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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Blauhai. Jonashai. Weißhai.

Unter den Menschenhaien im engeren Sinne, für welche die Familienmerkmale Giltigkeit
haben, ist der Blauhai (Carcharias glaucus) einer der bekanntesten. Er erreicht eine Länge von
10 bis 12 Fuß, vielleicht noch darüber. Seine Schnauze ist sehr spitzig; die Zähne stehen in vier
Reihen geordnet. Ein schönes Schieferblau färbt die Oberseite des Kopfes, Rückens, einschließlich
der Rückenflossen und den größten Theil des Schwanzes, auch die obere Fläche der Brust- und Bauch-
flossen, während die Unterseite des Leibes und der unteren Flossen weiß aussieht.

Vom Mittelmeere aus, welches als die eigentliche Heimat dieses Menschenhaies angesehen wird,
verbreitet er sich über einen großen Theil des atlantischen Weltmeeres, nach Norden hin bis an die
Küsten Großbritanniens und Standinaviens, besucht diese wenigstens während des Sommers ziemlich
regelmäßig. Couch erklärt ihn als einen Wanderfisch und versichert, niemals in Erfahrung gebracht
zu haben, daß einer dieser Haie an den Küsten von Cornwall vor Mitte Juni erschienen sei.

Zu Ehren des Propheten Jonas, über dessen dreitägigen Aufenthalt im "Bauche des Walfisches"
Victor Scheffel freilich eine andere und jedenfalls glaubwürdigere Erklärung gibt als die alt-
testamentliche Sage, hat man einem ebenfalls im mittelländischen Meere vorkommenden Fisch dieser
Familie (Carcharias verus) den Namen Jonashai gegeben. Sein Kopf ist glatt, die Schnauze
abgerundet, der Leib etwa zehn Mal so lang als dick, die Bezahnung in sechs Reihen geordnet. Die
Länge wird sehr verschieden angegeben; nach Versicherung der Schiffer soll sie bis zu 30 Fuß betragen
können. Die Färbung der rauhen, höckerigen Haut ist ein grauliches Braun, welches auf der Unter-
seite in Grauweiß übergeht.

Außer im Mittelmeere findet sich der Jonashai namentlich im atlantischen Weltmeere, ins-
besondere in dem wärmeren Theile desselben, von einer Küste bis zur anderen.

Ein dem Jonashai in jeder Beziehung ebenbürtiger Verwandter, der Weißhai (Carcharias
leucas)
durchschwärmt die Meere der südlichen Halbkugel und tritt namentlich um Neuholland in
großer Anzahl auf, besucht aber wahrscheinlich auch das rothe Meer, in welchem nach meinen eigenen
und Anderer Erfahrungen die Haifische häufiger zu sein scheinen als irgend sonst wo. Zwei Weiß-
haie, welche im Hafen Jackson in Neusüdwales gefangen wurden, waren 12 1/3 und 13 Fuß lang
und maßen in der Mitte des Leibes 61/2, bezüglich 7 Fuß im Umfange. Auf den ersten Anblick
schien es, als ob sie in der oberen Kinnlade nur eine, in der unteren zwei Reihen Zähne hätten,
bei genauerer Untersuchung aber fand Bennett dort fünf oder mehr Reihen hinter einander, zwei
dieser Reihen aufrecht gestellt, die übrigen noch zurückliegend. Die Färbung der Oberseite war kreide-
oder grauweiß, die der untern wenig verschieden, obschon noch etwas lichter.

Alle größeren Menschenhaie, wenigstens diejenigen, welche dieselbe Größe haben, gleichen sich
in ihrer Lebensweise. Sie halten sich vorzugsweise, jedoch keineswegs ausschließlich in der Nähe der
Küsten auf und treiben sich regelmäßig in den oberen Schichten des Wassers umher. Gewöhnlich
erblickt man sie schon aus ziemlicher Entfernung, weil sie so hoch zu schwimmen pflegen, daß die
Rückenflosse noch um ein gutes Stück aus dem Wasser hervorragt, und daß man, wie ich es oft
gethan, mit gutem Erfolge eine Büchsenkugel auf sie abgeben kann. So lange sie nicht eine bestimmte
Beute vor Augen haben, schwimmen sie gleichmäßig und ziemlich rasch dahin; beim Verfolgen eines
Thieres aber steigern sie die Schnelligkeit ihrer Bewegung in so hohem Grade, daß sie den Delfinen
kaum etwas nachgeben. An Gelenkigkeit stehen sie allerdings hinter anderen Fischen weit zurück, ver-
mögen beispielsweise nicht, jähe Wendungen auszuführen, sind jedoch viel gewandter, als man
gewöhnlich annimmt, und ersetzen durch die jähe Schnelligkeit ihres Angriffs Das, was ihnen an
Gelenkigkeit wirklich abgeht. Jhre Sinne scheinen wohlentwickelt zu sein; jedenfalls steht so viel fest,
daß sie sehr gut sehen, und läßt sich mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß auch ihr Geruch feiner
ist als der anderer Fische. Mehrere Beobachter wollen geradezu im Geruch den höchstentwickelten
ihrer Sinne erkannt haben und behaupten, daß sie von stark riechenden Körpern mehr angezogen

Blauhai. Jonashai. Weißhai.

Unter den Menſchenhaien im engeren Sinne, für welche die Familienmerkmale Giltigkeit
haben, iſt der Blauhai (Carcharias glaucus) einer der bekannteſten. Er erreicht eine Länge von
10 bis 12 Fuß, vielleicht noch darüber. Seine Schnauze iſt ſehr ſpitzig; die Zähne ſtehen in vier
Reihen geordnet. Ein ſchönes Schieferblau färbt die Oberſeite des Kopfes, Rückens, einſchließlich
der Rückenfloſſen und den größten Theil des Schwanzes, auch die obere Fläche der Bruſt- und Bauch-
floſſen, während die Unterſeite des Leibes und der unteren Floſſen weiß ausſieht.

Vom Mittelmeere aus, welches als die eigentliche Heimat dieſes Menſchenhaies angeſehen wird,
verbreitet er ſich über einen großen Theil des atlantiſchen Weltmeeres, nach Norden hin bis an die
Küſten Großbritanniens und Standinaviens, beſucht dieſe wenigſtens während des Sommers ziemlich
regelmäßig. Couch erklärt ihn als einen Wanderfiſch und verſichert, niemals in Erfahrung gebracht
zu haben, daß einer dieſer Haie an den Küſten von Cornwall vor Mitte Juni erſchienen ſei.

Zu Ehren des Propheten Jonas, über deſſen dreitägigen Aufenthalt im „Bauche des Walfiſches“
Victor Scheffel freilich eine andere und jedenfalls glaubwürdigere Erklärung gibt als die alt-
teſtamentliche Sage, hat man einem ebenfalls im mittelländiſchen Meere vorkommenden Fiſch dieſer
Familie (Carcharias verus) den Namen Jonashai gegeben. Sein Kopf iſt glatt, die Schnauze
abgerundet, der Leib etwa zehn Mal ſo lang als dick, die Bezahnung in ſechs Reihen geordnet. Die
Länge wird ſehr verſchieden angegeben; nach Verſicherung der Schiffer ſoll ſie bis zu 30 Fuß betragen
können. Die Färbung der rauhen, höckerigen Haut iſt ein grauliches Braun, welches auf der Unter-
ſeite in Grauweiß übergeht.

Außer im Mittelmeere findet ſich der Jonashai namentlich im atlantiſchen Weltmeere, ins-
beſondere in dem wärmeren Theile deſſelben, von einer Küſte bis zur anderen.

Ein dem Jonashai in jeder Beziehung ebenbürtiger Verwandter, der Weißhai (Carcharias
leucas)
durchſchwärmt die Meere der ſüdlichen Halbkugel und tritt namentlich um Neuholland in
großer Anzahl auf, beſucht aber wahrſcheinlich auch das rothe Meer, in welchem nach meinen eigenen
und Anderer Erfahrungen die Haifiſche häufiger zu ſein ſcheinen als irgend ſonſt wo. Zwei Weiß-
haie, welche im Hafen Jackſon in Neuſüdwales gefangen wurden, waren 12⅓ und 13 Fuß lang
und maßen in der Mitte des Leibes 6½, bezüglich 7 Fuß im Umfange. Auf den erſten Anblick
ſchien es, als ob ſie in der oberen Kinnlade nur eine, in der unteren zwei Reihen Zähne hätten,
bei genauerer Unterſuchung aber fand Bennett dort fünf oder mehr Reihen hinter einander, zwei
dieſer Reihen aufrecht geſtellt, die übrigen noch zurückliegend. Die Färbung der Oberſeite war kreide-
oder grauweiß, die der untern wenig verſchieden, obſchon noch etwas lichter.

Alle größeren Menſchenhaie, wenigſtens diejenigen, welche dieſelbe Größe haben, gleichen ſich
in ihrer Lebensweiſe. Sie halten ſich vorzugsweiſe, jedoch keineswegs ausſchließlich in der Nähe der
Küſten auf und treiben ſich regelmäßig in den oberen Schichten des Waſſers umher. Gewöhnlich
erblickt man ſie ſchon aus ziemlicher Entfernung, weil ſie ſo hoch zu ſchwimmen pflegen, daß die
Rückenfloſſe noch um ein gutes Stück aus dem Waſſer hervorragt, und daß man, wie ich es oft
gethan, mit gutem Erfolge eine Büchſenkugel auf ſie abgeben kann. So lange ſie nicht eine beſtimmte
Beute vor Augen haben, ſchwimmen ſie gleichmäßig und ziemlich raſch dahin; beim Verfolgen eines
Thieres aber ſteigern ſie die Schnelligkeit ihrer Bewegung in ſo hohem Grade, daß ſie den Delfinen
kaum etwas nachgeben. An Gelenkigkeit ſtehen ſie allerdings hinter anderen Fiſchen weit zurück, ver-
mögen beiſpielsweiſe nicht, jähe Wendungen auszuführen, ſind jedoch viel gewandter, als man
gewöhnlich annimmt, und erſetzen durch die jähe Schnelligkeit ihres Angriffs Das, was ihnen an
Gelenkigkeit wirklich abgeht. Jhre Sinne ſcheinen wohlentwickelt zu ſein; jedenfalls ſteht ſo viel feſt,
daß ſie ſehr gut ſehen, und läßt ſich mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß auch ihr Geruch feiner
iſt als der anderer Fiſche. Mehrere Beobachter wollen geradezu im Geruch den höchſtentwickelten
ihrer Sinne erkannt haben und behaupten, daß ſie von ſtark riechenden Körpern mehr angezogen

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[779/0821] Blauhai. Jonashai. Weißhai. Unter den Menſchenhaien im engeren Sinne, für welche die Familienmerkmale Giltigkeit haben, iſt der Blauhai (Carcharias glaucus) einer der bekannteſten. Er erreicht eine Länge von 10 bis 12 Fuß, vielleicht noch darüber. Seine Schnauze iſt ſehr ſpitzig; die Zähne ſtehen in vier Reihen geordnet. Ein ſchönes Schieferblau färbt die Oberſeite des Kopfes, Rückens, einſchließlich der Rückenfloſſen und den größten Theil des Schwanzes, auch die obere Fläche der Bruſt- und Bauch- floſſen, während die Unterſeite des Leibes und der unteren Floſſen weiß ausſieht. Vom Mittelmeere aus, welches als die eigentliche Heimat dieſes Menſchenhaies angeſehen wird, verbreitet er ſich über einen großen Theil des atlantiſchen Weltmeeres, nach Norden hin bis an die Küſten Großbritanniens und Standinaviens, beſucht dieſe wenigſtens während des Sommers ziemlich regelmäßig. Couch erklärt ihn als einen Wanderfiſch und verſichert, niemals in Erfahrung gebracht zu haben, daß einer dieſer Haie an den Küſten von Cornwall vor Mitte Juni erſchienen ſei. Zu Ehren des Propheten Jonas, über deſſen dreitägigen Aufenthalt im „Bauche des Walfiſches“ Victor Scheffel freilich eine andere und jedenfalls glaubwürdigere Erklärung gibt als die alt- teſtamentliche Sage, hat man einem ebenfalls im mittelländiſchen Meere vorkommenden Fiſch dieſer Familie (Carcharias verus) den Namen Jonashai gegeben. Sein Kopf iſt glatt, die Schnauze abgerundet, der Leib etwa zehn Mal ſo lang als dick, die Bezahnung in ſechs Reihen geordnet. Die Länge wird ſehr verſchieden angegeben; nach Verſicherung der Schiffer ſoll ſie bis zu 30 Fuß betragen können. Die Färbung der rauhen, höckerigen Haut iſt ein grauliches Braun, welches auf der Unter- ſeite in Grauweiß übergeht. Außer im Mittelmeere findet ſich der Jonashai namentlich im atlantiſchen Weltmeere, ins- beſondere in dem wärmeren Theile deſſelben, von einer Küſte bis zur anderen. Ein dem Jonashai in jeder Beziehung ebenbürtiger Verwandter, der Weißhai (Carcharias leucas) durchſchwärmt die Meere der ſüdlichen Halbkugel und tritt namentlich um Neuholland in großer Anzahl auf, beſucht aber wahrſcheinlich auch das rothe Meer, in welchem nach meinen eigenen und Anderer Erfahrungen die Haifiſche häufiger zu ſein ſcheinen als irgend ſonſt wo. Zwei Weiß- haie, welche im Hafen Jackſon in Neuſüdwales gefangen wurden, waren 12⅓ und 13 Fuß lang und maßen in der Mitte des Leibes 6½, bezüglich 7 Fuß im Umfange. Auf den erſten Anblick ſchien es, als ob ſie in der oberen Kinnlade nur eine, in der unteren zwei Reihen Zähne hätten, bei genauerer Unterſuchung aber fand Bennett dort fünf oder mehr Reihen hinter einander, zwei dieſer Reihen aufrecht geſtellt, die übrigen noch zurückliegend. Die Färbung der Oberſeite war kreide- oder grauweiß, die der untern wenig verſchieden, obſchon noch etwas lichter. Alle größeren Menſchenhaie, wenigſtens diejenigen, welche dieſelbe Größe haben, gleichen ſich in ihrer Lebensweiſe. Sie halten ſich vorzugsweiſe, jedoch keineswegs ausſchließlich in der Nähe der Küſten auf und treiben ſich regelmäßig in den oberen Schichten des Waſſers umher. Gewöhnlich erblickt man ſie ſchon aus ziemlicher Entfernung, weil ſie ſo hoch zu ſchwimmen pflegen, daß die Rückenfloſſe noch um ein gutes Stück aus dem Waſſer hervorragt, und daß man, wie ich es oft gethan, mit gutem Erfolge eine Büchſenkugel auf ſie abgeben kann. So lange ſie nicht eine beſtimmte Beute vor Augen haben, ſchwimmen ſie gleichmäßig und ziemlich raſch dahin; beim Verfolgen eines Thieres aber ſteigern ſie die Schnelligkeit ihrer Bewegung in ſo hohem Grade, daß ſie den Delfinen kaum etwas nachgeben. An Gelenkigkeit ſtehen ſie allerdings hinter anderen Fiſchen weit zurück, ver- mögen beiſpielsweiſe nicht, jähe Wendungen auszuführen, ſind jedoch viel gewandter, als man gewöhnlich annimmt, und erſetzen durch die jähe Schnelligkeit ihres Angriffs Das, was ihnen an Gelenkigkeit wirklich abgeht. Jhre Sinne ſcheinen wohlentwickelt zu ſein; jedenfalls ſteht ſo viel feſt, daß ſie ſehr gut ſehen, und läßt ſich mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß auch ihr Geruch feiner iſt als der anderer Fiſche. Mehrere Beobachter wollen geradezu im Geruch den höchſtentwickelten ihrer Sinne erkannt haben und behaupten, daß ſie von ſtark riechenden Körpern mehr angezogen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 779. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/821>, abgerufen am 18.06.2024.