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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Schmetterlinge. Eulen.
sie sich noch ein paar Wochen in derselben Weise von Gras und verwandelt sich Ende April oder
im Mai in eine hellbraune, schlanke und lebhafte Puppe, welche in zwei auswärts gebogene Dornen
endigt, die von einigen Borsten umgeben sind. Die gelbgrauen, bräunlich gewölkten Vorderflügel
der Eule zeigen am Ende der Wellenlinie eine scharfe (W) Zeichnung und nach außen bis zum
Saume einen schwärzlichen Anflug. Auf den weißlichen Hinterflügeln setzen sich eine Saumbinde
und ein Bogenstreifen grau ab. Thorax und vordere Hinterleibsringe tragen schwache Schöpfe.

Die Flöhkrauteule oder der Sägerand (Mamestra persicariae) ist gemein und nicht zu
verkennen an den tief blauschwarzen, gelblich marmorirten, wellenrandigen Vorderflügeln, deren
weiße, gelblich gekernte Nierenmakel gegen den dunkeln Grund gewaltig absticht. Jhre Raupe lebt
im Herbste auf den verschiedensten Gewächsen, gern auch in unseren Gärten und verräth sich
besonders an den Georginen durch den auf den großen Blättern sich ansammelnden Koth. Sie
lebt keineswegs versteckt und zeichnet sich durch das leistenartige Hinterende des vorletzten Leibes-
gliedes aus, von welchem an der Körper schräg nach hinten abfällt, sowie durch eine hellere oder
dunklere, bisweilen in Braun übergehende grüne Körperfarbe, welche von einer fein lichteren,
beiderseits dunkel eingefaßten Längslinie auf dem Rücken durchschnitten wird. Ein nach hinten
halbkreisförmig begrenzter, vorn allmälig verwaschener Rückenfleck des vierten und fünften Ringes,
der Hinterrand des elften und fast der ganze zwölfte, sowie verwischte Schrägstriche unter den
Luftlöchern sind braun. Die schwarzbraune, hinten stumpfe Puppe, welche hier zwei geknopfte,
etwas auseinander stehende Gabelspitzchen trägt, überwintert in der Erde.

Zwei sehr hübsche Eulen, welche in Farbe und Zeichnung wesentlich auseinander gehen, stimmen
in ihren Raupen und deren Lebensweise in dem Grade mit einander überein, daß es ungemein schwer
wird, sie dann von einander zu unterscheiden, wenn man sie beide zugleich vor sich sieht. Beide

[Abbildung] a Die Lölcheule, Männchen (Neuronia popularis) nebst Raupe, unter einem aufgehobenen Steine.
b Die Mangoldeule (Brotolomia meticulosa). c Die Graseule, Weidchen (Charaeas graminis).
haben schon bedeutenden Schaden an den Wiesengräsern angerichtet, von welchen sie sich ernähren
und zwar in sehr verschwenderischer Weise. Sie beginnen nämlich am Grunde des Blattes, dessen
Spitze bald verwelkt und ihren Hunger dann nicht mehr stillen kann. Die eine ist die Lölch-
oder Futtergras-Eule (Neuronia popularis oder lolii) und wurde wegen ihres langhaarigen
Thorax früher den Spinnern beigesellt, zu denen sie trotz der stark gekämmten männlichen Fühler
aber nicht gehört. Jhre schön rothbraunen Vorderflügel schimmern pfirsichblüthenroth und fallen
durch die gelblichweiße Beschuppung aller Rippen, der Wellenlinie und der drei Makeln, wie wir
aus unserer Abbildung ersehen, in einer Weise auf, welche sie mit keiner andern Art verwechseln
läßt. Der Kopf und schopflose Thoraxrücken sind braun und weiß gemischt, die trübweißen Hinter-
flügel vor dem Saume gebräunt. Das Weibchen übertrifft das Männchen etwas an Größe und
hat eine lang vorstreckbare Legröhre, mit welcher es im August oder September seine zahlreichen
Eier tief am Grunde der Graspflanzen unterbringen kann. Aus diesen schlüpfen die Räupchen
noch vor Winters aus und durchschlafen denselben je nach dem Herbstwetter in verschiedener Größe.
Anfangs Juni habe ich dieselben in hiesiger Gegend fast erwachsen und immer nur einzeln unter

Die Schmetterlinge. Eulen.
ſie ſich noch ein paar Wochen in derſelben Weiſe von Gras und verwandelt ſich Ende April oder
im Mai in eine hellbraune, ſchlanke und lebhafte Puppe, welche in zwei auswärts gebogene Dornen
endigt, die von einigen Borſten umgeben ſind. Die gelbgrauen, bräunlich gewölkten Vorderflügel
der Eule zeigen am Ende der Wellenlinie eine ſcharfe (W) Zeichnung und nach außen bis zum
Saume einen ſchwärzlichen Anflug. Auf den weißlichen Hinterflügeln ſetzen ſich eine Saumbinde
und ein Bogenſtreifen grau ab. Thorax und vordere Hinterleibsringe tragen ſchwache Schöpfe.

Die Flöhkrauteule oder der Sägerand (Mamestra persicariae) iſt gemein und nicht zu
verkennen an den tief blauſchwarzen, gelblich marmorirten, wellenrandigen Vorderflügeln, deren
weiße, gelblich gekernte Nierenmakel gegen den dunkeln Grund gewaltig abſticht. Jhre Raupe lebt
im Herbſte auf den verſchiedenſten Gewächſen, gern auch in unſeren Gärten und verräth ſich
beſonders an den Georginen durch den auf den großen Blättern ſich anſammelnden Koth. Sie
lebt keineswegs verſteckt und zeichnet ſich durch das leiſtenartige Hinterende des vorletzten Leibes-
gliedes aus, von welchem an der Körper ſchräg nach hinten abfällt, ſowie durch eine hellere oder
dunklere, bisweilen in Braun übergehende grüne Körperfarbe, welche von einer fein lichteren,
beiderſeits dunkel eingefaßten Längslinie auf dem Rücken durchſchnitten wird. Ein nach hinten
halbkreisförmig begrenzter, vorn allmälig verwaſchener Rückenfleck des vierten und fünften Ringes,
der Hinterrand des elften und faſt der ganze zwölfte, ſowie verwiſchte Schrägſtriche unter den
Luftlöchern ſind braun. Die ſchwarzbraune, hinten ſtumpfe Puppe, welche hier zwei geknopfte,
etwas auseinander ſtehende Gabelſpitzchen trägt, überwintert in der Erde.

Zwei ſehr hübſche Eulen, welche in Farbe und Zeichnung weſentlich auseinander gehen, ſtimmen
in ihren Raupen und deren Lebensweiſe in dem Grade mit einander überein, daß es ungemein ſchwer
wird, ſie dann von einander zu unterſcheiden, wenn man ſie beide zugleich vor ſich ſieht. Beide

[Abbildung] a Die Lölcheule, Männchen (Neuronia popularis) nebſt Raupe, unter einem aufgehobenen Steine.
b Die Mangoldeule (Brotolomia meticulosa). c Die Graseule, Weidchen (Charaeas graminis).
haben ſchon bedeutenden Schaden an den Wieſengräſern angerichtet, von welchen ſie ſich ernähren
und zwar in ſehr verſchwenderiſcher Weiſe. Sie beginnen nämlich am Grunde des Blattes, deſſen
Spitze bald verwelkt und ihren Hunger dann nicht mehr ſtillen kann. Die eine iſt die Lölch-
oder Futtergras-Eule (Neuronia popularis oder lolii) und wurde wegen ihres langhaarigen
Thorax früher den Spinnern beigeſellt, zu denen ſie trotz der ſtark gekämmten männlichen Fühler
aber nicht gehört. Jhre ſchön rothbraunen Vorderflügel ſchimmern pfirſichblüthenroth und fallen
durch die gelblichweiße Beſchuppung aller Rippen, der Wellenlinie und der drei Makeln, wie wir
aus unſerer Abbildung erſehen, in einer Weiſe auf, welche ſie mit keiner andern Art verwechſeln
läßt. Der Kopf und ſchopfloſe Thoraxrücken ſind braun und weiß gemiſcht, die trübweißen Hinter-
flügel vor dem Saume gebräunt. Das Weibchen übertrifft das Männchen etwas an Größe und
hat eine lang vorſtreckbare Legröhre, mit welcher es im Auguſt oder September ſeine zahlreichen
Eier tief am Grunde der Graspflanzen unterbringen kann. Aus dieſen ſchlüpfen die Räupchen
noch vor Winters aus und durchſchlafen denſelben je nach dem Herbſtwetter in verſchiedener Größe.
Anfangs Juni habe ich dieſelben in hieſiger Gegend faſt erwachſen und immer nur einzeln unter

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[348/0372] Die Schmetterlinge. Eulen. ſie ſich noch ein paar Wochen in derſelben Weiſe von Gras und verwandelt ſich Ende April oder im Mai in eine hellbraune, ſchlanke und lebhafte Puppe, welche in zwei auswärts gebogene Dornen endigt, die von einigen Borſten umgeben ſind. Die gelbgrauen, bräunlich gewölkten Vorderflügel der Eule zeigen am Ende der Wellenlinie eine ſcharfe (W) Zeichnung und nach außen bis zum Saume einen ſchwärzlichen Anflug. Auf den weißlichen Hinterflügeln ſetzen ſich eine Saumbinde und ein Bogenſtreifen grau ab. Thorax und vordere Hinterleibsringe tragen ſchwache Schöpfe. Die Flöhkrauteule oder der Sägerand (Mamestra persicariae) iſt gemein und nicht zu verkennen an den tief blauſchwarzen, gelblich marmorirten, wellenrandigen Vorderflügeln, deren weiße, gelblich gekernte Nierenmakel gegen den dunkeln Grund gewaltig abſticht. Jhre Raupe lebt im Herbſte auf den verſchiedenſten Gewächſen, gern auch in unſeren Gärten und verräth ſich beſonders an den Georginen durch den auf den großen Blättern ſich anſammelnden Koth. Sie lebt keineswegs verſteckt und zeichnet ſich durch das leiſtenartige Hinterende des vorletzten Leibes- gliedes aus, von welchem an der Körper ſchräg nach hinten abfällt, ſowie durch eine hellere oder dunklere, bisweilen in Braun übergehende grüne Körperfarbe, welche von einer fein lichteren, beiderſeits dunkel eingefaßten Längslinie auf dem Rücken durchſchnitten wird. Ein nach hinten halbkreisförmig begrenzter, vorn allmälig verwaſchener Rückenfleck des vierten und fünften Ringes, der Hinterrand des elften und faſt der ganze zwölfte, ſowie verwiſchte Schrägſtriche unter den Luftlöchern ſind braun. Die ſchwarzbraune, hinten ſtumpfe Puppe, welche hier zwei geknopfte, etwas auseinander ſtehende Gabelſpitzchen trägt, überwintert in der Erde. Zwei ſehr hübſche Eulen, welche in Farbe und Zeichnung weſentlich auseinander gehen, ſtimmen in ihren Raupen und deren Lebensweiſe in dem Grade mit einander überein, daß es ungemein ſchwer wird, ſie dann von einander zu unterſcheiden, wenn man ſie beide zugleich vor ſich ſieht. Beide [Abbildung a Die Lölcheule, Männchen (Neuronia popularis) nebſt Raupe, unter einem aufgehobenen Steine. b Die Mangoldeule (Brotolomia meticulosa). c Die Graseule, Weidchen (Charaeas graminis).] haben ſchon bedeutenden Schaden an den Wieſengräſern angerichtet, von welchen ſie ſich ernähren und zwar in ſehr verſchwenderiſcher Weiſe. Sie beginnen nämlich am Grunde des Blattes, deſſen Spitze bald verwelkt und ihren Hunger dann nicht mehr ſtillen kann. Die eine iſt die Lölch- oder Futtergras-Eule (Neuronia popularis oder lolii) und wurde wegen ihres langhaarigen Thorax früher den Spinnern beigeſellt, zu denen ſie trotz der ſtark gekämmten männlichen Fühler aber nicht gehört. Jhre ſchön rothbraunen Vorderflügel ſchimmern pfirſichblüthenroth und fallen durch die gelblichweiße Beſchuppung aller Rippen, der Wellenlinie und der drei Makeln, wie wir aus unſerer Abbildung erſehen, in einer Weiſe auf, welche ſie mit keiner andern Art verwechſeln läßt. Der Kopf und ſchopfloſe Thoraxrücken ſind braun und weiß gemiſcht, die trübweißen Hinter- flügel vor dem Saume gebräunt. Das Weibchen übertrifft das Männchen etwas an Größe und hat eine lang vorſtreckbare Legröhre, mit welcher es im Auguſt oder September ſeine zahlreichen Eier tief am Grunde der Graspflanzen unterbringen kann. Aus dieſen ſchlüpfen die Räupchen noch vor Winters aus und durchſchlafen denſelben je nach dem Herbſtwetter in verſchiedener Größe. Anfangs Juni habe ich dieſelben in hieſiger Gegend faſt erwachſen und immer nur einzeln unter

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/372>, abgerufen am 23.11.2024.