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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Riesensalamander.

Später, namentlich in unserem Jahrzehnt sind mehrere dieser ungeschlachten Geschöpfe lebend
zu uns gelangt, und gegenwärtig kann man sie im Pflanzengarten zu Paris, in den Thiergärten zu
London, zu Berlin und ebenso zu Frankfurt a. M. sehen; sogar das kleine Aquarium zu Hannover
besitzt ein Stück. Jch habe mehrere Gefangene längere Zeit beobachten können und gefunden, daß
sie ohne Ausnahme höchst langweilige Geschöpfe und deshalb auch in keiner Weise geeignet sind, den
Beschauer zu fesseln. Eine treffliche Schilderung ihres Wesens hat mein verehrter Freund Wein-
land
gegeben.

"Bei den meisten Lurchen hält es bekanntlich sehr schwer, sie zum Fressen zu bringen; wir waren
daher, nicht ohne ängstliche Sorge, darauf bedacht, dem werthvollen Salamander eine möglichst
angenehme Kost vorzusetzen. Kaum war er in seinem Wasserbecken untergebracht, so wurde ihm ein
drei Viertel Fuß langer Regenwurm vorgehalten und wirklich -- nachdem dieser einige Minuten
lang auf das Verführerischste vor seiner Schnauze herumgezappelt, schnappte der Molch heftig zu.
Mit dem ersten raschen Bisse war etwa das erste Drittel des Wurmes, mit einem zweiten, unmittelbar
darauf folgenden das zweite, mit einem dritten der ganze Wurm verschwunden; dann sah man das
Zungenbein in der Kehlgegend noch einige drückende Bewegungen machen, offenbar um die Beute
durch den Schlund in den Magen hinabzudrängen. An diesem Tage verzehrte er nur noch einen
Wurm, an dem darauf folgenden ihrer sechs, am dritten ihrer neun und zwar immer in derselben
Weise in Absätzen und mit der nachfolgenden kräftigen Schluckbewegung. Damit war die berechtigte
Hoffnung gegeben, daß wir den Riesenmolch am Leben erhalten würden; es schien jedoch räthlich ihm
kräftigere Nahrung vorzusetzen. Ein etwa sechs Zoll langer Weißfisch wurde ins Becken gebracht
und zwar lebend, da schon bei der Fütterung mit Würmern bemerkt worden war, daß der Riesen-
salamander blos zuschnappte, wenn jene sich oberhalb seiner Schnauze bewegten, er sie also mit seinen
kleinen, ganz nach oben liegenden Augen sehen konnte, während er um diejenigen, welche man auf
den Boden fallen ließ, sich nicht weiter bekümmerte. Sobald der Fisch seinem Kopf entgegensprang,
schnappte er mit einer von solchem trägen Thiere ganz unerwarteten, pfeilschnellen Seitenbewegung
des Kopfes nach ihm, wobei er den Nachen wenigstens einen Zoll weit aufriß, ganz so wie Haifische
von der Seite her nach ihrer Beute schnappen; der Fisch entkam ihm aber, obgleich der Salamander,
als sein erster Biß fehlte, noch zwei Mal aufs Gerathewohl in blinder, heißhungeriger Wuth ins
Wasser biß, wo der Fisch zuvor geschwommen. Offenbar war der letztere zu stark und die Zähnchen
des Salamanders zu schwach, um ihn festzuhalten; denn mit dem ersten Bisse schon war er in der
That in der Mitte des Leibes gepackt worden. Wir entfernten daher den Weißfisch und versuchten es,
da ein tauglicher kleinerer nicht vorhanden, mit einem Frosche, und zwar mit einem fast aus-
gewachsenen Teichfrosche. Auch jetzt machte der Molch seinen Angriff, faßte aber den Frosch
ungeschickter Weise an einem Vorderbeine, und da bei seinen kleinen, offenbar nur zum Erfassen und
Festhalten der Beute dienenden Zähnchen vom Abbeißen des Gliedchens keine Rede sein konnte, mußte
er nach langem Hin- und Herzerren des gewaltig arbeitenden Frosches diesen wieder frei lassen. Der
Frosch hüpfte in eine Ecke des Beckens, und der Salamander watschelte, wie mir schien, ganz zufällig
in dieselbe Ecke. Jener wurde zum zweiten Male erfaßt, diesmal aber am Kopfe, und schon nach
einer Viertelstunde war er mit sammt seinen langen Hinterbeinen in dem Rachen des Molches ver-
schwunden. Freilich verursachte dieses Mal das Hinabschlucken mehr Mühe; nicht nur stemmte der
Salamander seine Vorderbeine kräftig gegen den Boden des Beckens, sondern er drückte auch noch
seine Schnauze fest auf, um vermittels dieser dreifachen Stütze für die Schluckbewegung Anhaltspunkte
zu gewinnen. Darauf begab er sich hinter einen Stein zur Ruhe. Die Regel, daß Raubfische und
Raublurche ihre Beute stets beim Kopfe fassen, bekümmert unseren Molch, wie es scheint, nicht viel;
wenigstens wurde beobachtet, daß er einen Fisch von hinten packte und ihn so, den Schwanz voran,
den Kopf zuletzt, gegen die Schuppen und gegen die Kiemendeckel verschlang.

"Die Art der Ernährung ausgenommen, läßt sich übrigens wenig an diesem trägen, und wie
es scheint, sinnesstumpfen Thiere bemerken. Alle seine Bewegungen sind äußerst langsam, außer

Rieſenſalamander.

Später, namentlich in unſerem Jahrzehnt ſind mehrere dieſer ungeſchlachten Geſchöpfe lebend
zu uns gelangt, und gegenwärtig kann man ſie im Pflanzengarten zu Paris, in den Thiergärten zu
London, zu Berlin und ebenſo zu Frankfurt a. M. ſehen; ſogar das kleine Aquarium zu Hannover
beſitzt ein Stück. Jch habe mehrere Gefangene längere Zeit beobachten können und gefunden, daß
ſie ohne Ausnahme höchſt langweilige Geſchöpfe und deshalb auch in keiner Weiſe geeignet ſind, den
Beſchauer zu feſſeln. Eine treffliche Schilderung ihres Weſens hat mein verehrter Freund Wein-
land
gegeben.

„Bei den meiſten Lurchen hält es bekanntlich ſehr ſchwer, ſie zum Freſſen zu bringen; wir waren
daher, nicht ohne ängſtliche Sorge, darauf bedacht, dem werthvollen Salamander eine möglichſt
angenehme Koſt vorzuſetzen. Kaum war er in ſeinem Waſſerbecken untergebracht, ſo wurde ihm ein
drei Viertel Fuß langer Regenwurm vorgehalten und wirklich — nachdem dieſer einige Minuten
lang auf das Verführeriſchſte vor ſeiner Schnauze herumgezappelt, ſchnappte der Molch heftig zu.
Mit dem erſten raſchen Biſſe war etwa das erſte Drittel des Wurmes, mit einem zweiten, unmittelbar
darauf folgenden das zweite, mit einem dritten der ganze Wurm verſchwunden; dann ſah man das
Zungenbein in der Kehlgegend noch einige drückende Bewegungen machen, offenbar um die Beute
durch den Schlund in den Magen hinabzudrängen. An dieſem Tage verzehrte er nur noch einen
Wurm, an dem darauf folgenden ihrer ſechs, am dritten ihrer neun und zwar immer in derſelben
Weiſe in Abſätzen und mit der nachfolgenden kräftigen Schluckbewegung. Damit war die berechtigte
Hoffnung gegeben, daß wir den Rieſenmolch am Leben erhalten würden; es ſchien jedoch räthlich ihm
kräftigere Nahrung vorzuſetzen. Ein etwa ſechs Zoll langer Weißfiſch wurde ins Becken gebracht
und zwar lebend, da ſchon bei der Fütterung mit Würmern bemerkt worden war, daß der Rieſen-
ſalamander blos zuſchnappte, wenn jene ſich oberhalb ſeiner Schnauze bewegten, er ſie alſo mit ſeinen
kleinen, ganz nach oben liegenden Augen ſehen konnte, während er um diejenigen, welche man auf
den Boden fallen ließ, ſich nicht weiter bekümmerte. Sobald der Fiſch ſeinem Kopf entgegenſprang,
ſchnappte er mit einer von ſolchem trägen Thiere ganz unerwarteten, pfeilſchnellen Seitenbewegung
des Kopfes nach ihm, wobei er den Nachen wenigſtens einen Zoll weit aufriß, ganz ſo wie Haifiſche
von der Seite her nach ihrer Beute ſchnappen; der Fiſch entkam ihm aber, obgleich der Salamander,
als ſein erſter Biß fehlte, noch zwei Mal aufs Gerathewohl in blinder, heißhungeriger Wuth ins
Waſſer biß, wo der Fiſch zuvor geſchwommen. Offenbar war der letztere zu ſtark und die Zähnchen
des Salamanders zu ſchwach, um ihn feſtzuhalten; denn mit dem erſten Biſſe ſchon war er in der
That in der Mitte des Leibes gepackt worden. Wir entfernten daher den Weißfiſch und verſuchten es,
da ein tauglicher kleinerer nicht vorhanden, mit einem Froſche, und zwar mit einem faſt aus-
gewachſenen Teichfroſche. Auch jetzt machte der Molch ſeinen Angriff, faßte aber den Froſch
ungeſchickter Weiſe an einem Vorderbeine, und da bei ſeinen kleinen, offenbar nur zum Erfaſſen und
Feſthalten der Beute dienenden Zähnchen vom Abbeißen des Gliedchens keine Rede ſein konnte, mußte
er nach langem Hin- und Herzerren des gewaltig arbeitenden Froſches dieſen wieder frei laſſen. Der
Froſch hüpfte in eine Ecke des Beckens, und der Salamander watſchelte, wie mir ſchien, ganz zufällig
in dieſelbe Ecke. Jener wurde zum zweiten Male erfaßt, diesmal aber am Kopfe, und ſchon nach
einer Viertelſtunde war er mit ſammt ſeinen langen Hinterbeinen in dem Rachen des Molches ver-
ſchwunden. Freilich verurſachte dieſes Mal das Hinabſchlucken mehr Mühe; nicht nur ſtemmte der
Salamander ſeine Vorderbeine kräftig gegen den Boden des Beckens, ſondern er drückte auch noch
ſeine Schnauze feſt auf, um vermittels dieſer dreifachen Stütze für die Schluckbewegung Anhaltspunkte
zu gewinnen. Darauf begab er ſich hinter einen Stein zur Ruhe. Die Regel, daß Raubfiſche und
Raublurche ihre Beute ſtets beim Kopfe faſſen, bekümmert unſeren Molch, wie es ſcheint, nicht viel;
wenigſtens wurde beobachtet, daß er einen Fiſch von hinten packte und ihn ſo, den Schwanz voran,
den Kopf zuletzt, gegen die Schuppen und gegen die Kiemendeckel verſchlang.

„Die Art der Ernährung ausgenommen, läßt ſich übrigens wenig an dieſem trägen, und wie
es ſcheint, ſinnesſtumpfen Thiere bemerken. Alle ſeine Bewegungen ſind äußerſt langſam, außer

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[431/0461] Rieſenſalamander. Später, namentlich in unſerem Jahrzehnt ſind mehrere dieſer ungeſchlachten Geſchöpfe lebend zu uns gelangt, und gegenwärtig kann man ſie im Pflanzengarten zu Paris, in den Thiergärten zu London, zu Berlin und ebenſo zu Frankfurt a. M. ſehen; ſogar das kleine Aquarium zu Hannover beſitzt ein Stück. Jch habe mehrere Gefangene längere Zeit beobachten können und gefunden, daß ſie ohne Ausnahme höchſt langweilige Geſchöpfe und deshalb auch in keiner Weiſe geeignet ſind, den Beſchauer zu feſſeln. Eine treffliche Schilderung ihres Weſens hat mein verehrter Freund Wein- land gegeben. „Bei den meiſten Lurchen hält es bekanntlich ſehr ſchwer, ſie zum Freſſen zu bringen; wir waren daher, nicht ohne ängſtliche Sorge, darauf bedacht, dem werthvollen Salamander eine möglichſt angenehme Koſt vorzuſetzen. Kaum war er in ſeinem Waſſerbecken untergebracht, ſo wurde ihm ein drei Viertel Fuß langer Regenwurm vorgehalten und wirklich — nachdem dieſer einige Minuten lang auf das Verführeriſchſte vor ſeiner Schnauze herumgezappelt, ſchnappte der Molch heftig zu. Mit dem erſten raſchen Biſſe war etwa das erſte Drittel des Wurmes, mit einem zweiten, unmittelbar darauf folgenden das zweite, mit einem dritten der ganze Wurm verſchwunden; dann ſah man das Zungenbein in der Kehlgegend noch einige drückende Bewegungen machen, offenbar um die Beute durch den Schlund in den Magen hinabzudrängen. An dieſem Tage verzehrte er nur noch einen Wurm, an dem darauf folgenden ihrer ſechs, am dritten ihrer neun und zwar immer in derſelben Weiſe in Abſätzen und mit der nachfolgenden kräftigen Schluckbewegung. Damit war die berechtigte Hoffnung gegeben, daß wir den Rieſenmolch am Leben erhalten würden; es ſchien jedoch räthlich ihm kräftigere Nahrung vorzuſetzen. Ein etwa ſechs Zoll langer Weißfiſch wurde ins Becken gebracht und zwar lebend, da ſchon bei der Fütterung mit Würmern bemerkt worden war, daß der Rieſen- ſalamander blos zuſchnappte, wenn jene ſich oberhalb ſeiner Schnauze bewegten, er ſie alſo mit ſeinen kleinen, ganz nach oben liegenden Augen ſehen konnte, während er um diejenigen, welche man auf den Boden fallen ließ, ſich nicht weiter bekümmerte. Sobald der Fiſch ſeinem Kopf entgegenſprang, ſchnappte er mit einer von ſolchem trägen Thiere ganz unerwarteten, pfeilſchnellen Seitenbewegung des Kopfes nach ihm, wobei er den Nachen wenigſtens einen Zoll weit aufriß, ganz ſo wie Haifiſche von der Seite her nach ihrer Beute ſchnappen; der Fiſch entkam ihm aber, obgleich der Salamander, als ſein erſter Biß fehlte, noch zwei Mal aufs Gerathewohl in blinder, heißhungeriger Wuth ins Waſſer biß, wo der Fiſch zuvor geſchwommen. Offenbar war der letztere zu ſtark und die Zähnchen des Salamanders zu ſchwach, um ihn feſtzuhalten; denn mit dem erſten Biſſe ſchon war er in der That in der Mitte des Leibes gepackt worden. Wir entfernten daher den Weißfiſch und verſuchten es, da ein tauglicher kleinerer nicht vorhanden, mit einem Froſche, und zwar mit einem faſt aus- gewachſenen Teichfroſche. Auch jetzt machte der Molch ſeinen Angriff, faßte aber den Froſch ungeſchickter Weiſe an einem Vorderbeine, und da bei ſeinen kleinen, offenbar nur zum Erfaſſen und Feſthalten der Beute dienenden Zähnchen vom Abbeißen des Gliedchens keine Rede ſein konnte, mußte er nach langem Hin- und Herzerren des gewaltig arbeitenden Froſches dieſen wieder frei laſſen. Der Froſch hüpfte in eine Ecke des Beckens, und der Salamander watſchelte, wie mir ſchien, ganz zufällig in dieſelbe Ecke. Jener wurde zum zweiten Male erfaßt, diesmal aber am Kopfe, und ſchon nach einer Viertelſtunde war er mit ſammt ſeinen langen Hinterbeinen in dem Rachen des Molches ver- ſchwunden. Freilich verurſachte dieſes Mal das Hinabſchlucken mehr Mühe; nicht nur ſtemmte der Salamander ſeine Vorderbeine kräftig gegen den Boden des Beckens, ſondern er drückte auch noch ſeine Schnauze feſt auf, um vermittels dieſer dreifachen Stütze für die Schluckbewegung Anhaltspunkte zu gewinnen. Darauf begab er ſich hinter einen Stein zur Ruhe. Die Regel, daß Raubfiſche und Raublurche ihre Beute ſtets beim Kopfe faſſen, bekümmert unſeren Molch, wie es ſcheint, nicht viel; wenigſtens wurde beobachtet, daß er einen Fiſch von hinten packte und ihn ſo, den Schwanz voran, den Kopf zuletzt, gegen die Schuppen und gegen die Kiemendeckel verſchlang. „Die Art der Ernährung ausgenommen, läßt ſich übrigens wenig an dieſem trägen, und wie es ſcheint, ſinnesſtumpfen Thiere bemerken. Alle ſeine Bewegungen ſind äußerſt langſam, außer

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/461>, abgerufen am 23.12.2024.