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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Stachelflosser. Makrelen. Stichlinge.
Befestigung des Netzes; ein zerfasertes Tauende, welches ins Wasser herabhängt, kann ihnen unter
Umständen hierzu sehr willkommen sein. Ein solches Nest fand Couch, und zwar an oder in einem
Tauende, welches etwa zwei Fuß unter die Oberfläche des hier vier bis fünf Faden tiefen Wassers
hinabreichte und dem Baukünstler, welcher alle Stoffe vom Grunde emporholen mußte, offenbar
beträchtliche Arbeit gemacht haben mochte.

Warrington, welcher seine Gefangenen beim Bauen beobachtete, hat uns über die Art und
Weise ihrer Arbeit unterrichtet. Das Männchen, welches während der Laichzeit in den prachtvollsten
Farben prangt und seine erhöhte Thätigkeit und Regsamkeit auch in anderer Weise bekundet, schleppt,
nachdem es sich für einen gewissen Standort entschieden hat, zuerst einige Wurzeln und ähnliche
Theile verschiedener Wasserpflanzen herbei, untersucht das Gewicht derselben, indem es sie fallen
läßt, und verbaut diejenigen, welche rasch zu Boden sinken, während es die zu leicht befundenen weg-
wirft. Die Stoffe werden zurechtgelegt und nochmals zurechtgelegt, bis der kleine Künstler sie seinen
Wünschen entsprechend geordnet findet. Zur Befestigung am Grunde dient Sand oder Kies; die
innere Rundung und überhaupt die Gestalt wird hervorgebracht, indem der Stichling langsam über
die befestigten Theile wegschwimmt und sie dabei, wahrscheinlich mit dem Schleime seines eigenen Leibes,
leimt und zusammenkittet. Zuweilen schüttelt er an dem Baue und drückt ihn dann wieder zusammen;
zuweilen hält er sich schwimmend über ihm, verursacht mit seinen Flossen, welche er rasch hin- und
herbewegt, einen Strom und wäscht damit die zu leichte Bedeckung und einzelnen Halme des Nestes
weg, nimmt sie von Neuem auf und versucht, sie passender unterzubringen. Das Herbeischaffen der
verschiedenen Baustoffe währt etwa vier Stunden: nach Ablauf dieser Zeit ist auch das Nest in seinen
rohen Umrissen vollendet; der Ausbau aber, das Ausscheiden der zu leichten Theile, das Ordnen
einzelner Halme, das Verflechten ihrer Enden und Beschweren derselben mit Sand beansprucht
mehrere Tage. Die Größe des Nestes ist sehr verschieden, da sie ebensowohl durch den Standort als
durch die Baustoffe beeinflußt wird; durchschnittlich mag es Faustgröße haben. Gewöhnlich ist es
länglichrund und oben vollständig geschlossen, seitlich dagegen mit einem Ein- und Ausgange
versehen. Anfänglich bemerkt man nur einen Zugang zum Jnnern, später ihm gegenüber auch einen
Ausgang. Wenn nämlich der Stichling seinen Bau vollendet hat, versucht er Weibchen herbeizu-
locken. Warrington sagt, daß ein fertiges Nest die Aufmerksamkeit des herbeikommenden
Weibchens errege, Coste dagegen, daß das Männchen ausgehe, um Weibchen herbeizuschaffen und sie
unter vielfachen Liebkosungen in die Hochzeitskammer einführe. Mit Letzterem stimmt auch War-
rington
überein. Das Männchen legt entschiedenes Vergnügen an den Tag, ein Weibchen gefunden
zu haben, umschwimmt dasselbe in allen Richtungen, begibt sich ins Nest, fegt es aus, kehrt einen
Augenblick später zurück und trachtet, die Gattin durch Stoßen mit der Schnauze ins Jnnere zu
treiben. Will sie sich nicht gutwillig fügen, so wird auch der Stachel oder wenigstens die Schwanz-
flosse gebraucht, um womöglich die Sprödigkeit zu besiegen, nöthigenfalls aber ein anderes Weibchen
herbeigeschafft. Gelingt es dem Männchen, ein Weibchen zum Eingang zu bewegen, so legt dasselbe
einige Eier, nach Coste zwei oder drei, bohrt auf der dem Eingange entgegengesetzten Seite ein Loch
durch die Nestwandung und entfernt sich. Fortan hat also das Nest zwei Oeffnungen, und den Eiern
kommt der nunmehr durchgehende Wasserstrom zu Gute. Am nächsten Tage begibt sich das
Männchen wiederum auf die Brautschau, bringt günstigenfalls ein zweites Weibchen herbei, zwingt
auch dieses, mit Güte und Gewalt, zu legen, und wiederholt sein Bemühen, bis eine genügende
Anzahl von Eiern vorhanden ist. Während oder unmittelbar nach dem Legen begibt es sich in das
Nest, reibt seine Seite an der des Weibchens und streicht dann über die Eier hin, um sie zu besamen.

Von nun an verdoppelt es seinen Eifer und seine Wachsamkeit. Es gilt jetzt, die Eier vor
jedem Angriffe zu bewahren und zu vertheidigen. Jeder andere fortan sich nähernde Stichling wird
mit Wuth angefallen und in die Flucht geschlagen, gleichviel ob es ein Männchen oder ein Weibchen;
denn diese gefährden die Eier in demselben Grade wie jene, sind vielleicht noch lüsterner nach ihnen
oder den eben ausgeschlüpften Jungen. Bis zum Auskriechen der letzteren bekundet das Männchen

Die Stachelfloſſer. Makrelen. Stichlinge.
Befeſtigung des Netzes; ein zerfaſertes Tauende, welches ins Waſſer herabhängt, kann ihnen unter
Umſtänden hierzu ſehr willkommen ſein. Ein ſolches Neſt fand Couch, und zwar an oder in einem
Tauende, welches etwa zwei Fuß unter die Oberfläche des hier vier bis fünf Faden tiefen Waſſers
hinabreichte und dem Baukünſtler, welcher alle Stoffe vom Grunde emporholen mußte, offenbar
beträchtliche Arbeit gemacht haben mochte.

Warrington, welcher ſeine Gefangenen beim Bauen beobachtete, hat uns über die Art und
Weiſe ihrer Arbeit unterrichtet. Das Männchen, welches während der Laichzeit in den prachtvollſten
Farben prangt und ſeine erhöhte Thätigkeit und Regſamkeit auch in anderer Weiſe bekundet, ſchleppt,
nachdem es ſich für einen gewiſſen Standort entſchieden hat, zuerſt einige Wurzeln und ähnliche
Theile verſchiedener Waſſerpflanzen herbei, unterſucht das Gewicht derſelben, indem es ſie fallen
läßt, und verbaut diejenigen, welche raſch zu Boden ſinken, während es die zu leicht befundenen weg-
wirft. Die Stoffe werden zurechtgelegt und nochmals zurechtgelegt, bis der kleine Künſtler ſie ſeinen
Wünſchen entſprechend geordnet findet. Zur Befeſtigung am Grunde dient Sand oder Kies; die
innere Rundung und überhaupt die Geſtalt wird hervorgebracht, indem der Stichling langſam über
die befeſtigten Theile wegſchwimmt und ſie dabei, wahrſcheinlich mit dem Schleime ſeines eigenen Leibes,
leimt und zuſammenkittet. Zuweilen ſchüttelt er an dem Baue und drückt ihn dann wieder zuſammen;
zuweilen hält er ſich ſchwimmend über ihm, verurſacht mit ſeinen Floſſen, welche er raſch hin- und
herbewegt, einen Strom und wäſcht damit die zu leichte Bedeckung und einzelnen Halme des Neſtes
weg, nimmt ſie von Neuem auf und verſucht, ſie paſſender unterzubringen. Das Herbeiſchaffen der
verſchiedenen Bauſtoffe währt etwa vier Stunden: nach Ablauf dieſer Zeit iſt auch das Neſt in ſeinen
rohen Umriſſen vollendet; der Ausbau aber, das Ausſcheiden der zu leichten Theile, das Ordnen
einzelner Halme, das Verflechten ihrer Enden und Beſchweren derſelben mit Sand beanſprucht
mehrere Tage. Die Größe des Neſtes iſt ſehr verſchieden, da ſie ebenſowohl durch den Standort als
durch die Bauſtoffe beeinflußt wird; durchſchnittlich mag es Fauſtgröße haben. Gewöhnlich iſt es
länglichrund und oben vollſtändig geſchloſſen, ſeitlich dagegen mit einem Ein- und Ausgange
verſehen. Anfänglich bemerkt man nur einen Zugang zum Jnnern, ſpäter ihm gegenüber auch einen
Ausgang. Wenn nämlich der Stichling ſeinen Bau vollendet hat, verſucht er Weibchen herbeizu-
locken. Warrington ſagt, daß ein fertiges Neſt die Aufmerkſamkeit des herbeikommenden
Weibchens errege, Coſte dagegen, daß das Männchen ausgehe, um Weibchen herbeizuſchaffen und ſie
unter vielfachen Liebkoſungen in die Hochzeitskammer einführe. Mit Letzterem ſtimmt auch War-
rington
überein. Das Männchen legt entſchiedenes Vergnügen an den Tag, ein Weibchen gefunden
zu haben, umſchwimmt daſſelbe in allen Richtungen, begibt ſich ins Neſt, fegt es aus, kehrt einen
Augenblick ſpäter zurück und trachtet, die Gattin durch Stoßen mit der Schnauze ins Jnnere zu
treiben. Will ſie ſich nicht gutwillig fügen, ſo wird auch der Stachel oder wenigſtens die Schwanz-
floſſe gebraucht, um womöglich die Sprödigkeit zu beſiegen, nöthigenfalls aber ein anderes Weibchen
herbeigeſchafft. Gelingt es dem Männchen, ein Weibchen zum Eingang zu bewegen, ſo legt daſſelbe
einige Eier, nach Coſte zwei oder drei, bohrt auf der dem Eingange entgegengeſetzten Seite ein Loch
durch die Neſtwandung und entfernt ſich. Fortan hat alſo das Neſt zwei Oeffnungen, und den Eiern
kommt der nunmehr durchgehende Waſſerſtrom zu Gute. Am nächſten Tage begibt ſich das
Männchen wiederum auf die Brautſchau, bringt günſtigenfalls ein zweites Weibchen herbei, zwingt
auch dieſes, mit Güte und Gewalt, zu legen, und wiederholt ſein Bemühen, bis eine genügende
Anzahl von Eiern vorhanden iſt. Während oder unmittelbar nach dem Legen begibt es ſich in das
Neſt, reibt ſeine Seite an der des Weibchens und ſtreicht dann über die Eier hin, um ſie zu beſamen.

Von nun an verdoppelt es ſeinen Eifer und ſeine Wachſamkeit. Es gilt jetzt, die Eier vor
jedem Angriffe zu bewahren und zu vertheidigen. Jeder andere fortan ſich nähernde Stichling wird
mit Wuth angefallen und in die Flucht geſchlagen, gleichviel ob es ein Männchen oder ein Weibchen;
denn dieſe gefährden die Eier in demſelben Grade wie jene, ſind vielleicht noch lüſterner nach ihnen
oder den eben ausgeſchlüpften Jungen. Bis zum Auskriechen der letzteren bekundet das Männchen

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[538/0572] Die Stachelfloſſer. Makrelen. Stichlinge. Befeſtigung des Netzes; ein zerfaſertes Tauende, welches ins Waſſer herabhängt, kann ihnen unter Umſtänden hierzu ſehr willkommen ſein. Ein ſolches Neſt fand Couch, und zwar an oder in einem Tauende, welches etwa zwei Fuß unter die Oberfläche des hier vier bis fünf Faden tiefen Waſſers hinabreichte und dem Baukünſtler, welcher alle Stoffe vom Grunde emporholen mußte, offenbar beträchtliche Arbeit gemacht haben mochte. Warrington, welcher ſeine Gefangenen beim Bauen beobachtete, hat uns über die Art und Weiſe ihrer Arbeit unterrichtet. Das Männchen, welches während der Laichzeit in den prachtvollſten Farben prangt und ſeine erhöhte Thätigkeit und Regſamkeit auch in anderer Weiſe bekundet, ſchleppt, nachdem es ſich für einen gewiſſen Standort entſchieden hat, zuerſt einige Wurzeln und ähnliche Theile verſchiedener Waſſerpflanzen herbei, unterſucht das Gewicht derſelben, indem es ſie fallen läßt, und verbaut diejenigen, welche raſch zu Boden ſinken, während es die zu leicht befundenen weg- wirft. Die Stoffe werden zurechtgelegt und nochmals zurechtgelegt, bis der kleine Künſtler ſie ſeinen Wünſchen entſprechend geordnet findet. Zur Befeſtigung am Grunde dient Sand oder Kies; die innere Rundung und überhaupt die Geſtalt wird hervorgebracht, indem der Stichling langſam über die befeſtigten Theile wegſchwimmt und ſie dabei, wahrſcheinlich mit dem Schleime ſeines eigenen Leibes, leimt und zuſammenkittet. Zuweilen ſchüttelt er an dem Baue und drückt ihn dann wieder zuſammen; zuweilen hält er ſich ſchwimmend über ihm, verurſacht mit ſeinen Floſſen, welche er raſch hin- und herbewegt, einen Strom und wäſcht damit die zu leichte Bedeckung und einzelnen Halme des Neſtes weg, nimmt ſie von Neuem auf und verſucht, ſie paſſender unterzubringen. Das Herbeiſchaffen der verſchiedenen Bauſtoffe währt etwa vier Stunden: nach Ablauf dieſer Zeit iſt auch das Neſt in ſeinen rohen Umriſſen vollendet; der Ausbau aber, das Ausſcheiden der zu leichten Theile, das Ordnen einzelner Halme, das Verflechten ihrer Enden und Beſchweren derſelben mit Sand beanſprucht mehrere Tage. Die Größe des Neſtes iſt ſehr verſchieden, da ſie ebenſowohl durch den Standort als durch die Bauſtoffe beeinflußt wird; durchſchnittlich mag es Fauſtgröße haben. Gewöhnlich iſt es länglichrund und oben vollſtändig geſchloſſen, ſeitlich dagegen mit einem Ein- und Ausgange verſehen. Anfänglich bemerkt man nur einen Zugang zum Jnnern, ſpäter ihm gegenüber auch einen Ausgang. Wenn nämlich der Stichling ſeinen Bau vollendet hat, verſucht er Weibchen herbeizu- locken. Warrington ſagt, daß ein fertiges Neſt die Aufmerkſamkeit des herbeikommenden Weibchens errege, Coſte dagegen, daß das Männchen ausgehe, um Weibchen herbeizuſchaffen und ſie unter vielfachen Liebkoſungen in die Hochzeitskammer einführe. Mit Letzterem ſtimmt auch War- rington überein. Das Männchen legt entſchiedenes Vergnügen an den Tag, ein Weibchen gefunden zu haben, umſchwimmt daſſelbe in allen Richtungen, begibt ſich ins Neſt, fegt es aus, kehrt einen Augenblick ſpäter zurück und trachtet, die Gattin durch Stoßen mit der Schnauze ins Jnnere zu treiben. Will ſie ſich nicht gutwillig fügen, ſo wird auch der Stachel oder wenigſtens die Schwanz- floſſe gebraucht, um womöglich die Sprödigkeit zu beſiegen, nöthigenfalls aber ein anderes Weibchen herbeigeſchafft. Gelingt es dem Männchen, ein Weibchen zum Eingang zu bewegen, ſo legt daſſelbe einige Eier, nach Coſte zwei oder drei, bohrt auf der dem Eingange entgegengeſetzten Seite ein Loch durch die Neſtwandung und entfernt ſich. Fortan hat alſo das Neſt zwei Oeffnungen, und den Eiern kommt der nunmehr durchgehende Waſſerſtrom zu Gute. Am nächſten Tage begibt ſich das Männchen wiederum auf die Brautſchau, bringt günſtigenfalls ein zweites Weibchen herbei, zwingt auch dieſes, mit Güte und Gewalt, zu legen, und wiederholt ſein Bemühen, bis eine genügende Anzahl von Eiern vorhanden iſt. Während oder unmittelbar nach dem Legen begibt es ſich in das Neſt, reibt ſeine Seite an der des Weibchens und ſtreicht dann über die Eier hin, um ſie zu beſamen. Von nun an verdoppelt es ſeinen Eifer und ſeine Wachſamkeit. Es gilt jetzt, die Eier vor jedem Angriffe zu bewahren und zu vertheidigen. Jeder andere fortan ſich nähernde Stichling wird mit Wuth angefallen und in die Flucht geſchlagen, gleichviel ob es ein Männchen oder ein Weibchen; denn dieſe gefährden die Eier in demſelben Grade wie jene, ſind vielleicht noch lüſterner nach ihnen oder den eben ausgeſchlüpften Jungen. Bis zum Auskriechen der letzteren bekundet das Männchen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/572>, abgerufen am 23.12.2024.