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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Allgemeines über die Hochflieger.
Fleische eines in den indischen Gewässern lebenden Verwandten soll man kleine, höchst schmackhafte
Würste bereiten.



Die Flugfische, welche der Reisende auf hohem Meere zu sehen bekommt, gehören fast aus-
schließlich einer Gruppe an, welcher man den Namen Hochflieger (Exocoeti) gegeben hat und wohl
den Rang einer Familie zugestehen darf. Jhre Hauptmerkmale bilden die außerordentlich entwickelten
Flossen, insbesondere die zugespitzten Brustflossen, deren Länge etwa zwei Drittel und deren Breite
etwa ein Drittel der gesammten Leibeslänge beträgt, und welche sich auf einem sehr starken, unter den
dicken Muskeln liegenden Knochengürtel freier als bei anderen Fischen bewegen. Der breiten Rücken-
flosse steht die Afterflosse gegenüber; die Bauchflossen sind unterhalb der Brustflossen eingelenkt; die
Schwanzflosse ist tief gegabelt und der untere Lappen größer als der obere. Sehr kleine Zähne
bewehren die Kiefer; Gaumen und Zunge sind nicht bewaffnet. Jn der Gestalt haben die Hochflieger,
abgesehen von der Beflossung, mit dem Heringe wirklich eine gewisse Aehnlichkeit, und der Name
"fliegender Hering" ist also nicht übel gewählt. Doch sind sie gedrungener gebaut, auf dem Rücken
und in der Brustgegend stärker gerundet, dick- und stumpfschnäuzig, überhaupt vierschrötig, auch
durch die sehr großen Augen und die ansehnlichen Vorder- und Kiemendeckel, sowie endlich durch die
dünnen, leicht abfallenden Schuppen, von denen eine längs der Seite verlaufende Reihe starke
Kiele trägt, sehr ausgezeichnet.

Unter den inneren Theilen fällt, wie Humboldt zuerst hervorgehoben, die ungeheuere Größe
der Schwimmblase auf, welche bei einem 6,4 Zoll langen Fische, den dieser Alles umfassende
Forscher untersuchte, 3,6 Zoll lang und 0,9 Zoll breit war und 31/2 Kubikzoll Luft enthielt. "Die
Blase nimmt die Hälfte des Körperinhalts ein und trägt somit wahrscheinlich dazu bei, daß der Fisch
so leicht ist. Man könnte sagen, dieser Luftbehälter diene ihm viel mehr zum Fliegen als zum
Schwimmen; denn die Versuche, welche Provenzal und ich angestellt, beweisen, daß dieses Organ
selbst bei den Arten, welche damit versehen sind, zu der Bewegung an die Wasserfläche herauf nicht
durchaus nothwendig ist." Für die erstaunliche Größe der Schwimmblase ist durch ringförmige Aus-
buchtung der Querfortsätze mehrerer Schwanzwirbel noch besonders Raum geschafft worden: eine
Einrichtung, welche man bei keinem anderen Fische beobachtete.

Die verschiedenen Arten der Hochflieger ähneln sich in so hohem Grade, daß man bis in die
neuere Zeit wenige Arten unterschied. Valenciennes, welcher im Verein mit Cuvier das
ausführlichste und beste Werk über die Klasse herausgab, untersuchte diese Fische aber genauer und
stellte einige dreißig Arten von ihnen auf. Alle scheinen mehr oder weniger dieselbe Lebensweise zu
führen. Sie bevölkern die zwischen den Wendekreisen oder doch im gemäßigten Gürtel gelegenen
Meere, namentlich die Weltmeere in unermeßlicher Menge und keineswegs nur die Küstengewässer,
sondern buchstäblich alle Theile der Meere; ja, sie kommen in größerer Menge fernab vom Lande als
in der Nähe desselben vor. Selten verirren sie sich in unsere Gewässer: an den britischen Küsten hat
man, soviel bisjetzt bekannt, erst zwei Arten von ihnen beobachtet. Ueber ihr Leben im Wasser,
über die Art und Weise ihres Schwimmens, über ihre Fortpflanzung wissen wir noch Nichts; die
Beobachtungen beschränken sich, streng genommen, auf ihr Leben in der Luft, ihr "Fliegen", wie
man es nennt, ihr Jagen und Flüchten.

Jhr Erscheinen über dem Wasser hat etwas sehr Eigenthümliches. Wenn man erst in ihr Wohn-
gebiet gelangt ist, sieht man die Schiffe nach allen Seiten hin von ihnen umringt, d. h. soweit das
Auge reicht, unablässig einzelne oder mehrere von ihnen sich erheben und wieder im Meere versenken.
Kittlitz vergleicht die Flüge sehr richtig mit denen der Goldammer und Finken während der rauhen
Herbstwitterung, wenn sie auf den Feldern eingefallen sind und hier sich beschäftigen, die jetzt kärg-
liche Nahrung zu gewinnen; Humboldt sagt, daß man ihre Bewegungen und die eines flachen
Steines, welcher, auffallend und wieder abprallend, ein paar Fuß hoch über die Wellen hüpft, ganz

Breym, Thierleben, V. 40

Allgemeines über die Hochflieger.
Fleiſche eines in den indiſchen Gewäſſern lebenden Verwandten ſoll man kleine, höchſt ſchmackhafte
Würſte bereiten.



Die Flugfiſche, welche der Reiſende auf hohem Meere zu ſehen bekommt, gehören faſt aus-
ſchließlich einer Gruppe an, welcher man den Namen Hochflieger (Exocoeti) gegeben hat und wohl
den Rang einer Familie zugeſtehen darf. Jhre Hauptmerkmale bilden die außerordentlich entwickelten
Floſſen, insbeſondere die zugeſpitzten Bruſtfloſſen, deren Länge etwa zwei Drittel und deren Breite
etwa ein Drittel der geſammten Leibeslänge beträgt, und welche ſich auf einem ſehr ſtarken, unter den
dicken Muskeln liegenden Knochengürtel freier als bei anderen Fiſchen bewegen. Der breiten Rücken-
floſſe ſteht die Afterfloſſe gegenüber; die Bauchfloſſen ſind unterhalb der Bruſtfloſſen eingelenkt; die
Schwanzfloſſe iſt tief gegabelt und der untere Lappen größer als der obere. Sehr kleine Zähne
bewehren die Kiefer; Gaumen und Zunge ſind nicht bewaffnet. Jn der Geſtalt haben die Hochflieger,
abgeſehen von der Befloſſung, mit dem Heringe wirklich eine gewiſſe Aehnlichkeit, und der Name
„fliegender Hering“ iſt alſo nicht übel gewählt. Doch ſind ſie gedrungener gebaut, auf dem Rücken
und in der Bruſtgegend ſtärker gerundet, dick- und ſtumpfſchnäuzig, überhaupt vierſchrötig, auch
durch die ſehr großen Augen und die anſehnlichen Vorder- und Kiemendeckel, ſowie endlich durch die
dünnen, leicht abfallenden Schuppen, von denen eine längs der Seite verlaufende Reihe ſtarke
Kiele trägt, ſehr ausgezeichnet.

Unter den inneren Theilen fällt, wie Humboldt zuerſt hervorgehoben, die ungeheuere Größe
der Schwimmblaſe auf, welche bei einem 6,4 Zoll langen Fiſche, den dieſer Alles umfaſſende
Forſcher unterſuchte, 3,6 Zoll lang und 0,9 Zoll breit war und 3½ Kubikzoll Luft enthielt. „Die
Blaſe nimmt die Hälfte des Körperinhalts ein und trägt ſomit wahrſcheinlich dazu bei, daß der Fiſch
ſo leicht iſt. Man könnte ſagen, dieſer Luftbehälter diene ihm viel mehr zum Fliegen als zum
Schwimmen; denn die Verſuche, welche Provenzal und ich angeſtellt, beweiſen, daß dieſes Organ
ſelbſt bei den Arten, welche damit verſehen ſind, zu der Bewegung an die Waſſerfläche herauf nicht
durchaus nothwendig iſt.“ Für die erſtaunliche Größe der Schwimmblaſe iſt durch ringförmige Aus-
buchtung der Querfortſätze mehrerer Schwanzwirbel noch beſonders Raum geſchafft worden: eine
Einrichtung, welche man bei keinem anderen Fiſche beobachtete.

Die verſchiedenen Arten der Hochflieger ähneln ſich in ſo hohem Grade, daß man bis in die
neuere Zeit wenige Arten unterſchied. Valenciennes, welcher im Verein mit Cuvier das
ausführlichſte und beſte Werk über die Klaſſe herausgab, unterſuchte dieſe Fiſche aber genauer und
ſtellte einige dreißig Arten von ihnen auf. Alle ſcheinen mehr oder weniger dieſelbe Lebensweiſe zu
führen. Sie bevölkern die zwiſchen den Wendekreiſen oder doch im gemäßigten Gürtel gelegenen
Meere, namentlich die Weltmeere in unermeßlicher Menge und keineswegs nur die Küſtengewäſſer,
ſondern buchſtäblich alle Theile der Meere; ja, ſie kommen in größerer Menge fernab vom Lande als
in der Nähe deſſelben vor. Selten verirren ſie ſich in unſere Gewäſſer: an den britiſchen Küſten hat
man, ſoviel bisjetzt bekannt, erſt zwei Arten von ihnen beobachtet. Ueber ihr Leben im Waſſer,
über die Art und Weiſe ihres Schwimmens, über ihre Fortpflanzung wiſſen wir noch Nichts; die
Beobachtungen beſchränken ſich, ſtreng genommen, auf ihr Leben in der Luft, ihr „Fliegen“, wie
man es nennt, ihr Jagen und Flüchten.

Jhr Erſcheinen über dem Waſſer hat etwas ſehr Eigenthümliches. Wenn man erſt in ihr Wohn-
gebiet gelangt iſt, ſieht man die Schiffe nach allen Seiten hin von ihnen umringt, d. h. ſoweit das
Auge reicht, unabläſſig einzelne oder mehrere von ihnen ſich erheben und wieder im Meere verſenken.
Kittlitz vergleicht die Flüge ſehr richtig mit denen der Goldammer und Finken während der rauhen
Herbſtwitterung, wenn ſie auf den Feldern eingefallen ſind und hier ſich beſchäftigen, die jetzt kärg-
liche Nahrung zu gewinnen; Humboldt ſagt, daß man ihre Bewegungen und die eines flachen
Steines, welcher, auffallend und wieder abprallend, ein paar Fuß hoch über die Wellen hüpft, ganz

Breym, Thierleben, V. 40
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[625/0663] Allgemeines über die Hochflieger. Fleiſche eines in den indiſchen Gewäſſern lebenden Verwandten ſoll man kleine, höchſt ſchmackhafte Würſte bereiten. Die Flugfiſche, welche der Reiſende auf hohem Meere zu ſehen bekommt, gehören faſt aus- ſchließlich einer Gruppe an, welcher man den Namen Hochflieger (Exocoeti) gegeben hat und wohl den Rang einer Familie zugeſtehen darf. Jhre Hauptmerkmale bilden die außerordentlich entwickelten Floſſen, insbeſondere die zugeſpitzten Bruſtfloſſen, deren Länge etwa zwei Drittel und deren Breite etwa ein Drittel der geſammten Leibeslänge beträgt, und welche ſich auf einem ſehr ſtarken, unter den dicken Muskeln liegenden Knochengürtel freier als bei anderen Fiſchen bewegen. Der breiten Rücken- floſſe ſteht die Afterfloſſe gegenüber; die Bauchfloſſen ſind unterhalb der Bruſtfloſſen eingelenkt; die Schwanzfloſſe iſt tief gegabelt und der untere Lappen größer als der obere. Sehr kleine Zähne bewehren die Kiefer; Gaumen und Zunge ſind nicht bewaffnet. Jn der Geſtalt haben die Hochflieger, abgeſehen von der Befloſſung, mit dem Heringe wirklich eine gewiſſe Aehnlichkeit, und der Name „fliegender Hering“ iſt alſo nicht übel gewählt. Doch ſind ſie gedrungener gebaut, auf dem Rücken und in der Bruſtgegend ſtärker gerundet, dick- und ſtumpfſchnäuzig, überhaupt vierſchrötig, auch durch die ſehr großen Augen und die anſehnlichen Vorder- und Kiemendeckel, ſowie endlich durch die dünnen, leicht abfallenden Schuppen, von denen eine längs der Seite verlaufende Reihe ſtarke Kiele trägt, ſehr ausgezeichnet. Unter den inneren Theilen fällt, wie Humboldt zuerſt hervorgehoben, die ungeheuere Größe der Schwimmblaſe auf, welche bei einem 6,4 Zoll langen Fiſche, den dieſer Alles umfaſſende Forſcher unterſuchte, 3,6 Zoll lang und 0,9 Zoll breit war und 3½ Kubikzoll Luft enthielt. „Die Blaſe nimmt die Hälfte des Körperinhalts ein und trägt ſomit wahrſcheinlich dazu bei, daß der Fiſch ſo leicht iſt. Man könnte ſagen, dieſer Luftbehälter diene ihm viel mehr zum Fliegen als zum Schwimmen; denn die Verſuche, welche Provenzal und ich angeſtellt, beweiſen, daß dieſes Organ ſelbſt bei den Arten, welche damit verſehen ſind, zu der Bewegung an die Waſſerfläche herauf nicht durchaus nothwendig iſt.“ Für die erſtaunliche Größe der Schwimmblaſe iſt durch ringförmige Aus- buchtung der Querfortſätze mehrerer Schwanzwirbel noch beſonders Raum geſchafft worden: eine Einrichtung, welche man bei keinem anderen Fiſche beobachtete. Die verſchiedenen Arten der Hochflieger ähneln ſich in ſo hohem Grade, daß man bis in die neuere Zeit wenige Arten unterſchied. Valenciennes, welcher im Verein mit Cuvier das ausführlichſte und beſte Werk über die Klaſſe herausgab, unterſuchte dieſe Fiſche aber genauer und ſtellte einige dreißig Arten von ihnen auf. Alle ſcheinen mehr oder weniger dieſelbe Lebensweiſe zu führen. Sie bevölkern die zwiſchen den Wendekreiſen oder doch im gemäßigten Gürtel gelegenen Meere, namentlich die Weltmeere in unermeßlicher Menge und keineswegs nur die Küſtengewäſſer, ſondern buchſtäblich alle Theile der Meere; ja, ſie kommen in größerer Menge fernab vom Lande als in der Nähe deſſelben vor. Selten verirren ſie ſich in unſere Gewäſſer: an den britiſchen Küſten hat man, ſoviel bisjetzt bekannt, erſt zwei Arten von ihnen beobachtet. Ueber ihr Leben im Waſſer, über die Art und Weiſe ihres Schwimmens, über ihre Fortpflanzung wiſſen wir noch Nichts; die Beobachtungen beſchränken ſich, ſtreng genommen, auf ihr Leben in der Luft, ihr „Fliegen“, wie man es nennt, ihr Jagen und Flüchten. Jhr Erſcheinen über dem Waſſer hat etwas ſehr Eigenthümliches. Wenn man erſt in ihr Wohn- gebiet gelangt iſt, ſieht man die Schiffe nach allen Seiten hin von ihnen umringt, d. h. ſoweit das Auge reicht, unabläſſig einzelne oder mehrere von ihnen ſich erheben und wieder im Meere verſenken. Kittlitz vergleicht die Flüge ſehr richtig mit denen der Goldammer und Finken während der rauhen Herbſtwitterung, wenn ſie auf den Feldern eingefallen ſind und hier ſich beſchäftigen, die jetzt kärg- liche Nahrung zu gewinnen; Humboldt ſagt, daß man ihre Bewegungen und die eines flachen Steines, welcher, auffallend und wieder abprallend, ein paar Fuß hoch über die Wellen hüpft, ganz Breym, Thierleben, V. 40

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 625. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/663>, abgerufen am 01.06.2024.