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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Edelfische. Salmler. Sägesalmler. Lachse.

Nach diesen übereinstimmenden Berichten wird es einleuchten, daß man die Sägesalmler mehr
fürchtet als jedes andere Raubthier, mehr als die giftigste Schlange. "Bedenkt man", sagt Hum-
boldt,
"wie zahlreich die Fische sind, betrachtet man ihre dreiseitigen, spitzen Zähne und ihr weites
Maul, so wundert man sich nicht, daß die Anwohner des Apure und Orinoko sie überaus fürchten,
daß man nirgends zu baden wagt, wo diese Fische vorkommen, daß sie als eine der größten Plagen
dieser Landstriche zu betrachten sind."

Dem Schaden gegenüber, welchen die Sägesalmler anrichten, kommt der Nutzen, welchen der
Mensch aus ihnen zieht, gar nicht in Betracht. Jhr Fleisch wird, obgleich es sehr grätenreich,
gegessen, ihre Gefräßigkeit außerdem, wie man Humboldt erzählte, von einzelnen Judianerstämmen
in eigenthümlicher Weise ausgebeutet. Humboldt spricht von Begräbnißhöhlen, welche mit
Knochen angefüllt sind, und fährt dann fort, wie folgt: "Den Brauch, das Fleisch sorgfältig von
den Knochen zu trennen, welcher im Alterthum bei den Massageten herrschte, hat sich bei mehreren
Horden am Orinoko erhalten; man behauptet sogar, und es ist ganz wahrscheinlich, die Guaraous
legten die Leichen in Netzen ins Wasser, wo dann die kleinen Karaibenfische in wenigen Tagen das
Muskelfleisch verzehren und das Geripp herstellen".

Der Fang solcher Fische ist begreiflicherweise leichter als jeder andere. Jeder Köder thut
hier seine Schuldigkeit; ja, man soll sogar durch ein rothes Stück Tuch, welches man ins Wasser
wirft, Tausende von Sägesalmlern an einer Stelle versammeln und dann beliebig viele von ihnen
erbeuten können.



Als die edelsten Glieder der Ordnung dürfen wir die Lachse (Salmones) bezeichnen, beschuppte
Fische mit gestrecktem, rundlichen Leibe, einer strahlenlosen Fettflosse hinter der Rückenflosse und bis
zur Kehle gespaltener Kiemenöffnung, deren Maul in der Mitte von dem Zwischenkiefer, nach außen
von dem Oberkiefer begrenzt und entweder gänzlich unbewaffnet oder mit sehr feinen Zähnen besetzt
oder mit kräftig entwickelten Zähnen bewaffnet wird. Der Magen hat einen Blindsack, der Darm-
anfang sehr viele Blinddärme; die Schwimmblase ist einfach, dem Eierstock fehlt der Aus-
führungsgang.

Rücksichtlich der Bezahnung zerfallen die Lachse in zwei scharf begrenzte Gruppen, in solche,
bei denen das kleine Maul nur mangelhafte, hinfällige Zähne trägt und in solche, bei denen
sämmtliche Zähne kräftig entwickelt sind. Erstere erinnern an Karpfen und Heringe; letztere,
welche als der Kern der Familie angesehen werden müssen, sind den eigentlichen Raubfischen
beizuzählen. Mit der Bezahnung steht die Beschuppung insofern im Einklange, als bei der ersten
Gruppe die Schuppen groß, bei der letzteren klein zu sein pflegen; ein Unterschied, welcher unseren
Fischern wohlbewußt und zur Werthschätzung der Tafelfische benutzt wird. Die Färbung der einzelnen
Arten weicht nicht allein je nach dem Alter wesentlich ab, sondern verändert sich auch vor und nach
der Laichzeit. "Bei keinem unserer einheimischen Fische", sagt Siebold, "findet je nach den
verschiedenen Einwirkungen der Nahrung, des Wassers, des Lichtes und der Wärme eine so große
Farbenverschiedenheit der Haut statt, wie bei den Lachsen, insbesondere bei den bezahnten Arten der
Familie; sogar die Färbung des Fleisches, welche bei gewissen Arten rosenroth- oder orangenroth sein
kann, durchläuft innerhalb einer und derselben Art alle Abstufungen, je nach den verschiedenen
Aufenthaltsorten der Fische." Ganz besonders auffallend wird diese je nach der Jahreszeit
verschiedene Färbung bei einzelnen sibirischen und nordamerikanischen Lachsen. So kommt in
Kamtschatka eine Art (Salmo erythraeus) vor, welche von den Russen Kraasnaja Niba oder
Rothsisch genannt wird und diesen Namen während der Laichzeit auch wirklich verdient, weil er dann
ein, mit Ausnahme des dunkelgrünen Kopfes, rothes Hochzeitskleid trägt, welches nach der Laichzeit
vollständig verschwindet und in ein auf der Oberseite tiefes, auf der Unterseite lichtes Blau übergeht.

Die Edelfiſche. Salmler. Sägeſalmler. Lachſe.

Nach dieſen übereinſtimmenden Berichten wird es einleuchten, daß man die Sägeſalmler mehr
fürchtet als jedes andere Raubthier, mehr als die giftigſte Schlange. „Bedenkt man“, ſagt Hum-
boldt,
„wie zahlreich die Fiſche ſind, betrachtet man ihre dreiſeitigen, ſpitzen Zähne und ihr weites
Maul, ſo wundert man ſich nicht, daß die Anwohner des Apure und Orinoko ſie überaus fürchten,
daß man nirgends zu baden wagt, wo dieſe Fiſche vorkommen, daß ſie als eine der größten Plagen
dieſer Landſtriche zu betrachten ſind.“

Dem Schaden gegenüber, welchen die Sägeſalmler anrichten, kommt der Nutzen, welchen der
Menſch aus ihnen zieht, gar nicht in Betracht. Jhr Fleiſch wird, obgleich es ſehr grätenreich,
gegeſſen, ihre Gefräßigkeit außerdem, wie man Humboldt erzählte, von einzelnen Judianerſtämmen
in eigenthümlicher Weiſe ausgebeutet. Humboldt ſpricht von Begräbnißhöhlen, welche mit
Knochen angefüllt ſind, und fährt dann fort, wie folgt: „Den Brauch, das Fleiſch ſorgfältig von
den Knochen zu trennen, welcher im Alterthum bei den Maſſageten herrſchte, hat ſich bei mehreren
Horden am Orinoko erhalten; man behauptet ſogar, und es iſt ganz wahrſcheinlich, die Guaraous
legten die Leichen in Netzen ins Waſſer, wo dann die kleinen Karaibenfiſche in wenigen Tagen das
Muskelfleiſch verzehren und das Geripp herſtellen“.

Der Fang ſolcher Fiſche iſt begreiflicherweiſe leichter als jeder andere. Jeder Köder thut
hier ſeine Schuldigkeit; ja, man ſoll ſogar durch ein rothes Stück Tuch, welches man ins Waſſer
wirft, Tauſende von Sägeſalmlern an einer Stelle verſammeln und dann beliebig viele von ihnen
erbeuten können.



Als die edelſten Glieder der Ordnung dürfen wir die Lachſe (Salmones) bezeichnen, beſchuppte
Fiſche mit geſtrecktem, rundlichen Leibe, einer ſtrahlenloſen Fettfloſſe hinter der Rückenfloſſe und bis
zur Kehle geſpaltener Kiemenöffnung, deren Maul in der Mitte von dem Zwiſchenkiefer, nach außen
von dem Oberkiefer begrenzt und entweder gänzlich unbewaffnet oder mit ſehr feinen Zähnen beſetzt
oder mit kräftig entwickelten Zähnen bewaffnet wird. Der Magen hat einen Blindſack, der Darm-
anfang ſehr viele Blinddärme; die Schwimmblaſe iſt einfach, dem Eierſtock fehlt der Aus-
führungsgang.

Rückſichtlich der Bezahnung zerfallen die Lachſe in zwei ſcharf begrenzte Gruppen, in ſolche,
bei denen das kleine Maul nur mangelhafte, hinfällige Zähne trägt und in ſolche, bei denen
ſämmtliche Zähne kräftig entwickelt ſind. Erſtere erinnern an Karpfen und Heringe; letztere,
welche als der Kern der Familie angeſehen werden müſſen, ſind den eigentlichen Raubfiſchen
beizuzählen. Mit der Bezahnung ſteht die Beſchuppung inſofern im Einklange, als bei der erſten
Gruppe die Schuppen groß, bei der letzteren klein zu ſein pflegen; ein Unterſchied, welcher unſeren
Fiſchern wohlbewußt und zur Werthſchätzung der Tafelfiſche benutzt wird. Die Färbung der einzelnen
Arten weicht nicht allein je nach dem Alter weſentlich ab, ſondern verändert ſich auch vor und nach
der Laichzeit. „Bei keinem unſerer einheimiſchen Fiſche“, ſagt Siebold, „findet je nach den
verſchiedenen Einwirkungen der Nahrung, des Waſſers, des Lichtes und der Wärme eine ſo große
Farbenverſchiedenheit der Haut ſtatt, wie bei den Lachſen, insbeſondere bei den bezahnten Arten der
Familie; ſogar die Färbung des Fleiſches, welche bei gewiſſen Arten roſenroth- oder orangenroth ſein
kann, durchläuft innerhalb einer und derſelben Art alle Abſtufungen, je nach den verſchiedenen
Aufenthaltsorten der Fiſche.“ Ganz beſonders auffallend wird dieſe je nach der Jahreszeit
verſchiedene Färbung bei einzelnen ſibiriſchen und nordamerikaniſchen Lachſen. So kommt in
Kamtſchatka eine Art (Salmo erythraeus) vor, welche von den Ruſſen Kraasnaja Niba oder
Rothſiſch genannt wird und dieſen Namen während der Laichzeit auch wirklich verdient, weil er dann
ein, mit Ausnahme des dunkelgrünen Kopfes, rothes Hochzeitskleid trägt, welches nach der Laichzeit
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[682/0720] Die Edelfiſche. Salmler. Sägeſalmler. Lachſe. Nach dieſen übereinſtimmenden Berichten wird es einleuchten, daß man die Sägeſalmler mehr fürchtet als jedes andere Raubthier, mehr als die giftigſte Schlange. „Bedenkt man“, ſagt Hum- boldt, „wie zahlreich die Fiſche ſind, betrachtet man ihre dreiſeitigen, ſpitzen Zähne und ihr weites Maul, ſo wundert man ſich nicht, daß die Anwohner des Apure und Orinoko ſie überaus fürchten, daß man nirgends zu baden wagt, wo dieſe Fiſche vorkommen, daß ſie als eine der größten Plagen dieſer Landſtriche zu betrachten ſind.“ Dem Schaden gegenüber, welchen die Sägeſalmler anrichten, kommt der Nutzen, welchen der Menſch aus ihnen zieht, gar nicht in Betracht. Jhr Fleiſch wird, obgleich es ſehr grätenreich, gegeſſen, ihre Gefräßigkeit außerdem, wie man Humboldt erzählte, von einzelnen Judianerſtämmen in eigenthümlicher Weiſe ausgebeutet. Humboldt ſpricht von Begräbnißhöhlen, welche mit Knochen angefüllt ſind, und fährt dann fort, wie folgt: „Den Brauch, das Fleiſch ſorgfältig von den Knochen zu trennen, welcher im Alterthum bei den Maſſageten herrſchte, hat ſich bei mehreren Horden am Orinoko erhalten; man behauptet ſogar, und es iſt ganz wahrſcheinlich, die Guaraous legten die Leichen in Netzen ins Waſſer, wo dann die kleinen Karaibenfiſche in wenigen Tagen das Muskelfleiſch verzehren und das Geripp herſtellen“. Der Fang ſolcher Fiſche iſt begreiflicherweiſe leichter als jeder andere. Jeder Köder thut hier ſeine Schuldigkeit; ja, man ſoll ſogar durch ein rothes Stück Tuch, welches man ins Waſſer wirft, Tauſende von Sägeſalmlern an einer Stelle verſammeln und dann beliebig viele von ihnen erbeuten können. Als die edelſten Glieder der Ordnung dürfen wir die Lachſe (Salmones) bezeichnen, beſchuppte Fiſche mit geſtrecktem, rundlichen Leibe, einer ſtrahlenloſen Fettfloſſe hinter der Rückenfloſſe und bis zur Kehle geſpaltener Kiemenöffnung, deren Maul in der Mitte von dem Zwiſchenkiefer, nach außen von dem Oberkiefer begrenzt und entweder gänzlich unbewaffnet oder mit ſehr feinen Zähnen beſetzt oder mit kräftig entwickelten Zähnen bewaffnet wird. Der Magen hat einen Blindſack, der Darm- anfang ſehr viele Blinddärme; die Schwimmblaſe iſt einfach, dem Eierſtock fehlt der Aus- führungsgang. Rückſichtlich der Bezahnung zerfallen die Lachſe in zwei ſcharf begrenzte Gruppen, in ſolche, bei denen das kleine Maul nur mangelhafte, hinfällige Zähne trägt und in ſolche, bei denen ſämmtliche Zähne kräftig entwickelt ſind. Erſtere erinnern an Karpfen und Heringe; letztere, welche als der Kern der Familie angeſehen werden müſſen, ſind den eigentlichen Raubfiſchen beizuzählen. Mit der Bezahnung ſteht die Beſchuppung inſofern im Einklange, als bei der erſten Gruppe die Schuppen groß, bei der letzteren klein zu ſein pflegen; ein Unterſchied, welcher unſeren Fiſchern wohlbewußt und zur Werthſchätzung der Tafelfiſche benutzt wird. Die Färbung der einzelnen Arten weicht nicht allein je nach dem Alter weſentlich ab, ſondern verändert ſich auch vor und nach der Laichzeit. „Bei keinem unſerer einheimiſchen Fiſche“, ſagt Siebold, „findet je nach den verſchiedenen Einwirkungen der Nahrung, des Waſſers, des Lichtes und der Wärme eine ſo große Farbenverſchiedenheit der Haut ſtatt, wie bei den Lachſen, insbeſondere bei den bezahnten Arten der Familie; ſogar die Färbung des Fleiſches, welche bei gewiſſen Arten roſenroth- oder orangenroth ſein kann, durchläuft innerhalb einer und derſelben Art alle Abſtufungen, je nach den verſchiedenen Aufenthaltsorten der Fiſche.“ Ganz beſonders auffallend wird dieſe je nach der Jahreszeit verſchiedene Färbung bei einzelnen ſibiriſchen und nordamerikaniſchen Lachſen. So kommt in Kamtſchatka eine Art (Salmo erythraeus) vor, welche von den Ruſſen Kraasnaja Niba oder Rothſiſch genannt wird und dieſen Namen während der Laichzeit auch wirklich verdient, weil er dann ein, mit Ausnahme des dunkelgrünen Kopfes, rothes Hochzeitskleid trägt, welches nach der Laichzeit vollſtändig verſchwindet und in ein auf der Oberſeite tiefes, auf der Unterſeite lichtes Blau übergeht.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 682. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/720>, abgerufen am 03.06.2024.