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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Auster. Sattelmuschel.
er, welche einen vollkommenen Erfolg bei diesem Geschäft erzielt haben, so sind diejenigen noch
viel seltener, welche gegründete Erwartungen auf einigen Nutzen für die Zukunft hegen, weil die
besten Austernzüchter einem raschem Ruin entgegen gehen.

Die Wahrheit wird wohl in der Mitte liegen, zumal auch die neueren Berichte günstig sind.
Jn der Nähe von Triest, auf der Jnsel Grado, hat seit einigen Jahren ein eifriger Freund
dieses Produktionszweiges, Ritter von Erko, sich mit Versuchen beschäftigt. Daß auch dort in
dem seichten, leider aber nur einer sehr geringen Ebbe unterworfenen Gewässer die für den
Austernansatz hergerichteten Ziegel sich dicht mit Brut bedecken, habe ich selbst gesehen. Die
österreichische Regierung läßt jetzt die Versuche fortsetzen. Ein Zweifel, daß in der von Coste
angestrebten Richtung durch die Austerupflege die Produktion dieser nützlichen Thiere in erheb-
lichem Grade allerwärts, wo sie vorkommen, gesteigert werden wird, kann nach den so klar vor-
liegenden Thatsachen und bei der Einfachheit der Verhältnisse kaum noch aufkommen.



Wir müssen es uns versagen, auf die vielen fossilen wirklichen Austern und eine Reihe theils
ausgestorbener theils noch lebender Gattungen einzugehen, und beschließen den ganzen Abschnitt
über die Muscheln mit einer der Auster nahe stehenden Sippe und Art, der Sattelmuschel
(Anomia ephippium), welche zwar an Lebensgewohnheiten nichts Auffallendes, aber sowohl am
Gehäuse wie an den Weichtheilen einige bemerkenswerthe Eigenthümlichkeiten zeigt. Von dem im
Allgemeinen scheibenförmigen Gehäuse kann man gleichwohl eine bestimmte Gestalt nicht angeben,
indem die untere sehr dünne Schale sich in ihrer

[Abbildung] Rechter Mantellappen der Sattelmuschel.
Wenig verkleinert.
Form ganz nach den fremden Körpern richtet, auf
denen sie aufliegt, ohne mit ihnen zu verwachsen.
Sie kann daher ganz flach, oder im Zickzack gebogen
oder auch bogenförmig sein, wie das z. B. den
Exemplaren passirt, welche auf den Stacheln ver-
schiedener Seeigel-Arten sich ansiedeln. Die obere
Schale ist dicker und gewölbter, wiederholt aber
ebenfalls alle Unebenheiten des Körpers, auf welchem
das Thier aufsitzt. Entsprechend diesem flachen Ge-
häuse ist das Thier sehr flach gedrückt. Unsre Ab-
bildung zeigt die rechte, nach unten gewendete Seite,
so daß wir also nach Hinwegnahme der Schale
auf die Mantelfläche blicken. Besonders die Ränder
sind sehr dünn und mit einer Reihe feiner Fühlfäden besetzt. Die Oeffnung a ist für das Schloß
und daneben befindet sich ein tiefer Ausschnitt, durch welchen das sogenannte Knöchelchen hervor-
tritt (n). Dasselbe, ein aus vielen einzelnen Scheibchen bestehendes Kalkgebilde befindet sich am
Ende eines vom Schließmuskel m sich abzweigenden Muskels, tritt durch ein rundliches Loch
der unteren Schale und haftet an den fremden Körpern, indem es mit seinem Muskel vollständig
als Stellvertreter des Byssus anzusehen ist. Wird das Thier gestört, so ziehen sich die erwähnten
Muskeln zusammen, und es wird nicht nur die Schale geschlossen, sondern auch fest an die Unter-
lage angedrückt, deren Oberflächenrelief sich auf das Gehäus überträgt. Die Sattelmuschel fehlt
nirgends in den europäischen Meeren, soweit dieselben einen normalen Salzgehalt haben; ihre
Standregion stimmt mit derjenigen der Auster überein, nur daß sie oberhalb des Ebbestriches
vorkommen dürfte.



Auſter. Sattelmuſchel.
er, welche einen vollkommenen Erfolg bei dieſem Geſchäft erzielt haben, ſo ſind diejenigen noch
viel ſeltener, welche gegründete Erwartungen auf einigen Nutzen für die Zukunft hegen, weil die
beſten Auſternzüchter einem raſchem Ruin entgegen gehen.

Die Wahrheit wird wohl in der Mitte liegen, zumal auch die neueren Berichte günſtig ſind.
Jn der Nähe von Trieſt, auf der Jnſel Grado, hat ſeit einigen Jahren ein eifriger Freund
dieſes Produktionszweiges, Ritter von Erko, ſich mit Verſuchen beſchäftigt. Daß auch dort in
dem ſeichten, leider aber nur einer ſehr geringen Ebbe unterworfenen Gewäſſer die für den
Auſternanſatz hergerichteten Ziegel ſich dicht mit Brut bedecken, habe ich ſelbſt geſehen. Die
öſterreichiſche Regierung läßt jetzt die Verſuche fortſetzen. Ein Zweifel, daß in der von Coſte
angeſtrebten Richtung durch die Auſterupflege die Produktion dieſer nützlichen Thiere in erheb-
lichem Grade allerwärts, wo ſie vorkommen, geſteigert werden wird, kann nach den ſo klar vor-
liegenden Thatſachen und bei der Einfachheit der Verhältniſſe kaum noch aufkommen.



Wir müſſen es uns verſagen, auf die vielen foſſilen wirklichen Auſtern und eine Reihe theils
ausgeſtorbener theils noch lebender Gattungen einzugehen, und beſchließen den ganzen Abſchnitt
über die Muſcheln mit einer der Auſter nahe ſtehenden Sippe und Art, der Sattelmuſchel
(Anomia ephippium), welche zwar an Lebensgewohnheiten nichts Auffallendes, aber ſowohl am
Gehäuſe wie an den Weichtheilen einige bemerkenswerthe Eigenthümlichkeiten zeigt. Von dem im
Allgemeinen ſcheibenförmigen Gehäuſe kann man gleichwohl eine beſtimmte Geſtalt nicht angeben,
indem die untere ſehr dünne Schale ſich in ihrer

[Abbildung] Rechter Mantellappen der Sattelmuſchel.
Wenig verkleinert.
Form ganz nach den fremden Körpern richtet, auf
denen ſie aufliegt, ohne mit ihnen zu verwachſen.
Sie kann daher ganz flach, oder im Zickzack gebogen
oder auch bogenförmig ſein, wie das z. B. den
Exemplaren paſſirt, welche auf den Stacheln ver-
ſchiedener Seeigel-Arten ſich anſiedeln. Die obere
Schale iſt dicker und gewölbter, wiederholt aber
ebenfalls alle Unebenheiten des Körpers, auf welchem
das Thier aufſitzt. Entſprechend dieſem flachen Ge-
häuſe iſt das Thier ſehr flach gedrückt. Unſre Ab-
bildung zeigt die rechte, nach unten gewendete Seite,
ſo daß wir alſo nach Hinwegnahme der Schale
auf die Mantelfläche blicken. Beſonders die Ränder
ſind ſehr dünn und mit einer Reihe feiner Fühlfäden beſetzt. Die Oeffnung a iſt für das Schloß
und daneben befindet ſich ein tiefer Ausſchnitt, durch welchen das ſogenannte Knöchelchen hervor-
tritt (n). Daſſelbe, ein aus vielen einzelnen Scheibchen beſtehendes Kalkgebilde befindet ſich am
Ende eines vom Schließmuskel m ſich abzweigenden Muskels, tritt durch ein rundliches Loch
der unteren Schale und haftet an den fremden Körpern, indem es mit ſeinem Muskel vollſtändig
als Stellvertreter des Byſſus anzuſehen iſt. Wird das Thier geſtört, ſo ziehen ſich die erwähnten
Muskeln zuſammen, und es wird nicht nur die Schale geſchloſſen, ſondern auch feſt an die Unter-
lage angedrückt, deren Oberflächenrelief ſich auf das Gehäus überträgt. Die Sattelmuſchel fehlt
nirgends in den europäiſchen Meeren, ſoweit dieſelben einen normalen Salzgehalt haben; ihre
Standregion ſtimmt mit derjenigen der Auſter überein, nur daß ſie oberhalb des Ebbeſtriches
vorkommen dürfte.



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[957/1005] Auſter. Sattelmuſchel. er, welche einen vollkommenen Erfolg bei dieſem Geſchäft erzielt haben, ſo ſind diejenigen noch viel ſeltener, welche gegründete Erwartungen auf einigen Nutzen für die Zukunft hegen, weil die beſten Auſternzüchter einem raſchem Ruin entgegen gehen. Die Wahrheit wird wohl in der Mitte liegen, zumal auch die neueren Berichte günſtig ſind. Jn der Nähe von Trieſt, auf der Jnſel Grado, hat ſeit einigen Jahren ein eifriger Freund dieſes Produktionszweiges, Ritter von Erko, ſich mit Verſuchen beſchäftigt. Daß auch dort in dem ſeichten, leider aber nur einer ſehr geringen Ebbe unterworfenen Gewäſſer die für den Auſternanſatz hergerichteten Ziegel ſich dicht mit Brut bedecken, habe ich ſelbſt geſehen. Die öſterreichiſche Regierung läßt jetzt die Verſuche fortſetzen. Ein Zweifel, daß in der von Coſte angeſtrebten Richtung durch die Auſterupflege die Produktion dieſer nützlichen Thiere in erheb- lichem Grade allerwärts, wo ſie vorkommen, geſteigert werden wird, kann nach den ſo klar vor- liegenden Thatſachen und bei der Einfachheit der Verhältniſſe kaum noch aufkommen. Wir müſſen es uns verſagen, auf die vielen foſſilen wirklichen Auſtern und eine Reihe theils ausgeſtorbener theils noch lebender Gattungen einzugehen, und beſchließen den ganzen Abſchnitt über die Muſcheln mit einer der Auſter nahe ſtehenden Sippe und Art, der Sattelmuſchel (Anomia ephippium), welche zwar an Lebensgewohnheiten nichts Auffallendes, aber ſowohl am Gehäuſe wie an den Weichtheilen einige bemerkenswerthe Eigenthümlichkeiten zeigt. Von dem im Allgemeinen ſcheibenförmigen Gehäuſe kann man gleichwohl eine beſtimmte Geſtalt nicht angeben, indem die untere ſehr dünne Schale ſich in ihrer [Abbildung Rechter Mantellappen der Sattelmuſchel. Wenig verkleinert.] Form ganz nach den fremden Körpern richtet, auf denen ſie aufliegt, ohne mit ihnen zu verwachſen. Sie kann daher ganz flach, oder im Zickzack gebogen oder auch bogenförmig ſein, wie das z. B. den Exemplaren paſſirt, welche auf den Stacheln ver- ſchiedener Seeigel-Arten ſich anſiedeln. Die obere Schale iſt dicker und gewölbter, wiederholt aber ebenfalls alle Unebenheiten des Körpers, auf welchem das Thier aufſitzt. Entſprechend dieſem flachen Ge- häuſe iſt das Thier ſehr flach gedrückt. Unſre Ab- bildung zeigt die rechte, nach unten gewendete Seite, ſo daß wir alſo nach Hinwegnahme der Schale auf die Mantelfläche blicken. Beſonders die Ränder ſind ſehr dünn und mit einer Reihe feiner Fühlfäden beſetzt. Die Oeffnung a iſt für das Schloß und daneben befindet ſich ein tiefer Ausſchnitt, durch welchen das ſogenannte Knöchelchen hervor- tritt (n). Daſſelbe, ein aus vielen einzelnen Scheibchen beſtehendes Kalkgebilde befindet ſich am Ende eines vom Schließmuskel m ſich abzweigenden Muskels, tritt durch ein rundliches Loch der unteren Schale und haftet an den fremden Körpern, indem es mit ſeinem Muskel vollſtändig als Stellvertreter des Byſſus anzuſehen iſt. Wird das Thier geſtört, ſo ziehen ſich die erwähnten Muskeln zuſammen, und es wird nicht nur die Schale geſchloſſen, ſondern auch feſt an die Unter- lage angedrückt, deren Oberflächenrelief ſich auf das Gehäus überträgt. Die Sattelmuſchel fehlt nirgends in den europäiſchen Meeren, ſoweit dieſelben einen normalen Salzgehalt haben; ihre Standregion ſtimmt mit derjenigen der Auſter überein, nur daß ſie oberhalb des Ebbeſtriches vorkommen dürfte.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 957. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/1005>, abgerufen am 23.11.2024.