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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Stachelflosser. Harder. Meeräschen.
schwarz in die Länge gestreift. Jn der ersten Rückenflosse zählt man 4 oder 5, in der zweiten 8, in
der Brustflosse 17, in der Bauchflosse 6, in der Afterflosse 3 und 9, in der Schwanzflosse 14 Strahlen.

Eine verwandte Art, welche nur im Mittelmeere vorkommt, der Großkopf (Mugil cephalus),
ist bedeutend größer, aber ganz ähnlich gefärbt und gezeichnet; das Auge wird mit einer schleimartigen
Masse überzogen und der Grund der Brustflosse durch eine lange, gekielte Schuppe bewehrt. Die
erste Rückenflosse hat 4, die zweite 9, die Afterflosse 11 Strahlen.

Die Eigenthümlichkeit des Baues der Verdauungswerkzeuge wird bei dieser Art besonders
ersichtlich. Jn der Mitte der unteren Kinnlade erhebt sich ein Höcker, welchem eine Vertiefung in der
oberen entspricht. Die Zunge ist fast ganz verwachsen. Die Knöchelchen zwischen dem Kiemenbogen
tragen anstatt der Zähnchen eine doppelte Reihe steifer Borsten, welche die Mundhöhle schließen wie
ein Sieb; die dünnen Schlundknochen sind ebenfalls mit Vorsten besetzt, die oberen bilden mit ihrem
hinteren Rande eine nach hinten gerichtete Klappe. Die innere Haut des Schlundes ist weich und
mit feinen Warzen bedeckt, die Speiseröhre anfänglich glatt, sodann mit weichen Fäden, welche sich
wieder zertheilen, dicht besetzt, der Magen dem eines Vogels ähnlich, der Darmschlauch eng und lang.

Erst durch Cuvier's eingehende Untersuchungen wurden die verschiedenen Arten der Meer-
äschen festgestellt. Die Alten, welche sie sehr wohl kannten, begriffen unter dem Namen Mugil
alle im Mittelmeere vorkommenden Arten. Aus den auf uns gekommenen Schriften der Griechen
und Römer geht hervor, daß unsere Fische schon in alter Zeit geschätzt und deshalb auch sorgfältig
beobachtet wurden. Eine und die andere Fabel läuft freilich mit unter. So berichtet Plinius,
daß die Meeräschen, wie es wirklich der Fall, während der Laichzeit in großen Gesellschaften
zusammenleben und sich den Küsten nähern; dabei geschieht es, daß die Delfine Jagd auf sie machen.
Einmal nun hätten gedachte Fischsäuger, welche ebenfalls auf Mugils gejagt, einen weiten Kreis
geschlossen und den Fischern Gelegenheit zu reichlichem Fange gegeben. Dankbar für die freundliche
Mithilfe, hätten die Fischer einen Theil ihrer Beute an die Delfine abgeliefert; diese aber seien damit
nicht zufrieden gewesen, sondern am folgenden Tage wiedergekommen, um mehr zu fordern. Die
Sache erklärt sich, wenn man weiß, daß die Delfine allerdings gemeinschaftlich jagen und dabei auch
Flußmündungen truppweise umgeben, also den Fischern recht leicht zu reichlichem Fange verholfen
haben können. Vollkommen begründet ist auch die Angabe der Alten, daß die Meeräschen die Angel
meiden und durch gewaltige Sprünge aus den Garnen sich befreien, sehr erklärlich die Meinung, daß
sie sich nur von Schleim und Wasser ernähren.

Couch hat neuerdings unsere Fische und insbesondere den Ramado genau beobachtet und eine
treffliche Schilderung seiner Sitten und Gewohnheiten, sowie der Art und Weise seines Fanges
gegeben. Diese Art, welche von den britischen Fischern Grauäsche genannt wird, kommt massenhaft
an den Küsten Cornwalls und Devonshires vor, ist auch sonst allerorten an der Küste Groß-
britanniens und Jrlands gefangen worden. "Niemals", erzählt Couch, "entfernt er sich weit vom
Lande, gefällt sich vielmehr in seichtem Wasser, namentlich bei warmem und schönem Wetter, zu
welcher Zeit man ihn nah am Strande umherstreifen sieht oder die von ihm in dem weichen Grunde
beim Durchschnattern desselben hervorgebrachten Grübchen bemerlt. Jn den Flüssen steigt er
zuweilen zu Berge, kehrt jedoch mit der Ebbe immer wieder ins Meer zurück." Carew, der Geschichts-
schreiber von Cornwall besaß einen mit salzigem Wasser angefüllten Teich, in welchem solche Fische
gehalten wurden. Da sie jeden Abend an einer und derselben Stelle gefüttert wurden, gewöhnten
sie sich so an diese und ihren Pfleger, daß ein bestimmtes Klappern genügend war, sie herbeizurufen.
Jhr Verstand geht auch aus der Wachsamkeit und Gewandtheit hervor, mit welcher sie sich Gefahren
zu entziehen wissen. Sobald sie sich in einem Grundnetze eingeschlossen sehen, beeilen sie sich, so
schnell als möglich zurückzukehren und springen dann gewöhnlich über den oberen Rand der Netze
hinweg; und wenn einer der Gesellschaft einen Weg fand, folgen ihm die übrigen unverzüglich nach.
Dieses Aufschnellen ist ihnen angeboren; selbst Junge von unbedeutender Größe werfen sich über die

Die Stachelfloſſer. Harder. Meeräſchen.
ſchwarz in die Länge geſtreift. Jn der erſten Rückenfloſſe zählt man 4 oder 5, in der zweiten 8, in
der Bruſtfloſſe 17, in der Bauchfloſſe 6, in der Afterfloſſe 3 und 9, in der Schwanzfloſſe 14 Strahlen.

Eine verwandte Art, welche nur im Mittelmeere vorkommt, der Großkopf (Mugil cephalus),
iſt bedeutend größer, aber ganz ähnlich gefärbt und gezeichnet; das Auge wird mit einer ſchleimartigen
Maſſe überzogen und der Grund der Bruſtfloſſe durch eine lange, gekielte Schuppe bewehrt. Die
erſte Rückenfloſſe hat 4, die zweite 9, die Afterfloſſe 11 Strahlen.

Die Eigenthümlichkeit des Baues der Verdauungswerkzeuge wird bei dieſer Art beſonders
erſichtlich. Jn der Mitte der unteren Kinnlade erhebt ſich ein Höcker, welchem eine Vertiefung in der
oberen entſpricht. Die Zunge iſt faſt ganz verwachſen. Die Knöchelchen zwiſchen dem Kiemenbogen
tragen anſtatt der Zähnchen eine doppelte Reihe ſteifer Borſten, welche die Mundhöhle ſchließen wie
ein Sieb; die dünnen Schlundknochen ſind ebenfalls mit Vorſten beſetzt, die oberen bilden mit ihrem
hinteren Rande eine nach hinten gerichtete Klappe. Die innere Haut des Schlundes iſt weich und
mit feinen Warzen bedeckt, die Speiſeröhre anfänglich glatt, ſodann mit weichen Fäden, welche ſich
wieder zertheilen, dicht beſetzt, der Magen dem eines Vogels ähnlich, der Darmſchlauch eng und lang.

Erſt durch Cuvier’s eingehende Unterſuchungen wurden die verſchiedenen Arten der Meer-
äſchen feſtgeſtellt. Die Alten, welche ſie ſehr wohl kannten, begriffen unter dem Namen Mugil
alle im Mittelmeere vorkommenden Arten. Aus den auf uns gekommenen Schriften der Griechen
und Römer geht hervor, daß unſere Fiſche ſchon in alter Zeit geſchätzt und deshalb auch ſorgfältig
beobachtet wurden. Eine und die andere Fabel läuft freilich mit unter. So berichtet Plinius,
daß die Meeräſchen, wie es wirklich der Fall, während der Laichzeit in großen Geſellſchaften
zuſammenleben und ſich den Küſten nähern; dabei geſchieht es, daß die Delfine Jagd auf ſie machen.
Einmal nun hätten gedachte Fiſchſäuger, welche ebenfalls auf Mugils gejagt, einen weiten Kreis
geſchloſſen und den Fiſchern Gelegenheit zu reichlichem Fange gegeben. Dankbar für die freundliche
Mithilfe, hätten die Fiſcher einen Theil ihrer Beute an die Delfine abgeliefert; dieſe aber ſeien damit
nicht zufrieden geweſen, ſondern am folgenden Tage wiedergekommen, um mehr zu fordern. Die
Sache erklärt ſich, wenn man weiß, daß die Delfine allerdings gemeinſchaftlich jagen und dabei auch
Flußmündungen truppweiſe umgeben, alſo den Fiſchern recht leicht zu reichlichem Fange verholfen
haben können. Vollkommen begründet iſt auch die Angabe der Alten, daß die Meeräſchen die Angel
meiden und durch gewaltige Sprünge aus den Garnen ſich befreien, ſehr erklärlich die Meinung, daß
ſie ſich nur von Schleim und Waſſer ernähren.

Couch hat neuerdings unſere Fiſche und insbeſondere den Ramado genau beobachtet und eine
treffliche Schilderung ſeiner Sitten und Gewohnheiten, ſowie der Art und Weiſe ſeines Fanges
gegeben. Dieſe Art, welche von den britiſchen Fiſchern Grauäſche genannt wird, kommt maſſenhaft
an den Küſten Cornwalls und Devonſhires vor, iſt auch ſonſt allerorten an der Küſte Groß-
britanniens und Jrlands gefangen worden. „Niemals“, erzählt Couch, „entfernt er ſich weit vom
Lande, gefällt ſich vielmehr in ſeichtem Waſſer, namentlich bei warmem und ſchönem Wetter, zu
welcher Zeit man ihn nah am Strande umherſtreifen ſieht oder die von ihm in dem weichen Grunde
beim Durchſchnattern deſſelben hervorgebrachten Grübchen bemerlt. Jn den Flüſſen ſteigt er
zuweilen zu Berge, kehrt jedoch mit der Ebbe immer wieder ins Meer zurück.“ Carew, der Geſchichts-
ſchreiber von Cornwall beſaß einen mit ſalzigem Waſſer angefüllten Teich, in welchem ſolche Fiſche
gehalten wurden. Da ſie jeden Abend an einer und derſelben Stelle gefüttert wurden, gewöhnten
ſie ſich ſo an dieſe und ihren Pfleger, daß ein beſtimmtes Klappern genügend war, ſie herbeizurufen.
Jhr Verſtand geht auch aus der Wachſamkeit und Gewandtheit hervor, mit welcher ſie ſich Gefahren
zu entziehen wiſſen. Sobald ſie ſich in einem Grundnetze eingeſchloſſen ſehen, beeilen ſie ſich, ſo
ſchnell als möglich zurückzukehren und ſpringen dann gewöhnlich über den oberen Rand der Netze
hinweg; und wenn einer der Geſellſchaft einen Weg fand, folgen ihm die übrigen unverzüglich nach.
Dieſes Aufſchnellen iſt ihnen angeboren; ſelbſt Junge von unbedeutender Größe werfen ſich über die

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[532/0566] Die Stachelfloſſer. Harder. Meeräſchen. ſchwarz in die Länge geſtreift. Jn der erſten Rückenfloſſe zählt man 4 oder 5, in der zweiten 8, in der Bruſtfloſſe 17, in der Bauchfloſſe 6, in der Afterfloſſe 3 und 9, in der Schwanzfloſſe 14 Strahlen. Eine verwandte Art, welche nur im Mittelmeere vorkommt, der Großkopf (Mugil cephalus), iſt bedeutend größer, aber ganz ähnlich gefärbt und gezeichnet; das Auge wird mit einer ſchleimartigen Maſſe überzogen und der Grund der Bruſtfloſſe durch eine lange, gekielte Schuppe bewehrt. Die erſte Rückenfloſſe hat 4, die zweite 9, die Afterfloſſe 11 Strahlen. Die Eigenthümlichkeit des Baues der Verdauungswerkzeuge wird bei dieſer Art beſonders erſichtlich. Jn der Mitte der unteren Kinnlade erhebt ſich ein Höcker, welchem eine Vertiefung in der oberen entſpricht. Die Zunge iſt faſt ganz verwachſen. Die Knöchelchen zwiſchen dem Kiemenbogen tragen anſtatt der Zähnchen eine doppelte Reihe ſteifer Borſten, welche die Mundhöhle ſchließen wie ein Sieb; die dünnen Schlundknochen ſind ebenfalls mit Vorſten beſetzt, die oberen bilden mit ihrem hinteren Rande eine nach hinten gerichtete Klappe. Die innere Haut des Schlundes iſt weich und mit feinen Warzen bedeckt, die Speiſeröhre anfänglich glatt, ſodann mit weichen Fäden, welche ſich wieder zertheilen, dicht beſetzt, der Magen dem eines Vogels ähnlich, der Darmſchlauch eng und lang. Erſt durch Cuvier’s eingehende Unterſuchungen wurden die verſchiedenen Arten der Meer- äſchen feſtgeſtellt. Die Alten, welche ſie ſehr wohl kannten, begriffen unter dem Namen Mugil alle im Mittelmeere vorkommenden Arten. Aus den auf uns gekommenen Schriften der Griechen und Römer geht hervor, daß unſere Fiſche ſchon in alter Zeit geſchätzt und deshalb auch ſorgfältig beobachtet wurden. Eine und die andere Fabel läuft freilich mit unter. So berichtet Plinius, daß die Meeräſchen, wie es wirklich der Fall, während der Laichzeit in großen Geſellſchaften zuſammenleben und ſich den Küſten nähern; dabei geſchieht es, daß die Delfine Jagd auf ſie machen. Einmal nun hätten gedachte Fiſchſäuger, welche ebenfalls auf Mugils gejagt, einen weiten Kreis geſchloſſen und den Fiſchern Gelegenheit zu reichlichem Fange gegeben. Dankbar für die freundliche Mithilfe, hätten die Fiſcher einen Theil ihrer Beute an die Delfine abgeliefert; dieſe aber ſeien damit nicht zufrieden geweſen, ſondern am folgenden Tage wiedergekommen, um mehr zu fordern. Die Sache erklärt ſich, wenn man weiß, daß die Delfine allerdings gemeinſchaftlich jagen und dabei auch Flußmündungen truppweiſe umgeben, alſo den Fiſchern recht leicht zu reichlichem Fange verholfen haben können. Vollkommen begründet iſt auch die Angabe der Alten, daß die Meeräſchen die Angel meiden und durch gewaltige Sprünge aus den Garnen ſich befreien, ſehr erklärlich die Meinung, daß ſie ſich nur von Schleim und Waſſer ernähren. Couch hat neuerdings unſere Fiſche und insbeſondere den Ramado genau beobachtet und eine treffliche Schilderung ſeiner Sitten und Gewohnheiten, ſowie der Art und Weiſe ſeines Fanges gegeben. Dieſe Art, welche von den britiſchen Fiſchern Grauäſche genannt wird, kommt maſſenhaft an den Küſten Cornwalls und Devonſhires vor, iſt auch ſonſt allerorten an der Küſte Groß- britanniens und Jrlands gefangen worden. „Niemals“, erzählt Couch, „entfernt er ſich weit vom Lande, gefällt ſich vielmehr in ſeichtem Waſſer, namentlich bei warmem und ſchönem Wetter, zu welcher Zeit man ihn nah am Strande umherſtreifen ſieht oder die von ihm in dem weichen Grunde beim Durchſchnattern deſſelben hervorgebrachten Grübchen bemerlt. Jn den Flüſſen ſteigt er zuweilen zu Berge, kehrt jedoch mit der Ebbe immer wieder ins Meer zurück.“ Carew, der Geſchichts- ſchreiber von Cornwall beſaß einen mit ſalzigem Waſſer angefüllten Teich, in welchem ſolche Fiſche gehalten wurden. Da ſie jeden Abend an einer und derſelben Stelle gefüttert wurden, gewöhnten ſie ſich ſo an dieſe und ihren Pfleger, daß ein beſtimmtes Klappern genügend war, ſie herbeizurufen. Jhr Verſtand geht auch aus der Wachſamkeit und Gewandtheit hervor, mit welcher ſie ſich Gefahren zu entziehen wiſſen. Sobald ſie ſich in einem Grundnetze eingeſchloſſen ſehen, beeilen ſie ſich, ſo ſchnell als möglich zurückzukehren und ſpringen dann gewöhnlich über den oberen Rand der Netze hinweg; und wenn einer der Geſellſchaft einen Weg fand, folgen ihm die übrigen unverzüglich nach. Dieſes Aufſchnellen iſt ihnen angeboren; ſelbſt Junge von unbedeutender Größe werfen ſich über die

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 532. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/566>, abgerufen am 23.12.2024.