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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Matamata. Bissige Schildkröte.

Die Matamata ist weit über Südamerika verbreitet, besonders häufig aber in Guyana und
deshalb auch allen hier lebenden Europäern wohl bekannt. Von den Farbigen wird ihr Fleisch
gegessen; die Europäer erfüllt es mit Ekel, weil ihnen das Thier überhaupt Abscheu einflößt. "Es
kann in der That kein häßlicheres Geschöpf geben", sagt Schomburgk, "als eine solche Schildkröte,
deren scheußliche Gestalt schon abschreckend ist, und welche außerdem durch greulichen, ekelhaften Geruch
noch viel wideriger wird. Der mit einer Menge ausgezackter Lappen besetzte rüsselförmige Kopf
und Hals, wie die mit gleichen, nur etwas kleineren Lappen behangenen Füße, die sie ebenso wie jene
unter das flache Schild zurückziehen kann, erregten mir jedesmal den tiefsten Ekel, wenn ich sie antraf.
Der in seiner Phantasie des Häßlichen so ausschweifende Höllenbreughel hat keine solche Aus-
geburt des Ekelhaften erfunden, als sie hier die Wirklichkeit gibt... Gewöhnlich hatte sich die
Matamata am Rande des Wassers in den Sand eingewühlt, sodaß das Wasser etwa zwei Fuß über
den Schild wegging, und schien dort bewegungslos auf Raub zu lauern; sie ließ sich auch, ohne sich
zu bewegen, ergreifen; doch thaten wir Dies des widerlichen Geruches halber nur selten. Unsere
Karaiben fielen mit einer wahren Wuth über ihr Fleisch her."

Frühere Beobachter behaupten, daß die Matamata sich nur von den an den Ufern wachsenden
Pflanzen nährt und dieser Nahrung blos des Nachts nachgeht, ohne sich jemals weit vom Ufer zu
entfernen. Ob an dieser Angabe irgend etwas Wahres ist, vermag ich nicht zu bestimmen; das Aus-
sehen des Thieres und insbesondere die Bewassnung der Kiefer läßt kaum auf Pflanzennahrung
schließen. Jn der Gefangenschaft soll man sie mit Brot und Kräutern lange Zeit hinhalten können.
Eine, welche ich beobachten, jedoch nicht selbst pflegen konnte, verschmähte das ihr dargereichte Futter
gänzlich und starb schon nach wenigen Tagen. Die Vermehrung soll schwach sein, das Fortpflanzungs-
geschäft im allgemeinen sich nicht von dem verwandter Arten unterscheiden.



Von allen bisher erwähnten Arten der Ordnung unterscheiden sich die Weichschildkröten
(Trionyches) dadurch, daß ihr Panzer nicht mit schuppigen Schildern bedeckt, sondern nur mit weicher
Haut umhüllt, auch nicht knochig, vielmehr blos knorpelig ist. Die Rippen sind nur in einem
Theile ihrer Länge mit einander verschmolzen; die den Brustrippen entsprechenden Gebilde werden
durch einfache Knorpel ersetzt, und die Brustbeinstücke selbst verbreitern sich ebenfalls nicht zum Brust-
panzer. An den Schwimmfüßen sind zwar vier bis fünf Zehen vorhanden, gewöhnlich aber nur
einzelne von diesen mit Nägeln bewehrt. Die Hornmasse der Kiefer wird nach außen mit fleischigen
Lippen überkleidet oder von fleischigen Lippenhäuten umgeben; die Nase verlängert sich rüsselartig; der
Schwanz ist kurz.

Man kennt nur wenige Arten, welche zu dieser Familie zählen, einige aus Amerika, andere aus
Asien und Afrika. Alle halten sich im süßen Wasser auf und zeichnen sich aus durch ihre Raubsucht.

Jn den Vereinigten Staaten lebt hier und da in großer Anzahl die bissige Schildkröte
(Trionyx-Platypeltis-ferox), unter ihren dasselbe Vaterland bewohnenden Verwandten die größte, ein
Thier, dessen Schild über 16 Zoll Länge und 12 Zoll Breite und dessen Gewicht 40 und mehr Pfund
erreicht. Sie kommt in beträchtlicher Anzahl in allen größeren und kleineren Flüssen südlich von Newyork
vor, soll auch einzeln in letztgenanntem Staate gefangen worden sein; in Ohio ist sie nicht gerade
selten, im südlichen Mississippi, wie überhaupt in allen Flüssen, welche im Golfe von Mejiko aus-
münden, gemein, und zwar von deren Mündung an bis hoch empor gegen die Quelle hin: so in den
Nebenflüssen des Mississippi noch am Fuße des Felsengebirges; sie wird auch in den großen nörd-
lichen Landseen über und unter dem Niagarafalle gefunden, nicht aber in den östlichen Flüssen Nord-

Matamata. Biſſige Schildkröte.

Die Matamata iſt weit über Südamerika verbreitet, beſonders häufig aber in Guyana und
deshalb auch allen hier lebenden Europäern wohl bekannt. Von den Farbigen wird ihr Fleiſch
gegeſſen; die Europäer erfüllt es mit Ekel, weil ihnen das Thier überhaupt Abſcheu einflößt. „Es
kann in der That kein häßlicheres Geſchöpf geben“, ſagt Schomburgk, „als eine ſolche Schildkröte,
deren ſcheußliche Geſtalt ſchon abſchreckend iſt, und welche außerdem durch greulichen, ekelhaften Geruch
noch viel wideriger wird. Der mit einer Menge ausgezackter Lappen beſetzte rüſſelförmige Kopf
und Hals, wie die mit gleichen, nur etwas kleineren Lappen behangenen Füße, die ſie ebenſo wie jene
unter das flache Schild zurückziehen kann, erregten mir jedesmal den tiefſten Ekel, wenn ich ſie antraf.
Der in ſeiner Phantaſie des Häßlichen ſo ausſchweifende Höllenbreughel hat keine ſolche Aus-
geburt des Ekelhaften erfunden, als ſie hier die Wirklichkeit gibt... Gewöhnlich hatte ſich die
Matamata am Rande des Waſſers in den Sand eingewühlt, ſodaß das Waſſer etwa zwei Fuß über
den Schild wegging, und ſchien dort bewegungslos auf Raub zu lauern; ſie ließ ſich auch, ohne ſich
zu bewegen, ergreifen; doch thaten wir Dies des widerlichen Geruches halber nur ſelten. Unſere
Karaiben fielen mit einer wahren Wuth über ihr Fleiſch her.“

Frühere Beobachter behaupten, daß die Matamata ſich nur von den an den Ufern wachſenden
Pflanzen nährt und dieſer Nahrung blos des Nachts nachgeht, ohne ſich jemals weit vom Ufer zu
entfernen. Ob an dieſer Angabe irgend etwas Wahres iſt, vermag ich nicht zu beſtimmen; das Aus-
ſehen des Thieres und insbeſondere die Bewaſſnung der Kiefer läßt kaum auf Pflanzennahrung
ſchließen. Jn der Gefangenſchaft ſoll man ſie mit Brot und Kräutern lange Zeit hinhalten können.
Eine, welche ich beobachten, jedoch nicht ſelbſt pflegen konnte, verſchmähte das ihr dargereichte Futter
gänzlich und ſtarb ſchon nach wenigen Tagen. Die Vermehrung ſoll ſchwach ſein, das Fortpflanzungs-
geſchäft im allgemeinen ſich nicht von dem verwandter Arten unterſcheiden.



Von allen bisher erwähnten Arten der Ordnung unterſcheiden ſich die Weichſchildkröten
(Trionyches) dadurch, daß ihr Panzer nicht mit ſchuppigen Schildern bedeckt, ſondern nur mit weicher
Haut umhüllt, auch nicht knochig, vielmehr blos knorpelig iſt. Die Rippen ſind nur in einem
Theile ihrer Länge mit einander verſchmolzen; die den Bruſtrippen entſprechenden Gebilde werden
durch einfache Knorpel erſetzt, und die Bruſtbeinſtücke ſelbſt verbreitern ſich ebenfalls nicht zum Bruſt-
panzer. An den Schwimmfüßen ſind zwar vier bis fünf Zehen vorhanden, gewöhnlich aber nur
einzelne von dieſen mit Nägeln bewehrt. Die Hornmaſſe der Kiefer wird nach außen mit fleiſchigen
Lippen überkleidet oder von fleiſchigen Lippenhäuten umgeben; die Naſe verlängert ſich rüſſelartig; der
Schwanz iſt kurz.

Man kennt nur wenige Arten, welche zu dieſer Familie zählen, einige aus Amerika, andere aus
Aſien und Afrika. Alle halten ſich im ſüßen Waſſer auf und zeichnen ſich aus durch ihre Raubſucht.

Jn den Vereinigten Staaten lebt hier und da in großer Anzahl die biſſige Schildkröte
(Trionyx-Platypeltis-ferox), unter ihren daſſelbe Vaterland bewohnenden Verwandten die größte, ein
Thier, deſſen Schild über 16 Zoll Länge und 12 Zoll Breite und deſſen Gewicht 40 und mehr Pfund
erreicht. Sie kommt in beträchtlicher Anzahl in allen größeren und kleineren Flüſſen ſüdlich von Newyork
vor, ſoll auch einzeln in letztgenanntem Staate gefangen worden ſein; in Ohio iſt ſie nicht gerade
ſelten, im ſüdlichen Miſſiſſippi, wie überhaupt in allen Flüſſen, welche im Golfe von Mejiko aus-
münden, gemein, und zwar von deren Mündung an bis hoch empor gegen die Quelle hin: ſo in den
Nebenflüſſen des Miſſiſſippi noch am Fuße des Felſengebirges; ſie wird auch in den großen nörd-
lichen Landſeen über und unter dem Niagarafalle gefunden, nicht aber in den öſtlichen Flüſſen Nord-

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[47/0059] Matamata. Biſſige Schildkröte. Die Matamata iſt weit über Südamerika verbreitet, beſonders häufig aber in Guyana und deshalb auch allen hier lebenden Europäern wohl bekannt. Von den Farbigen wird ihr Fleiſch gegeſſen; die Europäer erfüllt es mit Ekel, weil ihnen das Thier überhaupt Abſcheu einflößt. „Es kann in der That kein häßlicheres Geſchöpf geben“, ſagt Schomburgk, „als eine ſolche Schildkröte, deren ſcheußliche Geſtalt ſchon abſchreckend iſt, und welche außerdem durch greulichen, ekelhaften Geruch noch viel wideriger wird. Der mit einer Menge ausgezackter Lappen beſetzte rüſſelförmige Kopf und Hals, wie die mit gleichen, nur etwas kleineren Lappen behangenen Füße, die ſie ebenſo wie jene unter das flache Schild zurückziehen kann, erregten mir jedesmal den tiefſten Ekel, wenn ich ſie antraf. Der in ſeiner Phantaſie des Häßlichen ſo ausſchweifende Höllenbreughel hat keine ſolche Aus- geburt des Ekelhaften erfunden, als ſie hier die Wirklichkeit gibt... Gewöhnlich hatte ſich die Matamata am Rande des Waſſers in den Sand eingewühlt, ſodaß das Waſſer etwa zwei Fuß über den Schild wegging, und ſchien dort bewegungslos auf Raub zu lauern; ſie ließ ſich auch, ohne ſich zu bewegen, ergreifen; doch thaten wir Dies des widerlichen Geruches halber nur ſelten. Unſere Karaiben fielen mit einer wahren Wuth über ihr Fleiſch her.“ Frühere Beobachter behaupten, daß die Matamata ſich nur von den an den Ufern wachſenden Pflanzen nährt und dieſer Nahrung blos des Nachts nachgeht, ohne ſich jemals weit vom Ufer zu entfernen. Ob an dieſer Angabe irgend etwas Wahres iſt, vermag ich nicht zu beſtimmen; das Aus- ſehen des Thieres und insbeſondere die Bewaſſnung der Kiefer läßt kaum auf Pflanzennahrung ſchließen. Jn der Gefangenſchaft ſoll man ſie mit Brot und Kräutern lange Zeit hinhalten können. Eine, welche ich beobachten, jedoch nicht ſelbſt pflegen konnte, verſchmähte das ihr dargereichte Futter gänzlich und ſtarb ſchon nach wenigen Tagen. Die Vermehrung ſoll ſchwach ſein, das Fortpflanzungs- geſchäft im allgemeinen ſich nicht von dem verwandter Arten unterſcheiden. Von allen bisher erwähnten Arten der Ordnung unterſcheiden ſich die Weichſchildkröten (Trionyches) dadurch, daß ihr Panzer nicht mit ſchuppigen Schildern bedeckt, ſondern nur mit weicher Haut umhüllt, auch nicht knochig, vielmehr blos knorpelig iſt. Die Rippen ſind nur in einem Theile ihrer Länge mit einander verſchmolzen; die den Bruſtrippen entſprechenden Gebilde werden durch einfache Knorpel erſetzt, und die Bruſtbeinſtücke ſelbſt verbreitern ſich ebenfalls nicht zum Bruſt- panzer. An den Schwimmfüßen ſind zwar vier bis fünf Zehen vorhanden, gewöhnlich aber nur einzelne von dieſen mit Nägeln bewehrt. Die Hornmaſſe der Kiefer wird nach außen mit fleiſchigen Lippen überkleidet oder von fleiſchigen Lippenhäuten umgeben; die Naſe verlängert ſich rüſſelartig; der Schwanz iſt kurz. Man kennt nur wenige Arten, welche zu dieſer Familie zählen, einige aus Amerika, andere aus Aſien und Afrika. Alle halten ſich im ſüßen Waſſer auf und zeichnen ſich aus durch ihre Raubſucht. Jn den Vereinigten Staaten lebt hier und da in großer Anzahl die biſſige Schildkröte (Trionyx-Platypeltis-ferox), unter ihren daſſelbe Vaterland bewohnenden Verwandten die größte, ein Thier, deſſen Schild über 16 Zoll Länge und 12 Zoll Breite und deſſen Gewicht 40 und mehr Pfund erreicht. Sie kommt in beträchtlicher Anzahl in allen größeren und kleineren Flüſſen ſüdlich von Newyork vor, ſoll auch einzeln in letztgenanntem Staate gefangen worden ſein; in Ohio iſt ſie nicht gerade ſelten, im ſüdlichen Miſſiſſippi, wie überhaupt in allen Flüſſen, welche im Golfe von Mejiko aus- münden, gemein, und zwar von deren Mündung an bis hoch empor gegen die Quelle hin: ſo in den Nebenflüſſen des Miſſiſſippi noch am Fuße des Felſengebirges; ſie wird auch in den großen nörd- lichen Landſeen über und unter dem Niagarafalle gefunden, nicht aber in den öſtlichen Flüſſen Nord-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/59>, abgerufen am 22.12.2024.