aus Nordamerika, welches ich nur anführe, um in Zahlen einen Begriff zu geben von der Länge, welcher ein Bohrer fähig ist. Der Körper mißt einen Zoll und vier Linien und der Bohrer steht drei und dreiviertel Zoll als feiner borstiger Schwanz noch über die Spitze jenes hinaus. Daß solch ein Faden, mag er von bewundernswerther Elasticität sein, nicht dazu bestimmt sein könne, Löcher zu bohren, liegt auf der Hand. Er dient vielmehr zur Sonde, welche in ein vorhandenes Loch eingeführt wird und durch welche dann allerdings das Ei gleitet, wenn die Spitze tief unten im Holze die Larve traf, für welche jenes bestimmt ist. Die Muskelkraft muß eine außerordentliche sein, wenn sie das Ei, eingeklemmt in den engen Leiter, einen so langen Weg fortschieben soll! -- Unsere Nadelwälder beherbergen mehrere Arten dieser Gattung als die Riesen der Pimplarier.
Wir können den Ephialtes imperator, welchen unsere vorletzte Abbildung in beiden Geschlech- tern bringt, als eine kleine Ausgabe des eben erwähnten Nordamerikaners betrachten, wenn wir von dem querrunzeligen Mittelrücken absehen, den Ephialtes nicht hat, und von dem knotigen Hinterleibe, welcher dort nicht vorkommt, sondern eben nur die Körpertracht ins Auge fassen. Unseren Ephialtes charakterisiren vor den anderen, in der Färbung sehr übereinstimmenden Arten die abgerundet rhombischen Flächen, welche durch die seitlichen Knoten mitten auf den mittleren Segmenten entstehen, die im Vergleich zu ihren Schienen längeren Hintertarsen, sowie endlich die kurze Behaarung an der Bohrerscheide. Am schwarzen Körper haben nur die Flügel- schüppchen die braunrothe Färbung der Beine und wiederum diese nur die hintersten Tarsen und Schienen schwarz. Das Mal der gelblichen Flügel ist dunkelbraun, ihre Spiegelzelle dreieckig. Wie alle Ephialtesarten in der Körperlänge ungemein schwanken, je nach der Größe der Larve, in welcher sie wohnten, so kommt auch die in Rede stehende kleiner und noch kräftiger vor, als das abgebildete Weibchen. Jch besitze ein solches von sechzehn Linien Körper- und fast derselben Bohrer- länge, letzterer nur in seiner Scheide gemessen; da er aber aus einer Bauchspalte kommt, seine Wurzel mithin weiter vorn sitzt, so ist er um ein gut Theil länger als sein Futteral. Das stets kleinere Männchen zeichnet sich durch größere Schlankheit des Hinterleibes aus. Jn der Sommer- zeit, wie sie der Kalender begrenzt, treiben sich die Ephialtesarten in den Wäldern umher, vor- zugsweise an zerbohrten Baumstämmen, denn hier nur finden sie die Wiege für ihre Nachkommen. Sehr bedächtig tastet das Weibchen mit vorgestreckten Fühlern, deren Spitze bogenförmig nach unten steht, überall umher, verweilt forschend, wie riechend bei jedem Bohrloche und vertieft sich in diese Arbeit, daß sein scheues Wesen schwindet, daß man in nächster Nähe dabei stehen kann, ohne es zu verscheuchen. Jst endlich die rechte Stelle gefunden, so wird der Hinterleib hoch empor- gehoben, so daß das Thier förmlich auf dem Kopfe steht, die Bohrerspitze eingeführt und behutsam bis zur Larve vorgeschoben, wobei der Hinterleib mit seiner Spitze allmälig herabgeht. Jn solcher Stellung verharrt die Wespe, bis das Ei gelegt ist und befindet sich während dessen in einem voll- kommen hilflosen Zustande, indem sie sich selbst anheftete. Die im nächsten Jahre erwachsene Larve spinnt einen schwarzen, cylindrischen Cocon, frißt sich durch und gelangt durch das Bohrloch des Wohnthieres zur Freiheit. Jch habe die Männchen mancher kleineren Arten aus Glasflügler- raupen erzogen (Sesia sphegiformis), aus der einer Schwammmotte (Scardia polypori), aus den knotigen Anschwellungen, welche die Larve des kleinen Pappelbockkäfers (Saperda populnea) hervor- bringt, ferner aus einem Kiefernzapfen. Sie alle schmarotzen bei im Holze verborgenen Larven, wie schon der lange Bohrer des Weibchens beweist. Aus Nord- und Südamerika, aus Afrika und Vandiemens-Land sind Arten bekannt.
Eins der gemeinsten Thiere, und wenn es bei der Entwickelung reichliches Futter hatte, der größeren heimischen Sippengenossen einer ist die Pimpla instigator, ein schwarzer Gesell, der lebhaft gelbrothe Schienen und Tarsen an den vier vorderen Beinen, an den hintersten dagegen nur die Schienen von der genannten Farbe hat. Die lichten Flügelschüppchen und Taster, welche das hier abgebildete Männchen auszeichnen, fehlen dem Weibchen, welches im Hinterleibe wenig breiter ist und eine Bohrerscheide von kaum halber Länge des männlichen hintenaus stehen läßt. Daß die Luft-
aus Nordamerika, welches ich nur anführe, um in Zahlen einen Begriff zu geben von der Länge, welcher ein Bohrer fähig iſt. Der Körper mißt einen Zoll und vier Linien und der Bohrer ſteht drei und dreiviertel Zoll als feiner borſtiger Schwanz noch über die Spitze jenes hinaus. Daß ſolch ein Faden, mag er von bewundernswerther Elaſticität ſein, nicht dazu beſtimmt ſein könne, Löcher zu bohren, liegt auf der Hand. Er dient vielmehr zur Sonde, welche in ein vorhandenes Loch eingeführt wird und durch welche dann allerdings das Ei gleitet, wenn die Spitze tief unten im Holze die Larve traf, für welche jenes beſtimmt iſt. Die Muskelkraft muß eine außerordentliche ſein, wenn ſie das Ei, eingeklemmt in den engen Leiter, einen ſo langen Weg fortſchieben ſoll! — Unſere Nadelwälder beherbergen mehrere Arten dieſer Gattung als die Rieſen der Pimplarier.
Wir können den Ephialtes imperator, welchen unſere vorletzte Abbildung in beiden Geſchlech- tern bringt, als eine kleine Ausgabe des eben erwähnten Nordamerikaners betrachten, wenn wir von dem querrunzeligen Mittelrücken abſehen, den Ephialtes nicht hat, und von dem knotigen Hinterleibe, welcher dort nicht vorkommt, ſondern eben nur die Körpertracht ins Auge faſſen. Unſeren Ephialtes charakteriſiren vor den anderen, in der Färbung ſehr übereinſtimmenden Arten die abgerundet rhombiſchen Flächen, welche durch die ſeitlichen Knoten mitten auf den mittleren Segmenten entſtehen, die im Vergleich zu ihren Schienen längeren Hintertarſen, ſowie endlich die kurze Behaarung an der Bohrerſcheide. Am ſchwarzen Körper haben nur die Flügel- ſchüppchen die braunrothe Färbung der Beine und wiederum dieſe nur die hinterſten Tarſen und Schienen ſchwarz. Das Mal der gelblichen Flügel iſt dunkelbraun, ihre Spiegelzelle dreieckig. Wie alle Ephialtesarten in der Körperlänge ungemein ſchwanken, je nach der Größe der Larve, in welcher ſie wohnten, ſo kommt auch die in Rede ſtehende kleiner und noch kräftiger vor, als das abgebildete Weibchen. Jch beſitze ein ſolches von ſechzehn Linien Körper- und faſt derſelben Bohrer- länge, letzterer nur in ſeiner Scheide gemeſſen; da er aber aus einer Bauchſpalte kommt, ſeine Wurzel mithin weiter vorn ſitzt, ſo iſt er um ein gut Theil länger als ſein Futteral. Das ſtets kleinere Männchen zeichnet ſich durch größere Schlankheit des Hinterleibes aus. Jn der Sommer- zeit, wie ſie der Kalender begrenzt, treiben ſich die Ephialtesarten in den Wäldern umher, vor- zugsweiſe an zerbohrten Baumſtämmen, denn hier nur finden ſie die Wiege für ihre Nachkommen. Sehr bedächtig taſtet das Weibchen mit vorgeſtreckten Fühlern, deren Spitze bogenförmig nach unten ſteht, überall umher, verweilt forſchend, wie riechend bei jedem Bohrloche und vertieft ſich in dieſe Arbeit, daß ſein ſcheues Weſen ſchwindet, daß man in nächſter Nähe dabei ſtehen kann, ohne es zu verſcheuchen. Jſt endlich die rechte Stelle gefunden, ſo wird der Hinterleib hoch empor- gehoben, ſo daß das Thier förmlich auf dem Kopfe ſteht, die Bohrerſpitze eingeführt und behutſam bis zur Larve vorgeſchoben, wobei der Hinterleib mit ſeiner Spitze allmälig herabgeht. Jn ſolcher Stellung verharrt die Wespe, bis das Ei gelegt iſt und befindet ſich während deſſen in einem voll- kommen hilfloſen Zuſtande, indem ſie ſich ſelbſt anheftete. Die im nächſten Jahre erwachſene Larve ſpinnt einen ſchwarzen, cylindriſchen Cocon, frißt ſich durch und gelangt durch das Bohrloch des Wohnthieres zur Freiheit. Jch habe die Männchen mancher kleineren Arten aus Glasflügler- raupen erzogen (Sesia sphegiformis), aus der einer Schwammmotte (Scardia polypori), aus den knotigen Anſchwellungen, welche die Larve des kleinen Pappelbockkäfers (Saperda populnea) hervor- bringt, ferner aus einem Kiefernzapfen. Sie alle ſchmarotzen bei im Holze verborgenen Larven, wie ſchon der lange Bohrer des Weibchens beweiſt. Aus Nord- und Südamerika, aus Afrika und Vandiemens-Land ſind Arten bekannt.
Eins der gemeinſten Thiere, und wenn es bei der Entwickelung reichliches Futter hatte, der größeren heimiſchen Sippengenoſſen einer iſt die Pimpla instigator, ein ſchwarzer Geſell, der lebhaft gelbrothe Schienen und Tarſen an den vier vorderen Beinen, an den hinterſten dagegen nur die Schienen von der genannten Farbe hat. Die lichten Flügelſchüppchen und Taſter, welche das hier abgebildete Männchen auszeichnen, fehlen dem Weibchen, welches im Hinterleibe wenig breiter iſt und eine Bohrerſcheide von kaum halber Länge des männlichen hintenaus ſtehen läßt. Daß die Luft-
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Heaiteles. Zahnſchenkel. Rhyſſa. Ephialtes.
aus Nordamerika, welches ich nur anführe, um in Zahlen einen Begriff zu geben von der Länge,
welcher ein Bohrer fähig iſt. Der Körper mißt einen Zoll und vier Linien und der Bohrer ſteht
drei und dreiviertel Zoll als feiner borſtiger Schwanz noch über die Spitze jenes hinaus. Daß
ſolch ein Faden, mag er von bewundernswerther Elaſticität ſein, nicht dazu beſtimmt ſein könne,
Löcher zu bohren, liegt auf der Hand. Er dient vielmehr zur Sonde, welche in ein vorhandenes
Loch eingeführt wird und durch welche dann allerdings das Ei gleitet, wenn die Spitze tief unten
im Holze die Larve traf, für welche jenes beſtimmt iſt. Die Muskelkraft muß eine außerordentliche
ſein, wenn ſie das Ei, eingeklemmt in den engen Leiter, einen ſo langen Weg fortſchieben ſoll! —
Unſere Nadelwälder beherbergen mehrere Arten dieſer Gattung als die Rieſen der Pimplarier.
Wir können den Ephialtes imperator, welchen unſere vorletzte Abbildung in beiden Geſchlech-
tern bringt, als eine kleine Ausgabe des eben erwähnten Nordamerikaners betrachten, wenn wir
von dem querrunzeligen Mittelrücken abſehen, den Ephialtes nicht hat, und von dem knotigen
Hinterleibe, welcher dort nicht vorkommt, ſondern eben nur die Körpertracht ins Auge faſſen.
Unſeren Ephialtes charakteriſiren vor den anderen, in der Färbung ſehr übereinſtimmenden Arten
die abgerundet rhombiſchen Flächen, welche durch die ſeitlichen Knoten mitten auf den mittleren
Segmenten entſtehen, die im Vergleich zu ihren Schienen längeren Hintertarſen, ſowie endlich
die kurze Behaarung an der Bohrerſcheide. Am ſchwarzen Körper haben nur die Flügel-
ſchüppchen die braunrothe Färbung der Beine und wiederum dieſe nur die hinterſten Tarſen und
Schienen ſchwarz. Das Mal der gelblichen Flügel iſt dunkelbraun, ihre Spiegelzelle dreieckig.
Wie alle Ephialtesarten in der Körperlänge ungemein ſchwanken, je nach der Größe der Larve, in
welcher ſie wohnten, ſo kommt auch die in Rede ſtehende kleiner und noch kräftiger vor, als das
abgebildete Weibchen. Jch beſitze ein ſolches von ſechzehn Linien Körper- und faſt derſelben Bohrer-
länge, letzterer nur in ſeiner Scheide gemeſſen; da er aber aus einer Bauchſpalte kommt, ſeine
Wurzel mithin weiter vorn ſitzt, ſo iſt er um ein gut Theil länger als ſein Futteral. Das ſtets
kleinere Männchen zeichnet ſich durch größere Schlankheit des Hinterleibes aus. Jn der Sommer-
zeit, wie ſie der Kalender begrenzt, treiben ſich die Ephialtesarten in den Wäldern umher, vor-
zugsweiſe an zerbohrten Baumſtämmen, denn hier nur finden ſie die Wiege für ihre Nachkommen.
Sehr bedächtig taſtet das Weibchen mit vorgeſtreckten Fühlern, deren Spitze bogenförmig nach
unten ſteht, überall umher, verweilt forſchend, wie riechend bei jedem Bohrloche und vertieft ſich
in dieſe Arbeit, daß ſein ſcheues Weſen ſchwindet, daß man in nächſter Nähe dabei ſtehen kann,
ohne es zu verſcheuchen. Jſt endlich die rechte Stelle gefunden, ſo wird der Hinterleib hoch empor-
gehoben, ſo daß das Thier förmlich auf dem Kopfe ſteht, die Bohrerſpitze eingeführt und behutſam
bis zur Larve vorgeſchoben, wobei der Hinterleib mit ſeiner Spitze allmälig herabgeht. Jn ſolcher
Stellung verharrt die Wespe, bis das Ei gelegt iſt und befindet ſich während deſſen in einem voll-
kommen hilfloſen Zuſtande, indem ſie ſich ſelbſt anheftete. Die im nächſten Jahre erwachſene
Larve ſpinnt einen ſchwarzen, cylindriſchen Cocon, frißt ſich durch und gelangt durch das Bohrloch
des Wohnthieres zur Freiheit. Jch habe die Männchen mancher kleineren Arten aus Glasflügler-
raupen erzogen (Sesia sphegiformis), aus der einer Schwammmotte (Scardia polypori), aus den
knotigen Anſchwellungen, welche die Larve des kleinen Pappelbockkäfers (Saperda populnea) hervor-
bringt, ferner aus einem Kiefernzapfen. Sie alle ſchmarotzen bei im Holze verborgenen Larven,
wie ſchon der lange Bohrer des Weibchens beweiſt. Aus Nord- und Südamerika, aus Afrika und
Vandiemens-Land ſind Arten bekannt.
Eins der gemeinſten Thiere, und wenn es bei der Entwickelung reichliches Futter hatte, der
größeren heimiſchen Sippengenoſſen einer iſt die Pimpla instigator, ein ſchwarzer Geſell, der
lebhaft gelbrothe Schienen und Tarſen an den vier vorderen Beinen, an den hinterſten dagegen nur
die Schienen von der genannten Farbe hat. Die lichten Flügelſchüppchen und Taſter, welche das
hier abgebildete Männchen auszeichnen, fehlen dem Weibchen, welches im Hinterleibe wenig breiter iſt
und eine Bohrerſcheide von kaum halber Länge des männlichen hintenaus ſtehen läßt. Daß die Luft-
Taſchenberg, wirbelloſe Thiere. (Brehm, Thierleben. VI.) 18
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/295>, abgerufen am 23.11.2024.
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