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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Quermäuler. Menschenhaie.
riemle in sich gekrümpt hangen, als seyten oder nestel, one alle höle." Jhre Färbung ist ein blasses,
durchscheinendes Horngelb; die von den Ecken ausgehenden, vielfach gewundenen, rankenartigen An-
hängsel übertreffen an Länge die etwa zwei und einen halben Zoll messende Kapsel; zwei Spalten
an jedem Ende gestatten den Zutritt von Wasser. Mit Beginn des Winters legt das Weibchen diese
Eier in der Nähe der Seeküsten, wahrscheinlich regelmäßig zwischen Seepflanzen ab, an deren Geranke
sich die Fäden anhängen. Der Keim ist bereits soweit ausgebildet, daß man die Gestalt des Haies
erkennen und seine Bewegungen bemerken kann. Nachdem er sich vollends entwickelt hat, zerreißt
er die Eihüllen und verläßt die Kapsel mit einem ihm noch anhängenden Dottersack, welcher durch
ein Gefäß mit dem Darmschlauche in Verbindung steht und zur weiteren Ernährung dient. Jn-
zwischen bilden sich die Zähne aus, und wenn die in jenem Sack enthaltene Flüssigkeit aufgezehrt
worden, ist der junge Hai fähig, zu rauben. Einzelne Beobachter sagen, daß ein Weibchen auf
jeden Wurf zehn bis zwanzig Eier zur Welt bringe; andere geben die Anzahl geringer an; alle
kommen darin überein, daß sie dieser Art eine verhältnißmäßig große Fruchtbarkeit zuschreiben. Die
Geschlechter sollen sich im Laufe des Jahres wiederholt begatten, und die Männchen mit ihren nah
dem After stehenden Anhängseln sich am Weibchen festhalten.

Das harte, lederartige Fleisch wird nur im Nothfalle gegessen, die Haut hingegen vielfach und
zwar hauptfächlich zum Glätten hölzerner oder eiserner Geräthschaften benutzt. Die Leber gibt einen
trefflichen Thran, welcher auch das Fleisch des Fisches durchdringt und zur Unverdaulichkeit desselben
beiträgt. Nach Versicherung der Fischer soll der Genuß der thranigen Leber zuweilen schädliche
Folgen haben; diese Angabe wird auch durch die Behauptung des französischen Arztes Sauvage
unterstützt. Nachdem vier Personen von der Leber eines Hundshaies gegessen hatten, befiel sie und
zwar in weniger als einer halben Stunde eine große Schwäche und Schlafsucht, aus welcher sie sich
erst am dritten Tage insoweit wiedererholten, daß sie sich ihres Zustandes bewußt waren. Beim
Erwachen fühlten alle einen außerordentlichen Ekel, ihre Gesichter waren geröthet und die Oberhaut
derselben, wie die des Kopfes trennte sich fetzenweise ab; erst nachdem Dies geschehen, endeten diese
Zustände.

Ungeachtet der Zählebigkeit der Hundshaie halten sie sich schlecht in Gefangenschaft, weil es seine
Schwierigkeiten hat, ihnen den genügenden Raum zu gewähren. Jn einem engeren Becken bewegen
sie sich wenig, liegen vielmehr gewöhnlich still auf dem Grunde und lassen selbst Fische, ohne sie zu
behelligen, an sich vorüberziehen. Dagegen befinden sie sich in den großen Becken, welche Coste an
der Meeresküste ausgegraben und mit der See in Verbindung gesetzt hat, sehr wohl, zeigen alle ihre
Eigenthümlichkeiten und haben sich sogar fortgepflanzt. Das Weibchen eines Paares, welches man
Anfangs April bis zum Jahre 1866 in eine der Kammern des Seeteiches gebracht hatte, legte nach
Verlauf eines Monats achtzehn Eier, aus denen nach ungefähr neun Monaten in den ersten Tagen
des Dezember frische und muntere Junge auskamen.



Gefürchteter als alle übrigen sind die Menschenhaie (Carchariae), gewaltige und kühne,
raubgierige und freßwüthige Geschöpfe, der Schrecken der Schiffer und Anwohner aller wärmeren
Meere. Die erste ihrer beiden Rückenflossen steht zwischen Brust- und Bauchflossen, die Afterflosse
ist klein, eine Nickhaut vorhanden; Spritzlöcher fehlen wenigstens bei den Alten; die hintersten
Kiemenspalten stehen über den Brustflossen; der Kopf ist flach, der vordere Theil der Schnauze sehr
vorgezogen; die Nasenlöcher sind sehr entwickelt; große, dreieckige, spitze und schneidende, meistens am
Rande gesägte Zähne ordnen sich in mehrere Reihen und bewehren den weiten Rachen; kleine
Schuppen bekleiden den Leib; im Darme findet sich eine eingerollte Falte anstatt der Schraubenklappe.

Die Quermäuler. Menſchenhaie.
riemle in ſich gekrümpt hangen, als ſeyten oder neſtel, one alle höle.“ Jhre Färbung iſt ein blaſſes,
durchſcheinendes Horngelb; die von den Ecken ausgehenden, vielfach gewundenen, rankenartigen An-
hängſel übertreffen an Länge die etwa zwei und einen halben Zoll meſſende Kapſel; zwei Spalten
an jedem Ende geſtatten den Zutritt von Waſſer. Mit Beginn des Winters legt das Weibchen dieſe
Eier in der Nähe der Seeküſten, wahrſcheinlich regelmäßig zwiſchen Seepflanzen ab, an deren Geranke
ſich die Fäden anhängen. Der Keim iſt bereits ſoweit ausgebildet, daß man die Geſtalt des Haies
erkennen und ſeine Bewegungen bemerken kann. Nachdem er ſich vollends entwickelt hat, zerreißt
er die Eihüllen und verläßt die Kapſel mit einem ihm noch anhängenden Dotterſack, welcher durch
ein Gefäß mit dem Darmſchlauche in Verbindung ſteht und zur weiteren Ernährung dient. Jn-
zwiſchen bilden ſich die Zähne aus, und wenn die in jenem Sack enthaltene Flüſſigkeit aufgezehrt
worden, iſt der junge Hai fähig, zu rauben. Einzelne Beobachter ſagen, daß ein Weibchen auf
jeden Wurf zehn bis zwanzig Eier zur Welt bringe; andere geben die Anzahl geringer an; alle
kommen darin überein, daß ſie dieſer Art eine verhältnißmäßig große Fruchtbarkeit zuſchreiben. Die
Geſchlechter ſollen ſich im Laufe des Jahres wiederholt begatten, und die Männchen mit ihren nah
dem After ſtehenden Anhängſeln ſich am Weibchen feſthalten.

Das harte, lederartige Fleiſch wird nur im Nothfalle gegeſſen, die Haut hingegen vielfach und
zwar hauptfächlich zum Glätten hölzerner oder eiſerner Geräthſchaften benutzt. Die Leber gibt einen
trefflichen Thran, welcher auch das Fleiſch des Fiſches durchdringt und zur Unverdaulichkeit deſſelben
beiträgt. Nach Verſicherung der Fiſcher ſoll der Genuß der thranigen Leber zuweilen ſchädliche
Folgen haben; dieſe Angabe wird auch durch die Behauptung des franzöſiſchen Arztes Sauvage
unterſtützt. Nachdem vier Perſonen von der Leber eines Hundshaies gegeſſen hatten, befiel ſie und
zwar in weniger als einer halben Stunde eine große Schwäche und Schlafſucht, aus welcher ſie ſich
erſt am dritten Tage inſoweit wiedererholten, daß ſie ſich ihres Zuſtandes bewußt waren. Beim
Erwachen fühlten alle einen außerordentlichen Ekel, ihre Geſichter waren geröthet und die Oberhaut
derſelben, wie die des Kopfes trennte ſich fetzenweiſe ab; erſt nachdem Dies geſchehen, endeten dieſe
Zuſtände.

Ungeachtet der Zählebigkeit der Hundshaie halten ſie ſich ſchlecht in Gefangenſchaft, weil es ſeine
Schwierigkeiten hat, ihnen den genügenden Raum zu gewähren. Jn einem engeren Becken bewegen
ſie ſich wenig, liegen vielmehr gewöhnlich ſtill auf dem Grunde und laſſen ſelbſt Fiſche, ohne ſie zu
behelligen, an ſich vorüberziehen. Dagegen befinden ſie ſich in den großen Becken, welche Coſte an
der Meeresküſte ausgegraben und mit der See in Verbindung geſetzt hat, ſehr wohl, zeigen alle ihre
Eigenthümlichkeiten und haben ſich ſogar fortgepflanzt. Das Weibchen eines Paares, welches man
Anfangs April bis zum Jahre 1866 in eine der Kammern des Seeteiches gebracht hatte, legte nach
Verlauf eines Monats achtzehn Eier, aus denen nach ungefähr neun Monaten in den erſten Tagen
des Dezember friſche und muntere Junge auskamen.



Gefürchteter als alle übrigen ſind die Menſchenhaie (Carchariae), gewaltige und kühne,
raubgierige und freßwüthige Geſchöpfe, der Schrecken der Schiffer und Anwohner aller wärmeren
Meere. Die erſte ihrer beiden Rückenfloſſen ſteht zwiſchen Bruſt- und Bauchfloſſen, die Afterfloſſe
iſt klein, eine Nickhaut vorhanden; Spritzlöcher fehlen wenigſtens bei den Alten; die hinterſten
Kiemenſpalten ſtehen über den Bruſtfloſſen; der Kopf iſt flach, der vordere Theil der Schnauze ſehr
vorgezogen; die Naſenlöcher ſind ſehr entwickelt; große, dreieckige, ſpitze und ſchneidende, meiſtens am
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[778/0820] Die Quermäuler. Menſchenhaie. riemle in ſich gekrümpt hangen, als ſeyten oder neſtel, one alle höle.“ Jhre Färbung iſt ein blaſſes, durchſcheinendes Horngelb; die von den Ecken ausgehenden, vielfach gewundenen, rankenartigen An- hängſel übertreffen an Länge die etwa zwei und einen halben Zoll meſſende Kapſel; zwei Spalten an jedem Ende geſtatten den Zutritt von Waſſer. Mit Beginn des Winters legt das Weibchen dieſe Eier in der Nähe der Seeküſten, wahrſcheinlich regelmäßig zwiſchen Seepflanzen ab, an deren Geranke ſich die Fäden anhängen. Der Keim iſt bereits ſoweit ausgebildet, daß man die Geſtalt des Haies erkennen und ſeine Bewegungen bemerken kann. Nachdem er ſich vollends entwickelt hat, zerreißt er die Eihüllen und verläßt die Kapſel mit einem ihm noch anhängenden Dotterſack, welcher durch ein Gefäß mit dem Darmſchlauche in Verbindung ſteht und zur weiteren Ernährung dient. Jn- zwiſchen bilden ſich die Zähne aus, und wenn die in jenem Sack enthaltene Flüſſigkeit aufgezehrt worden, iſt der junge Hai fähig, zu rauben. Einzelne Beobachter ſagen, daß ein Weibchen auf jeden Wurf zehn bis zwanzig Eier zur Welt bringe; andere geben die Anzahl geringer an; alle kommen darin überein, daß ſie dieſer Art eine verhältnißmäßig große Fruchtbarkeit zuſchreiben. Die Geſchlechter ſollen ſich im Laufe des Jahres wiederholt begatten, und die Männchen mit ihren nah dem After ſtehenden Anhängſeln ſich am Weibchen feſthalten. Das harte, lederartige Fleiſch wird nur im Nothfalle gegeſſen, die Haut hingegen vielfach und zwar hauptfächlich zum Glätten hölzerner oder eiſerner Geräthſchaften benutzt. Die Leber gibt einen trefflichen Thran, welcher auch das Fleiſch des Fiſches durchdringt und zur Unverdaulichkeit deſſelben beiträgt. Nach Verſicherung der Fiſcher ſoll der Genuß der thranigen Leber zuweilen ſchädliche Folgen haben; dieſe Angabe wird auch durch die Behauptung des franzöſiſchen Arztes Sauvage unterſtützt. Nachdem vier Perſonen von der Leber eines Hundshaies gegeſſen hatten, befiel ſie und zwar in weniger als einer halben Stunde eine große Schwäche und Schlafſucht, aus welcher ſie ſich erſt am dritten Tage inſoweit wiedererholten, daß ſie ſich ihres Zuſtandes bewußt waren. Beim Erwachen fühlten alle einen außerordentlichen Ekel, ihre Geſichter waren geröthet und die Oberhaut derſelben, wie die des Kopfes trennte ſich fetzenweiſe ab; erſt nachdem Dies geſchehen, endeten dieſe Zuſtände. Ungeachtet der Zählebigkeit der Hundshaie halten ſie ſich ſchlecht in Gefangenſchaft, weil es ſeine Schwierigkeiten hat, ihnen den genügenden Raum zu gewähren. Jn einem engeren Becken bewegen ſie ſich wenig, liegen vielmehr gewöhnlich ſtill auf dem Grunde und laſſen ſelbſt Fiſche, ohne ſie zu behelligen, an ſich vorüberziehen. Dagegen befinden ſie ſich in den großen Becken, welche Coſte an der Meeresküſte ausgegraben und mit der See in Verbindung geſetzt hat, ſehr wohl, zeigen alle ihre Eigenthümlichkeiten und haben ſich ſogar fortgepflanzt. Das Weibchen eines Paares, welches man Anfangs April bis zum Jahre 1866 in eine der Kammern des Seeteiches gebracht hatte, legte nach Verlauf eines Monats achtzehn Eier, aus denen nach ungefähr neun Monaten in den erſten Tagen des Dezember friſche und muntere Junge auskamen. Gefürchteter als alle übrigen ſind die Menſchenhaie (Carchariae), gewaltige und kühne, raubgierige und freßwüthige Geſchöpfe, der Schrecken der Schiffer und Anwohner aller wärmeren Meere. Die erſte ihrer beiden Rückenfloſſen ſteht zwiſchen Bruſt- und Bauchfloſſen, die Afterfloſſe iſt klein, eine Nickhaut vorhanden; Spritzlöcher fehlen wenigſtens bei den Alten; die hinterſten Kiemenſpalten ſtehen über den Bruſtfloſſen; der Kopf iſt flach, der vordere Theil der Schnauze ſehr vorgezogen; die Naſenlöcher ſind ſehr entwickelt; große, dreieckige, ſpitze und ſchneidende, meiſtens am Rande geſägte Zähne ordnen ſich in mehrere Reihen und bewehren den weiten Rachen; kleine Schuppen bekleiden den Leib; im Darme findet ſich eine eingerollte Falte anſtatt der Schraubenklappe.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 778. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/820>, abgerufen am 14.06.2024.