Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Edelfische. Heringe. Alsen.
Tausende und Hunderttausende von Scheffeln auf die Aecker geworfen werden mußten. Eine derartige
Verheerung ist wohl geeignet, die Aufmerksamkeit der Vernünftigen in Anspruch zu nehmen; denn
wenn auch, die Artselbständigkeit der Sprotte vorausgesetzt, unter den Milliarden der in solcher
Weise gefangenen Fische sich nur Millionen von jungen Heringen befinden, so trägt deren Verlust
mit der Zeit doch wesentlich zur Verarmung der Fischgründe bei.



Von den in den europäischen Meeren lebenden Heringen erscheinen alljährlich zwei Arten in den
Flüssen, um zu laichen. Beide gehören einer und derselben Sippe an und ähneln sich in so hohem

[Abbildung] Der Maifisch (Alausa vulgaris). Nat. Größe bis 2 Fuß und darüber.
Grade, daß sie vielfach mit einander verwechselt worden sind. Die Kennzeichen der Alsen (Alausa)
liegen in dem seitlich zusammengedrückten Leibe mit schneidiger, sägeförmig gezähnelter Bauchkante,
in der durch einen tiefen Ausschnitt bewirkten Trennung der Zwischenkiefer und in der Bezahnung,
welche aus sehr feinen, spitzen und leicht abfallenden Zähnen besteht, sich auch nur auf Zwischen- und
Oberkiefer beschränkt, während Unterkiefer, Pflugschar-, Gaumen- und Zungenbein zahnlos sind.

Der Maifisch, Alsen, Mutterhering (Alausa vulgaris) erscheint auch dem Unkundigen
als naher Verwandter des Herings. Das Maul ist bis unter die Augen gespalten, das Auge
von einem knorpelartigen, halbmondförmigen vordern und hintern Lid theilweise bedeckt; die
Kiemenbogen sind an ihrer ausgehöhlten Seite mit vielen, dicht stehenden, langen und dünnen
Plättchen besetzt. Die Färbung des Rückens ist ein schönes, metallisch glänzendes Oelgrün; die
Seiten glänzen goldig; ein großer dunkler, verwischter Flecken, welcher am oberen Winkel der weiten
Kiemenspalte steht, und drei bis fünf auf ihn folgende kleinere Flecken haben olivengrünen Schimmer;
die Flossen erscheinen durch dunkelkörnige Färbstoffe mehr oder weniger schwärzlich getrübt. Jn der

Die Edelfiſche. Heringe. Alſen.
Tauſende und Hunderttauſende von Scheffeln auf die Aecker geworfen werden mußten. Eine derartige
Verheerung iſt wohl geeignet, die Aufmerkſamkeit der Vernünftigen in Anſpruch zu nehmen; denn
wenn auch, die Artſelbſtändigkeit der Sprotte vorausgeſetzt, unter den Milliarden der in ſolcher
Weiſe gefangenen Fiſche ſich nur Millionen von jungen Heringen befinden, ſo trägt deren Verluſt
mit der Zeit doch weſentlich zur Verarmung der Fiſchgründe bei.



Von den in den europäiſchen Meeren lebenden Heringen erſcheinen alljährlich zwei Arten in den
Flüſſen, um zu laichen. Beide gehören einer und derſelben Sippe an und ähneln ſich in ſo hohem

[Abbildung] Der Maifiſch (Alausa vulgaris). Nat. Größe bis 2 Fuß und darüber.
Grade, daß ſie vielfach mit einander verwechſelt worden ſind. Die Kennzeichen der Alſen (Alausa)
liegen in dem ſeitlich zuſammengedrückten Leibe mit ſchneidiger, ſägeförmig gezähnelter Bauchkante,
in der durch einen tiefen Ausſchnitt bewirkten Trennung der Zwiſchenkiefer und in der Bezahnung,
welche aus ſehr feinen, ſpitzen und leicht abfallenden Zähnen beſteht, ſich auch nur auf Zwiſchen- und
Oberkiefer beſchränkt, während Unterkiefer, Pflugſchar-, Gaumen- und Zungenbein zahnlos ſind.

Der Maifiſch, Alſen, Mutterhering (Alausa vulgaris) erſcheint auch dem Unkundigen
als naher Verwandter des Herings. Das Maul iſt bis unter die Augen geſpalten, das Auge
von einem knorpelartigen, halbmondförmigen vordern und hintern Lid theilweiſe bedeckt; die
Kiemenbogen ſind an ihrer ausgehöhlten Seite mit vielen, dicht ſtehenden, langen und dünnen
Plättchen beſetzt. Die Färbung des Rückens iſt ein ſchönes, metalliſch glänzendes Oelgrün; die
Seiten glänzen goldig; ein großer dunkler, verwiſchter Flecken, welcher am oberen Winkel der weiten
Kiemenſpalte ſteht, und drei bis fünf auf ihn folgende kleinere Flecken haben olivengrünen Schimmer;
die Floſſen erſcheinen durch dunkelkörnige Färbſtoffe mehr oder weniger ſchwärzlich getrübt. Jn der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0768" n="728"/><fw place="top" type="header">Die Edelfi&#x017F;che. Heringe. Al&#x017F;en.</fw><lb/>
Tau&#x017F;ende und Hunderttau&#x017F;ende von Scheffeln auf die Aecker geworfen werden mußten. Eine derartige<lb/>
Verheerung i&#x017F;t wohl geeignet, die Aufmerk&#x017F;amkeit der Vernünftigen in An&#x017F;pruch zu nehmen; denn<lb/>
wenn auch, die Art&#x017F;elb&#x017F;tändigkeit der Sprotte vorausge&#x017F;etzt, unter den Milliarden der in &#x017F;olcher<lb/>
Wei&#x017F;e gefangenen Fi&#x017F;che &#x017F;ich nur Millionen von jungen Heringen befinden, &#x017F;o trägt deren Verlu&#x017F;t<lb/>
mit der Zeit doch we&#x017F;entlich zur Verarmung der Fi&#x017F;chgründe bei.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <p>Von den in den europäi&#x017F;chen Meeren lebenden Heringen er&#x017F;cheinen alljährlich zwei Arten in den<lb/>
Flü&#x017F;&#x017F;en, um zu laichen. Beide gehören einer und der&#x017F;elben Sippe an und ähneln &#x017F;ich in &#x017F;o hohem<lb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Maifi&#x017F;ch</hi> (<hi rendition="#aq">Alausa vulgaris</hi>). Nat. Größe bis 2 Fuß und darüber.</hi></head></figure><lb/>
Grade, daß &#x017F;ie vielfach mit einander verwech&#x017F;elt worden &#x017F;ind. Die Kennzeichen der <hi rendition="#g">Al&#x017F;en</hi> (<hi rendition="#aq">Alausa</hi>)<lb/>
liegen in dem &#x017F;eitlich zu&#x017F;ammengedrückten Leibe mit &#x017F;chneidiger, &#x017F;ägeförmig gezähnelter Bauchkante,<lb/>
in der durch einen tiefen Aus&#x017F;chnitt bewirkten Trennung der Zwi&#x017F;chenkiefer und in der Bezahnung,<lb/>
welche aus &#x017F;ehr feinen, &#x017F;pitzen und leicht abfallenden Zähnen be&#x017F;teht, &#x017F;ich auch nur auf Zwi&#x017F;chen- und<lb/>
Oberkiefer be&#x017F;chränkt, während Unterkiefer, Pflug&#x017F;char-, Gaumen- und Zungenbein zahnlos &#x017F;ind.</p><lb/>
            <p>Der <hi rendition="#g">Maifi&#x017F;ch, Al&#x017F;en, Mutterhering</hi> (<hi rendition="#aq">Alausa vulgaris</hi>) er&#x017F;cheint auch dem Unkundigen<lb/>
als naher Verwandter des Herings. Das Maul i&#x017F;t bis unter die Augen ge&#x017F;palten, das Auge<lb/>
von einem knorpelartigen, halbmondförmigen vordern und hintern Lid theilwei&#x017F;e bedeckt; die<lb/>
Kiemenbogen &#x017F;ind an ihrer ausgehöhlten Seite mit vielen, dicht &#x017F;tehenden, langen und dünnen<lb/>
Plättchen be&#x017F;etzt. Die Färbung des Rückens i&#x017F;t ein &#x017F;chönes, metalli&#x017F;ch glänzendes Oelgrün; die<lb/>
Seiten glänzen goldig; ein großer dunkler, verwi&#x017F;chter Flecken, welcher am oberen Winkel der weiten<lb/>
Kiemen&#x017F;palte &#x017F;teht, und drei bis fünf auf ihn folgende kleinere Flecken haben olivengrünen Schimmer;<lb/>
die Flo&#x017F;&#x017F;en er&#x017F;cheinen durch dunkelkörnige Färb&#x017F;toffe mehr oder weniger &#x017F;chwärzlich getrübt. Jn der<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[728/0768] Die Edelfiſche. Heringe. Alſen. Tauſende und Hunderttauſende von Scheffeln auf die Aecker geworfen werden mußten. Eine derartige Verheerung iſt wohl geeignet, die Aufmerkſamkeit der Vernünftigen in Anſpruch zu nehmen; denn wenn auch, die Artſelbſtändigkeit der Sprotte vorausgeſetzt, unter den Milliarden der in ſolcher Weiſe gefangenen Fiſche ſich nur Millionen von jungen Heringen befinden, ſo trägt deren Verluſt mit der Zeit doch weſentlich zur Verarmung der Fiſchgründe bei. Von den in den europäiſchen Meeren lebenden Heringen erſcheinen alljährlich zwei Arten in den Flüſſen, um zu laichen. Beide gehören einer und derſelben Sippe an und ähneln ſich in ſo hohem [Abbildung Der Maifiſch (Alausa vulgaris). Nat. Größe bis 2 Fuß und darüber.] Grade, daß ſie vielfach mit einander verwechſelt worden ſind. Die Kennzeichen der Alſen (Alausa) liegen in dem ſeitlich zuſammengedrückten Leibe mit ſchneidiger, ſägeförmig gezähnelter Bauchkante, in der durch einen tiefen Ausſchnitt bewirkten Trennung der Zwiſchenkiefer und in der Bezahnung, welche aus ſehr feinen, ſpitzen und leicht abfallenden Zähnen beſteht, ſich auch nur auf Zwiſchen- und Oberkiefer beſchränkt, während Unterkiefer, Pflugſchar-, Gaumen- und Zungenbein zahnlos ſind. Der Maifiſch, Alſen, Mutterhering (Alausa vulgaris) erſcheint auch dem Unkundigen als naher Verwandter des Herings. Das Maul iſt bis unter die Augen geſpalten, das Auge von einem knorpelartigen, halbmondförmigen vordern und hintern Lid theilweiſe bedeckt; die Kiemenbogen ſind an ihrer ausgehöhlten Seite mit vielen, dicht ſtehenden, langen und dünnen Plättchen beſetzt. Die Färbung des Rückens iſt ein ſchönes, metalliſch glänzendes Oelgrün; die Seiten glänzen goldig; ein großer dunkler, verwiſchter Flecken, welcher am oberen Winkel der weiten Kiemenſpalte ſteht, und drei bis fünf auf ihn folgende kleinere Flecken haben olivengrünen Schimmer; die Floſſen erſcheinen durch dunkelkörnige Färbſtoffe mehr oder weniger ſchwärzlich getrübt. Jn der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/768
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 728. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/768>, abgerufen am 22.12.2024.