Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.Die Spinnenthiere. Echte Spinnen. forscher herrühren. Die Spinne wurde in ein großes Cylinderglas einquartirt, dessen Bodenvorher mit Baumwolle und Moos und darüber mit Stücken von Fichtenrinde belegt worden war. Sie hielt sich bei Tage meist verborgen und ging des Abends langsam schleichend und leise tastend umher. Mit dem Finger oder mit einer Feder berührt, fuhr sie schnell zurück. Sie versuchte an den Glaswänden in die Höhe zu klettern, was ihr aber nicht gelang und deshalb konnte man ihr Gefängniß offen lassen, ohne ihr Entweichen befürchten zu müssen. Moos und Rinde über- spann sie allmälig mit einer Decke seiner, weißer Fäden, fertigte für sich aber keine Wohnung. Eine ihr am ersten Tage vorgeworfene Winkelspinne (Tegenaria civilis) zerdrückte sie sofort mit den Kiefern und zehrte sie mit Stumpf und Stiel auf. Einer zweiten erging es nicht besser, von einer Kreuzspinne wurden die Beine und ein Theil des Hinterleibes übrig gelassen, eine Schmeiß- fliege und ein Weberknecht wurden von der Mygale nicht gewürdigt, dagegen zehrte sie eine Assel (Porcellio scaber) auf. Ueber ein kleines ihr mit Wasser hingesetztes Porzellanschälchen legte sie sich mit Brust und Maul und sog dessen Jnhalt ein. Am 18. September ward ihr ein Garten- frosch von 11/2 Zoll Länge zugesellt, an welchem sie sich des Abends, so lange die Beobachtung dauerte, nicht vergriffen hatte, am andern Morgen ward sie aber noch beim Auffressen desselben betroffen, was bereits bis zur Hälfte geschehen war. Sie zerkaute den Frosch zu einem Brei und verschluckte ihn mit Haut und Knochen, letztere gab sie aber in Stücken bis zu drei Linien Länge in ihren Excrementen wieder von sich. Bald nachher wurden zwei junge Wasserfrösche, eine junge Kröte und zwei kleine Tritonen zu ihr in das Glas gesetzt, die jedoch alle unangefochten blieben. Schlimmer erging es einem kleinen, am 5. Oktober der Spinne vorgeworfenen Gartenfrosche. Nach wenigen Augenblicken hatte sie ihn zwischen den Kiefern und deren Klauen gleich am Anfange des Rückens eingeschlagen, so daß der Kopf des armen Wichts recht trübselig vorn unter dem Bauche der Spinne hervorsah. Sie kaute und sog daran von Morgens 9 Uhr bis Abends um dieselbe Zeit und ließ diesmal Knochen, Hinterschenkel und Eingeweide zurück. Eine kleine, graue Kröte, welche anfangs munter im Glase umherkroch und sich vergnügt in das mit Wasser gefüllte Schälchen gesetzt hatte, wurde nach einigen Tagen mit angezogenen Beinen und platt einem Rinden- stückchen aufgedrücktem Leibe wie todt angetroffen. Beim Herausnehmen erwies sie sich dort festge- sponnen und in Folge einiger Bisse dem Tode nahe. Wenn sich die Spinne satt gefressen hatte, streckte sie alle Beine von sich, drückte den Bauch platt auf den Boden und blieb tagelang in dieser Stellung liegen, als wäre sie in tiefen Schlaf versunken. Sie verzehrte noch einen Frosch, mehrere Küchenschaben, von denen sie die Hautstücke wieder entleerte, und als keine Frösche mehr zu erlangen waren, einige Taubenherzen. Wurde ihr mit der Pincette eine Schabe oder Fleischfliege vor- gehalten, so wich sie nicht mehr zurück, wie anfangs, sondern richtete sich auf, so daß sie fast auf den Rücken zu liegen kam, sperrte die Kieferklauen aus einander und biß auch einige Male nach der Pincette, während sie das Thier dazwischen nicht anrührte. Sie hatte sich im Januar (1863) die Beugmuskeln der rechten Kieferklaue zerrissen, wenigstens stand diese seitdem geradeaus und konnte nicht weiter gebraucht werden. Von dieser Zeit an fraß sie auch nicht mehr. Die ihr vorgeworfenen Hausspinnen, welche anfangs vor der Buschspinne erschreckt flohen, liefen jetzt ohne Scheu um und über sie hin, ja ein Männchen erkühnte sich sogar, einige Male in eines ihrer ausgestreckten Beine zu beißen, sprang jedoch jedesmal schnell zurück, was es nicht nöthig gehabt hätte; denn die Buschspinne nahm gar keine Notiz davon. Am 13. Juni ward eins von den fünf Jungen eines Grauammernestes zu dieser gesetzt, sie ließ es aber trotz des sechsmonatlichen Fastens unberührt. Alsbald biß ein Weibchen der Hausspinne das Vögelchen in den Nacken und sog sich so voll, daß das Blut durch den angeschwollenen Hinterleib durchschimmerte. Als es davon ging, ließ sich in der Vogelhaut eine etwa eine Linie breite Wunde erkennen. Der junge Vogel starb bald nachher, wie Menge meint, wohl weniger in Folge des Bisses, als des Mangels an Wärme und Nahrung. Am 28. Juli lag die Buschspinne wie todt auf dem Rücken, am andern Morgen aber zeigte sich eine wesentliche Veränderung; der vordere Körpertheil hatte sich Die Spinnenthiere. Echte Spinnen. forſcher herrühren. Die Spinne wurde in ein großes Cylinderglas einquartirt, deſſen Bodenvorher mit Baumwolle und Moos und darüber mit Stücken von Fichtenrinde belegt worden war. Sie hielt ſich bei Tage meiſt verborgen und ging des Abends langſam ſchleichend und leiſe taſtend umher. Mit dem Finger oder mit einer Feder berührt, fuhr ſie ſchnell zurück. Sie verſuchte an den Glaswänden in die Höhe zu klettern, was ihr aber nicht gelang und deshalb konnte man ihr Gefängniß offen laſſen, ohne ihr Entweichen befürchten zu müſſen. Moos und Rinde über- ſpann ſie allmälig mit einer Decke ſeiner, weißer Fäden, fertigte für ſich aber keine Wohnung. Eine ihr am erſten Tage vorgeworfene Winkelſpinne (Tegenaria civilis) zerdrückte ſie ſofort mit den Kiefern und zehrte ſie mit Stumpf und Stiel auf. Einer zweiten erging es nicht beſſer, von einer Kreuzſpinne wurden die Beine und ein Theil des Hinterleibes übrig gelaſſen, eine Schmeiß- fliege und ein Weberknecht wurden von der Mygale nicht gewürdigt, dagegen zehrte ſie eine Aſſel (Porcellio scaber) auf. Ueber ein kleines ihr mit Waſſer hingeſetztes Porzellanſchälchen legte ſie ſich mit Bruſt und Maul und ſog deſſen Jnhalt ein. Am 18. September ward ihr ein Garten- froſch von 1½ Zoll Länge zugeſellt, an welchem ſie ſich des Abends, ſo lange die Beobachtung dauerte, nicht vergriffen hatte, am andern Morgen ward ſie aber noch beim Auffreſſen deſſelben betroffen, was bereits bis zur Hälfte geſchehen war. Sie zerkaute den Froſch zu einem Brei und verſchluckte ihn mit Haut und Knochen, letztere gab ſie aber in Stücken bis zu drei Linien Länge in ihren Excrementen wieder von ſich. Bald nachher wurden zwei junge Waſſerfröſche, eine junge Kröte und zwei kleine Tritonen zu ihr in das Glas geſetzt, die jedoch alle unangefochten blieben. Schlimmer erging es einem kleinen, am 5. Oktober der Spinne vorgeworfenen Gartenfroſche. Nach wenigen Augenblicken hatte ſie ihn zwiſchen den Kiefern und deren Klauen gleich am Anfange des Rückens eingeſchlagen, ſo daß der Kopf des armen Wichts recht trübſelig vorn unter dem Bauche der Spinne hervorſah. Sie kaute und ſog daran von Morgens 9 Uhr bis Abends um dieſelbe Zeit und ließ diesmal Knochen, Hinterſchenkel und Eingeweide zurück. Eine kleine, graue Kröte, welche anfangs munter im Glaſe umherkroch und ſich vergnügt in das mit Waſſer gefüllte Schälchen geſetzt hatte, wurde nach einigen Tagen mit angezogenen Beinen und platt einem Rinden- ſtückchen aufgedrücktem Leibe wie todt angetroffen. Beim Herausnehmen erwies ſie ſich dort feſtge- ſponnen und in Folge einiger Biſſe dem Tode nahe. Wenn ſich die Spinne ſatt gefreſſen hatte, ſtreckte ſie alle Beine von ſich, drückte den Bauch platt auf den Boden und blieb tagelang in dieſer Stellung liegen, als wäre ſie in tiefen Schlaf verſunken. Sie verzehrte noch einen Froſch, mehrere Küchenſchaben, von denen ſie die Hautſtücke wieder entleerte, und als keine Fröſche mehr zu erlangen waren, einige Taubenherzen. Wurde ihr mit der Pincette eine Schabe oder Fleiſchfliege vor- gehalten, ſo wich ſie nicht mehr zurück, wie anfangs, ſondern richtete ſich auf, ſo daß ſie faſt auf den Rücken zu liegen kam, ſperrte die Kieferklauen aus einander und biß auch einige Male nach der Pincette, während ſie das Thier dazwiſchen nicht anrührte. Sie hatte ſich im Januar (1863) die Beugmuskeln der rechten Kieferklaue zerriſſen, wenigſtens ſtand dieſe ſeitdem geradeaus und konnte nicht weiter gebraucht werden. Von dieſer Zeit an fraß ſie auch nicht mehr. Die ihr vorgeworfenen Hausſpinnen, welche anfangs vor der Buſchſpinne erſchreckt flohen, liefen jetzt ohne Scheu um und über ſie hin, ja ein Männchen erkühnte ſich ſogar, einige Male in eines ihrer ausgeſtreckten Beine zu beißen, ſprang jedoch jedesmal ſchnell zurück, was es nicht nöthig gehabt hätte; denn die Buſchſpinne nahm gar keine Notiz davon. Am 13. Juni ward eins von den fünf Jungen eines Grauammerneſtes zu dieſer geſetzt, ſie ließ es aber trotz des ſechsmonatlichen Faſtens unberührt. Alsbald biß ein Weibchen der Hausſpinne das Vögelchen in den Nacken und ſog ſich ſo voll, daß das Blut durch den angeſchwollenen Hinterleib durchſchimmerte. Als es davon ging, ließ ſich in der Vogelhaut eine etwa eine Linie breite Wunde erkennen. Der junge Vogel ſtarb bald nachher, wie Menge meint, wohl weniger in Folge des Biſſes, als des Mangels an Wärme und Nahrung. Am 28. Juli lag die Buſchſpinne wie todt auf dem Rücken, am andern Morgen aber zeigte ſich eine weſentliche Veränderung; der vordere Körpertheil hatte ſich <TEI> <text> <body> <floatingText> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0610" n="574"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Spinnenthiere. Echte Spinnen</hi>.</fw><lb/> forſcher herrühren. Die Spinne wurde in ein großes Cylinderglas einquartirt, deſſen Boden<lb/> vorher mit Baumwolle und Moos und darüber mit Stücken von Fichtenrinde belegt worden war.<lb/> Sie hielt ſich bei Tage meiſt verborgen und ging des Abends langſam ſchleichend und leiſe taſtend<lb/> umher. Mit dem Finger oder mit einer Feder berührt, fuhr ſie ſchnell zurück. Sie verſuchte an<lb/> den Glaswänden in die Höhe zu klettern, was ihr aber nicht gelang und deshalb konnte man<lb/> ihr Gefängniß offen laſſen, ohne ihr Entweichen befürchten zu müſſen. 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Sie kaute und ſog daran von Morgens 9 Uhr bis Abends um<lb/> dieſelbe Zeit und ließ diesmal Knochen, Hinterſchenkel und Eingeweide zurück. Eine kleine, graue<lb/> Kröte, welche anfangs munter im Glaſe umherkroch und ſich vergnügt in das mit Waſſer gefüllte<lb/> Schälchen geſetzt hatte, wurde nach einigen Tagen mit angezogenen Beinen und platt einem Rinden-<lb/> ſtückchen aufgedrücktem Leibe wie todt angetroffen. Beim Herausnehmen erwies ſie ſich dort feſtge-<lb/> ſponnen und in Folge einiger Biſſe dem Tode nahe. Wenn ſich die Spinne ſatt gefreſſen hatte,<lb/> ſtreckte ſie alle Beine von ſich, drückte den Bauch platt auf den Boden und blieb tagelang in dieſer<lb/> Stellung liegen, als wäre ſie in tiefen Schlaf verſunken. Sie verzehrte noch einen Froſch, mehrere<lb/> Küchenſchaben, von denen ſie die Hautſtücke wieder entleerte, und als keine Fröſche mehr zu erlangen<lb/> waren, einige Taubenherzen. 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Juni ward eins von den<lb/> fünf Jungen eines Grauammerneſtes zu dieſer geſetzt, ſie ließ es aber trotz des ſechsmonatlichen<lb/> Faſtens unberührt. Alsbald biß ein Weibchen der Hausſpinne das Vögelchen in den Nacken und<lb/> ſog ſich ſo voll, daß das Blut durch den angeſchwollenen Hinterleib durchſchimmerte. Als es<lb/> davon ging, ließ ſich in der Vogelhaut eine etwa eine Linie breite Wunde erkennen. Der junge<lb/> Vogel ſtarb bald nachher, wie <hi rendition="#g">Menge</hi> meint, wohl weniger in Folge des Biſſes, als des Mangels<lb/> an Wärme und Nahrung. Am 28. Juli lag die Buſchſpinne wie todt auf dem Rücken, am<lb/> andern Morgen aber zeigte ſich eine weſentliche Veränderung; der vordere Körpertheil hatte ſich<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </floatingText> </body> </text> </TEI> [574/0610]
Die Spinnenthiere. Echte Spinnen.
forſcher herrühren. Die Spinne wurde in ein großes Cylinderglas einquartirt, deſſen Boden
vorher mit Baumwolle und Moos und darüber mit Stücken von Fichtenrinde belegt worden war.
Sie hielt ſich bei Tage meiſt verborgen und ging des Abends langſam ſchleichend und leiſe taſtend
umher. Mit dem Finger oder mit einer Feder berührt, fuhr ſie ſchnell zurück. Sie verſuchte an
den Glaswänden in die Höhe zu klettern, was ihr aber nicht gelang und deshalb konnte man
ihr Gefängniß offen laſſen, ohne ihr Entweichen befürchten zu müſſen. Moos und Rinde über-
ſpann ſie allmälig mit einer Decke ſeiner, weißer Fäden, fertigte für ſich aber keine Wohnung.
Eine ihr am erſten Tage vorgeworfene Winkelſpinne (Tegenaria civilis) zerdrückte ſie ſofort mit
den Kiefern und zehrte ſie mit Stumpf und Stiel auf. Einer zweiten erging es nicht beſſer, von
einer Kreuzſpinne wurden die Beine und ein Theil des Hinterleibes übrig gelaſſen, eine Schmeiß-
fliege und ein Weberknecht wurden von der Mygale nicht gewürdigt, dagegen zehrte ſie eine Aſſel
(Porcellio scaber) auf. Ueber ein kleines ihr mit Waſſer hingeſetztes Porzellanſchälchen legte ſie
ſich mit Bruſt und Maul und ſog deſſen Jnhalt ein. Am 18. September ward ihr ein Garten-
froſch von 1½ Zoll Länge zugeſellt, an welchem ſie ſich des Abends, ſo lange die Beobachtung
dauerte, nicht vergriffen hatte, am andern Morgen ward ſie aber noch beim Auffreſſen deſſelben
betroffen, was bereits bis zur Hälfte geſchehen war. Sie zerkaute den Froſch zu einem Brei und
verſchluckte ihn mit Haut und Knochen, letztere gab ſie aber in Stücken bis zu drei Linien Länge
in ihren Excrementen wieder von ſich. Bald nachher wurden zwei junge Waſſerfröſche, eine junge
Kröte und zwei kleine Tritonen zu ihr in das Glas geſetzt, die jedoch alle unangefochten blieben.
Schlimmer erging es einem kleinen, am 5. Oktober der Spinne vorgeworfenen Gartenfroſche.
Nach wenigen Augenblicken hatte ſie ihn zwiſchen den Kiefern und deren Klauen gleich am Anfange
des Rückens eingeſchlagen, ſo daß der Kopf des armen Wichts recht trübſelig vorn unter dem
Bauche der Spinne hervorſah. Sie kaute und ſog daran von Morgens 9 Uhr bis Abends um
dieſelbe Zeit und ließ diesmal Knochen, Hinterſchenkel und Eingeweide zurück. Eine kleine, graue
Kröte, welche anfangs munter im Glaſe umherkroch und ſich vergnügt in das mit Waſſer gefüllte
Schälchen geſetzt hatte, wurde nach einigen Tagen mit angezogenen Beinen und platt einem Rinden-
ſtückchen aufgedrücktem Leibe wie todt angetroffen. Beim Herausnehmen erwies ſie ſich dort feſtge-
ſponnen und in Folge einiger Biſſe dem Tode nahe. Wenn ſich die Spinne ſatt gefreſſen hatte,
ſtreckte ſie alle Beine von ſich, drückte den Bauch platt auf den Boden und blieb tagelang in dieſer
Stellung liegen, als wäre ſie in tiefen Schlaf verſunken. Sie verzehrte noch einen Froſch, mehrere
Küchenſchaben, von denen ſie die Hautſtücke wieder entleerte, und als keine Fröſche mehr zu erlangen
waren, einige Taubenherzen. Wurde ihr mit der Pincette eine Schabe oder Fleiſchfliege vor-
gehalten, ſo wich ſie nicht mehr zurück, wie anfangs, ſondern richtete ſich auf, ſo daß ſie faſt auf
den Rücken zu liegen kam, ſperrte die Kieferklauen aus einander und biß auch einige Male nach
der Pincette, während ſie das Thier dazwiſchen nicht anrührte. Sie hatte ſich im Januar (1863)
die Beugmuskeln der rechten Kieferklaue zerriſſen, wenigſtens ſtand dieſe ſeitdem geradeaus und
konnte nicht weiter gebraucht werden. Von dieſer Zeit an fraß ſie auch nicht mehr. Die ihr
vorgeworfenen Hausſpinnen, welche anfangs vor der Buſchſpinne erſchreckt flohen, liefen jetzt ohne
Scheu um und über ſie hin, ja ein Männchen erkühnte ſich ſogar, einige Male in eines ihrer
ausgeſtreckten Beine zu beißen, ſprang jedoch jedesmal ſchnell zurück, was es nicht nöthig gehabt
hätte; denn die Buſchſpinne nahm gar keine Notiz davon. Am 13. Juni ward eins von den
fünf Jungen eines Grauammerneſtes zu dieſer geſetzt, ſie ließ es aber trotz des ſechsmonatlichen
Faſtens unberührt. Alsbald biß ein Weibchen der Hausſpinne das Vögelchen in den Nacken und
ſog ſich ſo voll, daß das Blut durch den angeſchwollenen Hinterleib durchſchimmerte. Als es
davon ging, ließ ſich in der Vogelhaut eine etwa eine Linie breite Wunde erkennen. Der junge
Vogel ſtarb bald nachher, wie Menge meint, wohl weniger in Folge des Biſſes, als des Mangels
an Wärme und Nahrung. Am 28. Juli lag die Buſchſpinne wie todt auf dem Rücken, am
andern Morgen aber zeigte ſich eine weſentliche Veränderung; der vordere Körpertheil hatte ſich
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