Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite
Huchen. Saibling.

Jn den Alpenseen Mitteleuropas, wie des hohen Nordens, in den Bergseen Nordrußlands und
Skandinaviens lebt mehr oder minder häufig ein ungemein geschätztes Mitglied unserer Sippe, der
Saibling, Salbling, Salmling, Ritter, Schwarzreutel oder Schwarzröthl, die
Gold-, Rothforelle etc. (Salmo salvelinus). Sein Leib ist gestreckt und seitlich etwas zusammen-
gedrückt, nach Alter, Geschlecht und Aufenthaltsort ungemein wandelbar; die Flossen sind ziemlich
lang, die Bauchflossen unter die Rückenflosse gestellt; die Schwanzflosse behält auch im hohen Alter
ihren hintern Ausschnitt. Auf der vordern Platte des Pflugscharbeines stehen fünf bis sieben
gekrümmte Zähne; auf dem Stiele erhebt sich eine mit vielen kleinen Zähnen besetzte Längsplatte.
Jn der Färbung wechselt der Saibling so vielfach ab, daß sich die verschiedenen Namen, welche er
führt, zur Genüge erklären. Am häufigsten zeigt sich laut Siebold folgende Färbung: das Blau-
grau des Rückens geht nach den Seiten herab allmählich in ein mehr oder weniger gelbliches Weiß
und dieses auf dem Bauche in ein lebhaftes Orangenroth über, welches namentlich während der
Brunstzeit hervortritt; an der Seite des Leibes stehen häufig runde, helle Flecken, welche in der Nähe
des Bauches je nach der Färbung des letzteren bald weißlich, bald gelblich, bald orangenroth gefärbt
sind; solche Flecken kommen zuweilen auch an dem unteren Theile der Rückenflosse vor; bei jungen
Saiblingen berühren sie sich zuweilen, und es entsteht dann eine Marmelzeichnung. Das Orangen-
gelb des Bauches kann bis zu Zinnoberroth, der Rücken bis zu Braungrün dunkeln. Jn der
Rückenflosse stehen 3 und 9 bis 10, in der Brustflosse 1 und 12 bis 15, in der Bauchflosse 1 und 8,
in der Afterflosse 3 und 8 bis 9, in der Schwanzflosse 19 Strahlen. An Länge kann der Saibling
bis zu 2 oder 21/2, an Gewicht bis zu 10 oder 11, nach Heckel und Kner sogar bis zu 18 und
20 Pfund erreichen; die gewöhnliche Länge aber beträgt beiläufig 1 Fuß und das Gewicht
ungefähr 1 Pfund.

Frühere Fischkundige unterschieden nicht nur die Saiblinge der Seen verschiedener Länder als
besondere Arten, sondern auch die in einer und derselben Gegend gefangenen Lachsfische dieser Art;
nach und nach aber hat sich die Meinung festgestellt, daß zwischen den in den schweizer, baierischen und
österreichischen Seen lebenden Saiblingen und den in ähnlichen Gewässern Skandinaviens, Lapplands,
Finnlands oder Großbritanniens vorkommenden kein Unterschied besteht, welcher zur Trennung in
verschiedene Arten berechtigen könnte. Wie bei anderen Lachsen, insbesondere Forellen, pflanzen sich
bestimmte Merkmale bei den in einem See lebenden Saiblingen auf spätere Geschlechter fort und
können so leicht zu falschen Anschauungen verleiten, während man jetzt weiß, daß die Lage der Seen
zwischen mehr oder minder hohen, enger oder weiter abstehenden Bergen, die Tiefe und Reinheit
des Wassers einen bestimmten Einfluß auf die Färbung und Gestaltung ausüben.

Nur eigentliche Gebirgsseen beherbergen Saiblinge; sie steigen in der Regel nicht einmal
während der Laichzeit in den einmündenden Flüssen empor. Wie die Renken halten sie sich in den
tiefen Gründen ihrer Wohngewässer auf, und wie diese stellen sie hauptsächlich kleinen Thieren,
insbesondere verschiedenen Schmarotzerkrebsen nach; Linne, welcher diese ihre Hauptnahrung nicht
kannte, hatte Recht sich zu wundern, daß er sie in den todten Seen Lapplands als alleinige Bewohner
fand. Nebenbei verschmähen sie übrigens kleinere Fische nicht, und große Stücke mögen sich
wohl zum guten Theil von diesen ernähren. Die Laichzeit beginnt gegen Ende des Oktober und
währt bis zu Ende des November, in einzelnen Seen vielleicht noch länger. Um diese Zeit erheben
sie sich zu seichteren Uferstellen und setzen hier ihren Laich ab. Doch geschieht es, laut Yarrell,
wenigstens in den schottischen Seen, daß sie unter Umständen auch in Flüsse eintreten und in diesen
ein beträchtliches Stück zu Berge gehen, um ihrer Fortpflanzung zu genügen. Jhre Vermehrung ist
ziemlich stark, ihr Wachsthum minder rasch als bei den Forellen, mit denen sie oft in demselben See
zusammenwohnen, ohne sich jedoch mit ihnen zu vermischen. Jn seltenen Fällen entschließen sie sich
auch zu Wanderungen in entgegengesetzter Richtung. So erzählt Yarrell, daß sie einen See
verließen, nachdem der Ausfluß von Kupferwerken demselben zugeleitet worden war, in den
abfließenden Gewässern thalab zogen und bis ins Meer gelangten, in welchem einige gefangen wurden.

Huchen. Saibling.

Jn den Alpenſeen Mitteleuropas, wie des hohen Nordens, in den Bergſeen Nordrußlands und
Skandinaviens lebt mehr oder minder häufig ein ungemein geſchätztes Mitglied unſerer Sippe, der
Saibling, Salbling, Salmling, Ritter, Schwarzreutel oder Schwarzröthl, die
Gold-, Rothforelle ꝛc. (Salmo salvelinus). Sein Leib iſt geſtreckt und ſeitlich etwas zuſammen-
gedrückt, nach Alter, Geſchlecht und Aufenthaltsort ungemein wandelbar; die Floſſen ſind ziemlich
lang, die Bauchfloſſen unter die Rückenfloſſe geſtellt; die Schwanzfloſſe behält auch im hohen Alter
ihren hintern Ausſchnitt. Auf der vordern Platte des Pflugſcharbeines ſtehen fünf bis ſieben
gekrümmte Zähne; auf dem Stiele erhebt ſich eine mit vielen kleinen Zähnen beſetzte Längsplatte.
Jn der Färbung wechſelt der Saibling ſo vielfach ab, daß ſich die verſchiedenen Namen, welche er
führt, zur Genüge erklären. Am häufigſten zeigt ſich laut Siebold folgende Färbung: das Blau-
grau des Rückens geht nach den Seiten herab allmählich in ein mehr oder weniger gelbliches Weiß
und dieſes auf dem Bauche in ein lebhaftes Orangenroth über, welches namentlich während der
Brunſtzeit hervortritt; an der Seite des Leibes ſtehen häufig runde, helle Flecken, welche in der Nähe
des Bauches je nach der Färbung des letzteren bald weißlich, bald gelblich, bald orangenroth gefärbt
ſind; ſolche Flecken kommen zuweilen auch an dem unteren Theile der Rückenfloſſe vor; bei jungen
Saiblingen berühren ſie ſich zuweilen, und es entſteht dann eine Marmelzeichnung. Das Orangen-
gelb des Bauches kann bis zu Zinnoberroth, der Rücken bis zu Braungrün dunkeln. Jn der
Rückenfloſſe ſtehen 3 und 9 bis 10, in der Bruſtfloſſe 1 und 12 bis 15, in der Bauchfloſſe 1 und 8,
in der Afterfloſſe 3 und 8 bis 9, in der Schwanzfloſſe 19 Strahlen. An Länge kann der Saibling
bis zu 2 oder 2½, an Gewicht bis zu 10 oder 11, nach Heckel und Kner ſogar bis zu 18 und
20 Pfund erreichen; die gewöhnliche Länge aber beträgt beiläufig 1 Fuß und das Gewicht
ungefähr 1 Pfund.

Frühere Fiſchkundige unterſchieden nicht nur die Saiblinge der Seen verſchiedener Länder als
beſondere Arten, ſondern auch die in einer und derſelben Gegend gefangenen Lachsfiſche dieſer Art;
nach und nach aber hat ſich die Meinung feſtgeſtellt, daß zwiſchen den in den ſchweizer, baieriſchen und
öſterreichiſchen Seen lebenden Saiblingen und den in ähnlichen Gewäſſern Skandinaviens, Lapplands,
Finnlands oder Großbritanniens vorkommenden kein Unterſchied beſteht, welcher zur Trennung in
verſchiedene Arten berechtigen könnte. Wie bei anderen Lachſen, insbeſondere Forellen, pflanzen ſich
beſtimmte Merkmale bei den in einem See lebenden Saiblingen auf ſpätere Geſchlechter fort und
können ſo leicht zu falſchen Anſchauungen verleiten, während man jetzt weiß, daß die Lage der Seen
zwiſchen mehr oder minder hohen, enger oder weiter abſtehenden Bergen, die Tiefe und Reinheit
des Waſſers einen beſtimmten Einfluß auf die Färbung und Geſtaltung ausüben.

Nur eigentliche Gebirgsſeen beherbergen Saiblinge; ſie ſteigen in der Regel nicht einmal
während der Laichzeit in den einmündenden Flüſſen empor. Wie die Renken halten ſie ſich in den
tiefen Gründen ihrer Wohngewäſſer auf, und wie dieſe ſtellen ſie hauptſächlich kleinen Thieren,
insbeſondere verſchiedenen Schmarotzerkrebſen nach; Linné, welcher dieſe ihre Hauptnahrung nicht
kannte, hatte Recht ſich zu wundern, daß er ſie in den todten Seen Lapplands als alleinige Bewohner
fand. Nebenbei verſchmähen ſie übrigens kleinere Fiſche nicht, und große Stücke mögen ſich
wohl zum guten Theil von dieſen ernähren. Die Laichzeit beginnt gegen Ende des Oktober und
währt bis zu Ende des November, in einzelnen Seen vielleicht noch länger. Um dieſe Zeit erheben
ſie ſich zu ſeichteren Uferſtellen und ſetzen hier ihren Laich ab. Doch geſchieht es, laut Yarrell,
wenigſtens in den ſchottiſchen Seen, daß ſie unter Umſtänden auch in Flüſſe eintreten und in dieſen
ein beträchtliches Stück zu Berge gehen, um ihrer Fortpflanzung zu genügen. Jhre Vermehrung iſt
ziemlich ſtark, ihr Wachsthum minder raſch als bei den Forellen, mit denen ſie oft in demſelben See
zuſammenwohnen, ohne ſich jedoch mit ihnen zu vermiſchen. Jn ſeltenen Fällen entſchließen ſie ſich
auch zu Wanderungen in entgegengeſetzter Richtung. So erzählt Yarrell, daß ſie einen See
verließen, nachdem der Ausfluß von Kupferwerken demſelben zugeleitet worden war, in den
abfließenden Gewäſſern thalab zogen und bis ins Meer gelangten, in welchem einige gefangen wurden.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0753" n="713"/>
            <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Huchen. Saibling</hi>.</fw><lb/>
            <p>Jn den Alpen&#x017F;een Mitteleuropas, wie des hohen Nordens, in den Berg&#x017F;een Nordrußlands und<lb/>
Skandinaviens lebt mehr oder minder häufig ein ungemein ge&#x017F;chätztes Mitglied un&#x017F;erer Sippe, der<lb/><hi rendition="#g">Saibling, Salbling, Salmling, Ritter, Schwarzreutel</hi> oder <hi rendition="#g">Schwarzröthl,</hi> die<lb/><hi rendition="#g">Gold-, Rothforelle</hi> &#xA75B;c. (<hi rendition="#aq">Salmo salvelinus</hi>). Sein Leib i&#x017F;t ge&#x017F;treckt und &#x017F;eitlich etwas zu&#x017F;ammen-<lb/>
gedrückt, nach Alter, Ge&#x017F;chlecht und Aufenthaltsort ungemein wandelbar; die Flo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind ziemlich<lb/>
lang, die Bauchflo&#x017F;&#x017F;en unter die Rückenflo&#x017F;&#x017F;e ge&#x017F;tellt; die Schwanzflo&#x017F;&#x017F;e behält auch im hohen Alter<lb/>
ihren hintern Aus&#x017F;chnitt. Auf der vordern Platte des Pflug&#x017F;charbeines &#x017F;tehen fünf bis &#x017F;ieben<lb/>
gekrümmte Zähne; auf dem Stiele erhebt &#x017F;ich eine mit vielen kleinen Zähnen be&#x017F;etzte Längsplatte.<lb/>
Jn der Färbung wech&#x017F;elt der Saibling &#x017F;o vielfach ab, daß &#x017F;ich die ver&#x017F;chiedenen Namen, welche er<lb/>
führt, zur Genüge erklären. Am häufig&#x017F;ten zeigt &#x017F;ich laut <hi rendition="#g">Siebold</hi> folgende Färbung: das Blau-<lb/>
grau des Rückens geht nach den Seiten herab allmählich in ein mehr oder weniger gelbliches Weiß<lb/>
und die&#x017F;es auf dem Bauche in ein lebhaftes Orangenroth über, welches namentlich während der<lb/>
Brun&#x017F;tzeit hervortritt; an der Seite des Leibes &#x017F;tehen häufig runde, helle Flecken, welche in der Nähe<lb/>
des Bauches je nach der Färbung des letzteren bald weißlich, bald gelblich, bald orangenroth gefärbt<lb/>
&#x017F;ind; &#x017F;olche Flecken kommen zuweilen auch an dem unteren Theile der Rückenflo&#x017F;&#x017F;e vor; bei jungen<lb/>
Saiblingen berühren &#x017F;ie &#x017F;ich zuweilen, und es ent&#x017F;teht dann eine Marmelzeichnung. Das Orangen-<lb/>
gelb des Bauches kann bis zu Zinnoberroth, der Rücken bis zu Braungrün dunkeln. Jn der<lb/>
Rückenflo&#x017F;&#x017F;e &#x017F;tehen 3 und 9 bis 10, in der Bru&#x017F;tflo&#x017F;&#x017F;e 1 und 12 bis 15, in der Bauchflo&#x017F;&#x017F;e 1 und 8,<lb/>
in der Afterflo&#x017F;&#x017F;e 3 und 8 bis 9, in der Schwanzflo&#x017F;&#x017F;e 19 Strahlen. An Länge kann der Saibling<lb/>
bis zu 2 oder 2½, an Gewicht bis zu 10 oder 11, nach <hi rendition="#g">Heckel</hi> und <hi rendition="#g">Kner</hi> &#x017F;ogar bis zu 18 und<lb/>
20 Pfund erreichen; die gewöhnliche Länge aber beträgt beiläufig 1 Fuß und das Gewicht<lb/>
ungefähr 1 Pfund.</p><lb/>
            <p>Frühere Fi&#x017F;chkundige unter&#x017F;chieden nicht nur die Saiblinge der Seen ver&#x017F;chiedener Länder als<lb/>
be&#x017F;ondere Arten, &#x017F;ondern auch die in einer und der&#x017F;elben Gegend gefangenen Lachsfi&#x017F;che die&#x017F;er Art;<lb/>
nach und nach aber hat &#x017F;ich die Meinung fe&#x017F;tge&#x017F;tellt, daß zwi&#x017F;chen den in den &#x017F;chweizer, baieri&#x017F;chen und<lb/>
ö&#x017F;terreichi&#x017F;chen Seen lebenden Saiblingen und den in ähnlichen Gewä&#x017F;&#x017F;ern Skandinaviens, Lapplands,<lb/>
Finnlands oder Großbritanniens vorkommenden kein Unter&#x017F;chied be&#x017F;teht, welcher zur Trennung in<lb/>
ver&#x017F;chiedene Arten berechtigen könnte. Wie bei anderen Lach&#x017F;en, insbe&#x017F;ondere Forellen, pflanzen &#x017F;ich<lb/>
be&#x017F;timmte Merkmale bei den in einem See lebenden Saiblingen auf &#x017F;pätere Ge&#x017F;chlechter fort und<lb/>
können &#x017F;o leicht zu fal&#x017F;chen An&#x017F;chauungen verleiten, während man jetzt weiß, daß die Lage der Seen<lb/>
zwi&#x017F;chen mehr oder minder hohen, enger oder weiter ab&#x017F;tehenden Bergen, die Tiefe und Reinheit<lb/>
des Wa&#x017F;&#x017F;ers einen be&#x017F;timmten Einfluß auf die Färbung und Ge&#x017F;taltung ausüben.</p><lb/>
            <p>Nur eigentliche Gebirgs&#x017F;een beherbergen Saiblinge; &#x017F;ie &#x017F;teigen in der Regel nicht einmal<lb/>
während der Laichzeit in den einmündenden Flü&#x017F;&#x017F;en empor. Wie die Renken halten &#x017F;ie &#x017F;ich in den<lb/>
tiefen Gründen ihrer Wohngewä&#x017F;&#x017F;er auf, und wie die&#x017F;e &#x017F;tellen &#x017F;ie haupt&#x017F;ächlich kleinen Thieren,<lb/>
insbe&#x017F;ondere ver&#x017F;chiedenen Schmarotzerkreb&#x017F;en nach; <hi rendition="#g">Linn<hi rendition="#aq">é,</hi></hi> welcher die&#x017F;e ihre Hauptnahrung nicht<lb/>
kannte, hatte Recht &#x017F;ich zu wundern, daß er &#x017F;ie in den todten Seen Lapplands als alleinige Bewohner<lb/>
fand. Nebenbei ver&#x017F;chmähen &#x017F;ie übrigens kleinere Fi&#x017F;che nicht, und große Stücke mögen &#x017F;ich<lb/>
wohl zum guten Theil von die&#x017F;en ernähren. Die Laichzeit beginnt gegen Ende des Oktober und<lb/>
währt bis zu Ende des November, in einzelnen Seen vielleicht noch länger. Um die&#x017F;e Zeit erheben<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich zu &#x017F;eichteren Ufer&#x017F;tellen und &#x017F;etzen hier ihren Laich ab. Doch ge&#x017F;chieht es, laut <hi rendition="#g">Yarrell,</hi><lb/>
wenig&#x017F;tens in den &#x017F;chotti&#x017F;chen Seen, daß &#x017F;ie unter Um&#x017F;tänden auch in Flü&#x017F;&#x017F;e eintreten und in die&#x017F;en<lb/>
ein beträchtliches Stück zu Berge gehen, um ihrer Fortpflanzung zu genügen. Jhre Vermehrung i&#x017F;t<lb/>
ziemlich &#x017F;tark, ihr Wachsthum minder ra&#x017F;ch als bei den Forellen, mit denen &#x017F;ie oft in dem&#x017F;elben See<lb/>
zu&#x017F;ammenwohnen, ohne &#x017F;ich jedoch mit ihnen zu vermi&#x017F;chen. Jn &#x017F;eltenen Fällen ent&#x017F;chließen &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
auch zu Wanderungen in entgegenge&#x017F;etzter Richtung. So erzählt <hi rendition="#g">Yarrell,</hi> daß &#x017F;ie einen See<lb/>
verließen, nachdem der Ausfluß von Kupferwerken dem&#x017F;elben zugeleitet worden war, in den<lb/>
abfließenden Gewä&#x017F;&#x017F;ern thalab zogen und bis ins Meer gelangten, in welchem einige gefangen wurden.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[713/0753] Huchen. Saibling. Jn den Alpenſeen Mitteleuropas, wie des hohen Nordens, in den Bergſeen Nordrußlands und Skandinaviens lebt mehr oder minder häufig ein ungemein geſchätztes Mitglied unſerer Sippe, der Saibling, Salbling, Salmling, Ritter, Schwarzreutel oder Schwarzröthl, die Gold-, Rothforelle ꝛc. (Salmo salvelinus). Sein Leib iſt geſtreckt und ſeitlich etwas zuſammen- gedrückt, nach Alter, Geſchlecht und Aufenthaltsort ungemein wandelbar; die Floſſen ſind ziemlich lang, die Bauchfloſſen unter die Rückenfloſſe geſtellt; die Schwanzfloſſe behält auch im hohen Alter ihren hintern Ausſchnitt. Auf der vordern Platte des Pflugſcharbeines ſtehen fünf bis ſieben gekrümmte Zähne; auf dem Stiele erhebt ſich eine mit vielen kleinen Zähnen beſetzte Längsplatte. Jn der Färbung wechſelt der Saibling ſo vielfach ab, daß ſich die verſchiedenen Namen, welche er führt, zur Genüge erklären. Am häufigſten zeigt ſich laut Siebold folgende Färbung: das Blau- grau des Rückens geht nach den Seiten herab allmählich in ein mehr oder weniger gelbliches Weiß und dieſes auf dem Bauche in ein lebhaftes Orangenroth über, welches namentlich während der Brunſtzeit hervortritt; an der Seite des Leibes ſtehen häufig runde, helle Flecken, welche in der Nähe des Bauches je nach der Färbung des letzteren bald weißlich, bald gelblich, bald orangenroth gefärbt ſind; ſolche Flecken kommen zuweilen auch an dem unteren Theile der Rückenfloſſe vor; bei jungen Saiblingen berühren ſie ſich zuweilen, und es entſteht dann eine Marmelzeichnung. Das Orangen- gelb des Bauches kann bis zu Zinnoberroth, der Rücken bis zu Braungrün dunkeln. Jn der Rückenfloſſe ſtehen 3 und 9 bis 10, in der Bruſtfloſſe 1 und 12 bis 15, in der Bauchfloſſe 1 und 8, in der Afterfloſſe 3 und 8 bis 9, in der Schwanzfloſſe 19 Strahlen. An Länge kann der Saibling bis zu 2 oder 2½, an Gewicht bis zu 10 oder 11, nach Heckel und Kner ſogar bis zu 18 und 20 Pfund erreichen; die gewöhnliche Länge aber beträgt beiläufig 1 Fuß und das Gewicht ungefähr 1 Pfund. Frühere Fiſchkundige unterſchieden nicht nur die Saiblinge der Seen verſchiedener Länder als beſondere Arten, ſondern auch die in einer und derſelben Gegend gefangenen Lachsfiſche dieſer Art; nach und nach aber hat ſich die Meinung feſtgeſtellt, daß zwiſchen den in den ſchweizer, baieriſchen und öſterreichiſchen Seen lebenden Saiblingen und den in ähnlichen Gewäſſern Skandinaviens, Lapplands, Finnlands oder Großbritanniens vorkommenden kein Unterſchied beſteht, welcher zur Trennung in verſchiedene Arten berechtigen könnte. Wie bei anderen Lachſen, insbeſondere Forellen, pflanzen ſich beſtimmte Merkmale bei den in einem See lebenden Saiblingen auf ſpätere Geſchlechter fort und können ſo leicht zu falſchen Anſchauungen verleiten, während man jetzt weiß, daß die Lage der Seen zwiſchen mehr oder minder hohen, enger oder weiter abſtehenden Bergen, die Tiefe und Reinheit des Waſſers einen beſtimmten Einfluß auf die Färbung und Geſtaltung ausüben. Nur eigentliche Gebirgsſeen beherbergen Saiblinge; ſie ſteigen in der Regel nicht einmal während der Laichzeit in den einmündenden Flüſſen empor. Wie die Renken halten ſie ſich in den tiefen Gründen ihrer Wohngewäſſer auf, und wie dieſe ſtellen ſie hauptſächlich kleinen Thieren, insbeſondere verſchiedenen Schmarotzerkrebſen nach; Linné, welcher dieſe ihre Hauptnahrung nicht kannte, hatte Recht ſich zu wundern, daß er ſie in den todten Seen Lapplands als alleinige Bewohner fand. Nebenbei verſchmähen ſie übrigens kleinere Fiſche nicht, und große Stücke mögen ſich wohl zum guten Theil von dieſen ernähren. Die Laichzeit beginnt gegen Ende des Oktober und währt bis zu Ende des November, in einzelnen Seen vielleicht noch länger. Um dieſe Zeit erheben ſie ſich zu ſeichteren Uferſtellen und ſetzen hier ihren Laich ab. Doch geſchieht es, laut Yarrell, wenigſtens in den ſchottiſchen Seen, daß ſie unter Umſtänden auch in Flüſſe eintreten und in dieſen ein beträchtliches Stück zu Berge gehen, um ihrer Fortpflanzung zu genügen. Jhre Vermehrung iſt ziemlich ſtark, ihr Wachsthum minder raſch als bei den Forellen, mit denen ſie oft in demſelben See zuſammenwohnen, ohne ſich jedoch mit ihnen zu vermiſchen. Jn ſeltenen Fällen entſchließen ſie ſich auch zu Wanderungen in entgegengeſetzter Richtung. So erzählt Yarrell, daß ſie einen See verließen, nachdem der Ausfluß von Kupferwerken demſelben zugeleitet worden war, in den abfließenden Gewäſſern thalab zogen und bis ins Meer gelangten, in welchem einige gefangen wurden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/753
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 713. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/753>, abgerufen am 01.06.2024.