der Beobachter gehört er zu den geselligsten, lebhaftesten und gefräßigsten Haien überhaupt. Bei den englischen Fischern heißt er Tümmlerhai oder Delfinshund, weil er, wie diese Wale zu kleinen Trupps vereinigt, seine Beute verfolgt und, von fern gesehen, unter solchen Umständen sehr an die Tümmler erinnert. Mit wüthender Gier fällt er alle Fische an, welche er erreichen kann. Couch fand die Ueberreste von Knorpelfischen, Tintenfischen und Meerhechten in seinem Magen. Barron sah ihn Tune und ihre Verwandten, überhaupt große Makrelen verfolgen, Risso einen Schwertfisch zerreißen, welcher so groß war als der Mörder selbst. Die Paarungszeit fällt in den August und steigert den Muth und die Raubgier des Fisches noch beträchtlich. Daß er mit Menschen ebenso wenig Umstände macht, als andere seiner Familienverwandten läßt sich erwarten; deshalb braucht man jedoch noch keineswegs anzunehmen, daß nun gerade er es gewesen sein soll, "so Jonam den Propheten verschluckt, vnd am dritten tag widerumb an das gestad herauß geworfen hat", weil für uns wahrhaftig kein Grund vorliegt, an dieser abgeschmackten Sage fischkundig zu deuteln.
Das Fleisch des Nasenhaies soll besser sein als das seiner Verwandten und, im Mittelmeere wenigstens, wirklich geschätzt werden. Möglich, daß er diejenige Art ist, deren schon die alten Römer als in Rom beliebten Nahrungsfisches gedenken. Rondelet spricht sich weitläufig darüber aus, und Geßner gibt das von ihm Gesagte in seiner Weise: "Ein fressig, Fleischfressig, Menschenfressig thier ist dieser Fisch, welchs die tägliche erfahrung bezeugt, hat ein weiß fleisch, nit sehr hart, auch nit eines so gar scheußlichen geruchs oder geschmacks, auß der vrsach wirdt es mehr gepriesen, dann aller ander Meerhunden fleisch, es ist auch nit darumb ein abscheuhen von solchem fisch zu haben, daß er Menschen frißt, dann auch etliche andere kleinere fisch, so zu der speiß in hoher Würde gehalten werden, halten nach dem Menschenfleisch". Daß auch die Quacksalberei der Alten sich gewisser Theile dieses Haies bemächtigt, wird Den nicht Wunder nehmen, welcher an die Heilmittel der heutigen Homöo- pathen denkt. Die Goldschmiede faßten die Zähne des Nasenhaies unter dem Namen Schlangen- zungen in Silber, und die Mütter hingen sie ihren Kindern um den Hals, weil sie das Zahnen erleichtern und die Krämpfe vertreiben sollten. Auch fertigte man aus ihnen ein Zahnpulver, von welchem man bestimmt annahm, daß es die Zähne ganz weiß erhalte.
Jn den Tiefen der hochnordischen Meere lebt ein Haifisch, welcher an Größe alle übrigen bekannten übertrifft und demgemäß den Namen Riesenhai mit vollstem Rechte führt. Er vertritt eine eigene Sippe (Selache), deren Merkmale in der kurzen, stumpfen Schnauze, den kleinen Spritz- löchern, den sehr großen, fast den Hals umschließenden Kiemenspalten und den kleinen, im Verhältniß zur Größe kleinsten, schmalkegelförmigen, etwas nach innen gekrümmten Zähnen, sowie den mit vielen Spitzen bedeckten Hautschuppen zu suchen sind. An Länge soll der Riesenhai(Selache maxima) bis 36 Fuß, an Gewicht bis 160 Centner erreichen können. Die Färbung spielt auf bräunlichschwarzem Grunde ins Blaue, die der Unterseite ist weißlich.
Vom nördlichen Eismeere aus erscheint dieser Hai zuweilen in der Nordsee und im atlantischen Weltmeere, namentlich wenn westliche Winde längere Zeit angehalten haben. Man hat ihn an den Küsten von Wales, Cornwall, Devonshire, Dorsetshire und Sussex öfter beobachtet, auch wiederholt an den französischen Küsten gefangen. Jm Jahre 1787 wurde bei St. Malo einer erlegt, welcher dreiunddreißig Fuß lang war und vierundzwanzig Fuß im Umfange hielt; im Jahre 1802 erbeutete man einen, welcher vorher sechsunddreißig Stunden lang mit einem Walfische gekämpft hatte, bei Boulogne. Jm Eismeer soll er sich in den großen Tiefen aufhalten und hier nach Art der Wale allerlei kleinem Seegethier, insbesondere Medusen nachstellen, nach Rinck übrigens auch dem Aase todter Walfische nachgehen und leicht an der Angel gefangen werden. Gunner, ein norwegischer Bischof, erzählt Einiges über seine Lebensweise und ist bis jetzt noch nicht widerlegt worden. Seiner
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Naſenhai. Rieſenhai.
der Beobachter gehört er zu den geſelligſten, lebhafteſten und gefräßigſten Haien überhaupt. Bei den engliſchen Fiſchern heißt er Tümmlerhai oder Delfinshund, weil er, wie dieſe Wale zu kleinen Trupps vereinigt, ſeine Beute verfolgt und, von fern geſehen, unter ſolchen Umſtänden ſehr an die Tümmler erinnert. Mit wüthender Gier fällt er alle Fiſche an, welche er erreichen kann. Couch fand die Ueberreſte von Knorpelfiſchen, Tintenfiſchen und Meerhechten in ſeinem Magen. Barron ſah ihn Tune und ihre Verwandten, überhaupt große Makrelen verfolgen, Riſſo einen Schwertfiſch zerreißen, welcher ſo groß war als der Mörder ſelbſt. Die Paarungszeit fällt in den Auguſt und ſteigert den Muth und die Raubgier des Fiſches noch beträchtlich. Daß er mit Menſchen ebenſo wenig Umſtände macht, als andere ſeiner Familienverwandten läßt ſich erwarten; deshalb braucht man jedoch noch keineswegs anzunehmen, daß nun gerade er es geweſen ſein ſoll, „ſo Jonam den Propheten verſchluckt, vnd am dritten tag widerumb an das geſtad herauß geworfen hat“, weil für uns wahrhaftig kein Grund vorliegt, an dieſer abgeſchmackten Sage fiſchkundig zu deuteln.
Das Fleiſch des Naſenhaies ſoll beſſer ſein als das ſeiner Verwandten und, im Mittelmeere wenigſtens, wirklich geſchätzt werden. Möglich, daß er diejenige Art iſt, deren ſchon die alten Römer als in Rom beliebten Nahrungsfiſches gedenken. Rondelet ſpricht ſich weitläufig darüber aus, und Geßner gibt das von ihm Geſagte in ſeiner Weiſe: „Ein freſſig, Fleiſchfreſſig, Menſchenfreſſig thier iſt dieſer Fiſch, welchs die tägliche erfahrung bezeugt, hat ein weiß fleiſch, nit ſehr hart, auch nit eines ſo gar ſcheußlichen geruchs oder geſchmacks, auß der vrſach wirdt es mehr geprieſen, dann aller ander Meerhunden fleiſch, es iſt auch nit darumb ein abſcheuhen von ſolchem fiſch zu haben, daß er Menſchen frißt, dann auch etliche andere kleinere fiſch, ſo zu der ſpeiß in hoher Würde gehalten werden, halten nach dem Menſchenfleiſch“. Daß auch die Quackſalberei der Alten ſich gewiſſer Theile dieſes Haies bemächtigt, wird Den nicht Wunder nehmen, welcher an die Heilmittel der heutigen Homöo- pathen denkt. Die Goldſchmiede faßten die Zähne des Naſenhaies unter dem Namen Schlangen- zungen in Silber, und die Mütter hingen ſie ihren Kindern um den Hals, weil ſie das Zahnen erleichtern und die Krämpfe vertreiben ſollten. Auch fertigte man aus ihnen ein Zahnpulver, von welchem man beſtimmt annahm, daß es die Zähne ganz weiß erhalte.
Jn den Tiefen der hochnordiſchen Meere lebt ein Haifiſch, welcher an Größe alle übrigen bekannten übertrifft und demgemäß den Namen Rieſenhai mit vollſtem Rechte führt. Er vertritt eine eigene Sippe (Selache), deren Merkmale in der kurzen, ſtumpfen Schnauze, den kleinen Spritz- löchern, den ſehr großen, faſt den Hals umſchließenden Kiemenſpalten und den kleinen, im Verhältniß zur Größe kleinſten, ſchmalkegelförmigen, etwas nach innen gekrümmten Zähnen, ſowie den mit vielen Spitzen bedeckten Hautſchuppen zu ſuchen ſind. An Länge ſoll der Rieſenhai(Selache maxima) bis 36 Fuß, an Gewicht bis 160 Centner erreichen können. Die Färbung ſpielt auf bräunlichſchwarzem Grunde ins Blaue, die der Unterſeite iſt weißlich.
Vom nördlichen Eismeere aus erſcheint dieſer Hai zuweilen in der Nordſee und im atlantiſchen Weltmeere, namentlich wenn weſtliche Winde längere Zeit angehalten haben. Man hat ihn an den Küſten von Wales, Cornwall, Devonſhire, Dorſetſhire und Suſſex öfter beobachtet, auch wiederholt an den franzöſiſchen Küſten gefangen. Jm Jahre 1787 wurde bei St. Malo einer erlegt, welcher dreiunddreißig Fuß lang war und vierundzwanzig Fuß im Umfange hielt; im Jahre 1802 erbeutete man einen, welcher vorher ſechsunddreißig Stunden lang mit einem Walfiſche gekämpft hatte, bei Boulogne. Jm Eismeer ſoll er ſich in den großen Tiefen aufhalten und hier nach Art der Wale allerlei kleinem Seegethier, insbeſondere Meduſen nachſtellen, nach Rinck übrigens auch dem Aaſe todter Walfiſche nachgehen und leicht an der Angel gefangen werden. Gunner, ein norwegiſcher Biſchof, erzählt Einiges über ſeine Lebensweiſe und iſt bis jetzt noch nicht widerlegt worden. Seiner
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Naſenhai. Rieſenhai.
der Beobachter gehört er zu den geſelligſten, lebhafteſten und gefräßigſten Haien überhaupt. Bei
den engliſchen Fiſchern heißt er Tümmlerhai oder Delfinshund, weil er, wie dieſe Wale zu
kleinen Trupps vereinigt, ſeine Beute verfolgt und, von fern geſehen, unter ſolchen Umſtänden ſehr
an die Tümmler erinnert. Mit wüthender Gier fällt er alle Fiſche an, welche er erreichen kann.
Couch fand die Ueberreſte von Knorpelfiſchen, Tintenfiſchen und Meerhechten in ſeinem Magen.
Barron ſah ihn Tune und ihre Verwandten, überhaupt große Makrelen verfolgen, Riſſo einen
Schwertfiſch zerreißen, welcher ſo groß war als der Mörder ſelbſt. Die Paarungszeit fällt in den
Auguſt und ſteigert den Muth und die Raubgier des Fiſches noch beträchtlich. Daß er mit Menſchen
ebenſo wenig Umſtände macht, als andere ſeiner Familienverwandten läßt ſich erwarten; deshalb
braucht man jedoch noch keineswegs anzunehmen, daß nun gerade er es geweſen ſein ſoll, „ſo Jonam
den Propheten verſchluckt, vnd am dritten tag widerumb an das geſtad herauß geworfen hat“, weil
für uns wahrhaftig kein Grund vorliegt, an dieſer abgeſchmackten Sage fiſchkundig zu deuteln.
Das Fleiſch des Naſenhaies ſoll beſſer ſein als das ſeiner Verwandten und, im Mittelmeere
wenigſtens, wirklich geſchätzt werden. Möglich, daß er diejenige Art iſt, deren ſchon die alten Römer
als in Rom beliebten Nahrungsfiſches gedenken. Rondelet ſpricht ſich weitläufig darüber aus, und
Geßner gibt das von ihm Geſagte in ſeiner Weiſe: „Ein freſſig, Fleiſchfreſſig, Menſchenfreſſig thier
iſt dieſer Fiſch, welchs die tägliche erfahrung bezeugt, hat ein weiß fleiſch, nit ſehr hart, auch nit eines
ſo gar ſcheußlichen geruchs oder geſchmacks, auß der vrſach wirdt es mehr geprieſen, dann aller ander
Meerhunden fleiſch, es iſt auch nit darumb ein abſcheuhen von ſolchem fiſch zu haben, daß er Menſchen
frißt, dann auch etliche andere kleinere fiſch, ſo zu der ſpeiß in hoher Würde gehalten werden, halten
nach dem Menſchenfleiſch“. Daß auch die Quackſalberei der Alten ſich gewiſſer Theile dieſes
Haies bemächtigt, wird Den nicht Wunder nehmen, welcher an die Heilmittel der heutigen Homöo-
pathen denkt. Die Goldſchmiede faßten die Zähne des Naſenhaies unter dem Namen Schlangen-
zungen in Silber, und die Mütter hingen ſie ihren Kindern um den Hals, weil ſie das Zahnen
erleichtern und die Krämpfe vertreiben ſollten. Auch fertigte man aus ihnen ein Zahnpulver, von
welchem man beſtimmt annahm, daß es die Zähne ganz weiß erhalte.
Jn den Tiefen der hochnordiſchen Meere lebt ein Haifiſch, welcher an Größe alle übrigen
bekannten übertrifft und demgemäß den Namen Rieſenhai mit vollſtem Rechte führt. Er vertritt
eine eigene Sippe (Selache), deren Merkmale in der kurzen, ſtumpfen Schnauze, den kleinen Spritz-
löchern, den ſehr großen, faſt den Hals umſchließenden Kiemenſpalten und den kleinen, im Verhältniß
zur Größe kleinſten, ſchmalkegelförmigen, etwas nach innen gekrümmten Zähnen, ſowie den mit
vielen Spitzen bedeckten Hautſchuppen zu ſuchen ſind. An Länge ſoll der Rieſenhai (Selache
maxima) bis 36 Fuß, an Gewicht bis 160 Centner erreichen können. Die Färbung ſpielt auf
bräunlichſchwarzem Grunde ins Blaue, die der Unterſeite iſt weißlich.
Vom nördlichen Eismeere aus erſcheint dieſer Hai zuweilen in der Nordſee und im atlantiſchen
Weltmeere, namentlich wenn weſtliche Winde längere Zeit angehalten haben. Man hat ihn an den
Küſten von Wales, Cornwall, Devonſhire, Dorſetſhire und Suſſex öfter beobachtet, auch wiederholt
an den franzöſiſchen Küſten gefangen. Jm Jahre 1787 wurde bei St. Malo einer erlegt, welcher
dreiunddreißig Fuß lang war und vierundzwanzig Fuß im Umfange hielt; im Jahre 1802 erbeutete
man einen, welcher vorher ſechsunddreißig Stunden lang mit einem Walfiſche gekämpft hatte, bei
Boulogne. Jm Eismeer ſoll er ſich in den großen Tiefen aufhalten und hier nach Art der Wale
allerlei kleinem Seegethier, insbeſondere Meduſen nachſtellen, nach Rinck übrigens auch dem Aaſe
todter Walfiſche nachgehen und leicht an der Angel gefangen werden. Gunner, ein norwegiſcher
Biſchof, erzählt Einiges über ſeine Lebensweiſe und iſt bis jetzt noch nicht widerlegt worden. Seiner
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 787. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/829>, abgerufen am 16.07.2024.
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