Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Geradflügler. Henschrecken.
auf den Sunda-Jnseln und in Südamerika und werden an den sehr langen Borstenfühlern, wie
an den unter sich gleich langen Flügeln erkannt.

Während alle bisher besprochenen Gespenstschrecken als "wandelnde Aeste" bezeichnet werden
können, so müssen die noch übrigen ihrer niedergedrückten, breiten Form und der ebenso gestalteten
Beine wegen "wandelnde Blätter" heißen, wie die hier vorgeführte Art (Phyllium siccifolium)
aus Ostindien unzweideutig beweist; seine wie aller Arten grüne Körperfarbe bleicht aber nach

[Abbildung] Das wandelnde Blatt (Phyllium siccifolium).
dem Tode in Gelb aus; es wird vor den andern durch die fünf Zähne vorn an den rauten-
förmigen Vorderschenkeln und am Mangel der Hinterflügel des Weibchens kenntlich. Einer
zweiten Gattung (Prisopus) wachsen die fadenförmigen Fühler über den Kopf und werden länger
als der halbe Mittelleib.



Es folgt jetzt das große Heer der springenden Geradflügler, welche die Volkssprache
unter den verschiedensten Namen, wie Heuschrecken, Graspferde, Grashüpfer, Heu-
pferde, Sprengsel, Grillen
u. a. zu bezeichnen pflegt. Sie alle ernähren sich vorzugsweise
von Pflanzen und manche können durch ihr massenhaftes Auftreten zeitweilig der menschlichen
Oekonomie im höchsten Grade verderblich werden, verschmähen jedoch in ihrer Gefräßigkeit weder
ihres Gleichen noch andere Kerfe. Als unermüdliche Musikanten beleben sie im Hochsommer und
Herbste Wald und Feld und Wiese, die eine auf die eine, die andere auf eine andere Art und
eine andere Weise geigend. Daher der Name "Schrecke"; denn schrecken heißt ursprünglich schreien,
schwirren, knarren. Die heutigen Entomologen vertheilen alle Schrecken auf die drei Familien
der Feld-, Laub- und Grabheuschrecken, und in dieser Reihenfolge wollen wir uns ein
paar Arten jetzt genauer ansehen.

Die Geradflügler. Henſchrecken.
auf den Sunda-Jnſeln und in Südamerika und werden an den ſehr langen Borſtenfühlern, wie
an den unter ſich gleich langen Flügeln erkannt.

Während alle bisher beſprochenen Geſpenſtſchrecken als „wandelnde Aeſte“ bezeichnet werden
können, ſo müſſen die noch übrigen ihrer niedergedrückten, breiten Form und der ebenſo geſtalteten
Beine wegen „wandelnde Blätter“ heißen, wie die hier vorgeführte Art (Phyllium siccifolium)
aus Oſtindien unzweideutig beweiſt; ſeine wie aller Arten grüne Körperfarbe bleicht aber nach

[Abbildung] Das wandelnde Blatt (Phyllium siccifolium).
dem Tode in Gelb aus; es wird vor den andern durch die fünf Zähne vorn an den rauten-
förmigen Vorderſchenkeln und am Mangel der Hinterflügel des Weibchens kenntlich. Einer
zweiten Gattung (Prisopus) wachſen die fadenförmigen Fühler über den Kopf und werden länger
als der halbe Mittelleib.



Es folgt jetzt das große Heer der ſpringenden Geradflügler, welche die Volksſprache
unter den verſchiedenſten Namen, wie Heuſchrecken, Graspferde, Grashüpfer, Heu-
pferde, Sprengſel, Grillen
u. a. zu bezeichnen pflegt. Sie alle ernähren ſich vorzugsweiſe
von Pflanzen und manche können durch ihr maſſenhaftes Auftreten zeitweilig der menſchlichen
Oekonomie im höchſten Grade verderblich werden, verſchmähen jedoch in ihrer Gefräßigkeit weder
ihres Gleichen noch andere Kerfe. Als unermüdliche Muſikanten beleben ſie im Hochſommer und
Herbſte Wald und Feld und Wieſe, die eine auf die eine, die andere auf eine andere Art und
eine andere Weiſe geigend. Daher der Name „Schrecke“; denn ſchrecken heißt urſprünglich ſchreien,
ſchwirren, knarren. Die heutigen Entomologen vertheilen alle Schrecken auf die drei Familien
der Feld-, Laub- und Grabheuſchrecken, und in dieſer Reihenfolge wollen wir uns ein
paar Arten jetzt genauer anſehen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <floatingText>
        <body>
          <div n="1">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0508" n="478"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Geradflügler. Hen&#x017F;chrecken.</hi></fw><lb/>
auf den Sunda-Jn&#x017F;eln und in Südamerika und werden an den &#x017F;ehr langen Bor&#x017F;tenfühlern, wie<lb/>
an den unter &#x017F;ich gleich langen Flügeln erkannt.</p><lb/>
              <p>Während alle bisher be&#x017F;prochenen Ge&#x017F;pen&#x017F;t&#x017F;chrecken als &#x201E;wandelnde Ae&#x017F;te&#x201C; bezeichnet werden<lb/>
können, &#x017F;o mü&#x017F;&#x017F;en die noch übrigen ihrer niedergedrückten, breiten Form und der eben&#x017F;o ge&#x017F;talteten<lb/>
Beine wegen &#x201E;<hi rendition="#g">wandelnde Blätter</hi>&#x201C; heißen, wie die hier vorgeführte Art <hi rendition="#aq">(Phyllium siccifolium)</hi><lb/>
aus O&#x017F;tindien unzweideutig bewei&#x017F;t; &#x017F;eine wie aller Arten grüne Körperfarbe bleicht aber nach<lb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Das wandelnde Blatt</hi><hi rendition="#aq">(Phyllium siccifolium)</hi>.</hi></head></figure><lb/>
dem Tode in Gelb aus; es wird vor den andern durch die <hi rendition="#g">fünf</hi> Zähne vorn an den rauten-<lb/>
förmigen Vorder&#x017F;chenkeln und am Mangel der Hinterflügel des Weibchens kenntlich. Einer<lb/>
zweiten Gattung <hi rendition="#aq">(Prisopus)</hi> wach&#x017F;en die fadenförmigen Fühler über den Kopf und werden länger<lb/>
als der halbe Mittelleib.</p><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <p>Es folgt jetzt das große Heer der <hi rendition="#g">&#x017F;pringenden</hi> Geradflügler, welche die Volks&#x017F;prache<lb/>
unter den ver&#x017F;chieden&#x017F;ten Namen, wie <hi rendition="#g">Heu&#x017F;chrecken, Graspferde, Grashüpfer, Heu-<lb/>
pferde, Spreng&#x017F;el, Grillen</hi> u. a. zu bezeichnen pflegt. Sie alle ernähren &#x017F;ich vorzugswei&#x017F;e<lb/>
von Pflanzen und manche können durch ihr ma&#x017F;&#x017F;enhaftes Auftreten zeitweilig der men&#x017F;chlichen<lb/>
Oekonomie im höch&#x017F;ten Grade verderblich werden, ver&#x017F;chmähen jedoch in ihrer Gefräßigkeit weder<lb/>
ihres Gleichen noch andere Kerfe. Als unermüdliche Mu&#x017F;ikanten beleben &#x017F;ie im Hoch&#x017F;ommer und<lb/>
Herb&#x017F;te Wald und Feld und Wie&#x017F;e, die eine auf die eine, die andere auf eine andere Art und<lb/>
eine andere Wei&#x017F;e geigend. Daher der Name &#x201E;Schrecke&#x201C;; denn &#x017F;chrecken heißt ur&#x017F;prünglich &#x017F;chreien,<lb/>
&#x017F;chwirren, knarren. Die heutigen Entomologen vertheilen alle Schrecken auf die drei Familien<lb/>
der <hi rendition="#g">Feld-, Laub-</hi> und <hi rendition="#g">Grabheu&#x017F;chrecken,</hi> und in die&#x017F;er Reihenfolge wollen wir uns ein<lb/>
paar Arten jetzt genauer an&#x017F;ehen.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </body>
      </floatingText>
    </body>
  </text>
</TEI>
[478/0508] Die Geradflügler. Henſchrecken. auf den Sunda-Jnſeln und in Südamerika und werden an den ſehr langen Borſtenfühlern, wie an den unter ſich gleich langen Flügeln erkannt. Während alle bisher beſprochenen Geſpenſtſchrecken als „wandelnde Aeſte“ bezeichnet werden können, ſo müſſen die noch übrigen ihrer niedergedrückten, breiten Form und der ebenſo geſtalteten Beine wegen „wandelnde Blätter“ heißen, wie die hier vorgeführte Art (Phyllium siccifolium) aus Oſtindien unzweideutig beweiſt; ſeine wie aller Arten grüne Körperfarbe bleicht aber nach [Abbildung Das wandelnde Blatt (Phyllium siccifolium).] dem Tode in Gelb aus; es wird vor den andern durch die fünf Zähne vorn an den rauten- förmigen Vorderſchenkeln und am Mangel der Hinterflügel des Weibchens kenntlich. Einer zweiten Gattung (Prisopus) wachſen die fadenförmigen Fühler über den Kopf und werden länger als der halbe Mittelleib. Es folgt jetzt das große Heer der ſpringenden Geradflügler, welche die Volksſprache unter den verſchiedenſten Namen, wie Heuſchrecken, Graspferde, Grashüpfer, Heu- pferde, Sprengſel, Grillen u. a. zu bezeichnen pflegt. Sie alle ernähren ſich vorzugsweiſe von Pflanzen und manche können durch ihr maſſenhaftes Auftreten zeitweilig der menſchlichen Oekonomie im höchſten Grade verderblich werden, verſchmähen jedoch in ihrer Gefräßigkeit weder ihres Gleichen noch andere Kerfe. Als unermüdliche Muſikanten beleben ſie im Hochſommer und Herbſte Wald und Feld und Wieſe, die eine auf die eine, die andere auf eine andere Art und eine andere Weiſe geigend. Daher der Name „Schrecke“; denn ſchrecken heißt urſprünglich ſchreien, ſchwirren, knarren. Die heutigen Entomologen vertheilen alle Schrecken auf die drei Familien der Feld-, Laub- und Grabheuſchrecken, und in dieſer Reihenfolge wollen wir uns ein paar Arten jetzt genauer anſehen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/508
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/508>, abgerufen am 23.11.2024.