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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Stachelflosser. Schleimfische. Seelerchen.

Ein zierlicher Vertreter der Schleimfische im engeren Sinne kommt im mittelländischen Meere
wie an den englischen Küsten vor und hat den Namen Seeschmetterling (Blennius ocellaris)
erhalten. Die Gestalt ist gestreckt, der Bauch vortretend, die Haut weich und schleimig, der Kopf
dick, auf den Backen aufgetrieben, vorn abgestutzt, hier in der Negel mit zwei häutigen Anhängseln
versehen. Das Gebiß besteht aus kräftigen, einfachen, dicht neben einander stehenden Zähnen, deren
hinterster als ein starker hakenförmiger Eckzahn erscheint. Die Rückenflosse dehnt sich über den
ganzen Rücken aus und wird von einfachen, biegsamen Strahlen gespannt; die Bauchflossen sind bis
auf zwei Strahlen verkümmert. Die Länge des Seeschmetterlinges beträgt 6 Zoll; die Färbung
des Leibes ist ein blasses Braun, zeigt hier und da Flecken von dunklerer Färbung; Brust- und
Bauchflossen sind dunkler als die übrigen. Zwischen dem sechsten und achten Strahle der Rückenflosse
steht ein runder Flecken von dunkelbrauner Färbung in einem Hofe, welcher lichter ist als die übrige

[Abbildung] Der Seeschmetterling (Blonnlus ocellaris).
Flossenhaut. Die Rückenflosse unterscheidet sich von denen der Sippschaftsverwandten übrigens
noch dadurch, daß ihr erster Strahl über die übrigen verlängert, und sie in der Mitte über dem
zehnten oder elften Strahle ausgebuchtet ist. Sie wird gespannt von 26, die Brustflosse von 12, die
Bauchflosse von 2, die Afterflosse von 17, die Schwanzflosse von 11 Strahlen.

Jm Mittelmeere fehlt der Seeschmetterling nirgends, wo die Küste felsig ist, gehört deshalb
zu den allbekannten Fischen; im atlantischen Weltmeer hingegen scheint er seltener zu sein und
in England nur dann und wann in größerer Anzahl aufzutreten. Montagu lernte ihn zuerst als
Bewohner der britischen Gewässer kennen; Yarrell erhielt ihn einige Male, und Thompson
erwähnt, daß er eine Zeitlang ziemlich häufig in der Weymouthbay gewesen sei, nach dem strengen
Winter im Anfange der fünfziger Jahre aber gänzlich verschwunden sei. Wie andere Arten seiner
Familie hält er sich stets in der Nähe des Ufers auf Felsen und zwischen Seetangen auf, stellt hier
kleinen Krebsen und Weichthieren nach und laicht im Frühlinge. Sein weiches, schleimiges Fleisch ist
schmacklos und wird deshalb nur von den ärmeren Küstenbewohnern seiner Heimat und bei Mangel
an anderen Fischen genossen.



Die Stachelfloſſer. Schleimfiſche. Seelerchen.

Ein zierlicher Vertreter der Schleimfiſche im engeren Sinne kommt im mittelländiſchen Meere
wie an den engliſchen Küſten vor und hat den Namen Seeſchmetterling (Blennius ocellaris)
erhalten. Die Geſtalt iſt geſtreckt, der Bauch vortretend, die Haut weich und ſchleimig, der Kopf
dick, auf den Backen aufgetrieben, vorn abgeſtutzt, hier in der Negel mit zwei häutigen Anhängſeln
verſehen. Das Gebiß beſteht aus kräftigen, einfachen, dicht neben einander ſtehenden Zähnen, deren
hinterſter als ein ſtarker hakenförmiger Eckzahn erſcheint. Die Rückenfloſſe dehnt ſich über den
ganzen Rücken aus und wird von einfachen, biegſamen Strahlen geſpannt; die Bauchfloſſen ſind bis
auf zwei Strahlen verkümmert. Die Länge des Seeſchmetterlinges beträgt 6 Zoll; die Färbung
des Leibes iſt ein blaſſes Braun, zeigt hier und da Flecken von dunklerer Färbung; Bruſt- und
Bauchfloſſen ſind dunkler als die übrigen. Zwiſchen dem ſechsten und achten Strahle der Rückenfloſſe
ſteht ein runder Flecken von dunkelbrauner Färbung in einem Hofe, welcher lichter iſt als die übrige

[Abbildung] Der Seeſchmetterling (Blonnlus ocellaris).
Floſſenhaut. Die Rückenfloſſe unterſcheidet ſich von denen der Sippſchaftsverwandten übrigens
noch dadurch, daß ihr erſter Strahl über die übrigen verlängert, und ſie in der Mitte über dem
zehnten oder elften Strahle ausgebuchtet iſt. Sie wird geſpannt von 26, die Bruſtfloſſe von 12, die
Bauchfloſſe von 2, die Afterfloſſe von 17, die Schwanzfloſſe von 11 Strahlen.

Jm Mittelmeere fehlt der Seeſchmetterling nirgends, wo die Küſte felſig iſt, gehört deshalb
zu den allbekannten Fiſchen; im atlantiſchen Weltmeer hingegen ſcheint er ſeltener zu ſein und
in England nur dann und wann in größerer Anzahl aufzutreten. Montagu lernte ihn zuerſt als
Bewohner der britiſchen Gewäſſer kennen; Yarrell erhielt ihn einige Male, und Thompſon
erwähnt, daß er eine Zeitlang ziemlich häufig in der Weymouthbay geweſen ſei, nach dem ſtrengen
Winter im Anfange der fünfziger Jahre aber gänzlich verſchwunden ſei. Wie andere Arten ſeiner
Familie hält er ſich ſtets in der Nähe des Ufers auf Felſen und zwiſchen Seetangen auf, ſtellt hier
kleinen Krebſen und Weichthieren nach und laicht im Frühlinge. Sein weiches, ſchleimiges Fleiſch iſt
ſchmacklos und wird deshalb nur von den ärmeren Küſtenbewohnern ſeiner Heimat und bei Mangel
an anderen Fiſchen genoſſen.



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[580/0616] Die Stachelfloſſer. Schleimfiſche. Seelerchen. Ein zierlicher Vertreter der Schleimfiſche im engeren Sinne kommt im mittelländiſchen Meere wie an den engliſchen Küſten vor und hat den Namen Seeſchmetterling (Blennius ocellaris) erhalten. Die Geſtalt iſt geſtreckt, der Bauch vortretend, die Haut weich und ſchleimig, der Kopf dick, auf den Backen aufgetrieben, vorn abgeſtutzt, hier in der Negel mit zwei häutigen Anhängſeln verſehen. Das Gebiß beſteht aus kräftigen, einfachen, dicht neben einander ſtehenden Zähnen, deren hinterſter als ein ſtarker hakenförmiger Eckzahn erſcheint. Die Rückenfloſſe dehnt ſich über den ganzen Rücken aus und wird von einfachen, biegſamen Strahlen geſpannt; die Bauchfloſſen ſind bis auf zwei Strahlen verkümmert. Die Länge des Seeſchmetterlinges beträgt 6 Zoll; die Färbung des Leibes iſt ein blaſſes Braun, zeigt hier und da Flecken von dunklerer Färbung; Bruſt- und Bauchfloſſen ſind dunkler als die übrigen. Zwiſchen dem ſechsten und achten Strahle der Rückenfloſſe ſteht ein runder Flecken von dunkelbrauner Färbung in einem Hofe, welcher lichter iſt als die übrige [Abbildung Der Seeſchmetterling (Blonnlus ocellaris).] Floſſenhaut. Die Rückenfloſſe unterſcheidet ſich von denen der Sippſchaftsverwandten übrigens noch dadurch, daß ihr erſter Strahl über die übrigen verlängert, und ſie in der Mitte über dem zehnten oder elften Strahle ausgebuchtet iſt. Sie wird geſpannt von 26, die Bruſtfloſſe von 12, die Bauchfloſſe von 2, die Afterfloſſe von 17, die Schwanzfloſſe von 11 Strahlen. Jm Mittelmeere fehlt der Seeſchmetterling nirgends, wo die Küſte felſig iſt, gehört deshalb zu den allbekannten Fiſchen; im atlantiſchen Weltmeer hingegen ſcheint er ſeltener zu ſein und in England nur dann und wann in größerer Anzahl aufzutreten. Montagu lernte ihn zuerſt als Bewohner der britiſchen Gewäſſer kennen; Yarrell erhielt ihn einige Male, und Thompſon erwähnt, daß er eine Zeitlang ziemlich häufig in der Weymouthbay geweſen ſei, nach dem ſtrengen Winter im Anfange der fünfziger Jahre aber gänzlich verſchwunden ſei. Wie andere Arten ſeiner Familie hält er ſich ſtets in der Nähe des Ufers auf Felſen und zwiſchen Seetangen auf, ſtellt hier kleinen Krebſen und Weichthieren nach und laicht im Frühlinge. Sein weiches, ſchleimiges Fleiſch iſt ſchmacklos und wird deshalb nur von den ärmeren Küſtenbewohnern ſeiner Heimat und bei Mangel an anderen Fiſchen genoſſen.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/616>, abgerufen am 16.07.2024.