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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Tun.
z. B. Hammer, bestätigen diese Mittheilungen. Die Phönizier beschäftigten sich hauptsächlich an der
spanischen Küste mit dem Tunfange, und die nach ihnen kommenden Bewohner der Küste setzten den
gewinnbringenden Erwerbszweig fort bis in die neueste Zeit. Mehre Fischereien waren sehr berühmt;
einige lieferten den spanischen Granden den größten Theil ihrer Einkünfte. Nach und nach wurde
man saumselig an den spanischen Küsten, zumal nach dem furchtbaren Erdbeben von Lissabon im
Jahre 1755, welches die Beschaffenheit der Küste so geändert haben soll, daß die Tune keine geeig-
neten Laichplätze mehr fanden. Gegenwärtig gibt es übrigens noch Tunfischereien in der Nähe von
Cadir, Tarifa, Gibraltar und ebenso andere am gegenüberliegenden Ufer bei Ceuta; auch fängt man
sie hier und da in Catalonien.

Der Fang geschieht verschieden, je nach Oertlichkeit und Jahreszeit. An den Küsten von Lan-
guedoc stellt man gegen die Zugzeit der Fische an erhabenen Stellen Wachtposten aus, welche die An-
kunst der Tune melden und die Gegend anzeigen, von welcher aus sie sich nähern. Auf das erste
Zeichen des Wächters stechen eine Menge bereit gehaltener Boote in See, bilden unter Befehl eines
Anführers einen weiten Halbmond, werfen ihr Garn aus und schließen die Fische ein, verengen den
Kreis mehr und mehr und zwingen die Tune, gegen das Land hin zu schwimmen. Hat man sich dem
Lande genähert und seichtes Wasser erreicht, so breitet man das letzte Netz aus und zieht es mit allen
innerhalb desselben befindlichen Tunen ans Land, woselbst nunmehr eine fürchterliche Metzelei unter
den Gefangenen beginnt.

Viel großartiger betreibt man die Fischerei an den italienischen Küsten. Hier sperrt man ihnen
die gewohnten Straßen mit ungeheuren Netzen ab und erbeutet günstigenfalls Tausende mit einem
Male. Der erwähnte Abt hat diesen Fang in meisterhafter Weise beschrieben, und seine Schilderung
ist es, welche ich dem Nachfolgenden zu Grunde lege.

Die großartigen Fangnetze, wahrhafte Gebäude aus Stricken und Maschen, heißen Tonaren,
und man unterscheidet je nach der Lage derselben Vorder- oder Hintertonaren. Das Meer muß da,
wo eines dieser kühnen Gebäude errichtet wird, eine Tiefe von mindestens hundertundacht Fuß haben;
die Netzwand selbst besitzt eine solche von hundertundsechzig Fuß, da die verschiedenen Kammern des-
selben keinen Boden haben und ein guter Theil des Netzes auf den Grund zu liegen kommen und in
dieser Lage unverrücklich festbleiben muß. Nur die sogenannte Todtenkammer hat einen Boden, weil
sie mit den gefangenen Tunen aufgehoben wird; sie ist auch, um die Last der Fische und deren Gedränge
auszuhalten, ungleich fester als das übrige Netz aus starken, engmaschigen Hanfschnüren gestrickt.
Nach beiden Seiten hin verlängern sich zwei Netzwände schweifartig zu dem Zwecke, den Tun ins
Netz zu locken. Der sogenannte Schweif führt den Fisch, welcher sonst zwischen dem Netze und dem
Ufer entwischen würde, in die Kammer; die sogenannte Schleppe leitet diejenigen herbei, welche sonst
im äußeren Meere vorüberstreifen würden. Zuweilen beträgt die Gesammtlänge des Netzes über
eine Viertelmeile.

Die Ufer Sardiniens werden, wenn die Zeit der Fischerei herannaht, durch die Tonaren ungemein
belebt. Am Ufer stehen da, wo man seit Jahren gefangen hat, mehr oder weniger große und bequem
eingerichtete Gebäude, dazu dienend, die Fischer, Käufer und Zuschauer aufzunehmen, welche sich
während des Fanges hier zusammenfinden. Bis gegen das Ende des März ist Alles still und ver-
lassen; Anfangs April aber verwandelt sich der Küstenplatz in einen Markt, auf welchem sich Leute
aus allen Ständen versammeln. Jnländer und Ausländer kommen an, und wenn die Häuser und
Buden sich füllen, bedeckt sich auch das Ufer und das Meer an demselben mit Hütten und Fahr-
zeugen. Allenthalben sind Leute beschäftigt: hier Böttcher und Schmiede, dort Lastträger, welche
Salztonnen und dergleichen herbeischaffen, dort wiederum zusammengelaufenes Volk, welches vollauf
Arbeit hat, das ungeheuere Netz auszubreiten, zu flicken und zusammenzufügen. Der "Patron" oder
Eigenthümer der Fischerei läßt sich außer der Aufmerksamkeit, welche er auf die Arbeit und
Bewirthung seiner Mannschaft wendet, auch den Gottesdienst angelegen sein, weil er glaubt, daß hier-
von ein nicht geringer Theil seines guten Erfolges abhänge. Aus diesem Grunde "drängt sich",

Brehm, Thierleben. V. 35

Tun.
z. B. Hammer, beſtätigen dieſe Mittheilungen. Die Phönizier beſchäftigten ſich hauptſächlich an der
ſpaniſchen Küſte mit dem Tunfange, und die nach ihnen kommenden Bewohner der Küſte ſetzten den
gewinnbringenden Erwerbszweig fort bis in die neueſte Zeit. Mehre Fiſchereien waren ſehr berühmt;
einige lieferten den ſpaniſchen Granden den größten Theil ihrer Einkünfte. Nach und nach wurde
man ſaumſelig an den ſpaniſchen Küſten, zumal nach dem furchtbaren Erdbeben von Liſſabon im
Jahre 1755, welches die Beſchaffenheit der Küſte ſo geändert haben ſoll, daß die Tune keine geeig-
neten Laichplätze mehr fanden. Gegenwärtig gibt es übrigens noch Tunfiſchereien in der Nähe von
Cadir, Tarifa, Gibraltar und ebenſo andere am gegenüberliegenden Ufer bei Ceuta; auch fängt man
ſie hier und da in Catalonien.

Der Fang geſchieht verſchieden, je nach Oertlichkeit und Jahreszeit. An den Küſten von Lan-
guedoc ſtellt man gegen die Zugzeit der Fiſche an erhabenen Stellen Wachtpoſten aus, welche die An-
kunſt der Tune melden und die Gegend anzeigen, von welcher aus ſie ſich nähern. Auf das erſte
Zeichen des Wächters ſtechen eine Menge bereit gehaltener Boote in See, bilden unter Befehl eines
Anführers einen weiten Halbmond, werfen ihr Garn aus und ſchließen die Fiſche ein, verengen den
Kreis mehr und mehr und zwingen die Tune, gegen das Land hin zu ſchwimmen. Hat man ſich dem
Lande genähert und ſeichtes Waſſer erreicht, ſo breitet man das letzte Netz aus und zieht es mit allen
innerhalb deſſelben befindlichen Tunen ans Land, woſelbſt nunmehr eine fürchterliche Metzelei unter
den Gefangenen beginnt.

Viel großartiger betreibt man die Fiſcherei an den italieniſchen Küſten. Hier ſperrt man ihnen
die gewohnten Straßen mit ungeheuren Netzen ab und erbeutet günſtigenfalls Tauſende mit einem
Male. Der erwähnte Abt hat dieſen Fang in meiſterhafter Weiſe beſchrieben, und ſeine Schilderung
iſt es, welche ich dem Nachfolgenden zu Grunde lege.

Die großartigen Fangnetze, wahrhafte Gebäude aus Stricken und Maſchen, heißen Tonaren,
und man unterſcheidet je nach der Lage derſelben Vorder- oder Hintertonaren. Das Meer muß da,
wo eines dieſer kühnen Gebäude errichtet wird, eine Tiefe von mindeſtens hundertundacht Fuß haben;
die Netzwand ſelbſt beſitzt eine ſolche von hundertundſechzig Fuß, da die verſchiedenen Kammern des-
ſelben keinen Boden haben und ein guter Theil des Netzes auf den Grund zu liegen kommen und in
dieſer Lage unverrücklich feſtbleiben muß. Nur die ſogenannte Todtenkammer hat einen Boden, weil
ſie mit den gefangenen Tunen aufgehoben wird; ſie iſt auch, um die Laſt der Fiſche und deren Gedränge
auszuhalten, ungleich feſter als das übrige Netz aus ſtarken, engmaſchigen Hanfſchnüren geſtrickt.
Nach beiden Seiten hin verlängern ſich zwei Netzwände ſchweifartig zu dem Zwecke, den Tun ins
Netz zu locken. Der ſogenannte Schweif führt den Fiſch, welcher ſonſt zwiſchen dem Netze und dem
Ufer entwiſchen würde, in die Kammer; die ſogenannte Schleppe leitet diejenigen herbei, welche ſonſt
im äußeren Meere vorüberſtreifen würden. Zuweilen beträgt die Geſammtlänge des Netzes über
eine Viertelmeile.

Die Ufer Sardiniens werden, wenn die Zeit der Fiſcherei herannaht, durch die Tonaren ungemein
belebt. Am Ufer ſtehen da, wo man ſeit Jahren gefangen hat, mehr oder weniger große und bequem
eingerichtete Gebäude, dazu dienend, die Fiſcher, Käufer und Zuſchauer aufzunehmen, welche ſich
während des Fanges hier zuſammenfinden. Bis gegen das Ende des März iſt Alles ſtill und ver-
laſſen; Anfangs April aber verwandelt ſich der Küſtenplatz in einen Markt, auf welchem ſich Leute
aus allen Ständen verſammeln. Jnländer und Ausländer kommen an, und wenn die Häuſer und
Buden ſich füllen, bedeckt ſich auch das Ufer und das Meer an demſelben mit Hütten und Fahr-
zeugen. Allenthalben ſind Leute beſchäftigt: hier Böttcher und Schmiede, dort Laſtträger, welche
Salztonnen und dergleichen herbeiſchaffen, dort wiederum zuſammengelaufenes Volk, welches vollauf
Arbeit hat, das ungeheuere Netz auszubreiten, zu flicken und zuſammenzufügen. Der „Patron“ oder
Eigenthümer der Fiſcherei läßt ſich außer der Aufmerkſamkeit, welche er auf die Arbeit und
Bewirthung ſeiner Mannſchaft wendet, auch den Gottesdienſt angelegen ſein, weil er glaubt, daß hier-
von ein nicht geringer Theil ſeines guten Erfolges abhänge. Aus dieſem Grunde „drängt ſich“,

Brehm, Thierleben. V. 35
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[545/0579] Tun. z. B. Hammer, beſtätigen dieſe Mittheilungen. Die Phönizier beſchäftigten ſich hauptſächlich an der ſpaniſchen Küſte mit dem Tunfange, und die nach ihnen kommenden Bewohner der Küſte ſetzten den gewinnbringenden Erwerbszweig fort bis in die neueſte Zeit. Mehre Fiſchereien waren ſehr berühmt; einige lieferten den ſpaniſchen Granden den größten Theil ihrer Einkünfte. Nach und nach wurde man ſaumſelig an den ſpaniſchen Küſten, zumal nach dem furchtbaren Erdbeben von Liſſabon im Jahre 1755, welches die Beſchaffenheit der Küſte ſo geändert haben ſoll, daß die Tune keine geeig- neten Laichplätze mehr fanden. Gegenwärtig gibt es übrigens noch Tunfiſchereien in der Nähe von Cadir, Tarifa, Gibraltar und ebenſo andere am gegenüberliegenden Ufer bei Ceuta; auch fängt man ſie hier und da in Catalonien. Der Fang geſchieht verſchieden, je nach Oertlichkeit und Jahreszeit. An den Küſten von Lan- guedoc ſtellt man gegen die Zugzeit der Fiſche an erhabenen Stellen Wachtpoſten aus, welche die An- kunſt der Tune melden und die Gegend anzeigen, von welcher aus ſie ſich nähern. Auf das erſte Zeichen des Wächters ſtechen eine Menge bereit gehaltener Boote in See, bilden unter Befehl eines Anführers einen weiten Halbmond, werfen ihr Garn aus und ſchließen die Fiſche ein, verengen den Kreis mehr und mehr und zwingen die Tune, gegen das Land hin zu ſchwimmen. Hat man ſich dem Lande genähert und ſeichtes Waſſer erreicht, ſo breitet man das letzte Netz aus und zieht es mit allen innerhalb deſſelben befindlichen Tunen ans Land, woſelbſt nunmehr eine fürchterliche Metzelei unter den Gefangenen beginnt. Viel großartiger betreibt man die Fiſcherei an den italieniſchen Küſten. Hier ſperrt man ihnen die gewohnten Straßen mit ungeheuren Netzen ab und erbeutet günſtigenfalls Tauſende mit einem Male. Der erwähnte Abt hat dieſen Fang in meiſterhafter Weiſe beſchrieben, und ſeine Schilderung iſt es, welche ich dem Nachfolgenden zu Grunde lege. Die großartigen Fangnetze, wahrhafte Gebäude aus Stricken und Maſchen, heißen Tonaren, und man unterſcheidet je nach der Lage derſelben Vorder- oder Hintertonaren. Das Meer muß da, wo eines dieſer kühnen Gebäude errichtet wird, eine Tiefe von mindeſtens hundertundacht Fuß haben; die Netzwand ſelbſt beſitzt eine ſolche von hundertundſechzig Fuß, da die verſchiedenen Kammern des- ſelben keinen Boden haben und ein guter Theil des Netzes auf den Grund zu liegen kommen und in dieſer Lage unverrücklich feſtbleiben muß. Nur die ſogenannte Todtenkammer hat einen Boden, weil ſie mit den gefangenen Tunen aufgehoben wird; ſie iſt auch, um die Laſt der Fiſche und deren Gedränge auszuhalten, ungleich feſter als das übrige Netz aus ſtarken, engmaſchigen Hanfſchnüren geſtrickt. Nach beiden Seiten hin verlängern ſich zwei Netzwände ſchweifartig zu dem Zwecke, den Tun ins Netz zu locken. Der ſogenannte Schweif führt den Fiſch, welcher ſonſt zwiſchen dem Netze und dem Ufer entwiſchen würde, in die Kammer; die ſogenannte Schleppe leitet diejenigen herbei, welche ſonſt im äußeren Meere vorüberſtreifen würden. Zuweilen beträgt die Geſammtlänge des Netzes über eine Viertelmeile. Die Ufer Sardiniens werden, wenn die Zeit der Fiſcherei herannaht, durch die Tonaren ungemein belebt. Am Ufer ſtehen da, wo man ſeit Jahren gefangen hat, mehr oder weniger große und bequem eingerichtete Gebäude, dazu dienend, die Fiſcher, Käufer und Zuſchauer aufzunehmen, welche ſich während des Fanges hier zuſammenfinden. Bis gegen das Ende des März iſt Alles ſtill und ver- laſſen; Anfangs April aber verwandelt ſich der Küſtenplatz in einen Markt, auf welchem ſich Leute aus allen Ständen verſammeln. Jnländer und Ausländer kommen an, und wenn die Häuſer und Buden ſich füllen, bedeckt ſich auch das Ufer und das Meer an demſelben mit Hütten und Fahr- zeugen. Allenthalben ſind Leute beſchäftigt: hier Böttcher und Schmiede, dort Laſtträger, welche Salztonnen und dergleichen herbeiſchaffen, dort wiederum zuſammengelaufenes Volk, welches vollauf Arbeit hat, das ungeheuere Netz auszubreiten, zu flicken und zuſammenzufügen. Der „Patron“ oder Eigenthümer der Fiſcherei läßt ſich außer der Aufmerkſamkeit, welche er auf die Arbeit und Bewirthung ſeiner Mannſchaft wendet, auch den Gottesdienſt angelegen ſein, weil er glaubt, daß hier- von ein nicht geringer Theil ſeines guten Erfolges abhänge. Aus dieſem Grunde „drängt ſich“, Brehm, Thierleben. V. 35

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 545. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/579>, abgerufen am 23.12.2024.