcheint ſogar, als ob ſie außerhalb der Städte und Dörfer nur vereinzelt vorkommt. Während
der Regenzeit beſucht ſie, wie unſere Kröte ja auch, das Jnnere der Wohnunge. „Zu dem widrigen
Geko“, erzählt Schomburgk, „fanden ſich noch eine Menge Kröten ein. Hielten ſie ſich auch
während des Tages in den dunklen Winkeln der Hütte, deren es wegen der vielen Kiſten und Kaſten
eine ziemliche Anzahl gab, und unter denen ſie ſich förmliche Vertiefungen wühlten, ſo begannen ſie
doch mit Einbruch der Nacht ihre Streifereien nach Beute; traf man dann unverſehens eine derſelben,
ſo ſtieß die Gequetſchte jedesmal einen Schmerzenston aus, welcher uns anfänglich gewaltige Luft-
ſprünge machen ließ. Auffallend war es, daß dieſe unangenehmen Gäſte beſonders gern ihr Lager
zwiſchen den Flaſchen, Waſſerkrügen und anderen Waſſergefäßen aufſchlugen, da ſie doch die Feuchtig-
keit der Savanne fliehen. Rückten wir einmal eine Kiſte, welche vielleicht nicht ganz feſt auf dem
Boden geſtanden, fort, ſo wurden gewöhnlich Neſter von Kröten, Gekos, Eidechſen, Skorpionen,
Schlangen und Tauſendfüßlern aus ihrer behaglichen Tagesruhe, welcher ſie ſich, friedlich vereinigt
hingegeben hatten, aufgeſcheucht. Ein ſolcher Knäuel nackter, wimmelnder, ekelhafter Thiere übergoß
uns anfänglich mit einem wahrhaften Schauder, bis uns auch hierbei die Gewohnheit dieſe Schwäche
verlernen und uns einen tüchtigen Prügel als das beſte Mittel gegen ungebetenen Beſuch erſcheinen
ließ.“ Gereizt, gibt auch die Aga eine wäſſerige Feuchtigkeit von ſich, welche die Landbewohner
überaus fürchten. Ungeachtet ihres plumpen Baues bewegt ſich die Rieſenkröte mit verhältnißmäßiger
Gewandtheit, und zwar hüpfend, nicht kriechend; ſie iſt überhaupt ein munteres und lebhaftes
Geſchöpf. Unter ihren Familienverwandten gehört ſie zu denen, welche den meiſten Lärm verurſachen;
zumal vor der Paarung läßt ſie ein lautes, ſchnarchendes Gebell vernehmen, hauptſächlich während
der Nacht, zuweilen jedoch auch bei Tage, und wie die Kreuzkröte gibt ſie, wenn ſie hitzig iſt, ihre
Muſik auch in der Gefangenſchaft zum Beſten.

Es läßt ſich annehmen, daß die Gefräßigkeit dieſer Kröte ſich zu der Eßluſt der unſerigen ebenſo
verhält, wie die bezügliche Körpergröße beider Arten; eine ſichere Angabe über die Nahrung jener
Art iſt mir jedoch nicht bekannt. Wood erzählt, daß man daran gedacht habe, ſie auf Jamaika als
Vertilgerin der Ratten einzubürgern. Als man die erſte auf der Jnſel ausſetzte, verurſachte ſie
allgemeinen Abſcheu, namentlich auch durch ihr Geſchrei, welches die biederen Pflanzer und die furcht-
ſamen Neger mit höchſtem Entſetzen erfüllte und ängſtlichen Gemüthern den Schlaf raubte.

Mit Beginn der Regenzeit begibt ſich die Aga ins Waſſer, um zu laichen. Wir wiſſen nicht,
in welcher Weiſe Dies geſchieht, dürfen jedoch annehmen, daß die Umwandlung der Jungen in ſehr
kurzer Zeit vor ſich geht, da man vollſtändig verwandelte Rieſenkröten von nur zwei Centimeter
Leibeslänge nach Europa ſandte, gewiſſermaßen zum Beweiſe, daß die Kaulquappen nicht die
genügende Zeit gehabt hatten, ſich einen mit anderen Arten im Verhältniß ſtehenden Umfang
zu erwerben.



Dumeril machte uns zuerſt mit einem mejikaniſchen Froſchlurche bekannt, welcher ſich von
allen übrigen dadurch unterſcheidet, daß ſeine Zunge hinten angewachſen und an der vorderen Spitze
beweglich iſt. Dieſes Thier, die Naſenkröte (Rhinophryne dorsalis), von den Einen als Vertreterin
einer Sippe, von den Anderen als Urbild einer Familie angeſehen, gehört zu den unförmlichſten
Geſtalten der Ordnung. Jhr Leib iſt faſt eirund, der Kopf mit ihm verſchmolzen und ſchnabelartig
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[406/0434] Die Froſchlurche. Kröten. Naſenkröten. Zungenloſe. Schomburgk übereinſtimmend mittheilen, verborgen in ihren Schlupfwinkeln; ſowie aber die Kühlung des Abends eintritt oder ein Regenguß ſolche bringt, verläßt ſie ihre Herberge und erſcheint nun in erſtaunlicher Menge, ſodaß man, wie der Prinz ſich ausdrückt, „die Erde oft mit dieſen Thieren bedeckt ſieht.“ Beſonders häufig findet ſie ſich, nach Schomburgk, in Georgetown, der Hauptſtadt des britiſchen Guiana ſelbſt. Jeden Abend begegnet man ihr hier inmitten der Straßen; ja, es ſcheint ſogar, als ob ſie außerhalb der Städte und Dörfer nur vereinzelt vorkommt. Während der Regenzeit beſucht ſie, wie unſere Kröte ja auch, das Jnnere der Wohnunge. „Zu dem widrigen Geko“, erzählt Schomburgk, „fanden ſich noch eine Menge Kröten ein. Hielten ſie ſich auch während des Tages in den dunklen Winkeln der Hütte, deren es wegen der vielen Kiſten und Kaſten eine ziemliche Anzahl gab, und unter denen ſie ſich förmliche Vertiefungen wühlten, ſo begannen ſie doch mit Einbruch der Nacht ihre Streifereien nach Beute; traf man dann unverſehens eine derſelben, ſo ſtieß die Gequetſchte jedesmal einen Schmerzenston aus, welcher uns anfänglich gewaltige Luft- ſprünge machen ließ. Auffallend war es, daß dieſe unangenehmen Gäſte beſonders gern ihr Lager zwiſchen den Flaſchen, Waſſerkrügen und anderen Waſſergefäßen aufſchlugen, da ſie doch die Feuchtig- keit der Savanne fliehen. Rückten wir einmal eine Kiſte, welche vielleicht nicht ganz feſt auf dem Boden geſtanden, fort, ſo wurden gewöhnlich Neſter von Kröten, Gekos, Eidechſen, Skorpionen, Schlangen und Tauſendfüßlern aus ihrer behaglichen Tagesruhe, welcher ſie ſich, friedlich vereinigt hingegeben hatten, aufgeſcheucht. Ein ſolcher Knäuel nackter, wimmelnder, ekelhafter Thiere übergoß uns anfänglich mit einem wahrhaften Schauder, bis uns auch hierbei die Gewohnheit dieſe Schwäche verlernen und uns einen tüchtigen Prügel als das beſte Mittel gegen ungebetenen Beſuch erſcheinen ließ.“ Gereizt, gibt auch die Aga eine wäſſerige Feuchtigkeit von ſich, welche die Landbewohner überaus fürchten. Ungeachtet ihres plumpen Baues bewegt ſich die Rieſenkröte mit verhältnißmäßiger Gewandtheit, und zwar hüpfend, nicht kriechend; ſie iſt überhaupt ein munteres und lebhaftes Geſchöpf. Unter ihren Familienverwandten gehört ſie zu denen, welche den meiſten Lärm verurſachen; zumal vor der Paarung läßt ſie ein lautes, ſchnarchendes Gebell vernehmen, hauptſächlich während der Nacht, zuweilen jedoch auch bei Tage, und wie die Kreuzkröte gibt ſie, wenn ſie hitzig iſt, ihre Muſik auch in der Gefangenſchaft zum Beſten. Es läßt ſich annehmen, daß die Gefräßigkeit dieſer Kröte ſich zu der Eßluſt der unſerigen ebenſo verhält, wie die bezügliche Körpergröße beider Arten; eine ſichere Angabe über die Nahrung jener Art iſt mir jedoch nicht bekannt. Wood erzählt, daß man daran gedacht habe, ſie auf Jamaika als Vertilgerin der Ratten einzubürgern. Als man die erſte auf der Jnſel ausſetzte, verurſachte ſie allgemeinen Abſcheu, namentlich auch durch ihr Geſchrei, welches die biederen Pflanzer und die furcht- ſamen Neger mit höchſtem Entſetzen erfüllte und ängſtlichen Gemüthern den Schlaf raubte. Mit Beginn der Regenzeit begibt ſich die Aga ins Waſſer, um zu laichen. Wir wiſſen nicht, in welcher Weiſe Dies geſchieht, dürfen jedoch annehmen, daß die Umwandlung der Jungen in ſehr kurzer Zeit vor ſich geht, da man vollſtändig verwandelte Rieſenkröten von nur zwei Centimeter Leibeslänge nach Europa ſandte, gewiſſermaßen zum Beweiſe, daß die Kaulquappen nicht die genügende Zeit gehabt hatten, ſich einen mit anderen Arten im Verhältniß ſtehenden Umfang zu erwerben. Dumeril machte uns zuerſt mit einem mejikaniſchen Froſchlurche bekannt, welcher ſich von allen übrigen dadurch unterſcheidet, daß ſeine Zunge hinten angewachſen und an der vorderen Spitze beweglich iſt. Dieſes Thier, die Naſenkröte (Rhinophryne dorsalis), von den Einen als Vertreterin einer Sippe, von den Anderen als Urbild einer Familie angeſehen, gehört zu den unförmlichſten Geſtalten der Ordnung. Jhr Leib iſt faſt eirund, der Kopf mit ihm verſchmolzen und ſchnabelartig zugeſpitzt, das vordere Gliederpaar plump und kurz, der Fuß vierzehig, das hintere Gliederpaar dick,

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/434>, abgerufen am 22.12.2024.