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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Stachelflosser. Matrelen. Tunfische.
längs der ganzen Küste in allen Buchten und Baien. Jedes größere Fischerboot wird von mehreren
kleinen begleitet, denen es obliegt, den Fang so schleunig als möglich auf den Markt zu bringen;
auch miethen sich wohl mehrere Boote rasch segelnde Dampfschiffe, welche so schnell als möglich
beladen werden und bereits fünf bis sechs Stunden später die gefangenen Makrelen auf den Märkten
abliefern. Nur im Süden Europas nämlich salzt man diese Fische ein und versendet sie erst dann;
im Norden, so an den englischen, holländischen und französischen Küsten, werden sie blos frisch gegessen
und müssen, da sie rasch verderben, so schleunig als möglich verbraucht werden. Dies ist denn auch
der Grund, weshalb die Fischerei in manchen Jahren sehr viel, in anderen sehr wenig einträgt. Die
ersten Ladungen des allgemein geschätzten Fisches erzielen sehr hohe, die späteren unverhältnißmäßig
niedrigere Preise; während also in ungünstigen Jahren ein Fischerboot bis sechs- oder achthundert
Thaler in einer einzigen Nacht erwerben kann, geschieht es bei reichlichem Fauge, daß der Verdienst
herabsinkt. Jm Mai 1807 wurden, laut Yarrell, auf dem großen Fischmarkte zu London
hundert Makrelen mit vierzig Guineen, jede einzelne also mit sieben Shilling bezahlt; schon das
nächst einlaufende Boot aber erzielte nur noch dreizehn Guineen für das Hundert. Jm Jahre 1808
wurden soviele dieser Fische gefangen, daß man zu Dover sechszig Stück für einen Shilling kaufen
konnte. Zu Brighton geschah es in demselben Jahre, daß das Netz eines Bootes mit einer größeren
Menge von Makrelen gefüllt wurde, als die Mannschaft bewältigen konnte, und Fische und Netz
verloren gingen. Der Fischer verlor dadurch, abgesehen von dem Werthe des Fanges, sechszig Pfund.
Jm Jahre 1821 übertraf der Erfolg der Makrelenfischerei jeden bisher erreichten: sechszehn Boote
fingen am 30. Juni für 5252 Pfund Sterling Makrelen. Auch das Jahr 1834 gehörte zu den
gesegneten; es wurden soviele Makrelen gefangen, daß man einen ganzen Monat lang in den
Straßen Londons drei Stück für einen Shilling kaufen konnte.

An den englischen Küsten wendet man zum Fange gewöhnlich ein Grundnetz von zwanzig Fuß
Weite und hundertundzwanzig Fuß Länge an. Ein Boot führt zwölf bis fünfzehn socher Netze, von
denen eines immer an dem anderen befestigt wird. So segelt man mit dem Winde dahin und schleppt
die senkrecht im Wasser hängenden, vorn geöffneten Netze nach. Der Fang geschieht regelmäßig
während der Nacht. Jn der Nähe des Landes gebraucht man auch wohl die Angelleine, da die
Makrele gierig anbeißt.

An den britischen Küsten erscheint dieser Fisch bereits im März, zuweilen sogar schon im
Februar; die eigentliche Fangzeit beginnt aber doch erst im Mai oder im Juni, weiter nach Norden
hin sogar noch einen Monat später. Die Laichzeit für südlichere Gegenden ist der Juni. Die
Anzahl der Eier eines Rogeners beträgt etwa 540,000 Stück. Junge Makrelen von vier
bis sechs Zoll Länge bemerkt man zu Ende August, halberwachsene schon im November, um welche
Zeit sie sich, bis auf wenige, nach den tiefen Gründen der See zurückziehen. Jhre Hauptnahrung
scheint in der Brut anderer Fische zu bestehen: so folgen sie den kleinen Arten der Heringsfamilie,
von denen einzelne geradezu Makrelenführer genannt werden. Sie sind äußerst gefräßig und wachsen
dementsprechend ungemein rasch.

Das köstliche Fleisch der Makrelen muß, nach unserer Meinung, so rasch als möglich gegessen
werden, während die Römer es, mit dem Blute und den Eingeweiden vermischt, faulen ließen und
dadurch eine bei ihnen sehr beliebte Brühe, das "Garum", bereiteten. Das beste wurde spanisches,
schwarzes oder odles Garum genannt; zwei Maß von ihm kosteten zu Rom über zweihundert Thaler,
hauptsächlich der ihm beigemischten indischen Gewürze halber, so daß es außer den Wohlgerüchen
keine Flüssigkeit auf dem römischen Markte gab, welche so theuer bezahlt wurde. Die fertige Brühe
goß man über allerloi Fleischspeisen oder trank sie mit Wasser und Wein bei Tische. Der Geruch
derselben soll abschenlich gewesen sein.



Die Stachelfloſſer. Matrelen. Tunfiſche.
längs der ganzen Küſte in allen Buchten und Baien. Jedes größere Fiſcherboot wird von mehreren
kleinen begleitet, denen es obliegt, den Fang ſo ſchleunig als möglich auf den Markt zu bringen;
auch miethen ſich wohl mehrere Boote raſch ſegelnde Dampfſchiffe, welche ſo ſchnell als möglich
beladen werden und bereits fünf bis ſechs Stunden ſpäter die gefangenen Makrelen auf den Märkten
abliefern. Nur im Süden Europas nämlich ſalzt man dieſe Fiſche ein und verſendet ſie erſt dann;
im Norden, ſo an den engliſchen, holländiſchen und franzöſiſchen Küſten, werden ſie blos friſch gegeſſen
und müſſen, da ſie raſch verderben, ſo ſchleunig als möglich verbraucht werden. Dies iſt denn auch
der Grund, weshalb die Fiſcherei in manchen Jahren ſehr viel, in anderen ſehr wenig einträgt. Die
erſten Ladungen des allgemein geſchätzten Fiſches erzielen ſehr hohe, die ſpäteren unverhältnißmäßig
niedrigere Preiſe; während alſo in ungünſtigen Jahren ein Fiſcherboot bis ſechs- oder achthundert
Thaler in einer einzigen Nacht erwerben kann, geſchieht es bei reichlichem Fauge, daß der Verdienſt
herabſinkt. Jm Mai 1807 wurden, laut Yarrell, auf dem großen Fiſchmarkte zu London
hundert Makrelen mit vierzig Guineen, jede einzelne alſo mit ſieben Shilling bezahlt; ſchon das
nächſt einlaufende Boot aber erzielte nur noch dreizehn Guineen für das Hundert. Jm Jahre 1808
wurden ſoviele dieſer Fiſche gefangen, daß man zu Dover ſechszig Stück für einen Shilling kaufen
konnte. Zu Brighton geſchah es in demſelben Jahre, daß das Netz eines Bootes mit einer größeren
Menge von Makrelen gefüllt wurde, als die Mannſchaft bewältigen konnte, und Fiſche und Netz
verloren gingen. Der Fiſcher verlor dadurch, abgeſehen von dem Werthe des Fanges, ſechszig Pfund.
Jm Jahre 1821 übertraf der Erfolg der Makrelenfiſcherei jeden bisher erreichten: ſechszehn Boote
fingen am 30. Juni für 5252 Pfund Sterling Makrelen. Auch das Jahr 1834 gehörte zu den
geſegneten; es wurden ſoviele Makrelen gefangen, daß man einen ganzen Monat lang in den
Straßen Londons drei Stück für einen Shilling kaufen konnte.

An den engliſchen Küſten wendet man zum Fange gewöhnlich ein Grundnetz von zwanzig Fuß
Weite und hundertundzwanzig Fuß Länge an. Ein Boot führt zwölf bis fünfzehn ſocher Netze, von
denen eines immer an dem anderen befeſtigt wird. So ſegelt man mit dem Winde dahin und ſchleppt
die ſenkrecht im Waſſer hängenden, vorn geöffneten Netze nach. Der Fang geſchieht regelmäßig
während der Nacht. Jn der Nähe des Landes gebraucht man auch wohl die Angelleine, da die
Makrele gierig anbeißt.

An den britiſchen Küſten erſcheint dieſer Fiſch bereits im März, zuweilen ſogar ſchon im
Februar; die eigentliche Fangzeit beginnt aber doch erſt im Mai oder im Juni, weiter nach Norden
hin ſogar noch einen Monat ſpäter. Die Laichzeit für ſüdlichere Gegenden iſt der Juni. Die
Anzahl der Eier eines Rogeners beträgt etwa 540,000 Stück. Junge Makrelen von vier
bis ſechs Zoll Länge bemerkt man zu Ende Auguſt, halberwachſene ſchon im November, um welche
Zeit ſie ſich, bis auf wenige, nach den tiefen Gründen der See zurückziehen. Jhre Hauptnahrung
ſcheint in der Brut anderer Fiſche zu beſtehen: ſo folgen ſie den kleinen Arten der Heringsfamilie,
von denen einzelne geradezu Makrelenführer genannt werden. Sie ſind äußerſt gefräßig und wachſen
dementſprechend ungemein raſch.

Das köſtliche Fleiſch der Makrelen muß, nach unſerer Meinung, ſo raſch als möglich gegeſſen
werden, während die Römer es, mit dem Blute und den Eingeweiden vermiſcht, faulen ließen und
dadurch eine bei ihnen ſehr beliebte Brühe, das „Garum“, bereiteten. Das beſte wurde ſpaniſches,
ſchwarzes oder odles Garum genannt; zwei Maß von ihm koſteten zu Rom über zweihundert Thaler,
hauptſächlich der ihm beigemiſchten indiſchen Gewürze halber, ſo daß es außer den Wohlgerüchen
keine Flüſſigkeit auf dem römiſchen Markte gab, welche ſo theuer bezahlt wurde. Die fertige Brühe
goß man über allerloi Fleiſchſpeiſen oder trank ſie mit Waſſer und Wein bei Tiſche. Der Geruch
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[542/0576] Die Stachelfloſſer. Matrelen. Tunfiſche. längs der ganzen Küſte in allen Buchten und Baien. Jedes größere Fiſcherboot wird von mehreren kleinen begleitet, denen es obliegt, den Fang ſo ſchleunig als möglich auf den Markt zu bringen; auch miethen ſich wohl mehrere Boote raſch ſegelnde Dampfſchiffe, welche ſo ſchnell als möglich beladen werden und bereits fünf bis ſechs Stunden ſpäter die gefangenen Makrelen auf den Märkten abliefern. Nur im Süden Europas nämlich ſalzt man dieſe Fiſche ein und verſendet ſie erſt dann; im Norden, ſo an den engliſchen, holländiſchen und franzöſiſchen Küſten, werden ſie blos friſch gegeſſen und müſſen, da ſie raſch verderben, ſo ſchleunig als möglich verbraucht werden. Dies iſt denn auch der Grund, weshalb die Fiſcherei in manchen Jahren ſehr viel, in anderen ſehr wenig einträgt. Die erſten Ladungen des allgemein geſchätzten Fiſches erzielen ſehr hohe, die ſpäteren unverhältnißmäßig niedrigere Preiſe; während alſo in ungünſtigen Jahren ein Fiſcherboot bis ſechs- oder achthundert Thaler in einer einzigen Nacht erwerben kann, geſchieht es bei reichlichem Fauge, daß der Verdienſt herabſinkt. Jm Mai 1807 wurden, laut Yarrell, auf dem großen Fiſchmarkte zu London hundert Makrelen mit vierzig Guineen, jede einzelne alſo mit ſieben Shilling bezahlt; ſchon das nächſt einlaufende Boot aber erzielte nur noch dreizehn Guineen für das Hundert. Jm Jahre 1808 wurden ſoviele dieſer Fiſche gefangen, daß man zu Dover ſechszig Stück für einen Shilling kaufen konnte. Zu Brighton geſchah es in demſelben Jahre, daß das Netz eines Bootes mit einer größeren Menge von Makrelen gefüllt wurde, als die Mannſchaft bewältigen konnte, und Fiſche und Netz verloren gingen. Der Fiſcher verlor dadurch, abgeſehen von dem Werthe des Fanges, ſechszig Pfund. Jm Jahre 1821 übertraf der Erfolg der Makrelenfiſcherei jeden bisher erreichten: ſechszehn Boote fingen am 30. Juni für 5252 Pfund Sterling Makrelen. Auch das Jahr 1834 gehörte zu den geſegneten; es wurden ſoviele Makrelen gefangen, daß man einen ganzen Monat lang in den Straßen Londons drei Stück für einen Shilling kaufen konnte. An den engliſchen Küſten wendet man zum Fange gewöhnlich ein Grundnetz von zwanzig Fuß Weite und hundertundzwanzig Fuß Länge an. Ein Boot führt zwölf bis fünfzehn ſocher Netze, von denen eines immer an dem anderen befeſtigt wird. So ſegelt man mit dem Winde dahin und ſchleppt die ſenkrecht im Waſſer hängenden, vorn geöffneten Netze nach. Der Fang geſchieht regelmäßig während der Nacht. Jn der Nähe des Landes gebraucht man auch wohl die Angelleine, da die Makrele gierig anbeißt. An den britiſchen Küſten erſcheint dieſer Fiſch bereits im März, zuweilen ſogar ſchon im Februar; die eigentliche Fangzeit beginnt aber doch erſt im Mai oder im Juni, weiter nach Norden hin ſogar noch einen Monat ſpäter. Die Laichzeit für ſüdlichere Gegenden iſt der Juni. Die Anzahl der Eier eines Rogeners beträgt etwa 540,000 Stück. Junge Makrelen von vier bis ſechs Zoll Länge bemerkt man zu Ende Auguſt, halberwachſene ſchon im November, um welche Zeit ſie ſich, bis auf wenige, nach den tiefen Gründen der See zurückziehen. Jhre Hauptnahrung ſcheint in der Brut anderer Fiſche zu beſtehen: ſo folgen ſie den kleinen Arten der Heringsfamilie, von denen einzelne geradezu Makrelenführer genannt werden. Sie ſind äußerſt gefräßig und wachſen dementſprechend ungemein raſch. Das köſtliche Fleiſch der Makrelen muß, nach unſerer Meinung, ſo raſch als möglich gegeſſen werden, während die Römer es, mit dem Blute und den Eingeweiden vermiſcht, faulen ließen und dadurch eine bei ihnen ſehr beliebte Brühe, das „Garum“, bereiteten. Das beſte wurde ſpaniſches, ſchwarzes oder odles Garum genannt; zwei Maß von ihm koſteten zu Rom über zweihundert Thaler, hauptſächlich der ihm beigemiſchten indiſchen Gewürze halber, ſo daß es außer den Wohlgerüchen keine Flüſſigkeit auf dem römiſchen Markte gab, welche ſo theuer bezahlt wurde. Die fertige Brühe goß man über allerloi Fleiſchſpeiſen oder trank ſie mit Waſſer und Wein bei Tiſche. Der Geruch derſelben ſoll abſchenlich geweſen ſein.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/576>, abgerufen am 16.07.2024.