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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Meerengel. Sägefisch.
er gern halb im Sande verborgen, die lebhaften Augen nach oben gerichtet und beim Erspähen einer
Beute plötzlich hervorschießend. Zuweilen findet man kleine Trupps dieser Fische zusammen anscheinend
im besten Einvernehmen.

Die Zeit der Fortpflanzung wird verschieden angegeben: Einige nennen den Herbst, Andere
das Frühjahr als die Zeit, in welcher der Meerengel seine sieben bis acht, nach Anderen dreizehn bis
vierzehn ausgetragene Jungen zur Welt bringt. Auch von ihm erzählte man sich früher, daß die
Mutter eine große Zärtlichkeit gegen ihre Jungen beweise und sie bei Gefahr "in sich schlucken, vnd
nach etlicher zeit wider herauß werffen" solle: die neueren Beobachter wissen davon Nichts
mitzutheilen.

Da der Meerengel an Gefräßigkeit anderen Haien nicht nachsteht, wird er ohne Mühe mit der
Angel gefangen. Große Stücke sollen sich zuweilen so heftig wehren, daß sich die Fischer vor ihnen
in Acht nehmen müssen: ein englischer Fischer soll von einem angegriffen und stark verwundet worden
sein. Das lederartige, zähe, unangenehm schmeckende Fleisch wird nicht geschätzt; die Haut zum
Raspeln und Poliren gebraucht oder zu Degengriffen, Messerscheiden etc. verwendet. Vormals wußte
man aus Fleisch, Leber, Eier, Haut etc. verschiedene Arzneimittel zu bereiten.



Die innige Verwandtschaft, welche zwischen den Haifischen und Rochen besteht, beweist nicht blos
der Meerengel, welchen man einen Haifisch in Rochengestalt nennen könnte, sondern auch der Säge-
fisch
(Pristis antiquorum), ein Roche in Haifischgestalt. Den verlängerten, vorn abgeplatteten Leib,
die lange Schnauze und die Stellung der Flossen hat dieser Roche mit den Haifischen gemein, während
er seine Familienangehörigkeit durch das breite, quer unter der Schnauze liegende Maul und das
aus Pflasterzähnen bestehende Gebiß bekundet. Jhm eigenthümlich ist die Verlängerung der Ober-
schnauze, welche in ein langes, schmales, seitlich mit eingekeilten Zähnen bewehrtes Blatt, die Säge,
ausgezogen ist und gleichsam die Schnauzenknorpel anderer Quermäuler in ihrer höchsten Vollendung
darstellt; zwei kleine Spritzlöcher stehen vor den Augen; die Afterflosse fehlt.

Der Sägefisch, welcher im indischen Weltmeere durch Verwandte ersetzt zu werden scheint, hat
eine sehr weite Verbreitung: man will ihn fast in allen Meeren beider Halbkugeln, vom Gleicher an
bis gegen die Pole hin gefunden haben. Seine Länge schwankt zwischen 12 bis 15 Fuß, wovon die
Säge ungefähr den dritten Theil wegnimmt. Die Färbung der rauhen Haut ist ein ziemlich gleich-
mäßiges Braungrau, welches auf der Unterseite lichter wird.

Ueber die Lebensweise sind wir noch heutigentages nur dürftig unterrichtet; denn die vielen
Geschichten, welche von der Wildheit und Blutgier des Sägefisches erzählt werden, müssen mit
Vorsicht aufgenommen werden. Er soll einer der wüthendsten Feinde der Wale sein, sie von unten
angreifen, mit seiner gewaltigen Waffe ihnen den Bauch aufreißen und zerschneiden, unter fürchter-
lichen Schlägen und Toben im Wasser stundenlang kämpfen und die Wahlstatt erst verlassen, wenn
er den Feind erlegt oder im Kampfe seine Waffe verloren. Die Walfischfänger sollen einem der-
artigen Schauspiele von fern zusehen und ruhig warten, bis der Kampf vorüber; denn der Sägefisch
soll nur die Zunge seines Feindes fressen und das Uebrige liegen lassen. So berichtet Martens,
der schon mehrfach genannte Hamburger Bürgermeister, von dessen reger Einbildungskraft uns die
Geschichte des Herings überzeugt hat. Die Stellung des Maules und das Gebiß deuten weit eher
als auf derartige Kämpfe darauf hin, daß der Sägefisch nach Art anderer Rochen nah am Boden
lebt und hier auf kleine Fische, Krebse, Weichthiere u. dgl. Jagd macht. Möglich, daß er manchmal
mit dem Schwertfisch verwechselt wurde, von welchem man, wie oben bemerkt, mit größerem Rechte
ähnliche Dinge erzählt, möglich auch, daß er wirklich in blinder Wuth seine Säge in den Leib größerer
Wale oder in den Rumpf von Fischen rennt.

Meerengel. Sägefiſch.
er gern halb im Sande verborgen, die lebhaften Augen nach oben gerichtet und beim Erſpähen einer
Beute plötzlich hervorſchießend. Zuweilen findet man kleine Trupps dieſer Fiſche zuſammen anſcheinend
im beſten Einvernehmen.

Die Zeit der Fortpflanzung wird verſchieden angegeben: Einige nennen den Herbſt, Andere
das Frühjahr als die Zeit, in welcher der Meerengel ſeine ſieben bis acht, nach Anderen dreizehn bis
vierzehn ausgetragene Jungen zur Welt bringt. Auch von ihm erzählte man ſich früher, daß die
Mutter eine große Zärtlichkeit gegen ihre Jungen beweiſe und ſie bei Gefahr „in ſich ſchlucken, vnd
nach etlicher zeit wider herauß werffen“ ſolle: die neueren Beobachter wiſſen davon Nichts
mitzutheilen.

Da der Meerengel an Gefräßigkeit anderen Haien nicht nachſteht, wird er ohne Mühe mit der
Angel gefangen. Große Stücke ſollen ſich zuweilen ſo heftig wehren, daß ſich die Fiſcher vor ihnen
in Acht nehmen müſſen: ein engliſcher Fiſcher ſoll von einem angegriffen und ſtark verwundet worden
ſein. Das lederartige, zähe, unangenehm ſchmeckende Fleiſch wird nicht geſchätzt; die Haut zum
Raspeln und Poliren gebraucht oder zu Degengriffen, Meſſerſcheiden ꝛc. verwendet. Vormals wußte
man aus Fleiſch, Leber, Eier, Haut ꝛc. verſchiedene Arzneimittel zu bereiten.



Die innige Verwandtſchaft, welche zwiſchen den Haifiſchen und Rochen beſteht, beweiſt nicht blos
der Meerengel, welchen man einen Haifiſch in Rochengeſtalt nennen könnte, ſondern auch der Säge-
fiſch
(Pristis antiquorum), ein Roche in Haifiſchgeſtalt. Den verlängerten, vorn abgeplatteten Leib,
die lange Schnauze und die Stellung der Floſſen hat dieſer Roche mit den Haifiſchen gemein, während
er ſeine Familienangehörigkeit durch das breite, quer unter der Schnauze liegende Maul und das
aus Pflaſterzähnen beſtehende Gebiß bekundet. Jhm eigenthümlich iſt die Verlängerung der Ober-
ſchnauze, welche in ein langes, ſchmales, ſeitlich mit eingekeilten Zähnen bewehrtes Blatt, die Säge,
ausgezogen iſt und gleichſam die Schnauzenknorpel anderer Quermäuler in ihrer höchſten Vollendung
darſtellt; zwei kleine Spritzlöcher ſtehen vor den Augen; die Afterfloſſe fehlt.

Der Sägefiſch, welcher im indiſchen Weltmeere durch Verwandte erſetzt zu werden ſcheint, hat
eine ſehr weite Verbreitung: man will ihn faſt in allen Meeren beider Halbkugeln, vom Gleicher an
bis gegen die Pole hin gefunden haben. Seine Länge ſchwankt zwiſchen 12 bis 15 Fuß, wovon die
Säge ungefähr den dritten Theil wegnimmt. Die Färbung der rauhen Haut iſt ein ziemlich gleich-
mäßiges Braungrau, welches auf der Unterſeite lichter wird.

Ueber die Lebensweiſe ſind wir noch heutigentages nur dürftig unterrichtet; denn die vielen
Geſchichten, welche von der Wildheit und Blutgier des Sägefiſches erzählt werden, müſſen mit
Vorſicht aufgenommen werden. Er ſoll einer der wüthendſten Feinde der Wale ſein, ſie von unten
angreifen, mit ſeiner gewaltigen Waffe ihnen den Bauch aufreißen und zerſchneiden, unter fürchter-
lichen Schlägen und Toben im Waſſer ſtundenlang kämpfen und die Wahlſtatt erſt verlaſſen, wenn
er den Feind erlegt oder im Kampfe ſeine Waffe verloren. Die Walfiſchfänger ſollen einem der-
artigen Schauſpiele von fern zuſehen und ruhig warten, bis der Kampf vorüber; denn der Sägefiſch
ſoll nur die Zunge ſeines Feindes freſſen und das Uebrige liegen laſſen. So berichtet Martens,
der ſchon mehrfach genannte Hamburger Bürgermeiſter, von deſſen reger Einbildungskraft uns die
Geſchichte des Herings überzeugt hat. Die Stellung des Maules und das Gebiß deuten weit eher
als auf derartige Kämpfe darauf hin, daß der Sägefiſch nach Art anderer Rochen nah am Boden
lebt und hier auf kleine Fiſche, Krebſe, Weichthiere u. dgl. Jagd macht. Möglich, daß er manchmal
mit dem Schwertfiſch verwechſelt wurde, von welchem man, wie oben bemerkt, mit größerem Rechte
ähnliche Dinge erzählt, möglich auch, daß er wirklich in blinder Wuth ſeine Säge in den Leib größerer
Wale oder in den Rumpf von Fiſchen rennt.

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[793/0837] Meerengel. Sägefiſch. er gern halb im Sande verborgen, die lebhaften Augen nach oben gerichtet und beim Erſpähen einer Beute plötzlich hervorſchießend. Zuweilen findet man kleine Trupps dieſer Fiſche zuſammen anſcheinend im beſten Einvernehmen. Die Zeit der Fortpflanzung wird verſchieden angegeben: Einige nennen den Herbſt, Andere das Frühjahr als die Zeit, in welcher der Meerengel ſeine ſieben bis acht, nach Anderen dreizehn bis vierzehn ausgetragene Jungen zur Welt bringt. Auch von ihm erzählte man ſich früher, daß die Mutter eine große Zärtlichkeit gegen ihre Jungen beweiſe und ſie bei Gefahr „in ſich ſchlucken, vnd nach etlicher zeit wider herauß werffen“ ſolle: die neueren Beobachter wiſſen davon Nichts mitzutheilen. Da der Meerengel an Gefräßigkeit anderen Haien nicht nachſteht, wird er ohne Mühe mit der Angel gefangen. Große Stücke ſollen ſich zuweilen ſo heftig wehren, daß ſich die Fiſcher vor ihnen in Acht nehmen müſſen: ein engliſcher Fiſcher ſoll von einem angegriffen und ſtark verwundet worden ſein. Das lederartige, zähe, unangenehm ſchmeckende Fleiſch wird nicht geſchätzt; die Haut zum Raspeln und Poliren gebraucht oder zu Degengriffen, Meſſerſcheiden ꝛc. verwendet. Vormals wußte man aus Fleiſch, Leber, Eier, Haut ꝛc. verſchiedene Arzneimittel zu bereiten. Die innige Verwandtſchaft, welche zwiſchen den Haifiſchen und Rochen beſteht, beweiſt nicht blos der Meerengel, welchen man einen Haifiſch in Rochengeſtalt nennen könnte, ſondern auch der Säge- fiſch (Pristis antiquorum), ein Roche in Haifiſchgeſtalt. Den verlängerten, vorn abgeplatteten Leib, die lange Schnauze und die Stellung der Floſſen hat dieſer Roche mit den Haifiſchen gemein, während er ſeine Familienangehörigkeit durch das breite, quer unter der Schnauze liegende Maul und das aus Pflaſterzähnen beſtehende Gebiß bekundet. Jhm eigenthümlich iſt die Verlängerung der Ober- ſchnauze, welche in ein langes, ſchmales, ſeitlich mit eingekeilten Zähnen bewehrtes Blatt, die Säge, ausgezogen iſt und gleichſam die Schnauzenknorpel anderer Quermäuler in ihrer höchſten Vollendung darſtellt; zwei kleine Spritzlöcher ſtehen vor den Augen; die Afterfloſſe fehlt. Der Sägefiſch, welcher im indiſchen Weltmeere durch Verwandte erſetzt zu werden ſcheint, hat eine ſehr weite Verbreitung: man will ihn faſt in allen Meeren beider Halbkugeln, vom Gleicher an bis gegen die Pole hin gefunden haben. Seine Länge ſchwankt zwiſchen 12 bis 15 Fuß, wovon die Säge ungefähr den dritten Theil wegnimmt. Die Färbung der rauhen Haut iſt ein ziemlich gleich- mäßiges Braungrau, welches auf der Unterſeite lichter wird. Ueber die Lebensweiſe ſind wir noch heutigentages nur dürftig unterrichtet; denn die vielen Geſchichten, welche von der Wildheit und Blutgier des Sägefiſches erzählt werden, müſſen mit Vorſicht aufgenommen werden. Er ſoll einer der wüthendſten Feinde der Wale ſein, ſie von unten angreifen, mit ſeiner gewaltigen Waffe ihnen den Bauch aufreißen und zerſchneiden, unter fürchter- lichen Schlägen und Toben im Waſſer ſtundenlang kämpfen und die Wahlſtatt erſt verlaſſen, wenn er den Feind erlegt oder im Kampfe ſeine Waffe verloren. Die Walfiſchfänger ſollen einem der- artigen Schauſpiele von fern zuſehen und ruhig warten, bis der Kampf vorüber; denn der Sägefiſch ſoll nur die Zunge ſeines Feindes freſſen und das Uebrige liegen laſſen. So berichtet Martens, der ſchon mehrfach genannte Hamburger Bürgermeiſter, von deſſen reger Einbildungskraft uns die Geſchichte des Herings überzeugt hat. Die Stellung des Maules und das Gebiß deuten weit eher als auf derartige Kämpfe darauf hin, daß der Sägefiſch nach Art anderer Rochen nah am Boden lebt und hier auf kleine Fiſche, Krebſe, Weichthiere u. dgl. Jagd macht. Möglich, daß er manchmal mit dem Schwertfiſch verwechſelt wurde, von welchem man, wie oben bemerkt, mit größerem Rechte ähnliche Dinge erzählt, möglich auch, daß er wirklich in blinder Wuth ſeine Säge in den Leib größerer Wale oder in den Rumpf von Fiſchen rennt.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 793. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/837>, abgerufen am 22.12.2024.