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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Schwanzlurche. Wassermolche. Riesensalamander.
veränderte sich etwas, und auf der dunklen Grundfarbe der Haut traten kleine gelblichweiße Flecken
in großer Anzahl hervor. Am 28. September beobachtete man eine gleiche Veränderung an einem
anderen Jungen, am 7. Oktober dieselbe an einem dritten, am 10. Oktober an einem vierten.
Alle vier wandelten sich in derselben Weise zu vollkommenen Thieren um, wie andere Schwanzlurche
auch: es wurden Molche aus ihnen, und die Richtigkeit der Ansicht Humboldt's und Cuvier's
war erwiesen.

Von nun an bis zu Ende des Jahres 1867 haben die Axolotl wiederholt Eier gelegt und Junge
gezeugt, auch im Pflanzengarten geborene sich fortgepflanzt. Es sind bis dahin zweiundzwanzigmal
Eier gelegt worden, jedesmal ungefähr hundertfünfzig Stück, in zwei Jahren und neun Monaten
also dreitausendunddreihundert. Viele von den Jungen gingen in den ersten Lebenstagen zu Grunde,
andere wurden Versuchen geopfert, andere wissenschaftlichen Anstalten in ganz Europa übersendet;
demungeachtet besitzt der Pflanzengarten gegenwärtig noch über zweitausend Stück dieser Thiere
in allen Lebensaltern, verwandelte und unverwandelte.

Einer der ersten Versuche, welche Dumeril anstellte, bezweckte, zu erfahren, ob man durch
gewaltsamen Eingriff die Entwicklung beschleunigen könne. Er schnitt deshalb mehreren Arolotl
zuerst einzelne Kiemen der einen, später auch die der anderen Seite ab, erfuhr, daß diese Gebilde
sich ersetzten, wiederholte an denselben Thieren den Versuch und gelangte zu dem Ergebniß, daß der
Ersatz der Kiemen bei einem und demselben Stücke fünf bis sechs Mal stattfinden kann, ohne die
Larve zu gefährden, sowie denn auch einzelne der Versuchsthiere sich schließlich verwandelten.

Die merkwürdige Thatsache, daß Molche im Larvenzustande fortpflanzungsfähig sind, steht
übrigens, wie Dumeril gelegentlich bemerkt, nicht vereinzelt da, weil Filippi etwas ganz
Aehnliches an dem Alpenmolch beobachtete.

Nachdem nun also in unwiderleglicher Weise bewiesen worden, daß der Axolotl nur die Larve
eines Molches ist, hat man ihm auch seine Stellung im System endgiltig anweisen können.
Dumerils Untersuchungen zu Folge gehört er der in Nordamerika weit verbreiteten Sippe der
Querzähnler (Ambystoma) an, als deren hauptsächlichstes Kennzeichen gilt, daß die Gaumenzähne
sich nicht in zwei Längsreihen ordnen, sondern in einer pfeilbogenartigen Linie quergestellt sind. Die
verlängerte und abgerundete Zunge ist nur an den Rändern frei. Der äußere Bau des Leibes unter-
scheidet sich wenig oder nicht von dem der Tritonen. Somit muß der Axolotl fortan, anstatt Siredon
pisciformis
oder Siredon Axolotl, Ambystoma Axolotl genannt werden.



"Wir haben, nebst dem ohnfehlbaren Zeugnuß des Göttlichen Wortes, so viel andere Zeugen
jener allgemeinen und erschröcklichen Wasser-Flut; als viel Länder, Stätte, Dörffer, Berge, Thäler,
Stein-Brüchen, Leim-Gruben sind. Pflantzen, Fische, vierfüssige Thiere, Unziefer, Muschelen,
Schnecken, ohne Zahl; von Menschen aber, so damahls zu Grund gegangen, hat man biß dahin sehr
wenig Ueberbleibselen gefunden. Sie schwummen tod auf der obern Wasser-Fläche, und verfaulten
und läßt sich von denen hin und wider befindlichen Gebeinen nicht allezeit schliessen, das sie von
Menschen seyen. Dieses Bildnuß, welches in sauberem Holtz-Schnitt der gelehrten und curiosen
Welt zum Nachdenken vorliegt, ist eines von sichersten, ja ohnfehlbaren Ueberbleibselen der Sünd-
Flut; da finden sich nicht einige Lineament, auß welchen die reiche und fruchtbare Einbildung etwas,
so dem Menschen gleichet, formieren kann, sondern eine gründliche Uebereinkunfft mit denen Teilen
eines Menschlichen Bein-Gerüsts, ein vollkommenes Eben-Maß, ja selbs die in Stein (der auß den
Oningischen Stein-Bruch) eingesenkte Bein; selbs auch weichere Theil sind in Natura übrig, und von
übrigen Stein leicht zu unterscheiden. Dieser Mensch, dessen Grabmahl alle andere Römische und
Griechische, auch Egyptische, oder andere Orientalische Monument an Alter und Gewüßheit übertrifft,
präsentiert sich von vornen."

Die Schwanzlurche. Waſſermolche. Rieſenſalamander.
veränderte ſich etwas, und auf der dunklen Grundfarbe der Haut traten kleine gelblichweiße Flecken
in großer Anzahl hervor. Am 28. September beobachtete man eine gleiche Veränderung an einem
anderen Jungen, am 7. Oktober dieſelbe an einem dritten, am 10. Oktober an einem vierten.
Alle vier wandelten ſich in derſelben Weiſe zu vollkommenen Thieren um, wie andere Schwanzlurche
auch: es wurden Molche aus ihnen, und die Richtigkeit der Anſicht Humboldt’s und Cuvier’s
war erwieſen.

Von nun an bis zu Ende des Jahres 1867 haben die Axolotl wiederholt Eier gelegt und Junge
gezeugt, auch im Pflanzengarten geborene ſich fortgepflanzt. Es ſind bis dahin zweiundzwanzigmal
Eier gelegt worden, jedesmal ungefähr hundertfünfzig Stück, in zwei Jahren und neun Monaten
alſo dreitauſendunddreihundert. Viele von den Jungen gingen in den erſten Lebenstagen zu Grunde,
andere wurden Verſuchen geopfert, andere wiſſenſchaftlichen Anſtalten in ganz Europa überſendet;
demungeachtet beſitzt der Pflanzengarten gegenwärtig noch über zweitauſend Stück dieſer Thiere
in allen Lebensaltern, verwandelte und unverwandelte.

Einer der erſten Verſuche, welche Dumeril anſtellte, bezweckte, zu erfahren, ob man durch
gewaltſamen Eingriff die Entwicklung beſchleunigen könne. Er ſchnitt deshalb mehreren Arolotl
zuerſt einzelne Kiemen der einen, ſpäter auch die der anderen Seite ab, erfuhr, daß dieſe Gebilde
ſich erſetzten, wiederholte an denſelben Thieren den Verſuch und gelangte zu dem Ergebniß, daß der
Erſatz der Kiemen bei einem und demſelben Stücke fünf bis ſechs Mal ſtattfinden kann, ohne die
Larve zu gefährden, ſowie denn auch einzelne der Verſuchsthiere ſich ſchließlich verwandelten.

Die merkwürdige Thatſache, daß Molche im Larvenzuſtande fortpflanzungsfähig ſind, ſteht
übrigens, wie Dumeril gelegentlich bemerkt, nicht vereinzelt da, weil Filippi etwas ganz
Aehnliches an dem Alpenmolch beobachtete.

Nachdem nun alſo in unwiderleglicher Weiſe bewieſen worden, daß der Axolotl nur die Larve
eines Molches iſt, hat man ihm auch ſeine Stellung im Syſtem endgiltig anweiſen können.
Dumerils Unterſuchungen zu Folge gehört er der in Nordamerika weit verbreiteten Sippe der
Querzähnler (Ambystoma) an, als deren hauptſächlichſtes Kennzeichen gilt, daß die Gaumenzähne
ſich nicht in zwei Längsreihen ordnen, ſondern in einer pfeilbogenartigen Linie quergeſtellt ſind. Die
verlängerte und abgerundete Zunge iſt nur an den Rändern frei. Der äußere Bau des Leibes unter-
ſcheidet ſich wenig oder nicht von dem der Tritonen. Somit muß der Axolotl fortan, anſtatt Siredon
pisciformis
oder Siredon Axolotl, Ambystoma Axolotl genannt werden.



„Wir haben, nebſt dem ohnfehlbaren Zeugnuß des Göttlichen Wortes, ſo viel andere Zeugen
jener allgemeinen und erſchröcklichen Waſſer-Flut; als viel Länder, Stätte, Dörffer, Berge, Thäler,
Stein-Brüchen, Leim-Gruben ſind. Pflantzen, Fiſche, vierfüſſige Thiere, Unziefer, Muſchelen,
Schnecken, ohne Zahl; von Menſchen aber, ſo damahls zu Grund gegangen, hat man biß dahin ſehr
wenig Ueberbleibſelen gefunden. Sie ſchwummen tod auf der obern Waſſer-Fläche, und verfaulten
und läßt ſich von denen hin und wider befindlichen Gebeinen nicht allezeit ſchlieſſen, das ſie von
Menſchen ſeyen. Dieſes Bildnuß, welches in ſauberem Holtz-Schnitt der gelehrten und curioſen
Welt zum Nachdenken vorliegt, iſt eines von ſicherſten, ja ohnfehlbaren Ueberbleibſelen der Sünd-
Flut; da finden ſich nicht einige Lineament, auß welchen die reiche und fruchtbare Einbildung etwas,
ſo dem Menſchen gleichet, formieren kann, ſondern eine gründliche Uebereinkunfft mit denen Teilen
eines Menſchlichen Bein-Gerüſts, ein vollkommenes Eben-Maß, ja ſelbs die in Stein (der auß den
Oningiſchen Stein-Bruch) eingeſenkte Bein; ſelbs auch weichere Theil ſind in Natura übrig, und von
übrigen Stein leicht zu unterſcheiden. Dieſer Menſch, deſſen Grabmahl alle andere Römiſche und
Griechiſche, auch Egyptiſche, oder andere Orientaliſche Monument an Alter und Gewüßheit übertrifft,
präſentiert ſich von vornen.“

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[428/0458] Die Schwanzlurche. Waſſermolche. Rieſenſalamander. veränderte ſich etwas, und auf der dunklen Grundfarbe der Haut traten kleine gelblichweiße Flecken in großer Anzahl hervor. Am 28. September beobachtete man eine gleiche Veränderung an einem anderen Jungen, am 7. Oktober dieſelbe an einem dritten, am 10. Oktober an einem vierten. Alle vier wandelten ſich in derſelben Weiſe zu vollkommenen Thieren um, wie andere Schwanzlurche auch: es wurden Molche aus ihnen, und die Richtigkeit der Anſicht Humboldt’s und Cuvier’s war erwieſen. Von nun an bis zu Ende des Jahres 1867 haben die Axolotl wiederholt Eier gelegt und Junge gezeugt, auch im Pflanzengarten geborene ſich fortgepflanzt. Es ſind bis dahin zweiundzwanzigmal Eier gelegt worden, jedesmal ungefähr hundertfünfzig Stück, in zwei Jahren und neun Monaten alſo dreitauſendunddreihundert. Viele von den Jungen gingen in den erſten Lebenstagen zu Grunde, andere wurden Verſuchen geopfert, andere wiſſenſchaftlichen Anſtalten in ganz Europa überſendet; demungeachtet beſitzt der Pflanzengarten gegenwärtig noch über zweitauſend Stück dieſer Thiere in allen Lebensaltern, verwandelte und unverwandelte. Einer der erſten Verſuche, welche Dumeril anſtellte, bezweckte, zu erfahren, ob man durch gewaltſamen Eingriff die Entwicklung beſchleunigen könne. Er ſchnitt deshalb mehreren Arolotl zuerſt einzelne Kiemen der einen, ſpäter auch die der anderen Seite ab, erfuhr, daß dieſe Gebilde ſich erſetzten, wiederholte an denſelben Thieren den Verſuch und gelangte zu dem Ergebniß, daß der Erſatz der Kiemen bei einem und demſelben Stücke fünf bis ſechs Mal ſtattfinden kann, ohne die Larve zu gefährden, ſowie denn auch einzelne der Verſuchsthiere ſich ſchließlich verwandelten. Die merkwürdige Thatſache, daß Molche im Larvenzuſtande fortpflanzungsfähig ſind, ſteht übrigens, wie Dumeril gelegentlich bemerkt, nicht vereinzelt da, weil Filippi etwas ganz Aehnliches an dem Alpenmolch beobachtete. Nachdem nun alſo in unwiderleglicher Weiſe bewieſen worden, daß der Axolotl nur die Larve eines Molches iſt, hat man ihm auch ſeine Stellung im Syſtem endgiltig anweiſen können. Dumerils Unterſuchungen zu Folge gehört er der in Nordamerika weit verbreiteten Sippe der Querzähnler (Ambystoma) an, als deren hauptſächlichſtes Kennzeichen gilt, daß die Gaumenzähne ſich nicht in zwei Längsreihen ordnen, ſondern in einer pfeilbogenartigen Linie quergeſtellt ſind. Die verlängerte und abgerundete Zunge iſt nur an den Rändern frei. Der äußere Bau des Leibes unter- ſcheidet ſich wenig oder nicht von dem der Tritonen. Somit muß der Axolotl fortan, anſtatt Siredon pisciformis oder Siredon Axolotl, Ambystoma Axolotl genannt werden. „Wir haben, nebſt dem ohnfehlbaren Zeugnuß des Göttlichen Wortes, ſo viel andere Zeugen jener allgemeinen und erſchröcklichen Waſſer-Flut; als viel Länder, Stätte, Dörffer, Berge, Thäler, Stein-Brüchen, Leim-Gruben ſind. Pflantzen, Fiſche, vierfüſſige Thiere, Unziefer, Muſchelen, Schnecken, ohne Zahl; von Menſchen aber, ſo damahls zu Grund gegangen, hat man biß dahin ſehr wenig Ueberbleibſelen gefunden. Sie ſchwummen tod auf der obern Waſſer-Fläche, und verfaulten und läßt ſich von denen hin und wider befindlichen Gebeinen nicht allezeit ſchlieſſen, das ſie von Menſchen ſeyen. Dieſes Bildnuß, welches in ſauberem Holtz-Schnitt der gelehrten und curioſen Welt zum Nachdenken vorliegt, iſt eines von ſicherſten, ja ohnfehlbaren Ueberbleibſelen der Sünd- Flut; da finden ſich nicht einige Lineament, auß welchen die reiche und fruchtbare Einbildung etwas, ſo dem Menſchen gleichet, formieren kann, ſondern eine gründliche Uebereinkunfft mit denen Teilen eines Menſchlichen Bein-Gerüſts, ein vollkommenes Eben-Maß, ja ſelbs die in Stein (der auß den Oningiſchen Stein-Bruch) eingeſenkte Bein; ſelbs auch weichere Theil ſind in Natura übrig, und von übrigen Stein leicht zu unterſcheiden. Dieſer Menſch, deſſen Grabmahl alle andere Römiſche und Griechiſche, auch Egyptiſche, oder andere Orientaliſche Monument an Alter und Gewüßheit übertrifft, präſentiert ſich von vornen.“

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/458>, abgerufen am 23.12.2024.