stehen 6 bis 8 einfache und 16 bis 17 gegliederte, in der Brustflosse 1 und 14 bis 15, in der Bauch- flosse 1 und 10, in der Afterflosse 3 bis 4 und 9 bis 10, in der Schwanzflosse 19 Strahlen. Die Länge beträgt meist wenig über 1 Fuß, kann jedoch bis 2 Fuß ansteigen. Das Gewicht schwankt zwischen 11/2 bis 3 Pfund.
Unter den europäischen Lachsfischen gehört die Aesche zu den verbreitetsten Arten, kommt in ganz Mittel- und Osteuropa vor, in den Gewässern der Alpen wie in denen der norddeutschen und russischen Ebenen, auf dem Festlande wie in Großbritannien. Zu ihrem Aufenthalte wählt sie sich ungefähr dieselben Gewässer, wie sie die Forelle liebt; aber nicht in allen Bächen, welche Forellen enthalten, kommen Aeschen vor und umgekehrt. Jn der Schweiz hegt man die Ansicht, sie vertreibe die Forelle. So erzählt Tschudi, daß sie im Jnn bis Steinzberg, 4525 Fuß über dem Meere gelegen, einwanderte und die Forellen von dieser Zeit an verschwanden. Jn Großbritannien verdächtigt man die Mönche früherer Jahre, für ihre Einbürgerung in manchen Flüssen sich bemüht zu haben, während sich mit Sicherheit wohl nur so viel sagen läßt, daß die frommen, alle Freuden des irdischen Jammerthales verachtenden Väter es sich angelegen sein ließen, für die schweren Tage der Fasten Aeschen auf ihren Tafeln zu sehen, und dem durch angreifende Bußübungen geschwächten Leib mit dem köstlichen Fleische dieser trefflichen Fische eine geringe und durchaus berechtigte Erquickung zu gewähren. Der Grund jener in England verbreiteten Meinung ist wohl nur darin zu suchen, daß sich die Mönche ihre Klöster gern in Berggegenden und in der Nähe klarer Flüsse anlegten, wie die Aesche solche liebt. Jn Jrland und Schottland, wo es bekanntlich auch viele Klöster gab, soll der leckere Fisch übrigens gar nicht vorkommen, und die Mönche müssen sich dort wohl mit Verwandten, z. B. mit Forellen und Lachsen begnügt haben.
Die Aesche ist ein echter Flußfisch, welcher Seen und große Teiche meidet, ja in stillstehenden Gewässern, nach Versuchen, welche man in England angestellt hat, gar nicht gedeiht, wenigstens nicht zur Fortpflanzung gelangt. Jn den Gebirgswässern fehlt sie selten; in der Ebene hingegen findet sie sich nur da, wo ein klarer, nicht allzu tiefer Fluß oder Bach mit steinigem Grunde vorhanden. Jhre Sitten haben mit denen der Bachforelle viele Aehnlichkeit. Wie diese schwimmt sie ungemein rasch dahin, wenn sie sich bewegt, und wie diese steht sie, den Kopf gegen die Strömung gerichtet, stundenlang auf einer und derselben Stelle, oft so ruhig und fest, daß man sie mit den Händen aus dem Wasser nehmen kann. Jhre Nahrung besteht aus den Larven verschiedener Wasser- kerfe und in letzteren selbst; auch nimmt sie kleine Wasserschnecken und Muscheln zu sich, verschmäht ebenso Gewürm und verschont selbst Fischbrut nicht. Wie die Forelle springt sie nach vorüber- schwirrenden Kerfen fußhoch über den Wasserspiegel empor, geht deshalb auch leicht an die Angel. Während der Laichzeit prangt sie in einem Hochzeitskleide, welches sich durch erhöhte Schönheit aller Farben und einen über die ganze Hautoberfläche verbreiteten, goldgrün schimmernden Glanz aus- zeichnet und wohl größtentheils in der jetzt wie bei anderen Lachsen vermehrten Hautthätigkeit seine Erklärung finden mag. Jn günstigen Frühjahren beginnt sie schon im März mit dem Eierlegen; bei ungünstigem Wetter verzögert sich dieses Geschäft bis Ende Aprils. Das Paar, welches sich jetzt regelmäßig zusammenhält und innerhalb eines verhältnißmäßig kleinen Gebietes auf- und nieder- schwimmt, wühlt auf sandigem Grunde mit der Schwanzflosse Gruben aus; das Weibchen setzt in ihnen die Eier ab, das Männchen befruchtet diese, und beide gemeinschaftlich überdecken dann die Eier wieder mit Sand und kleinen Steinchen. Die Jungen kriechen gewöhnlich im Juni aus und halten sich anfänglich auf den seichtesten Stellen der Gewässer, wachsen aber sehr rasch und nehmen bald die Lebensweise der Alten an.
Viele Feinde, namentlich die größeren Artverwandten und manche Wasservögel stellen den Aeschen nach, und zwar fast ebenso eifrig wie der Mensch, welcher ihr Fleisch dem der Forelle an Güte gleichschätzt und sie mit Recht zu den besten Leckerbissen zählt. "Die äschen", sagt Geßner, "haben ein sehr gut, gesund, löblich Fleisch, lieblich zu essen, mag auß allen süssen Wasserfischen zum aller- nächst gebraucht werden, anstatt der Steinfisch auß dem Meer. Nach denen die gemeinen Albulen;
Die Edelfiſche. Lachſe. Aeſchen. Lodden.
ſtehen 6 bis 8 einfache und 16 bis 17 gegliederte, in der Bruſtfloſſe 1 und 14 bis 15, in der Bauch- floſſe 1 und 10, in der Afterfloſſe 3 bis 4 und 9 bis 10, in der Schwanzfloſſe 19 Strahlen. Die Länge beträgt meiſt wenig über 1 Fuß, kann jedoch bis 2 Fuß anſteigen. Das Gewicht ſchwankt zwiſchen 1½ bis 3 Pfund.
Unter den europäiſchen Lachsfiſchen gehört die Aeſche zu den verbreitetſten Arten, kommt in ganz Mittel- und Oſteuropa vor, in den Gewäſſern der Alpen wie in denen der norddeutſchen und ruſſiſchen Ebenen, auf dem Feſtlande wie in Großbritannien. Zu ihrem Aufenthalte wählt ſie ſich ungefähr dieſelben Gewäſſer, wie ſie die Forelle liebt; aber nicht in allen Bächen, welche Forellen enthalten, kommen Aeſchen vor und umgekehrt. Jn der Schweiz hegt man die Anſicht, ſie vertreibe die Forelle. So erzählt Tſchudi, daß ſie im Jnn bis Steinzberg, 4525 Fuß über dem Meere gelegen, einwanderte und die Forellen von dieſer Zeit an verſchwanden. Jn Großbritannien verdächtigt man die Mönche früherer Jahre, für ihre Einbürgerung in manchen Flüſſen ſich bemüht zu haben, während ſich mit Sicherheit wohl nur ſo viel ſagen läßt, daß die frommen, alle Freuden des irdiſchen Jammerthales verachtenden Väter es ſich angelegen ſein ließen, für die ſchweren Tage der Faſten Aeſchen auf ihren Tafeln zu ſehen, und dem durch angreifende Bußübungen geſchwächten Leib mit dem köſtlichen Fleiſche dieſer trefflichen Fiſche eine geringe und durchaus berechtigte Erquickung zu gewähren. Der Grund jener in England verbreiteten Meinung iſt wohl nur darin zu ſuchen, daß ſich die Mönche ihre Klöſter gern in Berggegenden und in der Nähe klarer Flüſſe anlegten, wie die Aeſche ſolche liebt. Jn Jrland und Schottland, wo es bekanntlich auch viele Klöſter gab, ſoll der leckere Fiſch übrigens gar nicht vorkommen, und die Mönche müſſen ſich dort wohl mit Verwandten, z. B. mit Forellen und Lachſen begnügt haben.
Die Aeſche iſt ein echter Flußfiſch, welcher Seen und große Teiche meidet, ja in ſtillſtehenden Gewäſſern, nach Verſuchen, welche man in England angeſtellt hat, gar nicht gedeiht, wenigſtens nicht zur Fortpflanzung gelangt. Jn den Gebirgswäſſern fehlt ſie ſelten; in der Ebene hingegen findet ſie ſich nur da, wo ein klarer, nicht allzu tiefer Fluß oder Bach mit ſteinigem Grunde vorhanden. Jhre Sitten haben mit denen der Bachforelle viele Aehnlichkeit. Wie dieſe ſchwimmt ſie ungemein raſch dahin, wenn ſie ſich bewegt, und wie dieſe ſteht ſie, den Kopf gegen die Strömung gerichtet, ſtundenlang auf einer und derſelben Stelle, oft ſo ruhig und feſt, daß man ſie mit den Händen aus dem Waſſer nehmen kann. Jhre Nahrung beſteht aus den Larven verſchiedener Waſſer- kerfe und in letzteren ſelbſt; auch nimmt ſie kleine Waſſerſchnecken und Muſcheln zu ſich, verſchmäht ebenſo Gewürm und verſchont ſelbſt Fiſchbrut nicht. Wie die Forelle ſpringt ſie nach vorüber- ſchwirrenden Kerfen fußhoch über den Waſſerſpiegel empor, geht deshalb auch leicht an die Angel. Während der Laichzeit prangt ſie in einem Hochzeitskleide, welches ſich durch erhöhte Schönheit aller Farben und einen über die ganze Hautoberfläche verbreiteten, goldgrün ſchimmernden Glanz aus- zeichnet und wohl größtentheils in der jetzt wie bei anderen Lachſen vermehrten Hautthätigkeit ſeine Erklärung finden mag. Jn günſtigen Frühjahren beginnt ſie ſchon im März mit dem Eierlegen; bei ungünſtigem Wetter verzögert ſich dieſes Geſchäft bis Ende Aprils. Das Paar, welches ſich jetzt regelmäßig zuſammenhält und innerhalb eines verhältnißmäßig kleinen Gebietes auf- und nieder- ſchwimmt, wühlt auf ſandigem Grunde mit der Schwanzfloſſe Gruben aus; das Weibchen ſetzt in ihnen die Eier ab, das Männchen befruchtet dieſe, und beide gemeinſchaftlich überdecken dann die Eier wieder mit Sand und kleinen Steinchen. Die Jungen kriechen gewöhnlich im Juni aus und halten ſich anfänglich auf den ſeichteſten Stellen der Gewäſſer, wachſen aber ſehr raſch und nehmen bald die Lebensweiſe der Alten an.
Viele Feinde, namentlich die größeren Artverwandten und manche Waſſervögel ſtellen den Aeſchen nach, und zwar faſt ebenſo eifrig wie der Menſch, welcher ihr Fleiſch dem der Forelle an Güte gleichſchätzt und ſie mit Recht zu den beſten Leckerbiſſen zählt. „Die äſchen“, ſagt Geßner, „haben ein ſehr gut, geſund, löblich Fleiſch, lieblich zu eſſen, mag auß allen ſüſſen Waſſerfiſchen zum aller- nächſt gebraucht werden, anſtatt der Steinfiſch auß dem Meer. Nach denen die gemeinen Albulen;
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Die Edelfiſche. Lachſe. Aeſchen. Lodden.
ſtehen 6 bis 8 einfache und 16 bis 17 gegliederte, in der Bruſtfloſſe 1 und 14 bis 15, in der Bauch-
floſſe 1 und 10, in der Afterfloſſe 3 bis 4 und 9 bis 10, in der Schwanzfloſſe 19 Strahlen. Die
Länge beträgt meiſt wenig über 1 Fuß, kann jedoch bis 2 Fuß anſteigen. Das Gewicht ſchwankt
zwiſchen 1½ bis 3 Pfund.
Unter den europäiſchen Lachsfiſchen gehört die Aeſche zu den verbreitetſten Arten, kommt in ganz
Mittel- und Oſteuropa vor, in den Gewäſſern der Alpen wie in denen der norddeutſchen und ruſſiſchen
Ebenen, auf dem Feſtlande wie in Großbritannien. Zu ihrem Aufenthalte wählt ſie ſich ungefähr
dieſelben Gewäſſer, wie ſie die Forelle liebt; aber nicht in allen Bächen, welche Forellen enthalten,
kommen Aeſchen vor und umgekehrt. Jn der Schweiz hegt man die Anſicht, ſie vertreibe die Forelle.
So erzählt Tſchudi, daß ſie im Jnn bis Steinzberg, 4525 Fuß über dem Meere gelegen, einwanderte
und die Forellen von dieſer Zeit an verſchwanden. Jn Großbritannien verdächtigt man die Mönche
früherer Jahre, für ihre Einbürgerung in manchen Flüſſen ſich bemüht zu haben, während ſich mit
Sicherheit wohl nur ſo viel ſagen läßt, daß die frommen, alle Freuden des irdiſchen Jammerthales
verachtenden Väter es ſich angelegen ſein ließen, für die ſchweren Tage der Faſten Aeſchen auf ihren
Tafeln zu ſehen, und dem durch angreifende Bußübungen geſchwächten Leib mit dem köſtlichen Fleiſche
dieſer trefflichen Fiſche eine geringe und durchaus berechtigte Erquickung zu gewähren. Der Grund
jener in England verbreiteten Meinung iſt wohl nur darin zu ſuchen, daß ſich die Mönche ihre
Klöſter gern in Berggegenden und in der Nähe klarer Flüſſe anlegten, wie die Aeſche ſolche liebt.
Jn Jrland und Schottland, wo es bekanntlich auch viele Klöſter gab, ſoll der leckere Fiſch übrigens
gar nicht vorkommen, und die Mönche müſſen ſich dort wohl mit Verwandten, z. B. mit Forellen
und Lachſen begnügt haben.
Die Aeſche iſt ein echter Flußfiſch, welcher Seen und große Teiche meidet, ja in ſtillſtehenden
Gewäſſern, nach Verſuchen, welche man in England angeſtellt hat, gar nicht gedeiht, wenigſtens
nicht zur Fortpflanzung gelangt. Jn den Gebirgswäſſern fehlt ſie ſelten; in der Ebene hingegen
findet ſie ſich nur da, wo ein klarer, nicht allzu tiefer Fluß oder Bach mit ſteinigem Grunde
vorhanden. Jhre Sitten haben mit denen der Bachforelle viele Aehnlichkeit. Wie dieſe ſchwimmt ſie
ungemein raſch dahin, wenn ſie ſich bewegt, und wie dieſe ſteht ſie, den Kopf gegen die Strömung
gerichtet, ſtundenlang auf einer und derſelben Stelle, oft ſo ruhig und feſt, daß man ſie mit den
Händen aus dem Waſſer nehmen kann. Jhre Nahrung beſteht aus den Larven verſchiedener Waſſer-
kerfe und in letzteren ſelbſt; auch nimmt ſie kleine Waſſerſchnecken und Muſcheln zu ſich, verſchmäht
ebenſo Gewürm und verſchont ſelbſt Fiſchbrut nicht. Wie die Forelle ſpringt ſie nach vorüber-
ſchwirrenden Kerfen fußhoch über den Waſſerſpiegel empor, geht deshalb auch leicht an die Angel.
Während der Laichzeit prangt ſie in einem Hochzeitskleide, welches ſich durch erhöhte Schönheit aller
Farben und einen über die ganze Hautoberfläche verbreiteten, goldgrün ſchimmernden Glanz aus-
zeichnet und wohl größtentheils in der jetzt wie bei anderen Lachſen vermehrten Hautthätigkeit ſeine
Erklärung finden mag. Jn günſtigen Frühjahren beginnt ſie ſchon im März mit dem Eierlegen; bei
ungünſtigem Wetter verzögert ſich dieſes Geſchäft bis Ende Aprils. Das Paar, welches ſich jetzt
regelmäßig zuſammenhält und innerhalb eines verhältnißmäßig kleinen Gebietes auf- und nieder-
ſchwimmt, wühlt auf ſandigem Grunde mit der Schwanzfloſſe Gruben aus; das Weibchen ſetzt in
ihnen die Eier ab, das Männchen befruchtet dieſe, und beide gemeinſchaftlich überdecken dann die
Eier wieder mit Sand und kleinen Steinchen. Die Jungen kriechen gewöhnlich im Juni aus und
halten ſich anfänglich auf den ſeichteſten Stellen der Gewäſſer, wachſen aber ſehr raſch und nehmen
bald die Lebensweiſe der Alten an.
Viele Feinde, namentlich die größeren Artverwandten und manche Waſſervögel ſtellen den
Aeſchen nach, und zwar faſt ebenſo eifrig wie der Menſch, welcher ihr Fleiſch dem der Forelle an Güte
gleichſchätzt und ſie mit Recht zu den beſten Leckerbiſſen zählt. „Die äſchen“, ſagt Geßner, „haben
ein ſehr gut, geſund, löblich Fleiſch, lieblich zu eſſen, mag auß allen ſüſſen Waſſerfiſchen zum aller-
nächſt gebraucht werden, anſtatt der Steinfiſch auß dem Meer. Nach denen die gemeinen Albulen;
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 692. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/730>, abgerufen am 22.12.2024.
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