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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Edelkoralle. Gorgonie.
und 4 bis 12 Mann Besatzung, und danach richtet sich auch die Größe und Schwere des Gestelles
und Netzes, womit die Korallen vom Grunde abgelöst werden. Ersteres besteht aus zwei über
Kreuz gelegten und stark verfesteten Balken, bei den großen Fahrzeugen 8 bis 9 Fuß lang und
an der Kreuzung mit einem Stein, besser mit einem Eisen beschwert. Daran hängen 34 bis
38 Bündel grobmaschiger Netze in Form von Beuteln oder Wischern, wie sie auf Schiffen zum
Reinigen des Bodens gebraucht werden. Dieser an einem starken Seile befestigte Apparat wird
nun geschleppt und je nach der Größe mit einer auf dem Hintertheil des Fahrzeuges befindlichen
Winde oder mit der Hand aufgezogen und auf den Grund gelassen. Da die Korallen nur auf
unebenem Felsenboden leben, am liebsten gedeckt unter Vorsprüngen, unter welche die Arme des
Kreuzes eindringen sollen, so gehört das Festsitzen des Schleppapparates zu den täglichen und
stündlichen Ereignissen und das fortwährende Flottmachen desselben zu den anstrengendsten und
aufreibendsten Arbeiten, zumal die Fischerei unausgesetzt während der heißen Jahreszeit
betrieben wird.

Die gewonnenen Korallen variiren als Rohmaterial ungemein an Güte und Werth. Von
den von den Felsen abgerissenen, oft von Würmern und Schwämmen durchbohrten Korallen-
wurzeln kostet das Kilo (2 Zollpfund) 5 bis 20 Francs. Der Preis der regelmäßig guten Waare
schwankt zwischen 45 und 70 Francs das Kilo. Für das Kilo ausgewählter dicker und besonders
rosenroth (peau-d'ange) gefärbter Stücke werden 400, ja 500 und mehr Francs gezahlt. Die
Stücke, welche entweder nur bis zu einer gewissen Tiefe oder durch und durch schwarz sind und
als "schwarze Koralle" gesondert zu 12 bis 15 Francs das Kilo verkauft werden, kommen nicht
etwa von einer besonderen Art, sondern waren längere Zeit vom Schlamm bedeckt und haben
durch eine Art von Verwesungsprozeß und noch unbekannte chemische Einwirkungen die Farbe
geändert. Die Verarbeitung zu Bijouterien und Schmuck geschieht zu Paris und Marseille,
besonders aber in Neapel, Livorno und Genna.



An Corallium schließen sich einige festsitzende Sippen an, bei welchen die kalkige Axe durch
hornartige Zwischenknoten unterbrochen wird, und welche dadurch den Uebergang zu den Gorgonien,
den Nindenpolypen mit durchweg hornartiger biegsamer

[Abbildung] A ein kleiner Stock der Gorgonia verrucasa
in nat. Größe. B einige vergrößerte Kelche.
Axe bilden. Trotz dieser biegsam bleibenden und aus der
Verhärtung und Konsolidirung organischer Substanz her-
vorgehenden Axenbildung ist auch diesen Polypen die Kalk-
abscheidung nicht fremd. Schon von der Axe werden
einzelne Kalkkörperchen umschlossen, und die Rinde ist mit
ihnen dicht angefüllt. Sie sind von großer Wichtigkeit für
die systematische Bestimmung, da die einzelnen Sippen
und Arten eigene Formen erzeugen. Die Gorgonien,
eine in eine ganze Reihe von Sippen zerfallende Familie,
bilden theils baumförmige, theils busch-, netz- und fächer-
förmige Stöcke. Sie siedeln sich nur in den beträcht-
licheren Tiefen an und reichen bis hoch in den Polarkreis. Die abgebildete Gorgonia verrucosa
ist im Mittelmeere häufig.

Aus den obigen Mittheilungen schon ist hervorgegangen, daß die Korallenthiere hinsichtlich
ihrer geographischen Verbreitung im Allgemeinen denselben Gesetzen solgen, wie die meisten übrigen
Thiere. Sie kommen also in den nordischen Meeren sparsamer vor; und wenn die Manchfaltigkeit
der Arten bei anderen Thieren im Norden häufig durch die ungeheure Menge der Jndividuen
ersetzt wird, so tritt hier selbst diese Ergänzung nicht ein. Erst im Mittelmeere fängt die
Veränderung der Physiognomie an auffällig zu werden. So schmal die Landenge von Suez, so

Edelkoralle. Gorgonie.
und 4 bis 12 Mann Beſatzung, und danach richtet ſich auch die Größe und Schwere des Geſtelles
und Netzes, womit die Korallen vom Grunde abgelöſt werden. Erſteres beſteht aus zwei über
Kreuz gelegten und ſtark verfeſteten Balken, bei den großen Fahrzeugen 8 bis 9 Fuß lang und
an der Kreuzung mit einem Stein, beſſer mit einem Eiſen beſchwert. Daran hängen 34 bis
38 Bündel grobmaſchiger Netze in Form von Beuteln oder Wiſchern, wie ſie auf Schiffen zum
Reinigen des Bodens gebraucht werden. Dieſer an einem ſtarken Seile befeſtigte Apparat wird
nun geſchleppt und je nach der Größe mit einer auf dem Hintertheil des Fahrzeuges befindlichen
Winde oder mit der Hand aufgezogen und auf den Grund gelaſſen. Da die Korallen nur auf
unebenem Felſenboden leben, am liebſten gedeckt unter Vorſprüngen, unter welche die Arme des
Kreuzes eindringen ſollen, ſo gehört das Feſtſitzen des Schleppapparates zu den täglichen und
ſtündlichen Ereigniſſen und das fortwährende Flottmachen deſſelben zu den anſtrengendſten und
aufreibendſten Arbeiten, zumal die Fiſcherei unausgeſetzt während der heißen Jahreszeit
betrieben wird.

Die gewonnenen Korallen variiren als Rohmaterial ungemein an Güte und Werth. Von
den von den Felſen abgeriſſenen, oft von Würmern und Schwämmen durchbohrten Korallen-
wurzeln koſtet das Kilo (2 Zollpfund) 5 bis 20 Francs. Der Preis der regelmäßig guten Waare
ſchwankt zwiſchen 45 und 70 Francs das Kilo. Für das Kilo ausgewählter dicker und beſonders
roſenroth (peau-d’ange) gefärbter Stücke werden 400, ja 500 und mehr Francs gezahlt. Die
Stücke, welche entweder nur bis zu einer gewiſſen Tiefe oder durch und durch ſchwarz ſind und
als „ſchwarze Koralle“ geſondert zu 12 bis 15 Francs das Kilo verkauft werden, kommen nicht
etwa von einer beſonderen Art, ſondern waren längere Zeit vom Schlamm bedeckt und haben
durch eine Art von Verweſungsprozeß und noch unbekannte chemiſche Einwirkungen die Farbe
geändert. Die Verarbeitung zu Bijouterien und Schmuck geſchieht zu Paris und Marſeille,
beſonders aber in Neapel, Livorno und Genna.



An Corallium ſchließen ſich einige feſtſitzende Sippen an, bei welchen die kalkige Axe durch
hornartige Zwiſchenknoten unterbrochen wird, und welche dadurch den Uebergang zu den Gorgonien,
den Nindenpolypen mit durchweg hornartiger biegſamer

[Abbildung] A ein kleiner Stock der Gorgonia verrucasa
in nat. Größe. B einige vergrößerte Kelche.
Axe bilden. Trotz dieſer biegſam bleibenden und aus der
Verhärtung und Konſolidirung organiſcher Subſtanz her-
vorgehenden Axenbildung iſt auch dieſen Polypen die Kalk-
abſcheidung nicht fremd. Schon von der Axe werden
einzelne Kalkkörperchen umſchloſſen, und die Rinde iſt mit
ihnen dicht angefüllt. Sie ſind von großer Wichtigkeit für
die ſyſtematiſche Beſtimmung, da die einzelnen Sippen
und Arten eigene Formen erzeugen. Die Gorgonien,
eine in eine ganze Reihe von Sippen zerfallende Familie,
bilden theils baumförmige, theils buſch-, netz- und fächer-
förmige Stöcke. Sie ſiedeln ſich nur in den beträcht-
licheren Tiefen an und reichen bis hoch in den Polarkreis. Die abgebildete Gorgonia verrucosa
iſt im Mittelmeere häufig.

Aus den obigen Mittheilungen ſchon iſt hervorgegangen, daß die Korallenthiere hinſichtlich
ihrer geographiſchen Verbreitung im Allgemeinen denſelben Geſetzen ſolgen, wie die meiſten übrigen
Thiere. Sie kommen alſo in den nordiſchen Meeren ſparſamer vor; und wenn die Manchfaltigkeit
der Arten bei anderen Thieren im Norden häufig durch die ungeheure Menge der Jndividuen
erſetzt wird, ſo tritt hier ſelbſt dieſe Ergänzung nicht ein. Erſt im Mittelmeere fängt die
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[1005/1061] Edelkoralle. Gorgonie. und 4 bis 12 Mann Beſatzung, und danach richtet ſich auch die Größe und Schwere des Geſtelles und Netzes, womit die Korallen vom Grunde abgelöſt werden. Erſteres beſteht aus zwei über Kreuz gelegten und ſtark verfeſteten Balken, bei den großen Fahrzeugen 8 bis 9 Fuß lang und an der Kreuzung mit einem Stein, beſſer mit einem Eiſen beſchwert. Daran hängen 34 bis 38 Bündel grobmaſchiger Netze in Form von Beuteln oder Wiſchern, wie ſie auf Schiffen zum Reinigen des Bodens gebraucht werden. Dieſer an einem ſtarken Seile befeſtigte Apparat wird nun geſchleppt und je nach der Größe mit einer auf dem Hintertheil des Fahrzeuges befindlichen Winde oder mit der Hand aufgezogen und auf den Grund gelaſſen. Da die Korallen nur auf unebenem Felſenboden leben, am liebſten gedeckt unter Vorſprüngen, unter welche die Arme des Kreuzes eindringen ſollen, ſo gehört das Feſtſitzen des Schleppapparates zu den täglichen und ſtündlichen Ereigniſſen und das fortwährende Flottmachen deſſelben zu den anſtrengendſten und aufreibendſten Arbeiten, zumal die Fiſcherei unausgeſetzt während der heißen Jahreszeit betrieben wird. Die gewonnenen Korallen variiren als Rohmaterial ungemein an Güte und Werth. Von den von den Felſen abgeriſſenen, oft von Würmern und Schwämmen durchbohrten Korallen- wurzeln koſtet das Kilo (2 Zollpfund) 5 bis 20 Francs. Der Preis der regelmäßig guten Waare ſchwankt zwiſchen 45 und 70 Francs das Kilo. Für das Kilo ausgewählter dicker und beſonders roſenroth (peau-d’ange) gefärbter Stücke werden 400, ja 500 und mehr Francs gezahlt. Die Stücke, welche entweder nur bis zu einer gewiſſen Tiefe oder durch und durch ſchwarz ſind und als „ſchwarze Koralle“ geſondert zu 12 bis 15 Francs das Kilo verkauft werden, kommen nicht etwa von einer beſonderen Art, ſondern waren längere Zeit vom Schlamm bedeckt und haben durch eine Art von Verweſungsprozeß und noch unbekannte chemiſche Einwirkungen die Farbe geändert. Die Verarbeitung zu Bijouterien und Schmuck geſchieht zu Paris und Marſeille, beſonders aber in Neapel, Livorno und Genna. An Corallium ſchließen ſich einige feſtſitzende Sippen an, bei welchen die kalkige Axe durch hornartige Zwiſchenknoten unterbrochen wird, und welche dadurch den Uebergang zu den Gorgonien, den Nindenpolypen mit durchweg hornartiger biegſamer [Abbildung A ein kleiner Stock der Gorgonia verrucasa in nat. Größe. B einige vergrößerte Kelche.] Axe bilden. Trotz dieſer biegſam bleibenden und aus der Verhärtung und Konſolidirung organiſcher Subſtanz her- vorgehenden Axenbildung iſt auch dieſen Polypen die Kalk- abſcheidung nicht fremd. Schon von der Axe werden einzelne Kalkkörperchen umſchloſſen, und die Rinde iſt mit ihnen dicht angefüllt. Sie ſind von großer Wichtigkeit für die ſyſtematiſche Beſtimmung, da die einzelnen Sippen und Arten eigene Formen erzeugen. Die Gorgonien, eine in eine ganze Reihe von Sippen zerfallende Familie, bilden theils baumförmige, theils buſch-, netz- und fächer- förmige Stöcke. Sie ſiedeln ſich nur in den beträcht- licheren Tiefen an und reichen bis hoch in den Polarkreis. Die abgebildete Gorgonia verrucosa iſt im Mittelmeere häufig. Aus den obigen Mittheilungen ſchon iſt hervorgegangen, daß die Korallenthiere hinſichtlich ihrer geographiſchen Verbreitung im Allgemeinen denſelben Geſetzen ſolgen, wie die meiſten übrigen Thiere. Sie kommen alſo in den nordiſchen Meeren ſparſamer vor; und wenn die Manchfaltigkeit der Arten bei anderen Thieren im Norden häufig durch die ungeheure Menge der Jndividuen erſetzt wird, ſo tritt hier ſelbſt dieſe Ergänzung nicht ein. Erſt im Mittelmeere fängt die Veränderung der Phyſiognomie an auffällig zu werden. So ſchmal die Landenge von Suez, ſo

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 1005. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/1061>, abgerufen am 23.11.2024.