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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Quermäuler. Fuchshaie. Seefüchse. Stachelhaie.
Behauptung zu Folge zeigt der Riesenhai Nichts von der Wildheit anderer Verwandten, ist vielmehr
ein vollkommen unschädlicher Fisch und bekundet eine erstaunliche Trägheit, Gleichgiltigkeit und
Dummheit. Ein Boot kann ihn verfolgen, ohne daß er sich beeilt, demselben zu entgehen; ja, er
läßt dasselbe so nahe an sich herankommen, daß man ihm einen Wurfspieß zuschleudern kann, soll
sogar, wenn er, sich behaglich sonnend, an der Oberfläche des Wassers umhertreibt, sich berühren
lassen. Erst wenn er den Wurfspieß im Leibe fühlt, wirft er seinen Schwanz in die Höhe und
taucht mit aller Gewalt unter. Nimmt er wahr, daß seine Bemühungen, zu entkommen, fruchtlos
sind, so schwimmt er mit erstaunlicher Schnelligkeit fort und legt dabei eine derartige Kraft an den
Tag, daß er Schiffe von siebzig Tonnen auch gegen den Wind fortbewegt. Zuweilen macht er den
Fischern zwanzig bis vierundzwanzig Stunden lang zu schaffen, ehe sie ihn überwinden können. Man
jagt ihn nur wegen seiner Leber, welche, wie Gunner versichert, ein Gewicht von zwanzig Centnern
erreichen soll, und einen trefflichen Thran liefert. Das Fleisch ist lederartig und von unangenehmem
Geschmack, wird jedoch trotzdem im Norden manchmal gegessen oder doch, in Streifen geschnitten,
getrocknet und als Köder zum Fange anderer Fische verwendet.



Schon Geßner beschreibt unter dem Namen Seefuchs einen Hai, welcher "hinden an
den schwantz die oberfäckten sehr lang hat auffgestreckt" und fügt diese Worte hinzu: "Gleicher
gestalt als der jrdische Fuchß das listigste Thier geachtet wirt, also sollen auch diese fisch sondere
listigkeit an jnen haben. Dann ab dem aaß der angel hat er ein abscheuwen vnd so er jn gefressen,
so scheußt er der schnur nach, vnd beißt dieselbig ab, also daß zu zeiten drey oder vier ängel in seinem
bauch gefunden werden".

Die unserem Hai von Geßner angedichtete Listigkeit ist es nicht, welche mich bewogen hat, ihn
mit aufzunehmen; der Seefuchs oder Drescher (Alopecias vulpes) verdient aus anderen Gründen
Beachtung. Jhn zeichnet vor allen seinen Verwandten die außerordentliche Länge des oberen Lappens
der Schwanzflosse aus, abgesehen von anderweitigen Merkmalen, welche den Kundigen so wichtig
erschienen sind, daß man den Fisch nicht nur als Vertreter der Sippe der Seefüchse, sondern sogar als
Urbild einer Familie, der Fuchshaie (Alopeciae) zu betrachten für würdig erachtet hat. Anzahl und
Stellung der Vorderflossen unterscheiden diese Haie nicht von den übrigen und auch der obere Schwanz-
lappen verlängert sich bei anderen in ähnlichem, jedoch nicht gleichen Verhältnisse; gleichwohl hat
das Thier etwas sehr Eigenthümliches. Der Vorderleib ist verhältnißmäßig überaus kräftig, die
erste Rückenflosse hoch und sichelförmig, die Brustflosse ähnlich gestaltet und noch größer, die zweite
Rücken-, Bauch- und Afterflosse dagegen sehr klein, die Schnanze kurz und kegelförmig; Spritz-
löcher sind vorhanden, aber so klein, daß sie oft übersehen wurden, die Nasenlöcher ebenfalls klein,
an ihrem oberen Rande mit einem kurzen Lappen versehen, die Kiemenspalten kurz wie bei den
Menschenhaien. Das Gebiß besteht aus dreikantigen, glattrandigen Zähnen, welche sich in drei bis
vier Reihen ordnen und in den vorderen gerade stehen, während die übrigen etwas nach auswärts oder
seitwärts sich neigen; die kleinen Schuppen sind dreikantig u. s. w. An Länge erreicht der Drescher
15 Fuß und darüber: ein Stück, welches Couch untersuchte, maß in gerader Linie 10 Fuß 10 Zoll,
bei 3 Fuß 4 Zoll Umfang; der obere Schwanzlappen kam an Länge dem Leibe ungefähr gleich.
Rücken und Seiten sind dunkelblau gefärbt, die unteren Theile weiß getüpfelt und gefleckt.

Jm mittelländischen Meere gehört der Drescher unter die häufigeren Arten seiner Zunft; im
atlantischen Meere scheint er ebenfalls nicht selten zu sein; an den britischen Küsten zeigt er sich
gelegentlich. Den bezeichnenden Namen führt er von der Art und Weise seines Angriffs auf andere
Seethiere. Er bedient sich hierbei nämlich weniger seines Gebisses, als seines langen Schwanz-
lappens, mit welchem er kräftige, weitschallende Schläge austheilt. "Nicht ungewöhnlich ist es"

Die Quermäuler. Fuchshaie. Seefüchſe. Stachelhaie.
Behauptung zu Folge zeigt der Rieſenhai Nichts von der Wildheit anderer Verwandten, iſt vielmehr
ein vollkommen unſchädlicher Fiſch und bekundet eine erſtaunliche Trägheit, Gleichgiltigkeit und
Dummheit. Ein Boot kann ihn verfolgen, ohne daß er ſich beeilt, demſelben zu entgehen; ja, er
läßt daſſelbe ſo nahe an ſich herankommen, daß man ihm einen Wurfſpieß zuſchleudern kann, ſoll
ſogar, wenn er, ſich behaglich ſonnend, an der Oberfläche des Waſſers umhertreibt, ſich berühren
laſſen. Erſt wenn er den Wurfſpieß im Leibe fühlt, wirft er ſeinen Schwanz in die Höhe und
taucht mit aller Gewalt unter. Nimmt er wahr, daß ſeine Bemühungen, zu entkommen, fruchtlos
ſind, ſo ſchwimmt er mit erſtaunlicher Schnelligkeit fort und legt dabei eine derartige Kraft an den
Tag, daß er Schiffe von ſiebzig Tonnen auch gegen den Wind fortbewegt. Zuweilen macht er den
Fiſchern zwanzig bis vierundzwanzig Stunden lang zu ſchaffen, ehe ſie ihn überwinden können. Man
jagt ihn nur wegen ſeiner Leber, welche, wie Gunner verſichert, ein Gewicht von zwanzig Centnern
erreichen ſoll, und einen trefflichen Thran liefert. Das Fleiſch iſt lederartig und von unangenehmem
Geſchmack, wird jedoch trotzdem im Norden manchmal gegeſſen oder doch, in Streifen geſchnitten,
getrocknet und als Köder zum Fange anderer Fiſche verwendet.



Schon Geßner beſchreibt unter dem Namen Seefuchs einen Hai, welcher „hinden an
den ſchwantz die oberfäckten ſehr lang hat auffgeſtreckt“ und fügt dieſe Worte hinzu: „Gleicher
geſtalt als der jrdiſche Fuchß das liſtigſte Thier geachtet wirt, alſo ſollen auch dieſe fiſch ſondere
liſtigkeit an jnen haben. Dann ab dem aaß der angel hat er ein abſcheuwen vnd ſo er jn gefreſſen,
ſo ſcheußt er der ſchnur nach, vnd beißt dieſelbig ab, alſo daß zu zeiten drey oder vier ängel in ſeinem
bauch gefunden werden“.

Die unſerem Hai von Geßner angedichtete Liſtigkeit iſt es nicht, welche mich bewogen hat, ihn
mit aufzunehmen; der Seefuchs oder Dreſcher (Alopecias vulpes) verdient aus anderen Gründen
Beachtung. Jhn zeichnet vor allen ſeinen Verwandten die außerordentliche Länge des oberen Lappens
der Schwanzfloſſe aus, abgeſehen von anderweitigen Merkmalen, welche den Kundigen ſo wichtig
erſchienen ſind, daß man den Fiſch nicht nur als Vertreter der Sippe der Seefüchſe, ſondern ſogar als
Urbild einer Familie, der Fuchshaie (Alopeciae) zu betrachten für würdig erachtet hat. Anzahl und
Stellung der Vorderfloſſen unterſcheiden dieſe Haie nicht von den übrigen und auch der obere Schwanz-
lappen verlängert ſich bei anderen in ähnlichem, jedoch nicht gleichen Verhältniſſe; gleichwohl hat
das Thier etwas ſehr Eigenthümliches. Der Vorderleib iſt verhältnißmäßig überaus kräftig, die
erſte Rückenfloſſe hoch und ſichelförmig, die Bruſtfloſſe ähnlich geſtaltet und noch größer, die zweite
Rücken-, Bauch- und Afterfloſſe dagegen ſehr klein, die Schnanze kurz und kegelförmig; Spritz-
löcher ſind vorhanden, aber ſo klein, daß ſie oft überſehen wurden, die Naſenlöcher ebenfalls klein,
an ihrem oberen Rande mit einem kurzen Lappen verſehen, die Kiemenſpalten kurz wie bei den
Menſchenhaien. Das Gebiß beſteht aus dreikantigen, glattrandigen Zähnen, welche ſich in drei bis
vier Reihen ordnen und in den vorderen gerade ſtehen, während die übrigen etwas nach auswärts oder
ſeitwärts ſich neigen; die kleinen Schuppen ſind dreikantig u. ſ. w. An Länge erreicht der Dreſcher
15 Fuß und darüber: ein Stück, welches Couch unterſuchte, maß in gerader Linie 10 Fuß 10 Zoll,
bei 3 Fuß 4 Zoll Umfang; der obere Schwanzlappen kam an Länge dem Leibe ungefähr gleich.
Rücken und Seiten ſind dunkelblau gefärbt, die unteren Theile weiß getüpfelt und gefleckt.

Jm mittelländiſchen Meere gehört der Dreſcher unter die häufigeren Arten ſeiner Zunft; im
atlantiſchen Meere ſcheint er ebenfalls nicht ſelten zu ſein; an den britiſchen Küſten zeigt er ſich
gelegentlich. Den bezeichnenden Namen führt er von der Art und Weiſe ſeines Angriffs auf andere
Seethiere. Er bedient ſich hierbei nämlich weniger ſeines Gebiſſes, als ſeines langen Schwanz-
lappens, mit welchem er kräftige, weitſchallende Schläge austheilt. „Nicht ungewöhnlich iſt es“

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[788/0830] Die Quermäuler. Fuchshaie. Seefüchſe. Stachelhaie. Behauptung zu Folge zeigt der Rieſenhai Nichts von der Wildheit anderer Verwandten, iſt vielmehr ein vollkommen unſchädlicher Fiſch und bekundet eine erſtaunliche Trägheit, Gleichgiltigkeit und Dummheit. Ein Boot kann ihn verfolgen, ohne daß er ſich beeilt, demſelben zu entgehen; ja, er läßt daſſelbe ſo nahe an ſich herankommen, daß man ihm einen Wurfſpieß zuſchleudern kann, ſoll ſogar, wenn er, ſich behaglich ſonnend, an der Oberfläche des Waſſers umhertreibt, ſich berühren laſſen. Erſt wenn er den Wurfſpieß im Leibe fühlt, wirft er ſeinen Schwanz in die Höhe und taucht mit aller Gewalt unter. Nimmt er wahr, daß ſeine Bemühungen, zu entkommen, fruchtlos ſind, ſo ſchwimmt er mit erſtaunlicher Schnelligkeit fort und legt dabei eine derartige Kraft an den Tag, daß er Schiffe von ſiebzig Tonnen auch gegen den Wind fortbewegt. Zuweilen macht er den Fiſchern zwanzig bis vierundzwanzig Stunden lang zu ſchaffen, ehe ſie ihn überwinden können. Man jagt ihn nur wegen ſeiner Leber, welche, wie Gunner verſichert, ein Gewicht von zwanzig Centnern erreichen ſoll, und einen trefflichen Thran liefert. Das Fleiſch iſt lederartig und von unangenehmem Geſchmack, wird jedoch trotzdem im Norden manchmal gegeſſen oder doch, in Streifen geſchnitten, getrocknet und als Köder zum Fange anderer Fiſche verwendet. Schon Geßner beſchreibt unter dem Namen Seefuchs einen Hai, welcher „hinden an den ſchwantz die oberfäckten ſehr lang hat auffgeſtreckt“ und fügt dieſe Worte hinzu: „Gleicher geſtalt als der jrdiſche Fuchß das liſtigſte Thier geachtet wirt, alſo ſollen auch dieſe fiſch ſondere liſtigkeit an jnen haben. Dann ab dem aaß der angel hat er ein abſcheuwen vnd ſo er jn gefreſſen, ſo ſcheußt er der ſchnur nach, vnd beißt dieſelbig ab, alſo daß zu zeiten drey oder vier ängel in ſeinem bauch gefunden werden“. Die unſerem Hai von Geßner angedichtete Liſtigkeit iſt es nicht, welche mich bewogen hat, ihn mit aufzunehmen; der Seefuchs oder Dreſcher (Alopecias vulpes) verdient aus anderen Gründen Beachtung. Jhn zeichnet vor allen ſeinen Verwandten die außerordentliche Länge des oberen Lappens der Schwanzfloſſe aus, abgeſehen von anderweitigen Merkmalen, welche den Kundigen ſo wichtig erſchienen ſind, daß man den Fiſch nicht nur als Vertreter der Sippe der Seefüchſe, ſondern ſogar als Urbild einer Familie, der Fuchshaie (Alopeciae) zu betrachten für würdig erachtet hat. Anzahl und Stellung der Vorderfloſſen unterſcheiden dieſe Haie nicht von den übrigen und auch der obere Schwanz- lappen verlängert ſich bei anderen in ähnlichem, jedoch nicht gleichen Verhältniſſe; gleichwohl hat das Thier etwas ſehr Eigenthümliches. Der Vorderleib iſt verhältnißmäßig überaus kräftig, die erſte Rückenfloſſe hoch und ſichelförmig, die Bruſtfloſſe ähnlich geſtaltet und noch größer, die zweite Rücken-, Bauch- und Afterfloſſe dagegen ſehr klein, die Schnanze kurz und kegelförmig; Spritz- löcher ſind vorhanden, aber ſo klein, daß ſie oft überſehen wurden, die Naſenlöcher ebenfalls klein, an ihrem oberen Rande mit einem kurzen Lappen verſehen, die Kiemenſpalten kurz wie bei den Menſchenhaien. Das Gebiß beſteht aus dreikantigen, glattrandigen Zähnen, welche ſich in drei bis vier Reihen ordnen und in den vorderen gerade ſtehen, während die übrigen etwas nach auswärts oder ſeitwärts ſich neigen; die kleinen Schuppen ſind dreikantig u. ſ. w. An Länge erreicht der Dreſcher 15 Fuß und darüber: ein Stück, welches Couch unterſuchte, maß in gerader Linie 10 Fuß 10 Zoll, bei 3 Fuß 4 Zoll Umfang; der obere Schwanzlappen kam an Länge dem Leibe ungefähr gleich. Rücken und Seiten ſind dunkelblau gefärbt, die unteren Theile weiß getüpfelt und gefleckt. Jm mittelländiſchen Meere gehört der Dreſcher unter die häufigeren Arten ſeiner Zunft; im atlantiſchen Meere ſcheint er ebenfalls nicht ſelten zu ſein; an den britiſchen Küſten zeigt er ſich gelegentlich. Den bezeichnenden Namen führt er von der Art und Weiſe ſeines Angriffs auf andere Seethiere. Er bedient ſich hierbei nämlich weniger ſeines Gebiſſes, als ſeines langen Schwanz- lappens, mit welchem er kräftige, weitſchallende Schläge austheilt. „Nicht ungewöhnlich iſt es“

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 788. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/830>, abgerufen am 22.12.2024.