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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Augen- und Marmelroche.
und nahrung kriegen mögen, nemlich was sie beriert, daß solchs zu stund entschläfft, müd, lam vnd
todt wirt. Auß der vrsach ligt sie auff dem grund zerthon als todt, bewegt sich nicht. Welche Fisch
dann jnen nahend vnd berieren, auch sonst in den wällen, wassern vnd andern orten von jnen berührt,
oder sonst vmb sie herumb schwimmen, die werden allsamen entschläfft, müd, vnbeweglich vnd todt.
Sömliche krafft erzeigt sie nit allein gegen den Fischen vnd Thieren so in wassern wonen, sondern
auch gegen dem Menschen, gegen den Fischern, welch sie zu zeiten in die Garn kommen, dann die
krafft sol auch durch die seil vnd garn an jren Leib kommen, dermassen daß sie die angelruten vnd
garn wider jhren willen müssen fallen lassen. Solches ist den Fischern wol bewust, werden von keinem
angetastet, dann so sie mit der Hand berührt werden, vorauß so sie verletzt oder truckt, so entschläfst
das glied, bekompt von grosser mechtiger kälte so von solchem fisch fleußt, ein vnentpfindligkeit,
vnd entschlassen. Jtem das wasser so vmb sie her berühret wirdt, so sol auch gleicher weiß solcher
gifft so von jrem gantzen leib fleußt, solch glied, verletzen vnd entschläffen. Jtem so sie mit einem
langen stecken, ruten oder spieß von weitnuß berührt werden, so sol auch solch gifft dem holtz nach,
vnd durch das holtz an die Hand deß Menschen
[Abbildung] Der Marmelroche (Torpedo marmorata).
Nat. Größe 4 bis 5 Fuß.
kommen, so kräfftig ist es. Sömliche krafft vnd
gifft haben sie allein so sie lebendig sind, dann so
sie todt, werden sie ohne gefahr von menniglichen
berührt vnd gessen. Als zu zeiten in abfliessung
deß Meers einer diser fischen blieben, sich mit
springen gern hatte wider in das wasser geworffen,
von einem jungen Geselln vnbehutsam mit füssen
getretten ward, jhn an den sprüngen zu hindern:
hat er angehaben an dem fußtritt von stund gantz
erzittern, dann er vrsachet nit allein, so er ange-
tastet wirdt, ein entschlaffen den gliedern, sondern
auch ein mechtig zittern."

Sehr erklärlich ist, daß man in der alten,
wundersüchtigen Zeit bald darauf kam, so ge-
waltig und unerklärlich wirkende Thiere in der
sogenannten Arzeneikunde zu verwerthen. Dem
Genuß des schlechten Fleisches wurden die groß-
artigsten Wirkungen zugeschrieben, von den da-
maligen Aerzten überhaupt über die Heilkräfte dieser Fische Dinge erzählt, welche nur in den
Berichten der Homöopathen und anderer Quacksalber unserer Tage gleichwerthige Seitenstücke
gefunden haben.

Redi war der Erste, welcher mit dem Zitterrochen genauere Versuche anstellte und die Gesetze
der Wirkungen zu ergründen suchte, Reaumur, Bankroft, Humboldt, Geoffroy setzten die
Beobachtungen fort und erweiterten die Kunde. Aus diesen gemeinsamen Untersuchungen geht her-
vor, daß sich das elektrische Organ einem galvanischen Becherapparat oder einer elektrischen Batterie
vergleichen läßt. Die Wirkung ist zwar bedeutend schwächer als beim Zitteraale, aber bei einem
schuhlangen Fische immer noch schmerzhaft genug; erst wenn der Fisch durch wiederholte Schläge sich
abgemattet hat, empfindet man beim Herausziehen aus dem Wasser nur noch ein Zittern. Die
Schläge sind am heftigsten unter Wasser und um so fühlbarer, je größer die Fläche ist, welche berührt
wurde. Das Thier gibt sie ganz willkürlich und läßt sich durch Reizung bewegen, viele nach einander
zu geben; kleinere Thiere können betäubt oder selbst getödtet werden. Das elektrische Organ dient
also den Zitterrochen ebenso wohl, um Bente zu fangen, als größere Räuber von sich abzuwehren.
Auf die von genannten Naturforschern angestellten Versuche glaube ich übrigens nicht eingehen zu
müssen, da fast alles über die Wirkung einer elektrischen Batterie Bekannte auch von diesen Fischen

Augen- und Marmelroche.
und nahrung kriegen mögen, nemlich was ſie beriert, daß ſolchs zu ſtund entſchläfft, müd, lam vnd
todt wirt. Auß der vrſach ligt ſie auff dem grund zerthon als todt, bewegt ſich nicht. Welche Fiſch
dann jnen nahend vnd berieren, auch ſonſt in den wällen, waſſern vnd andern orten von jnen berührt,
oder ſonſt vmb ſie herumb ſchwimmen, die werden allſamen entſchläfft, müd, vnbeweglich vnd todt.
Sömliche krafft erzeigt ſie nit allein gegen den Fiſchen vnd Thieren ſo in waſſern wonen, ſondern
auch gegen dem Menſchen, gegen den Fiſchern, welch ſie zu zeiten in die Garn kommen, dann die
krafft ſol auch durch die ſeil vnd garn an jren Leib kommen, dermaſſen daß ſie die angelruten vnd
garn wider jhren willen müſſen fallen laſſen. Solches iſt den Fiſchern wol bewuſt, werden von keinem
angetaſtet, dann ſo ſie mit der Hand berührt werden, vorauß ſo ſie verletzt oder truckt, ſo entſchläfſt
das glied, bekompt von groſſer mechtiger kälte ſo von ſolchem fiſch fleußt, ein vnentpfindligkeit,
vnd entſchlaſſen. Jtem das waſſer ſo vmb ſie her berühret wirdt, ſo ſol auch gleicher weiß ſolcher
gifft ſo von jrem gantzen leib fleußt, ſolch glied, verletzen vnd entſchläffen. Jtem ſo ſie mit einem
langen ſtecken, ruten oder ſpieß von weitnuß berührt werden, ſo ſol auch ſolch gifft dem holtz nach,
vnd durch das holtz an die Hand deß Menſchen
[Abbildung] Der Marmelroche (Torpedo marmorata).
Nat. Größe 4 bis 5 Fuß.
kommen, ſo kräfftig iſt es. Sömliche krafft vnd
gifft haben ſie allein ſo ſie lebendig ſind, dann ſo
ſie todt, werden ſie ohne gefahr von menniglichen
berührt vnd geſſen. Als zu zeiten in abflieſſung
deß Meers einer diſer fiſchen blieben, ſich mit
ſpringen gern hatte wider in das waſſer geworffen,
von einem jungen Geſelln vnbehutſam mit füſſen
getretten ward, jhn an den ſprüngen zu hindern:
hat er angehaben an dem fußtritt von ſtund gantz
erzittern, dann er vrſachet nit allein, ſo er ange-
taſtet wirdt, ein entſchlaffen den gliedern, ſondern
auch ein mechtig zittern.“

Sehr erklärlich iſt, daß man in der alten,
wunderſüchtigen Zeit bald darauf kam, ſo ge-
waltig und unerklärlich wirkende Thiere in der
ſogenannten Arzeneikunde zu verwerthen. Dem
Genuß des ſchlechten Fleiſches wurden die groß-
artigſten Wirkungen zugeſchrieben, von den da-
maligen Aerzten überhaupt über die Heilkräfte dieſer Fiſche Dinge erzählt, welche nur in den
Berichten der Homöopathen und anderer Quackſalber unſerer Tage gleichwerthige Seitenſtücke
gefunden haben.

Redi war der Erſte, welcher mit dem Zitterrochen genauere Verſuche anſtellte und die Geſetze
der Wirkungen zu ergründen ſuchte, Réaumur, Bankroft, Humboldt, Geoffroy ſetzten die
Beobachtungen fort und erweiterten die Kunde. Aus dieſen gemeinſamen Unterſuchungen geht her-
vor, daß ſich das elektriſche Organ einem galvaniſchen Becherapparat oder einer elektriſchen Batterie
vergleichen läßt. Die Wirkung iſt zwar bedeutend ſchwächer als beim Zitteraale, aber bei einem
ſchuhlangen Fiſche immer noch ſchmerzhaft genug; erſt wenn der Fiſch durch wiederholte Schläge ſich
abgemattet hat, empfindet man beim Herausziehen aus dem Waſſer nur noch ein Zittern. Die
Schläge ſind am heftigſten unter Waſſer und um ſo fühlbarer, je größer die Fläche iſt, welche berührt
wurde. Das Thier gibt ſie ganz willkürlich und läßt ſich durch Reizung bewegen, viele nach einander
zu geben; kleinere Thiere können betäubt oder ſelbſt getödtet werden. Das elektriſche Organ dient
alſo den Zitterrochen ebenſo wohl, um Bente zu fangen, als größere Räuber von ſich abzuwehren.
Auf die von genannten Naturforſchern angeſtellten Verſuche glaube ich übrigens nicht eingehen zu
müſſen, da faſt alles über die Wirkung einer elektriſchen Batterie Bekannte auch von dieſen Fiſchen

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[795/0839] Augen- und Marmelroche. und nahrung kriegen mögen, nemlich was ſie beriert, daß ſolchs zu ſtund entſchläfft, müd, lam vnd todt wirt. Auß der vrſach ligt ſie auff dem grund zerthon als todt, bewegt ſich nicht. Welche Fiſch dann jnen nahend vnd berieren, auch ſonſt in den wällen, waſſern vnd andern orten von jnen berührt, oder ſonſt vmb ſie herumb ſchwimmen, die werden allſamen entſchläfft, müd, vnbeweglich vnd todt. Sömliche krafft erzeigt ſie nit allein gegen den Fiſchen vnd Thieren ſo in waſſern wonen, ſondern auch gegen dem Menſchen, gegen den Fiſchern, welch ſie zu zeiten in die Garn kommen, dann die krafft ſol auch durch die ſeil vnd garn an jren Leib kommen, dermaſſen daß ſie die angelruten vnd garn wider jhren willen müſſen fallen laſſen. Solches iſt den Fiſchern wol bewuſt, werden von keinem angetaſtet, dann ſo ſie mit der Hand berührt werden, vorauß ſo ſie verletzt oder truckt, ſo entſchläfſt das glied, bekompt von groſſer mechtiger kälte ſo von ſolchem fiſch fleußt, ein vnentpfindligkeit, vnd entſchlaſſen. Jtem das waſſer ſo vmb ſie her berühret wirdt, ſo ſol auch gleicher weiß ſolcher gifft ſo von jrem gantzen leib fleußt, ſolch glied, verletzen vnd entſchläffen. Jtem ſo ſie mit einem langen ſtecken, ruten oder ſpieß von weitnuß berührt werden, ſo ſol auch ſolch gifft dem holtz nach, vnd durch das holtz an die Hand deß Menſchen [Abbildung Der Marmelroche (Torpedo marmorata). Nat. Größe 4 bis 5 Fuß.] kommen, ſo kräfftig iſt es. Sömliche krafft vnd gifft haben ſie allein ſo ſie lebendig ſind, dann ſo ſie todt, werden ſie ohne gefahr von menniglichen berührt vnd geſſen. Als zu zeiten in abflieſſung deß Meers einer diſer fiſchen blieben, ſich mit ſpringen gern hatte wider in das waſſer geworffen, von einem jungen Geſelln vnbehutſam mit füſſen getretten ward, jhn an den ſprüngen zu hindern: hat er angehaben an dem fußtritt von ſtund gantz erzittern, dann er vrſachet nit allein, ſo er ange- taſtet wirdt, ein entſchlaffen den gliedern, ſondern auch ein mechtig zittern.“ Sehr erklärlich iſt, daß man in der alten, wunderſüchtigen Zeit bald darauf kam, ſo ge- waltig und unerklärlich wirkende Thiere in der ſogenannten Arzeneikunde zu verwerthen. Dem Genuß des ſchlechten Fleiſches wurden die groß- artigſten Wirkungen zugeſchrieben, von den da- maligen Aerzten überhaupt über die Heilkräfte dieſer Fiſche Dinge erzählt, welche nur in den Berichten der Homöopathen und anderer Quackſalber unſerer Tage gleichwerthige Seitenſtücke gefunden haben. Redi war der Erſte, welcher mit dem Zitterrochen genauere Verſuche anſtellte und die Geſetze der Wirkungen zu ergründen ſuchte, Réaumur, Bankroft, Humboldt, Geoffroy ſetzten die Beobachtungen fort und erweiterten die Kunde. Aus dieſen gemeinſamen Unterſuchungen geht her- vor, daß ſich das elektriſche Organ einem galvaniſchen Becherapparat oder einer elektriſchen Batterie vergleichen läßt. Die Wirkung iſt zwar bedeutend ſchwächer als beim Zitteraale, aber bei einem ſchuhlangen Fiſche immer noch ſchmerzhaft genug; erſt wenn der Fiſch durch wiederholte Schläge ſich abgemattet hat, empfindet man beim Herausziehen aus dem Waſſer nur noch ein Zittern. Die Schläge ſind am heftigſten unter Waſſer und um ſo fühlbarer, je größer die Fläche iſt, welche berührt wurde. Das Thier gibt ſie ganz willkürlich und läßt ſich durch Reizung bewegen, viele nach einander zu geben; kleinere Thiere können betäubt oder ſelbſt getödtet werden. Das elektriſche Organ dient alſo den Zitterrochen ebenſo wohl, um Bente zu fangen, als größere Räuber von ſich abzuwehren. Auf die von genannten Naturforſchern angeſtellten Verſuche glaube ich übrigens nicht eingehen zu müſſen, da faſt alles über die Wirkung einer elektriſchen Batterie Bekannte auch von dieſen Fiſchen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 795. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/839>, abgerufen am 14.06.2024.