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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Hautflügler. Ameisen. Knotenameisen. Heterogynen.
gebildet, auch der Hinterrücken bedornt, aber etwas kürzer. Die Männchen endlich haben dreizehn-
gliederige Fühler, einen viel kleinern Kopf, welcher tief unten sitzt im Vergleich zu dem buckelig
erhobenen, anliegend gelb behaarten Mittelrücken, außerdem findet sich hier, wie beim andern
Geschlecht und den Arbeitern, über den Vorderhüften ein Zahn. Die Flügel der geschlechtlichen
Ameisen haben eine geschlossene Randzelle, eine Unterrand- und eine Mittelzelle und färben sich
nach dem Vorderrande hin gelblich. Die Körperformen sind aus den Abbildungen ersichtlich.

Andere Arten des Geschlechts Atta unterscheiden sich durch mehr Dornen am Kopfe, am
Thorax und am Stielchen. Jch habe übrigens triftige Gründe anzunehmen, daß unter der
Sauba der Brasilianer mehrere, zum Theil sehr ähnliche Arten der europäischen Entomologen
begriffen sind.

Eine andere Art, die Atta malefaciens, nennt Darwin die ackerbautreibende und berichtet
nach Dr. Linsecom's darüber in Texas angestellten Beobachtungen an die Linnean society in
London wie folgt: "Die Art, welche ich die "ackerbautreibende" nenne, ist eine große braune
Ameise. Sie wohnt in, wie man es nennen könnte, gepflasterten Städten und trifft, gleich einem
fleißigen, vorsichtigen Landwirthe, passende und zeitgemäße Anordnungen für die verschiedenen
Jahreszeiten. Kurz sie ist begabt mit Geschick, Sinn und unermüdlicher Geduld, um erfolgreich
gegen die wechselnden Nothfälle anzukämpfen, die ihr im Leben begegnen mögen. Wenn sie einen
Platz für ihren Aufenthalt ausgewählt hat, bohrt sie, im Falle es gewöhnlicher, trockener Boden
ist, ein Loch, um welches sie den Boden drei bis sechs Zoll erhöht, indem sie einen niedrigen,
kreisförmigen Wall bildet, welcher vom Mittelpunkte bis zum äußern Rande, der durchschnittlich
drei bis vier Fuß vom Eingange entfernt ist, sanft abwärts steigt. Wenn aber die Localität auf
flachem Lande ist, welches überschwemmt werden kann, dann erhöht sie den Wall in Gestalt eines
ziemlich spitzen Kegels auf fünfzehn bis zwanzig Zoll oder mehr und macht den Eingang nahe
der Spitze, wenn auch zu der Zeit, wo sie ihren Bau anlegt, der Boden vollkommen trocken ist.
Jn beiden Fällen reinigt die Ameise den Grund rings um den Wall von allen Hindernissen und
glättet die Oberfläche bis zu einer Entfernung von drei bis vier Fuß vor dem Thore der Stadt,
indem sie dem Platze das Ausehen eines schönen Pflasters gibt, was es auch wirklich ist. Jnner-
halb dieses Hofes wird außer einer einzigen Art von korntragendem Grase kein grünes Blatt
geduldet. Nachdem das Jnsekt dieses Korn ringsum in einem Kreise, zwei bis drei Fuß von der
Mitte des Walles entfernt, gepflanzt hat, pflegt es dasselbe mit steter Sorgfalt, indem es alle
anderen Gräser und Kräuter abbeißt, welche dazwischen und in einer Entfernung von einem bis
zwei Fuß außen um den Ackerkreis aufsprießen sollten; das kultivirte Gras wächst auf's Ueppigste
und gibt einen reichen Ertrag kleiner, weißer, kieselharter Samen, welche unter dem Mikroskope
gewöhnlichem Neis sehr ähnlich sehen. Wenn es reif ist, wird es sorgfältig eingeerntet und von
den Arbeitern mitsammt der Spreu in die Kornkammer getragen, wo es von der Spreu befreit
und weggepackt wird. Die Spreu wird über die Grenzen des gepflasterten Hofes hinausgeworfen.
Während anhaltenden Regenwetters kommt es zuweilen vor, daß die Vorräthe naß werden und der
Gefahr ausgesetzt sind, zu sprossen und zu verderben. Jn diesem Falle bringen die Ameisen am
ersten schönen Tage das feuchte und beschädigte Korn heraus und setzen es der Sonne aus, bis
es trocken ist, worauf sie alle gesunden Körner zurücktragen und wegpacken, während sie die
sprossenden umkommen lassen."

"Jn einem Pfirsichgarten", heißt es weiter, "nahe meinem Hause, befindet sich eine beträchtliche
Erhebung, mit ausgedehntem Felsenlager. Jm Sande, welcher Theile dieses Felsens bedeckt, liegen
schöne Städte der "ackerbautreibenden Ameisen" von offenbar sehr hohem Alter. Meine Beobach-
tungen über ihre Sitten und Gewohnheiten beschränken sich auf die letzten zwölf Jahre, während
welcher Zeit die Umzäunung des Gartens das Vieh von den Ameisenäckern abgehalten hat. Die
Städte, welche sich außerhalb der Umzäunung befinden, sind wie die inneren zur geeigneten Jahres-
zeit mit dem "Ameisenreis" bepflanzt. Man kann daher das Getreide immer gegen den ersten

Die Hautflügler. Ameiſen. Knotenameiſen. Heterogynen.
gebildet, auch der Hinterrücken bedornt, aber etwas kürzer. Die Männchen endlich haben dreizehn-
gliederige Fühler, einen viel kleinern Kopf, welcher tief unten ſitzt im Vergleich zu dem buckelig
erhobenen, anliegend gelb behaarten Mittelrücken, außerdem findet ſich hier, wie beim andern
Geſchlecht und den Arbeitern, über den Vorderhüften ein Zahn. Die Flügel der geſchlechtlichen
Ameiſen haben eine geſchloſſene Randzelle, eine Unterrand- und eine Mittelzelle und färben ſich
nach dem Vorderrande hin gelblich. Die Körperformen ſind aus den Abbildungen erſichtlich.

Andere Arten des Geſchlechts Atta unterſcheiden ſich durch mehr Dornen am Kopfe, am
Thorax und am Stielchen. Jch habe übrigens triftige Gründe anzunehmen, daß unter der
Sauba der Braſilianer mehrere, zum Theil ſehr ähnliche Arten der europäiſchen Entomologen
begriffen ſind.

Eine andere Art, die Atta malefaciens, nennt Darwin die ackerbautreibende und berichtet
nach Dr. Linſecom’s darüber in Texas angeſtellten Beobachtungen an die Linnean society in
London wie folgt: „Die Art, welche ich die „ackerbautreibende“ nenne, iſt eine große braune
Ameiſe. Sie wohnt in, wie man es nennen könnte, gepflaſterten Städten und trifft, gleich einem
fleißigen, vorſichtigen Landwirthe, paſſende und zeitgemäße Anordnungen für die verſchiedenen
Jahreszeiten. Kurz ſie iſt begabt mit Geſchick, Sinn und unermüdlicher Geduld, um erfolgreich
gegen die wechſelnden Nothfälle anzukämpfen, die ihr im Leben begegnen mögen. Wenn ſie einen
Platz für ihren Aufenthalt ausgewählt hat, bohrt ſie, im Falle es gewöhnlicher, trockener Boden
iſt, ein Loch, um welches ſie den Boden drei bis ſechs Zoll erhöht, indem ſie einen niedrigen,
kreisförmigen Wall bildet, welcher vom Mittelpunkte bis zum äußern Rande, der durchſchnittlich
drei bis vier Fuß vom Eingange entfernt iſt, ſanft abwärts ſteigt. Wenn aber die Localität auf
flachem Lande iſt, welches überſchwemmt werden kann, dann erhöht ſie den Wall in Geſtalt eines
ziemlich ſpitzen Kegels auf fünfzehn bis zwanzig Zoll oder mehr und macht den Eingang nahe
der Spitze, wenn auch zu der Zeit, wo ſie ihren Bau anlegt, der Boden vollkommen trocken iſt.
Jn beiden Fällen reinigt die Ameiſe den Grund rings um den Wall von allen Hinderniſſen und
glättet die Oberfläche bis zu einer Entfernung von drei bis vier Fuß vor dem Thore der Stadt,
indem ſie dem Platze das Auſehen eines ſchönen Pflaſters gibt, was es auch wirklich iſt. Jnner-
halb dieſes Hofes wird außer einer einzigen Art von korntragendem Graſe kein grünes Blatt
geduldet. Nachdem das Jnſekt dieſes Korn ringsum in einem Kreiſe, zwei bis drei Fuß von der
Mitte des Walles entfernt, gepflanzt hat, pflegt es daſſelbe mit ſteter Sorgfalt, indem es alle
anderen Gräſer und Kräuter abbeißt, welche dazwiſchen und in einer Entfernung von einem bis
zwei Fuß außen um den Ackerkreis aufſprießen ſollten; das kultivirte Gras wächſt auf’s Ueppigſte
und gibt einen reichen Ertrag kleiner, weißer, kieſelharter Samen, welche unter dem Mikroſkope
gewöhnlichem Neis ſehr ähnlich ſehen. Wenn es reif iſt, wird es ſorgfältig eingeerntet und von
den Arbeitern mitſammt der Spreu in die Kornkammer getragen, wo es von der Spreu befreit
und weggepackt wird. Die Spreu wird über die Grenzen des gepflaſterten Hofes hinausgeworfen.
Während anhaltenden Regenwetters kommt es zuweilen vor, daß die Vorräthe naß werden und der
Gefahr ausgeſetzt ſind, zu ſproſſen und zu verderben. Jn dieſem Falle bringen die Ameiſen am
erſten ſchönen Tage das feuchte und beſchädigte Korn heraus und ſetzen es der Sonne aus, bis
es trocken iſt, worauf ſie alle geſunden Körner zurücktragen und wegpacken, während ſie die
ſproſſenden umkommen laſſen.“

„Jn einem Pfirſichgarten“, heißt es weiter, „nahe meinem Hauſe, befindet ſich eine beträchtliche
Erhebung, mit ausgedehntem Felſenlager. Jm Sande, welcher Theile dieſes Felſens bedeckt, liegen
ſchöne Städte der „ackerbautreibenden Ameiſen“ von offenbar ſehr hohem Alter. Meine Beobach-
tungen über ihre Sitten und Gewohnheiten beſchränken ſich auf die letzten zwölf Jahre, während
welcher Zeit die Umzäunung des Gartens das Vieh von den Ameiſenäckern abgehalten hat. Die
Städte, welche ſich außerhalb der Umzäunung befinden, ſind wie die inneren zur geeigneten Jahres-
zeit mit dem „Ameiſenreis“ bepflanzt. Man kann daher das Getreide immer gegen den erſten

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[222/0244] Die Hautflügler. Ameiſen. Knotenameiſen. Heterogynen. gebildet, auch der Hinterrücken bedornt, aber etwas kürzer. Die Männchen endlich haben dreizehn- gliederige Fühler, einen viel kleinern Kopf, welcher tief unten ſitzt im Vergleich zu dem buckelig erhobenen, anliegend gelb behaarten Mittelrücken, außerdem findet ſich hier, wie beim andern Geſchlecht und den Arbeitern, über den Vorderhüften ein Zahn. Die Flügel der geſchlechtlichen Ameiſen haben eine geſchloſſene Randzelle, eine Unterrand- und eine Mittelzelle und färben ſich nach dem Vorderrande hin gelblich. Die Körperformen ſind aus den Abbildungen erſichtlich. Andere Arten des Geſchlechts Atta unterſcheiden ſich durch mehr Dornen am Kopfe, am Thorax und am Stielchen. Jch habe übrigens triftige Gründe anzunehmen, daß unter der Sauba der Braſilianer mehrere, zum Theil ſehr ähnliche Arten der europäiſchen Entomologen begriffen ſind. Eine andere Art, die Atta malefaciens, nennt Darwin die ackerbautreibende und berichtet nach Dr. Linſecom’s darüber in Texas angeſtellten Beobachtungen an die Linnean society in London wie folgt: „Die Art, welche ich die „ackerbautreibende“ nenne, iſt eine große braune Ameiſe. Sie wohnt in, wie man es nennen könnte, gepflaſterten Städten und trifft, gleich einem fleißigen, vorſichtigen Landwirthe, paſſende und zeitgemäße Anordnungen für die verſchiedenen Jahreszeiten. Kurz ſie iſt begabt mit Geſchick, Sinn und unermüdlicher Geduld, um erfolgreich gegen die wechſelnden Nothfälle anzukämpfen, die ihr im Leben begegnen mögen. Wenn ſie einen Platz für ihren Aufenthalt ausgewählt hat, bohrt ſie, im Falle es gewöhnlicher, trockener Boden iſt, ein Loch, um welches ſie den Boden drei bis ſechs Zoll erhöht, indem ſie einen niedrigen, kreisförmigen Wall bildet, welcher vom Mittelpunkte bis zum äußern Rande, der durchſchnittlich drei bis vier Fuß vom Eingange entfernt iſt, ſanft abwärts ſteigt. Wenn aber die Localität auf flachem Lande iſt, welches überſchwemmt werden kann, dann erhöht ſie den Wall in Geſtalt eines ziemlich ſpitzen Kegels auf fünfzehn bis zwanzig Zoll oder mehr und macht den Eingang nahe der Spitze, wenn auch zu der Zeit, wo ſie ihren Bau anlegt, der Boden vollkommen trocken iſt. Jn beiden Fällen reinigt die Ameiſe den Grund rings um den Wall von allen Hinderniſſen und glättet die Oberfläche bis zu einer Entfernung von drei bis vier Fuß vor dem Thore der Stadt, indem ſie dem Platze das Auſehen eines ſchönen Pflaſters gibt, was es auch wirklich iſt. Jnner- halb dieſes Hofes wird außer einer einzigen Art von korntragendem Graſe kein grünes Blatt geduldet. Nachdem das Jnſekt dieſes Korn ringsum in einem Kreiſe, zwei bis drei Fuß von der Mitte des Walles entfernt, gepflanzt hat, pflegt es daſſelbe mit ſteter Sorgfalt, indem es alle anderen Gräſer und Kräuter abbeißt, welche dazwiſchen und in einer Entfernung von einem bis zwei Fuß außen um den Ackerkreis aufſprießen ſollten; das kultivirte Gras wächſt auf’s Ueppigſte und gibt einen reichen Ertrag kleiner, weißer, kieſelharter Samen, welche unter dem Mikroſkope gewöhnlichem Neis ſehr ähnlich ſehen. Wenn es reif iſt, wird es ſorgfältig eingeerntet und von den Arbeitern mitſammt der Spreu in die Kornkammer getragen, wo es von der Spreu befreit und weggepackt wird. Die Spreu wird über die Grenzen des gepflaſterten Hofes hinausgeworfen. Während anhaltenden Regenwetters kommt es zuweilen vor, daß die Vorräthe naß werden und der Gefahr ausgeſetzt ſind, zu ſproſſen und zu verderben. Jn dieſem Falle bringen die Ameiſen am erſten ſchönen Tage das feuchte und beſchädigte Korn heraus und ſetzen es der Sonne aus, bis es trocken iſt, worauf ſie alle geſunden Körner zurücktragen und wegpacken, während ſie die ſproſſenden umkommen laſſen.“ „Jn einem Pfirſichgarten“, heißt es weiter, „nahe meinem Hauſe, befindet ſich eine beträchtliche Erhebung, mit ausgedehntem Felſenlager. Jm Sande, welcher Theile dieſes Felſens bedeckt, liegen ſchöne Städte der „ackerbautreibenden Ameiſen“ von offenbar ſehr hohem Alter. Meine Beobach- tungen über ihre Sitten und Gewohnheiten beſchränken ſich auf die letzten zwölf Jahre, während welcher Zeit die Umzäunung des Gartens das Vieh von den Ameiſenäckern abgehalten hat. Die Städte, welche ſich außerhalb der Umzäunung befinden, ſind wie die inneren zur geeigneten Jahres- zeit mit dem „Ameiſenreis“ bepflanzt. Man kann daher das Getreide immer gegen den erſten

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/244>, abgerufen am 24.11.2024.